Unlängst erst phantasierte sich der CDU-Fraktionschef des Dresdner Stadtrates Georg Böhme-Korn ein "Netz der Schande" zusammen, was systematisch über Dresden gezogen würde. Anlass war ein Antrag der Grünen der Umbenennung einer Straße in Guernica-Straße. Böhme-Korn meinte weiter, es hätte mit Jorge Gomondai begonnen und wäre mit Marwa El-Sherbini fortgesetzt worden. Ein höhnischen Schlag ins Gesicht aller Opfer von rassistischer Gewalt und die eigentliche Schande Dresdens stellt in meinen Augen diese Äußerung dar.
Heute dann, ein Tag nach dem sich der rassistische, islamophobische Mord an Marwa El-Sherbini zum 3. Mal jährt, fand vorm Landgericht Dresden eine Gedenkveranstaltung statt. Dresdner Bürger waren aufgerufen, Marwa zu gedenken, Blumen niederzulegen und zu mahnen. Doch das Bild des weltoffenen multikulturellen Dresden wurde auf ein neues erschüttert. Gerade einmal 50 Menschen fanden sich ein um den Redebeiträgen, des Anwalt der Familie, einer Sprecherin der muslimischen Gemeinde und einer Sprecherin einer Opferberatungsstelle Gehör zu schenken. Heute früh erst, soll sich jedoch eine Mitarbeiterin des Landgerichts geäußert haben: "Was soll denn der ganze Zirkus? Ist jetzt nicht langsam mal genug?"
Diese Unverfrorenheit zeigt den tiefsitzenden Alltagsrassismus wieder einmal auf und sollte uns allen ins Bewußtsein rufen wogegen wir angetreten sind zu kämpfen. Dennoch muss ich, nicht ohne Scham, feststellen, dass sich die Radikale Linke in Dresden scheinbar nicht dazu angehalten sieht, beim Gedenken an Marwa zu erscheinen.
Ich muss ernsthaft fragen: Wie können wir uns hinstellen und behaupten, wir wären gegen Rassismus und Xenophobie während der Ausländerrat an eine Frau erinnert, welche der Fahrlässigkeit der Gerichte, Staatsanwälte, vor allem aber dem tiefverwurzelten Hass gegen eine Religionsgemeinschaft zum Opfer fiel? Eine Frau die nicht dem, von den Medien so gerne transportiertem, Bild der hörigen Muslima entsprach, einer weltoffenen Frau die ihrer Religion trotz allem zugetan war und sie vor Gericht zu verteidigen suchte, als sie brutal durch 18 Messerstiche starb, während ihr Mann, offensichtlich nicht deutscher Herkunft, durch einen gezielten Schuss ins Bein von einem Polizisten ins Koma befördert wurde.
Aber letztendlich ist all dies zweitrangig, denn am Ende zählt, das Marwa ein Mensch war und dass sie das gleiche Recht auf Leben hatte wie wir alle. Ein Recht auf Leben, dass ihr durch eine islamophobe Gewalttat genommen wurde, die nie hätte geschehen dürfen und die wir nie vergessen dürfen, damit wir nie vergessen, warum wir jeder Zeit Rassismus angreifen müssen, überall da wo er uns begegnet.
Justus
(Übrigens wieß die Sprecherin der muslimischen Gemeinde ihn ihrer Rede auch darauf hin, dass man nicht hinnehmen wolle, dass die Salafisten in Fußgängerzonen verschiedenster Städte den Koran verteilen. Dies sei nicht das Bild des muslimischen Glauben, dass sie vertreten sehen wollen!)
Ergänzung
Zur Zeit findet im Übrigen auch noch ein offener Begegnungsabend im Marwa-El-Sherbini Kultur- u. Bildungszentrum statt.
Tag
Sie wurde am 1. Juli 2009 umgebracht. Der 3. Jahrestag war somit schon gestern.