Vor 80 Jahren wurde von der KPD die historische Antifaschistische Aktion ausgerufen. Aus diesem Anlass führten am 7. Juli AntifaschistInnen von VVN/BdA und AIHD eine Kundgebung mit Infostand in der Heidelberger Hauptstraße durch. Neben einem Redebeitrag der AIHD wurden auch Beiträge der Roten Hilfe Heidelberg und der VVN/BdA gehalten.
Viele PassantInnen konnten mit Flugblättern und den Reden über den historischen Background der antifaschistischen Bewegung informiert werden. Zahlreiche Menschen deckten sich am Infostand mit Lesefutter - dabei entspann sich die eine oder andere Diskussion über historischen und heutigen Antifaschismus.
Am 10. Juli findet aus demselben Anlass ein Vortrag zur „Geschichte der Antifaschistischen Aktion“ statt. In der Heidelberger Volkhochschule wird am 19.30 Uhr die historische Entwicklung antifaschistischer Strukturen ab den 1920er Jahren bis hin zur Gründung der historischen Antifaschistischen Aktion beleuchtet.
Redebeitrag der VVN/BdA Heidelberg
"Vor ziemlich genau 80 Jahren – am 10. Juli 1932 – fand in Berlin der Einheitskongress der Antifaschistischen Aktion statt. Auf diesem Kongress trafen sich SozialdemokratInnen, KommunistInnen, GewerschafterInnen und Parteilose, um in einem parteiunabhängigen Bewegungsansatz den Kampf gegen die Nationalsozialisten zu organisieren und zu forcieren.
Um an diese Kampforganisation gegen den Nationalsozialismus zu erinnern, führen die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes und die Antifaschistische Initiative Heidelberg heute diese Kundgebung durch.
Auch in der Rhein-Neckar-Region, unter anderem in Mannheim und Weinheim, trafen sich sozialdemokratische, kommunistische und parteilose GenossInnen auf Kongressen, um im Rahmen der Antifaschistischen Aktion Veranstaltungen und Aktionen gegen die Nationalsozialisten durchzuführen.
In diesem Zusammenhang beschlossen genau heute vor 80 Jahren die Arbeiter der Heidelberger Schnellpressenfabrik AG – der heutigen Heidelberger Druckmaschinen AG – den kollektiven Anschluss an die Antifaschistsiche Aktion.
Mit dem zunehmenden Straßenterror der SA-Schlägerbanden sowie den wachsenden Wahlerfolgen der NSDAP Ende der 1920er Jahre war in großen Teilen der ArbeiterInnenbewegung die Erkenntnis gewachsen, dass die Errichtung einer faschistischen Diktatur unmittelbar bevorstehen könnte. Um dies zu verhindern, war ein radikaler Kurswechsel in der gegenseitigen Abgrenzungspolitik, ja sogar offenen Feindschaft zwischen KPD und SPD notwendig.
Mit dem Einheitskongress kamen die KPD-Führung sowie Teile der Sozialdemokratie einer Entwicklung nach, die bereits seit Jahren von kleineren linken Organisationen gefordert und vielfach an der Basis der großen ArbeiterInnenparteien bereits praktiziert wurde: Der gemeinsame Kampf gegen die erstarkenden Faschisten in Wohnvierteln, Betrieben und auf der Straße.
Heute wissen wir, dass die Antifaschistische Aktion viel zu spät kam, nur halbherzig und taktierend betrieben wurde und den Nationalsozialismus nicht mehr aufhalten konnte.
Bereits ein dreiviertel Jahr nach Ausrufung der historischen Antifaschistischen Aktion im Mai 1932 gelang es den Nationalsozialisten – durch die Machtübertragung an Hitler – ihre, von breiten Teilen der deutschen Bevölkerung gestützte Terrorherrschaft zu installieren. Ihr erstes Opfer war die ArbeiterInnenbewegung, die komplett zerschlagen wurde.
Diesem ersten Verbrechen des NS-Faschismus sollten noch viele weitere folgen, die im Vernichtungskrieg und der Shoa gipfelten und Millionen von Menschen Tod und Verderben brachten.
Für uns heute kann der Bezug auf die Antifaschistische Aktion von 1932 nur bedeuten, an diese Verbrechen zu erinnern und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln auf allen Ebenen gegen Faschisten jeglicher Couleur zu kämpfen.
Heute bilden Symbole und der Grundgedanke der Aktionseinheit im Kampf gegen die heutigen Nazis einen Bezugspunkt für Antifaschistinnen und Antifaschisten.
In den 1970er Jahren griffen K-Gruppen das Logo der Antifaschistischen Aktion erstmals wieder auf. Später war der Autonome Antifaschismus ein kleiner aber effektiver Teilbereich der autonomen Bewegungen der 1980er Jahre. In den 1990er Jahren entwickelte sich „die Antifa“ zu einer der großen und kontinuierlichen linken Bewegungen.
Heute begreifen sich die Organisierungsansätze innerhalb der radikalen Linken zwar nicht mehr ausdrücklich als „Antifa“, dennoch werden die größten und militantesten Auseinandersetzungen mit den heutigen Nazis vielerorts unter der Fahne der Antifaschistischen Aktion ausgetragen.
Die Doppelfahnen im Kreis - das Logo der historischen Antifaschistischen Aktion - sind heute das wohl am häufigsten genutzte Symbol der außerparlamentarischen Linken. Es findet dabei strömungsübergreifend und in unterschiedlichen Varianten Verwendung. Es wird heute genutzt von Autonomen, AnarchistInnen, KommunistInnen, SozialdemokratInnen und Mitgliedern der VVN/BdA.
Wenn wir als AntifaschistInnen heute dieses Symbol verwenden, dann steht es für uns in einer Linie zu seinem historischen Ursprung, seiner politischen Entwicklung bis heute – und vor allem aber auch für seinen strömungsübergreifenden Charakter im Kampf gegen Nazis, Kapitalismus und Reaktion."
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Redebeitrag der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD)
Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,
vor 80 Jahren, im Mai 1932, gründete sich die Antifaschistische Aktion, die sich als ein Versuch verstand, die Gräben zwischen kommunistischen und sozialdemokratischen Organisationen zu überbrücken, um den Kampf gegen den erstarkenden Nationalsozialismus gemeinsam zu führen. An der Basis war das ohnehin schon alltägliche Praxis, da sich die Arbeiterinnen und Arbeiter gegen die brutalen und oft tödlichen Überfälle der Nazis zur Wehr setzen mussten, die unbehelligt von den staatlichen Behörden und der Justiz blieben oder sogar von diesen gedeckt wurden. In dieser Situation organisierten die linken Teile der Bevölkerung den gemeinsamen Abwehrkampf, so dass die innerlinken Differenzen in den Hintergrund traten.
Dieser breite und entschlossene Widerstand ist es, auf den wir uns beziehen, wenn wir heute den 80. Jahrestag der Gründung der Antifaschistischen Aktion begehen. Dieser antifaschistische Kampf ist es, auf den sich linke Gruppen in den 1970er Jahren besannen, als sie das Symbol der Antifaschistischen Aktion wieder verwendeten, das bis heute von einem breiten Spektrum linker Gruppen benutzt wird. Wenn wir heute das alte und das neue Zeichen der Antifa-Aktionsfahne bei uns haben, so steht dies für die Kontinuitäten ebenso wie für die Veränderungen im antifaschistischen Widerstand.
Tatsächlich sind die heutigen politischen Rahmenbedingungen kaum mit den Verhältnissen der Weimarer Republik vergleichbar, und die aktuellen Auseinandersetzungen mit Nazis finden nur selten so mörderische Ausmaße wie in den Monaten vor der Machtübernahme 1933. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass beispielsweise die in der breiten Öffentlichkeit viel wahrgenommenen Morde des NSU nicht isoliert stehen, sondern lediglich die Spitze des Eisbergs darstellen. Keineswegs führten die drei NSU-MörderInnen ihre Taten allein aus; vielmehr konnten sie auf ein gewaltiges Umfeld von aktiven UnterstützerInnen und SympathisantInnen in der Naziszene zurückgreifen.
Und auch in der alltäglichen Praxis der Neonazis können wir immer wieder ihre mörderischen Absichten gegen MigrantInnen und Andersdenkende sehen. So läuft aktuell in Freiburg ein Prozess gegen den bekannten Neonazi-Kader Florian Stech, der am 1. Oktober 2011 auf einem Parkplatz in Riegel gezielt in eine Gruppe von AntifaschistInnen raste und einen jungen Antifa so schwer verletzte, dass dieser mehrere Tage auf der Intensivstation lag. Diesem brutalen Treiben der Neonazis muss auch heute in breiten Bündnissen entgegengetreten werden, um ein weiteres Erstarken der rechten Umtriebe zu verhindern.
Doch es sind nicht nur die Schlägernazis auf der Straße und ihre mörderische Ideologie, gegen die sich unser Kampf richtet, sondern die massenhafte Verbreitung dieses Gedankenguts in der Gesellschaft. Rassistische Vorurteile sind in weiten Teilen der Bevölkerung allgegenwärtig, und mit Erleichterung begrüßt das Bildungsbürgertum, wenn ein Reaktionär wie Sarrazin rechte Stammtischparolen in weniger stumpfsinnige Sprache verpackt. Offener Antisemitismus ist schon längst wieder salonfähig geworden, und es ruft keinen Aufschrei mehr hervor, wenn deutsche Angriffskriege mit dem Verweis auf die Shoah gerechtfertigt werden.
Auch nicht unerhebliche Teile des Staatsapparats sympathisieren nicht nur mit rechter Ideologie, sondern tolerieren oder unterstützen sogar neonazistische Übergriffe. Das lässt sich nicht nur anhand von Repressionsbehörden belegen, die nach wie vor auf dem rechten Auge blind sind und sich fast ausschließlich gegen den antifaschistischen Widerstand richten. Besonders unverhüllt tritt die staatliche Verflechtung mit Rechts momentan bei der NSU-Affäre zutage, bei der tagtäglich neue Verwicklungen und Vertuschungen der beteiligten Behörden bekannt werden.
Wenn wir von Antifaschismus reden, so ist uns klar, dass wir nicht beim Kampf gegen Straßennazis stehen bleiben dürfen; vielmehr müssen wir aktiv gegen die Verbreitung rechten Gedankenguts in allen Teilen von Staat und Gesellschaft angehen.
An der Notwendigkeit dieses Kampfes hat sich auch 80 Jahre nach der Gründung der Antifaschistischen Aktion nichts geändert, und wir erinnern an diese mutigen Genossinnen und Genossen, wenn wir an ihren Kampf anknüpfen.
Denn weiterhin gilt:
Kein Fußbreit den Faschisten!
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Redebeitrag der Roten Hilfe Heidelberg
Liebe Genossinnen und Genossen,
wenn wir uns heute zusammengefunden haben, um an den 80. Jahrestag der Gründung der Antifaschistischen Aktion zu erinnern, dann ist dies auch ein Thema, das mit der Geschichte der Roten Hilfe verbunden ist.
Die Vorgängerorganisation der heutigen Roten Hilfe, die Rote Hilfe Deutschlands, leistete in vielen damaligen linken Kämpfen aktive Antirepressionsarbeit - von Arbeitskämpfen bis hin zum breiten Widerstand gegen den Paragrafen 218.
Doch gerade zu Beginn der 1930er Jahre nahmen nicht nur die massiven Angriffe der nationalsozialistischen Gruppen auf kommunistische, sozialistische, gewerkschaftliche und anarchistische Veranstaltungen und Einzelpersonen rasant zu; ebenso wuchs die staatliche Repression, die sich stets auf die linken Arbeiterinnen und Arbeiter konzentrierte und die SA-Schlägertrupps weitgehend unbehelligt ließ.
In dieser Situation wurde nicht nur die strömungsübergreifende Organisierung antifaschistischen Widerstands gegen die immer dreister und brutaler auftretenden Nazis nötig, sondern auch die breit angelegte Solidaritätsarbeit für die zahllosen angeklagten und inhaftierten Linken, die sich gegen die Angriffe verteidigt hatten.
In zahllosen Prozessen unterstützte die Rote Hilfe Deutschlands die Antifaschistinnen und Antifaschisten, indem sie nicht nur die Kosten für die Rechtsanwälte übernahm, sondern durch Sonderzeitungen in hoher Auflage und durch die Mobilisierung zu großen Kundgebungen vor den Gerichten praktische Solidaritätsarbeit leistete.
Mehrere spektakuläre Prozesse, in denen die staatlichen Repressionsorgane ein Exempel an den angeklagten Linken statuieren wollten, konnten Rote-Hilfe-Anwälte gewinnen und so dafür sorgen, dass die antifaschistische Gegenwehr sich nicht einschüchtern ließ.
Stellvertretend soll hier mit dem Röntgenstraßen-Prozess das bekannteste Verfahren dieser Zeit genannt sein, in dem der Rote-Hilfe-Anwalt Hans Litten die Verteidigung übernahm. Am 29. August 1932 wurde eine Gruppe Kommunisten, die einen Referenten nach Hause begleiteten, aus einem SA-Sturmlokal in der Berliner Röntgenstraße heraus überfallen und unter Beschuss genommen. Ein SA-Mann wurde tödlich getroffen, zwei weitere verletzt. Daraufhin wurden neun junge Kommunisten angeklagt, fünf von ihnen drohte die Todesstrafe. In einer beispiellosen Kampagne organisierte die Rote Hilfe eine Konferenz mit 1500 Teilnehmenden und fast 40 große Kundgebungen im Raum Berlin, sie druckte 18.000 Prozesszeitungen und Hunderttausende von Flugblättern. Mehrere Betriebsversammlungen solidarisierten sich und drohten Proteststreiks an, zahllose Delegationen und Protestschreiben setzten das Justizministerium unter Druck. Der Rote-Hilfe-Anwalt Hans Litten konnte in dem Prozess nachweisen, dass der Überfall ausschließlich von der SA ausgegangen war und die tödlichen Schüsse aus dem Sturmlokal der Nazis gekommen waren. Im Oktober 1932 sprach der Richter die kommunistischen Angeklagten frei.
Auch wenn die Nazis nur wenig später die Macht übernehmen konnten und alle linken Organisationen - einschließlich der Roten Hilfe Deutschlands - zerschlugen, so stellten der Röntgenstraßen-Prozess und die massenhafte Solidarität mit den Angeklagten doch noch einmal die Breite des antifaschistischen Widerstands unter Beweis. Dieses Beispiel der strömungsübergreifenden Solidarität mit Linken, die sich staatlicher Repression ausgesetzt sehen, hat bis heute Vorbildcharakter. Wir als heutige Rote Hilfe tun alles uns Mögliche, um praktische Solidarität für die gesamte Linke zu organisieren und unterstützen Antifaschistinnen und Antifaschisten, die gestern wie heute im Visier von Polizei und Justiz stehen.
Solidarität ist eine Waffe!
Frage
DIY?
Die sieht ein wenig selbst gemacht aus, nicht?