Neonazi Martin Wiese trifft auch in seinem neuen Wohnort Reichersdorf auf Widerstand

Erstveröffentlicht: 
29.05.2012

"Die Linke" befürchtet: Weißer Fleck der Rechtsextremen soll von Landkarte verschwinden

 

Landau. Ein namhafter und ranghoher Neonazi wohnt seit März im Altlandkreis Landau. Vielen Bürgern wäre das zunächst verborgen geblieben, hätte nicht die Partei "Die Linke" am Pfingstwochenende Flugblätter in Landau und Reichersdorf verteilt. Darin warnt sie plakativ vor Martin Wiese: "Vorsicht: Zweifach verurteilter Rechtsterrorist nach Reichersdorf gezogen."

Auf den Handzetteln, die in 500-facher Auflage verteilt wurden, ist auch das Konterfei des Mannes abgebildet, das Gesicht ist verpixelt. Die Linke weist in dem beidseitig bedruckten Pamphlet darauf hin, dass Martin Wiese im Zusammenhang mit einem 2003 geplanten Sprengstoffattentat seiner rechtsterroristischen Vereinigung "Schutzgruppe" auf das Jüdische Zentrum München bundesweit bekanntgeworden sei. Auf zwei Seiten stellt die Partei die Aktivitäten und den "Lebenslauf" des glatzköpfigen Mannes dar.

Dass er im kleinen Ort Reichersdorf allerdings großangelegte rechtsextremistische Aktionen durchführen wird, daran glaubt die örtliche Polizei nicht. Ihr ist der Zuzug des "prominenten" Extremisten längst bekannt. Und auch der Staatsschutz ist involviert und überwacht den Mann offenbar. Die exekutive Staatsgewalt verlässt sich voll und ganz auf die vom Rechtsstaat gegebenen Instrumentarien und zeigt sich gelassen. "Die Linke" dagegen setzt auf Transparenz mit Flugblatt.

Wiese lebte zuvor in Landshut. Aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr die LZ, dass der Neonazi schon seit längerem an einem alten Gasthaus interessiert sei, und zwar auch im Raum Altötting und Landshut. Vermutet wurde in diesen gut informierten Kreisen, dass dies für einschlägige Treffen genutzt werden könnte.

Rolf Pannicke, Kreisvorsitzender von "Die Linke" Deggendorf/Dingolfing, fürchtet, dass es sich bei Martin W. um eine tickende Zeitbombe handeln könnte. Pannicke glaubt, dass der Neonazi nun vom Lande aus sein rechtsextremes Handeln fortsetzen könnte. Weiter schließt man auch sogenannte Eins-zu-eins-Konfrontationen, beispielsweise mit Menschen mit Migrationshintergrund, nicht aus.

"Wir wollen natürlich auch aufklären, damit sich niemand auf das gefährliche rechte Gedankengut einlässt", gibt Pannicke der Heimatzeitung zu verstehen. Ihm ist noch immer unklar, ob Wiese mit dem Zuzug ins ländliche Niederbayern einen weißen Fleck der Rechtsextremisten von der Landkarte verschwinden lassen will.

Besonders rechtsextreme Aktivitäten habe man nämlich bisher in unserem Raum weder wahrgenommen noch festgestellt, dagegen vermehrt in Bayerischen Wald, in der Oberpfalz und in Landshut.

Martin Wiese, dem auf der weltweiten Wissensplattform Wikipedia ( http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wiese ) ein eigener Beitrag gewidmet wurde, ist nach öffentlichen Informationen 1976 in Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) geboren und wurde nach der politischen Wende in Ostdeutschland in der Neonaziszene aktiv. Er beteiligte sich nach Medieninformationen bereits im August 1992 im Alter von 16 Jahren an einer der bekanntesten Ausschreitungen der bundesrepublikanischen Geschichte, den tagelangen Attacken und Brandanschlägen auf das Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen, das weltweit für traurige Schlagzeilen gesorgt hatte.

Die Bildzeitung bezeichnet Wiese als Bayerns gefährlichsten Rechtsterroristen, und zwar im Zusammenhang mit dem jüngsten, nicht rechtskräftigen Gerichtsurteil. Der einschlägig vorbestrafte Neonazi Martin Wiese soll ein Jahr und neun Monate ins Gefängnis, und zwar wegen Volksverhetzung und weil er Journalisten bedroht und eingeschüchtert haben soll, heißt es in einem Artikel der Frankfurter Rundschau.

Innenminister Joachim Herrmann höchstpersönlich begrüßt die Haftstrafe für Rechtsextremisten Wiese in einer eigenen Pressemitteilung, die folgenden Wortlaut hat: "Hohes Strafmaß für unverbesserlichen Neonazi gerechtfertigt - klares Signal gegen Rechtsextremismus." Innenminister Joachim Herrmann hat die Verurteilung des vorbestraften Neonazis Martin Wiese zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen Volksverhetzung und Bedrohung begrüßt: ,Das hohe Strafmaß ist eine gerechte Strafe für den unverbesserlichen Neonazi Wiese'. Es ist richtig, dass er wegen seiner menschenverachtenden Äußerungen und Drohungen gegenüber Journalisten für längere Zeit ins Gefängnis kommt. Das mutige Urteil des Amtsgerichts Gemünden setzt zugleich ein klares Signal: Unser Rechtsstaat wehrt sich gegen strafbares, rechtsextremistisches Gedankengut. Wir dulden keine Bedrohung durch Rechtsextremisten und gehen mit aller Härte des Gesetzes gegen rechtsextremistische Straftaten vor."

Allerdings muss Wiese sich offenbar so schnell noch vor keiner Haftanstalt fürchten. Wie der zuständige Direktor vom Amtsgericht Gemünden am Dienstag auf Nachfrage der LZ sagte, wurde das Urteil angefochten. Nun muss sich in einer höheren Instanz das Landgericht Würzburg mit dem Vorwürfen beschäftigen.

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Neonazi Martin Wiese jetzt in Reichersdorf. Linke klären Nachbarn per Flugblatt auf

 

Der bekannte Neonazi Martin Wiese (36) ist Ende März 2012 von Geisenhausen nach Reichersdorf bei Landau/Isar umgezogen. Er lebt dort am Orts- rand in einem Mehrfamiienhaus. Die Partei der LInken hat jetzt in seinem Umfeld eine Flugblattak- tion über den Neonazi durchgeführt.

Dieser Flyer zeigt Wiese mit Konterfei und gibt Auskunft über dessen Werdegang. Die Bevölkerung soll wissen, heißt es in diesem Flugblatt des linken Kreisvorsitzenden Rolf Pannicker, wer sich da in der Nachbarschaft einquartiert hat. In Landshut hat Wiese von August 2010 bis Anfang 2011 unmittelbar nach seiner Entlassung aus einer sechsjährigen Haft (zuletzt JVA Bayreuth) in der Schirmgasse gewohnt.

Im Februar 2011 organisierte der "Runde Tisch gegen Rechts" eine Lichterkette in der Altstadt gegen Martin Wiese, an der über 1200 Landshuter teilgenommen haben. Ende Februar 2012 organisierte Wiese in Landshut wiederum einen Demozug mit 80 Beteiligten gegen die Linken, geschützt von ca. 500 Polizeikräften. Hunderte demonstrierten gegen diesen Aufmarsch der Neonazis. Mit einer Sitzblockade wurde sogar die Umleitung der Demo-Route erzwungen.

 

Quelle: www.la-rundschau.de