Zum ideologischen Charakter der „Marxistischen Aktion Tübingen“ - Ein Beitrag gegen die denunziatiorische Perfidie in Teilen der Tübinger Linken
Die folgende Polemik, die hauptsächlich aus der Kenntnisnahme der „Goodbye Lenin! – Revisited“-Broschüre der „Marxistischen Aktion Tübingen“ resultierte, zieht ihre Notwendigkeit aus mehreren Umständen. Zum einen provoziert bereits der Duktus der Broschüre, der sich aus einer eigenartigen Mischung von begründungsloser Beliebigkeit und stasi-ähnlicher Apodiktik speist, eine entschiedene Reaktion; werden nicht alleine die Initiatoren des AK „Linke Irrwege“ denunziert, sondern auch dessen (teils externe) Referenten. Zum anderen kann das Feld der linken Auseinandersetzung in Tübingen nicht der denunziatorischen Willkür überantwortet werden. Es mag in der Sache des linken Bewegungsbetriebes liegen, dass gewisse Kriterien einer Kritik des Kapitalismus umstritten, da umkämpft sind und nicht allzu selten in der notwendigen Koalitionsbildung einer organisierten Gegen-Praxis zu theoretischen Abstraktionen einer „Halbbildung“ (Adorno) verschwimmen. Wenn aber jedweder Anspruch eliminiert ist, sich selbst und die eigene „Kritik“ irgendwie begründen und ausweisen zu können, verläuft die notwendige inhaltliche Auseinandersetzung in Bahnen eines quasi-akademischen Autoritarismus. Es scheint, als könnten gewisse Personen ihr Maul von der universitären Formalhuberei und ihres paradoxen diktatorischen Harmonismus nicht voll genug bekommen; gegen die Verlängerung des akademischen Sozialcharakters in die linksradikale Szene hinein gilt es den Inhalt und seine objektiven Kriterien geltend zu machen. Damit ist auch der dritte Aspekt benannt, der diesen Text motivierte. Es schlägt auf die Praxis, ihre Organisationsform, ja sogar auf ihre transzendierende Perspektive zurück, wenn die kritisch-reflektierte Einstellung zugunsten der alltäglichen Praxisanforderungen sistiert wird. Eine Praxis, die sich ihrer realen Machtlosigkeit nicht bewusst ist, die sich zu mehr stilisiert als dem unverzichbaren Kampf für Freiräume (Kampf für linke Hausprojekte, gegen Abschiebungen von ImmigrantInnen usw.), fällt der Gefahr anheim, den mit der Überhöhung realer Eingriffsmöglichkeiten nolens volens aufgenommenen Kredit durch falsche Identifikationen einzulösen, die für das stehen sollen, was man und frau doch so gerne selbst wären. Der Begriff des Linksradikalismus ist keine Spielmarke, die ihre Beglaubigung von der scheinbaren Selbstevidenz praktischer Aktionen erfährt; seine Realisation bedarf der Radikalisierung der Ideologiekritik, um die Bedingung der Möglichkeit einer sich gegen Exklusionstendenzen abgrenzenden linksradikalen Bewegung zu gewährleisten.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch der umfangreiche Charakter des Textes. Es zeichnete sich ab, dass die Auseinandersetzung zwischen dem „AK Linke Irrwege“ und der „Marxistischen Aktion Tübingen“ in einem Hin und Her von mehr oder weniger kurzen Stellungnahmen rastlos zu oszillieren sich anschickte; eine ausführliche theoretische Kritik war nötig, um den inhaltlichen Widerspruch nicht durch die Aktio und Reaktio von Kürzesttexten aufzulösen. Ein Verfahren übrigens, das freilich nicht nur der „MAT“ eigen ist. Der durchaus beachtenswerten Tendenz eines sich breit machenden Selbstverständnisses von Gruppen und Einzelpersonen, auf Tü-Info wahllos Denunziation zu betreiben (z.B. durch Kontaktschuld-Assoziationen), ohne es dabei irgend für nötig zu erachten, sich zumindest mit einem Pseudonym auszuweisen, soll mit diesem Text entgegengetren werden. Denn Denunziation und Theoriefeindlichkeit sind verschwistert, wofür die Beschimpfung Olaf Kistenmachers als „Faschistenmacher“ auf Tü-Info ein trauriges Zeugnis abgibt; natürlich wurde es auch hier nicht für notwendig erachtet, diese dreiste Beleidigung inhaltlich zu begründen – was, wie der/ die anaonyme PosterIn freilich wusste, auch nicht möglich ist. In eine ähnliche Kerbe schlug eine andere Stellungnahme vom 21.05. mit dem Titel „Linke Solidarität - Solidarische Kritik - Diffamierung Stopp!“. Wenn es in ihr heißt, „die letzten aktiven Gruppen und Einzelpersonen lassen langsam von jeglicher Aktion ab, alles was es noch gibt sind Vorträge, Vorträge und Vorträge, die am herrschenden Zustand NICHTS ändern wollen oder könnten“, zeugt sie nicht nur von dem panischen Reflex eines/ einer Linken, der/ die seine/ ihre Felle wegschwimmen sieht, sondern auch von einer manifesten Theoriefeindlichkeit, die in der Tat sich auszubreiten scheint. Wenn bereits der abstrakte Sachverhalt von Vorträgen an sich zur Denunziation verleitet, mag es bis zur ersten gewalttätigen Entladung dieses antitheoretischen Affekts nicht mehr weit sein. So geschah es im Verlauf der Zelle-Demo, dass Genossen der ART alleine deswegen mit körperlicher Gewalt bedroht wurden, weil sie einen israelsolidarischen Button trugen. Dass dieser durchaus bemerkenswerte Zwischenfall mit dem Vowurf des „Antideutschtums“ einherging, mag nicht verwundern, denn für die antiimperialistische Szene (und wohl nicht nur für diese) in Tübingen und Stuttgart besteht die deutsche Linke offensichtlich ausschließlich aus AntiimperialistInnen und Antideutschen. Dass bei einem solch schizophrenen und verkommenen Weltbild Frust aufkommt, ist leicht zu verstehen – dass er mittlerweile wahllos gegen israelsolidarische GenossInnen gerichtet wird, hingegen nicht. Es wäre das Mindeste diverser antiimperialistischer Gruppen gewesen, sich von diesen begründungslosen Beschimpfungen und der inakzeptablen Androhung von körperlicher Gewalt zu distanzieren. Dass all dies ausgeblieben ist, zeigt den grundsätzlichen Konsens einer Denunziationskultur, die entweder stillschweigend akzeptiert, oder, wie im Falle der „MAT“, aktiv praktiziert wird. Wo der Inhalt jedoch unter der Präponderanz der Form erstickt wird (Kontaktschuld-Assoziationen, begründungslose Diffamierung usw.), triumphiert am Ende die reale Abstraktion der Wertform und ihre inhaltliche Unbestimmtheit. Und in der Tat ähneln die (anti)politischen Auseinandersetzungen in der Tübinger Linken nicht selten frappant dem offiziellen Diskurs des akademischen Betriebes und der bürgerlichen Presse, mit all seinen Befindlichkeiten und taktischen Gemeinheiten. In diesem Sinne versteht sich die folgende Polemik vor allem auch als eine Intervention in die Denunziationskultur weiter Teile der Tübinger Linken, von der Überzeugung motiviert, dass radikale Kritik entweder inhaltlich bestimmt oder aber bloße Farce ist.
Wenn darüber hinaus die Broschüre „Nina, Pinta, Santa Maria“ (erschienen am 28. 07. Auf Tü-Info) apostrophiert, „die fundamentale Krise der kapitalistischen Gesellschaft“ müsse als „Chance zu ihrer Überwindung“ begriffen werden und dies ausgerechnet im Zug einer „fortschrittliche[n], humanistische[n] und kapitalismuskritische[n] Entwicklung“ einfordert, zeigt dies nicht nur, dass die AutorInnen dem bürgerlichen Fortschrittswahn mindestens ebenso verpflichtet sind wie die von ihnen kritisierten Antideutschen, sondern auch, dass hier einmal mehr postmoderne Mittelschichtssprösslinge ihre Unkenrufe lancieren, die die ohnehin theoretisch unbegriffene Fundamentalkrise des Kapitalismus auch noch als eine „Chance“ umdefinieren wollen. Auch hier wird wieder jedwede israelsolidarische Position als antideutsch halluziniert, was einmal mehr die Tragik der deutschen, aber auch der Tübinger Linken deutlich macht: Radikal kritische Positionen, die sich jenseits der dichotomischen Spaltung von antiimperialistischer und antideutscher Ideologie positionieren, werden schlichtweg ignoriert. Man und frau bekunden Solidarität mittlerweile nämlich durchweg alleine anhand von Bauchgefühlen; kritisch-theoretische Reflexion bleibt in der Tübinger Linken ein Anathema – würde ja eine kategoriale Kritik der bestehenden Verhältnisse die Pseudo-Praxis, die alleine der Selbstbefriedigung des eigenen Mittelschichtsbewusstseins dient, erheblich stören. Wenn in absehbarer Zeit die „antideutsche Veranstaltungsreihe Linke Irrwege“ (siehe „Nina, Pinta, Santa Maria“) eine Kritik der antideutschen Ideologie vorantreiben wird, wird dies bei den AutorInnen der Broschüre wohl keine Verwunderung hervorrufen; ein solch affektives Geplapper ist wohl gegen jeden noch so beißenden Widerspruch im eigenen Denken gewappnet.
Da in der Zwischenzeit noch allerhand andere Projekte abzuarbeiten waren, musste die folgende Polemik wohl oder übel die zeitliche Differenz zu der Veröffentlichung des in ihr kritisierten Gegenstandes in Kauf nehmen. So sei schließlich noch betont, dass der Text ausschließlich von mir verfasst wurde und mit den Protagonisten des AK „Linke Irrwege“ weder abgestimmt wurde, noch gar einer Stellungahme desselben gleichkommt.
Zusatz: Sollte die kürzlich veröffentlichte Auflösungserklärung der „MAT“ eine Reaktion ob des Wissens dieser Polemik gewesen sein, hat sie ihr Ziel erreicht. Dass aufgrund der personalen Kontinuität auch die Folgeorganisationen der „MAT“ – die „SDAJ-Tübingen“ und die „Antifa Aufbau Tübingen“ – Gegenstand der Kritik sein werden, versteht sich von selbst. Sofern die Auflösung jedoch mit einem Unbehagen an dem denunziatorischen Stil der Ex-MAT-StalinistInnen zusammenhängt, wäre dies wiederum eine begrüßenswerte Entwicklung.
Daniel Späth, Tübingen, Juni 2012
http://linkeirrwege.blogsport.de/
Weiterlesen im PDF:
Super Text!!
Danke für den klasse Text, der inhaltlich sicher nicht nur auf die Tübinger Situation passt!!!
Erst mal lesen...?
Data und das Guinessbuch?
So allmählich hat Mensch echt den Eindruck hier handelt es sich um eine gespielte Auseinandersetzung.
Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung des Romans über die drei Schiffe von Kolumbus
erfolgt nun nicht sehr Späth danach bereits ein siebzig seitiger Konter.
Ist Mensch denn nicht in der Lage zu reden? Spart viel Papier und Zeit.
Glaubt Mensch denn ernsthafte diese seitenlangen Schriften würden noch gelesen?
Also ungeachtet des Inhalts den ich wahrscheinlich mir nicht antun werde muss ich doch feststellen,
dass ich bei eine Schrift die laut Ankündigung eine Antwort sein soll und nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung erscheint ich zu der Vermutung komme der Verfasser hätte zwei Talente:
1. Er kann so schnell lesen wie Lieutenant Commander Data
2. So schnell tippen dass ein Guiness Buch der Rekorde ab sofort die einzigartige Leistung
innerhalb weniger Stunden 99 Din A4 Seiten zu tippen
Ungeachtet dessen, dass ich weder die eine noch die andere Schrift gelesen habe musss ich doch sagen:
Eine ernsthafte solidarische Diskussion sieht anders aus!
Glückwunsch, dass dieser linke Diskurs in Tübingen nun auch noch ins Guinessbuch kommt!
Mehr fällt mir dazu wirklich nicht ein.
Einbildung ist auch 'ne Bildung
Zitat Daniel Späth:
"Sollte die kürzlich veröffentlichte Auflösungserklärung der „MAT“ eine Reaktion ob des Wissens dieser Polemik gewesen sein, hat sie ihr Ziel erreicht."
Selten so einem Größenwahn begegnet.
Beim letzten von Daniel Späth organisierten Vortrag im Epplehaus waren grade mal sechs Leute.
Selbst seine einstigen Unterstützer_innen hat er inzwischen vergrault.
Wie es aussieht, ist der "AK Linke Irrwege" inzwischen ein Ein-Mann-Unternehmen.
Ob er wirklich glaubt, dass sich jemand für seine "Polemik" noch interessiert? Dass jemand diese 99 Seiten überhaupt lesen wird?
Kommunismus statt MAT
Die MAT hat sich aufgelöst? Wurde aber auch Zeit...
Aufgelöst?
Ich dachte, der AK Linke Irrwege hat sich aufgelöst?
http://Iinkeirrwege.blogsport.de/
Aus der MAT sind nur zwei neue Strukturen hervorgegangen:
http://www.marxistische-aktion.de/?p=989
wat mut dat mut
Die AntiDs glauben wirklich, dass sie mit obigem Text irgendwas zur Auflösung der MAT beigetragen haben und die Ex-MAT rächt sich mit einem Fake-Blog. Irgendwie lustig als außenstehender Undogmatischer, der nächste Zug geht auf euch! :)
Präponderanz der Form
Beklagt wird:
Wo der Inhalt jedoch unter der Präponderanz der Form erstickt wird (Kontaktschuld-Assoziationen, begründungslose Diffamierung usw.), triumphiert am Ende die reale Abstraktion der Wertform und ihre inhaltliche Unbestimmtheit. Und in der Tat ähneln die (anti)politischen Auseinandersetzungen in der Tübinger Linken nicht selten frappant dem offiziellen Diskurs des akademischen Betriebes und der bürgerlichen Presse, mit all seinen Befindlichkeiten und taktischen Gemeinheiten.
Anstatt diese Präponderanz aufzubrechen wird durch immer weitere Postings und Schriften ein Autmatismus erzeugt. Das Beklagte wird nicht beendet, sondern fortgesetzt. Dieser Text ist eine weitere Fortsetzung der beklagten Präponderanz und des Automatismus dessen Teil Genosse Späth selbst ist indem er die von ihm beklagten Kontaktschuldvorwürfe erwidert (3A Bündnis und Assoziation Dämmerung Postings dazu auf TÜ-Info) anstatt inhaltlich darauf einzugehen und den Versuch mit Anschuldigen (Vorfälle Zelle-Demo) dies auch noch auf Stuttgart auszuweiten. Doch für solche Versuche ist es zu Späth. Dieser Automatismus ist durch die Auflösung des AK-Linke Irrwege folgerichtig am Ende. Es ist nur noch eine Person mit dieser Schrift als Urheber übrig. Es ist nun klar aus welcher Ecke solche Versuche kommen. Die Zelle-Geschichte ist nach der guten Stellungnahme der ART bereits längst erledigt, weil eben anderswo solch eine Präponderanz der Form nicht Bestandteil des politischen Diskurs ist und auch nicht sein wird. Es kann auch einfach eine korrekte Stellungnahme stehen bleiben und persönlich geklärt werden ohne seitenlange Schriften zu verfassen.
Daher mein Vorschlag diese Präponderanz aufzubrechen: Späth drink ein Bier (Sortenempfehlung siehe Link) und machs wie John Lennon gesungen hat: Let it be!
Dem Vorwurf evtl Annonymität zu begegenen: Du findest mich in Pyongyang. Leider habe ich nachdem ich mich über die Präponderanz der Form in Tübingen aufgeregt habe einen Herzinfakt bekommen und gleich gestorben. Die Massen standen bei meinem Trauerzug alle auf der Straße und riefen: Nie wieder Tübingen - Ihr seid schuld! Mein Mausuleum
wird gerade noch aufgebaut. Daher sind Besuche gerade schwierig. Grüße Kim Jong Il
Mimimi
Dieser Schwanzvergleich, den ihr euch hier auf Indy mit diesen unnötigen und bis zum erbrechen mit Fachbegriffen und Fremdwörtern ausdekorierten Texte, die im Endeffekt eine weit minderwertigere Aussage haben, als sie auf den ersten Blick erscheinen, liefert, ist schlichtweg peinlich und lenkt vom wesentlichen ab. Etwas anderes, als euch in euren Laberkreisen zu profilieren habt ihr wahrscheinlich hinsichtlich Antifa/Antikap Arbeit ohnehin nie auf die Reihe bekommen. Trefft euch doch einfach mal irgendwo, vielleicht neben dem McFit bei Aldi, haut euch eine Runde auf die Schnauze und die Sache hat sich erledigt.
Was für ein Meisterwerk!
99 Seiten voll von schwurbeliger super-pseudoakademischer Sprache, mindestens teilweise unklarer Argumentation und wahllos eingestreuten Beleidigungen, Unterstellungen und Beschimpfungen. Die an vielen Stellen hervortretende argumentative Schwäche wird dann durch Zitate größerer Geister, als der Autor einer ist, und unbekannte Fremdwörter nur dürftig bemäntelt. Ich habe nur ein paar Seiten quer gelesen, das ist schon mehr als genug.