Auch am letzten Samstag, dem 17. März versammelten sich wieder rund 40 Menschen um gegen die Zustände bei Maredo zu demonstrieren. Am 26. November waren dort über 20 Kolleg_innen in ihrem Laden eingesperrt worden und mit Drohungen zu einer „freiwilligen“ Kündigung genötigt worden. Sie waren zuvor wochenlang illegal mit Kameras überwacht und bespitzelt worden.
Seit einigen Wochen nun demonstriert das Solidaritätskomittee jeden Samstag um 13 Uhr vor der Betreffenden Filiale in der Frankfurter Fressgass'. Letzten Samstag hielt dort der Sozialwissenschaftler Thomas Sablowski einen Redebeitrag, in dem er die Hintergründe des Unternehmens Maredo beleuchtete. Der Musiker Ernst Schwarz war wieder mit seiner Gitarre und einer kleinen Anlage gekommen, um einen Beitrag zur Kundgebung zu leisten. Zahlreiche Unterstützer_innen verteilten Flugblätter an die Passant_innen. Gegen 14.30 Uhr löste sich die Kundgebung wieder auf.
In der Filiale in der Frankfurter Fressgass' hatte sich in den letzten Jahren nicht nur ein Betriebsrat gebildet, was für Maredo sehr ungewöhnlich ist. Die Filiale in der Fressgass' hatte auch den höchsten gewerkschaftlichen Organisierungsgrad von allen Maredo-Filialen in der Bundesrepublik. Für Maredo, einen Betrieb der sogenannten „Systemgastronomie“, der einem Private-Equity-Unternehmen, der ECM (http://www.ecm-pe.de/) gehört und gnadenlos auf die Maximierung der Gewinne ausgerichtet ist, offensichtlich ein hinderlicher Kostenfaktor.
Denn in den Jahren zuvor war es üblich, dass Überstunden nicht korrekt abgerechnet wurden, will heißen: die Mitarbeiter_innen bekamen diese immer wieder nicht oder nur teilweise bezahlt. Mit Hilfe von Betriebsrat, Gewerkschaft und der Solidarität der Belegschaft konnte dieser gewinnbringenden Praxis ein Riegel vorgeschoben werden.
Am 26. November des letzten Jahres hat sich das Management von Maredo offenbar entschlossen die soziale Auseinandersetzung mit Belegschaft und Betriebsrat ein für alle Mal zu ihren Gunsten zu entscheiden. Zum Schichtwechsel wurde ein Stromausfall vorgetäuscht. Dadurch wurden die anwesenden Gäste dazu gebracht das Lokal zu verlassen. Gleichzeitig waren sowohl die Früh- als auch die Spätschicht, insgesamt ein Großteil der Belegschaft anwesend.
Die Betriebsleitung betrat gemeinsam mit Chefs aus der Konzernzentrale in Düsseldorf, Anwälten und Mitarbeitern eines „Sicherheitsdienstes“ das Lokal. Die Anwesenden Mitarbeiter_innen wurde verboten das Geschäft zu verlassen und stämmige Mitarbeiter des „Sicherheitsdienstes“ machten von Anfang an deutlich, dass diese Anweisung ernst gemeint war. Nun mussten alle ihre Handys ausmachen und sich im dunklen Restaurant an einen Tisch setzen. Um eine Unterstützung durch die Betriebsräte zu unterbinden bekamen diese zunächst Hausverbot.
„Das wars, für euch alle ist die Arbeit bei Maredo heute definitiv vorbei. Ihr habt uns alle beklaut, jahrelang. Ihr könnts euch jetzt aussuchen: entweder ihr kündigt freiwillig, dann kriegt ihr noch so lange Gehalt wie eure Kündigungsfrist dauert und wir zeigen euch nicht an. Oder ihr kündigt nicht freiwillig, dann kündigen wir euch morgen fristlos und zeigen euch alle an. Dann verbaut ihr auch auch noch eure Zukunft. Das Kapitel Maredo endet in jedem Fall heute für euch alle! Ihr könnts euch aussuchen wie es endet, seid nicht unvernünftig!“
Das war sinngemäß die Ansage, die den völlig verängstigten Mitarbeiter_innen von Seiten der Konzernleitung gemacht wurde. Man könne alle die begangenen Untaten beweisen, habe Videoaufnahmen von diesen angefertigt. In dieser Situation entschloss sich ein Teil der Mitarbeiter_innen zur sogenannten „freiwilligen“ Kündigung, viele aber auch nicht. Eine Person bekam in dieser Situation Atemnot, worauf hin ein Krankenwagen gerufen wurde. Im Rahmen dieses Einsatzes kam auch die Polizei zum Ort des Geschehens.
Zuvor hatte Maredo die Belegschaft wochenlang mit Kameras überwacht und auch Spitzel in die Belegschaft eingeschleust. Solche Maßnahmen müssen mit dem Betriebsrat abgestimmt und der Belegschaft angekündigt werden. Beides ist nicht geschehen, weshalb die Maßnahmen schlicht illegal waren. Bei den Diebstählen - die Konzernleitung meint „man kann sagen, organisiertem Diebstahl und Betrug“ - handelt es sich übrigens durchweg um Bagatelldelikte: ein Schluck Cola, eine Pommes, ein paar Karottenschalen für den Hasen daheim. Selbstverständlich gab es für alle diese „Delikte“ Wochen-, Monate- und Jahre lang nie irgendwelche Abmahnungen. Aber im November 2011 wusste sich die Konzernleitung dann mit einem Mal nicht mehr anders zu helfen...
In der Folge zeigte die Konzernleitung die Mitarbeiter_innen wegen Diebstahls an und umgekehrt die Belegschaft die Konzernleitung wegen Nötigung und Freiheitsberaubung. Außerdem klagt Maredo auf Aufhebung des Kündigungsschutzes, den die Betriebsräte per Gesetz genießen. Die erste Verhandlung in dieser Sache findet am 8. Mai in Frankfurt statt.
Seither sind eine ganze Reihe von Presseartikeln erschienen:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/218073.wildwest-im-steakhaus.html
http://www.jungewelt.de/2012/01-03/001.php
Insgesamt zeigt sich, dass Maredo konsequent versucht kritische Stimmen einzuschüchtern. Die Partei Die Linke wurde mit einer strafbewehrten Unterlassungsklage angegriffen für ein karikiertes Maredo-Logo: http://www.linke-frankfurt.de/meldungen/wieder-online-massenrauswurf-beim-steakhaus-maredo-jetzt-vor-gericht
Der Jungen Welt wurden juristische Konsequenzen angedroht, wie aus einem ihrer Artikel hervorgeht. Den derzeit noch bei Maredo tätigen Menschen wird versucht der Mund zu verbieten: http://maredosolidaritaet.blogsport.de/2012/03/09/maulkorb-fuer-maredo-beschaeftigte/
Mittlerweile sind laut dem Solidaritätskomitee über tausend Unterschriften gesammelt worden. Bei einer Infoveranstaltung in Club Voltaire am gestrigen Sonntag zeigten sich Betriebsrat und Belegschaft in kämpferischer solidarischer Stimmung. Die Kundgebungen sollen weiterhin jeden Samstag stattfinden, bis alle Anzeigen gegen die Belegschaft eingestellt sind und alle ihre Jobs wieder haben.
Weiter Infos auf:
http://maredosolidaritaet.blogsport.de
http://de-de.facebook.com/pages/Maredo-Mitarbeiter-Solidarit%C3%A4t/178236268954129
Druck auf ZDF vorerst erfolgreich - Kundgebung am Samstag
Maredo hat es mit juristischen Drohungen wohl vorerst geschafft, die Aussendung eines Beitrages des ZDF-Magazins WISO, welche für Montag Abend geplant war zu verhindern. Das Solidaritätskomitee wertet dies als ein Anzeichen dafür, dass die Konzernleitung unter Druck geraten ist, und somit als Erfolg seiner Arbeit. Für den nächsten Samstag wird wieder zu einer Kundgebung vor der betreffenden Filiale in der Frankurter Fressgass’ aufgerufen. Los gehen soll’s wie immer um 13 Uhr. Kommt vorbei, unterstützt die Arbeiter_innen von Maredo in ihrem Kampf!
http://maredosolidaritaet.blogsport.de/