Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!

Nazis in Ulm am 1. Mai 2009
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Am 1. Mai 2009 marschierten fast 1.000 Nazis durch Ulm (Baden-Württemberg) und Neu-Ulm (Bayern), 5.000 Menschen stellten sich ihnen entgegen. Es gab weitere faschistische Aufmärsche in mehreren deutschen Städten, an denen sich insgesamt 3.000 Nazis beteiligten. Auch wenn es wie in Ulm teilweise zu militanten Störungen kam, konnte lediglich in Mainz ein Nazimarsch verhindert werden. Den Aufmarsch in Ulm hatte die Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) angemeldet, es beteiligten sich jedoch alle Teile des faschistischen Spektrums.

In Ulm hat der „Deutsche Gewerkschaftsbund“ (DGB) wie so oft autonome Antifas verraten und der Polizeigewalt ausgeliefert, während sich kurdische und kommunistische Demonstrierende solidarisch zeigten. Der DGB hat sich damit wieder einmal in die Tradition des 1. Mai 1933 gestellt. Schon damals versuchten die Nazis den Kampftag der Arbeiterbewegung zum „Feiertag der nationalen Arbeit“ zu verklären. Am 2. Mai 1933 zerschlugen sie die Gewerkschaftsbewegung, während am Vortag Teile der Gewerkschaften zusammen mit der NSDAP auf die Straße gingen. Jahr für Jahr versuchen die Nazis den 1. Mai für sich zu vereinnahmen und seine Ursprünge vergessen zu machen: Die anarchistische Versammlung 1886 auf dem Haymarket in Chicago anlässlich des Generalstreiks für den Achtstundentag.

Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!

Der 1. Mai 2008 wurde zum Fanal einer neuen Form des Rechtsradikalismus in Deutschland, zum ersten Mal wurden die „Autonomen Nationalisten“ (AN) medial wahrgenommen. Damals marschierten 1.100 Nazis einer militanten Jugendsubkultur durch den Hamburger Stadtteil Barmbek. Über 9.000 Menschen leisteten Widerstand, die Nazis griffen gezielt Presse und politische Gegner an. Die Polizei war von der neuen Qualität faschistischer Massenmilitanz überrascht und überfordert. Innerhalb der Szene löste die Aufmerksamkeit der Medien eine Eigendynamik aus, die bis zum heutigen Tag ein wichtiger Faktor für die Attraktivität der AN bei Nazis darstellt. Die AN treten als oberflächliches Plagiat Autonomer Antifas von rechts auf und versuchen durch ein modernes und gewalttätiges Auftreten Jugendliche zu rekrutieren. Zwar werden die Nazis durch die Abkehr von abstoßenden Stereotypen wie dem spießigen Scheitelträger oder dem grölenden Naziskin für ein breiteres Spektrum attraktiv, doch haben die AN bisher kein Potenzial für eine Massenbewegung.

Bereits am 12. April 2008 waren 800 AN durch Stolberg (Nordrhein-Westfalen) marschiert. Anlass war die Ermordung eines Jugendlichen, der am 4. April auf dem Heimweg von einer NPD-Veranstaltung bei einer Auseinanersetzung starb. Der bisher größte Aufmarsch der AN fand am 6. September 2008 statt, als 1.200 Nazis trotz des Protests von 1.800 Linken ungestört durch Dortmund (Nordrhein-Westfalen) marschieren konnten. Der Anlass war der Jahrestag der Überfalls der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939. Den Tag des Beginns des 2. Weltkrieges feiern die Nazis seit vier Jahren in Dortmund zynisch als „Nationalen Antikriegstag“. Auch am 1. Mai 2009 marschierten Nazis durch ihre Hochburg Dortmund: 300 AN griffen die DGB-Demo mit Steinen an.

Am 13. September 2008 nahmen 1.100 Nazis am 4. „Fest der Völker“ (FdV) in Altenburg (Thüringen) teil, 2.000 Linke protestierten dagegen. Auf dem von der NPD organisierten jährlichen Rechtsrock-Festival spielen fast ausschließlich Bands des faschistischen Musiknetzwerks „Blood and Honour“. Aus ganz Europa reisen Nazikader an, mehr noch als viele andere Nazitreffen dient das Ereignis der faschistischen Vernetzung. Viele der teilnehmenden Nazis kommen aus den parteiunabhängigen „Freien Kameradschaften“. Mit Großereignissen wie dem FdV versuchen die Nazis hauptsächlich im Osten auch in größeren Städten „national befreite Zonen“ zu errichten, wenn auch im Gegensatz zu einigen ländlichen Regionen zeitlich begrenzt.

Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!

Der größte Naziaufmarsch in Deutschland nach Ende des 2. Weltkriegs fand am 14. Februar 2009 in Dresden (Sachsen) statt. Am Jahrestag der Bombardierung der Stadt durch die Alliierten marschierten 6.500 Nazis aus ganz Europa durch Dresden. Zwar demonstrierten dieses Jahr zum ersten Mal mehrere tausend Linke gegen den Nazimarsch, aber der geschichtsrevisionistische Aufmarsch hat sich bereits fest in der Agenda europäischer Nazis etabliert. Wie zuvor die Naziaufmärsche in Wunsiedel am Grab des Hitlerstellvertreters Rudolf Heß oder das Pressefest der NPD-Parteizeitung „Deutschen Stimme“ in verschiedenen meist ostdeutschen Städten ist Dresden zum Jahrestreffen der europäischen Naziszene avanciert.

Die drei wesentlichen Merkmale der großen Nazitreffen sind spektrenübergreifende Vernetzung und Organisation, Vergewisserung der eigenen Stärke nach innen und Machtdemonstration nach außen. Der Anlass der faschistischen Großereignisse ist dabei unwichtig, solange sie eine Identifikationsfunktion für das gesamte Nazispektrum erfüllen. Dies ist insbesondere bei geschichtsrevisionistischen Themen der Fall, als Orte werden meist lokale Hochburgen der Naziszene gewählt. Es reicht daher nicht aus, die einzelnen Großereignisse zu verhindern, denn die Nazis haben gezeigt, dass sie flexibel auf Verbote reagieren und in der Folge andere Themen für Aufmärsche nutzen. Neben der Bekämpfung faschistischen Gedankenguts in der Bevölkerung und der Aufklärung über Naziumtriebe ist die Zerschlagung der Nazistrukturen unabdingbar: Jeder einzelne Nazi muss mit allen notwendigen Mitteln angegriffen werden.

Nie wieder Faschismus!

Autonome Antifa Freiburg
Communiqué vom 07.05.2009

 


 

Antifaschistischer Ticker vom 1. Mai 2009 zu Hannover, Mainz, Siegen und Ulm
Auf deutsch: http://linksunten.indymedia.org/de/ticker/1mai09
Auf englisch: http://linksunten.indymedia.org/en/ticker/1mai09