Ermittlungen. Im Ruhestand wechselte der Rottweiler Landgerichtspräsident zu Heckler & Koch. Nun hat er selbst Ärger mit der Justiz. Der FDP-Staatssekretär Burgbacher hat sich doch dienstlich zu Waffenexporten geäußert. Von Andreas Müller und Wolfgang Messner
Der Justizminister war voll des Lobes für den scheidenden Präsidenten des Landgerichts Rottweil. „Einsatzbereit, offen, engagiert, menschlich immer geradlinig” - Ulrich Goll (FDP) überschüttete Peter Beyerle geradezu mit Komplimenten, als er ihn im November 2005 in den Ruhestand verabschiedete. Dem Richter mit der „ausgeprägten juristischen Begabung” und der „genauen Kenntnis der Rechtsprechung” sei sein Beruf „wie auf den Leib geschneidert” gewesen, sagte Goll laut der Pressemitteilung des Ministeriums.
Kurz nach der Pensionierung entdeckte der 65-Jährige eine weitere Berufung in sich, die ihm deutlich weniger Ruhm einbrachte: die zum Rüstungsmanager. Zur allgemeinen Verblüffung heuerte der Ruheständler beim Waffenhersteller Heckler & Koch im nahen Oberndorf an. Dort wurde er als Geschäftsführer zuständig für den Bereich Recht, Behördenkontakte, Öffentlichkeitsarbeit und Exportkontrolle. Was sich Heckler & Koch davon versprach, lag auf der Hand: ein seriöseres Aushängeschild hätte sich das mit Imageproblemen kämpfende Unternehmen kaum wünschen können. Halb Rottweil aber rätselte damals, was den angesehenen Juristen zu der zweiten Karriere trieb. Vielleicht war es, ganz banal, das Geld: Ausweislich des im Vorjahr veröffentlichten Geschäftsberichts für 2009 verdienten die drei, zeitweise vier Mitglieder der Geschäftsführung zusammen 3,3 Millionen Euro. Das ist eine andere Gehaltsdimension, als die Justiz sie ihrem Spitzenpersonal bieten kann.
Beyerle selbst kann man dazu nicht befragen, für die Medien ist der einstige Medienbeauftragte inzwischen generell nicht mehr zu sprechen. Das hat damit zu tun, dass sein Arbeitgeber und wohl auch er selbst ins Visier der Justiz geraten ist. Nach Anzeigen des Freiburger Rüstungskritikers Jürgen Grässlin ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des Verdachts auf Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie auf Bestechung. Der Hintergrund: Heckler-&-Koch-Waffen sind in Problemzonen in Mexiko und in Libyen aufgetaucht, wohin sie nie hätten gelangen dürfen. Zweimal gab es deswegen bereits Razzien in Oberndorf. Gegen wen konkret sich das Verfahren richtet, mag die Staatsanwaltschaft nicht verraten. In beiden Anzeigen Grässlins wurde als einer der Verantwortlichen Beyerle benannt, was wegen seines Geschäftsbereichs naheliegt.
Als der „Spiegel” im August 2010 über die Ermittlungen berichtete, wehrte sich der Ex-Gerichtspräsident noch gegen die Vorwürfe. Die seien „absurd” und würden wider besseres Wissen erhoben; im Übrigen sei der mexikanische Markt für das Unternehmen „völlig unbedeutend”. Bald darauf verabschiedete er sich vorzeitig bei Heckler & Koch, was mit den Ermittlungen angeblich überhaupt nichts zu tun hatte. Statt Beyerle äußerte sich nun eine eigens engagierte Expertin für Krisenkommunikation: Der inzwischen 70-Jährige habe einfach „eine etwas andere Lebensplanung” und das Gefühl gehabt, es sei „Zeit aufzuhören”.
Ein ehedem hoher Justizvertreter im Visier der Justiz - das wäre schon heikel genug. Inzwischen wurde der Fall aber auch zum Problem für die Partei des früheren Justizministers, die FDP. Die Staatsanwaltschaft stieß bei der Durchsuchung nämlich auf eine „außergewöhnliche Mail”, die sie einen Zusammenhang zwischen einer Parteispende - offenbar an die Liberalen - und einer Exportgenehmigung vermuten lässt. Wie alle Vorwürfe weist Heckler & Koch auch diesen zurück. Hauptempfänger der Gaben aus Oberndorf ist zwar die CDU, die in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 70 000 Euro erhielt. Gezahlt wurden jeweils 10 000 Euro, ab einem Euro mehr hätten die Spenden veröffentlicht werden müssen. Vor allem für den Einsatz des Tuttlinger CDU-Bundestagsabgeordneten und Unionsfraktionschefs Volker Kauder waren die Waffenproduzenten überaus dankbar. Der habe „immer wieder die Hand über uns gehalten”, lobte der Hauptgesellschafter Andreas Heeschen - ein schillernder Geschäftsmann mit Wohnsitz unter anderem in London - im Bundestagswahlkampf 2009, als Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) zusammen mit Kauder und weiteren Abgeordneten aus der Region zu Besuch kam.
Zweitgrößter Empfänger war mit 20 000 Euro die FDP, die Sozialdemokraten erhielten bescheidene 3000 Euro, die Grünen gar nichts. Bedacht wurden die Liberalen freilich erst seit dem Wahljahr 2009, das sie im Bund wieder in die Regierung brachte. Die Spenden gingen zumindest teilweise an den Kreisverband Tuttlingen, dessen Abgeordneter Ernst Burgbacher nach dem Wechsel in Berlin zum Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium aufstieg. Genau dieses Ressort - und das ihm nachgeordnete Bundesamt für Ausfuhrkontrolle - ist zuständig für die Genehmigung von Waffenexporten.
Seither sieht sich Burgbacher zu Unrecht in ein schiefes Licht gerückt: Die „unfaire und unsachliche Berichterstattung einiger Medien”, schrieb er diese Woche in einem „Sondernewsletter” an Parteifreunde, sei „eine Kampagne gegen die FDP und mich”. - „ Ich habe mich nie bestechen lassen”, sagte er einem Fernsehteam von „Report Mainz”, von dem er sich nach einer abendlichen Veranstaltung sichtlich überfallen fühlte.
„Abstrus und geradezu grotesk” erscheint es dem 62-Jährigen, dass er mit Waffenlieferungen nach Mexiko in Verbindung gebracht wird. Zum Zeitpunkt der maßgeblichen Entscheidungen sei er ohnehin noch Oppositionsabgeordneter gewesen. Auch als Staatssekretär für Mittelstand und Tourismus habe er mit Rüstungsexporten nicht das Geringste zu tun. Zumindest in einem Fall stimmt das so nicht. Der Stuttgarter Zeitung liegt ein offizielles Schreiben des Ministeriums vom Juni 2011 vor, mit dem Burgbacher eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke zu Heckler & Koch beantwortete.
Jelpke hatte sich nach den Bemühungen der Bundesregierung erkundigt, die Herkunft von G-36-Gewehren zu klären, die in Georgien aufgetaucht waren; offiziell hätten sie dorthin nie gelangen dürfen. Auf den 2008 erstmals gezeigten Fernsehbildern waren indes keine Seriennummern zu erkennen, anhand derer sich der Weg der Waffen wohl nachvollziehen ließe. Aus Sorge vor diplomatischen Verwicklungen, argwöhnt der Freiburger Grässlin, wolle die Regierung das lieber nicht so genau wissen. Wenn die Lieferung etwa über die USA gelaufen sein sollte, berge das „immensen politischen Sprengstoff”. Burgbacher konnte der Abgeordneten nicht viel Hoffnung machen: Weil sich die georgische Regierung wenig kooperativ zeige, sei er „skeptisch, dass unsere Bemühungen (. . .) noch Erfolg haben werden”. Die Korrespondenz stehe in keinem Widerspruch zu seinen Angaben, sagte der FDP-Mann der StZ: Als Parlamentarischer Staatssekretär unterschreibe er Antwortbriefe auch zu Themen, mit denen er nicht befasst sei - allerdings nicht blind, sondern nach einer Prüfung auf Plausibilität. Beim Besuch von Franz-Josef Jung in Oberndorf war Burgbacher übrigens auch dabei. Wenn der Verteidigungsminister ihn als Wahlkreisabgeordneten einlade, so seine Erklärung, gehe er natürlich hin.
Die Firma aus Oberndorf ist nicht für alle makellos
Parteien. CDU und FDP haben mit Spenden von Waffenfirmen kein Problem, SPD und Grüne schon. Von W. Messner und A. Müller
Die Antwort des Ministerpräsidenten fiel kurz und bündig aus. Wie finde er es eigentlich, wurde Winfried Kretschmann gefragt, wenn Waffenfirmen, die zu einem erheblichen Teil von öffentlichen Aufträgen lebten, an Regierungsparteien spendeten? „Das halte ich für problematisch”, sagte er.
Kretschmann konnte sich völlig unbefangen äußern, denn die Grünen haben als einzige im Landtag vertretene Partei in den vergangenen zehn Jahren keinen Cent von Heckler & Koch bekommen. So geht es aus einer Aufstellung des Oberndorfer Waffenherstellers hervor, in der auch das Kriterium für die Geldgaben steht: Man spende „an Parteien, deren sicherheitspolitische Programmatik die Verlässlichkeit der Bundesrepublik Deutschland als Nato-Partner in den Mittelpunkt stellt”.
Gemessen an den Spendenbeträgen der vergangenen zehn Jahre bietet die CDU (70 000 Euro) vor der FDP (20 000 Euro) offenbar die beste Gewähr dafür. Empfänger war wiederholt der CDU-Kreisverband Rottweil, der zum Wahlkreis des Tuttlinger Bundestagsabgeordneten Volker Kauder gehört. Kauder geriet schon vor Jahren in die Schlagzeilen, weil es zwischen politischen Entscheidungen zu Gunsten von Heckler & Koch und Spenden an die CDU auffällige zeitliche Zusammenhänge gab. Inhaltliche wurden stets bestritten.
Die SPD scheint aus Sicht von Heckler & Koch eher nachrangig zu sein: sie erhielt gerade mal 3000 Euro, die nach StZ-Informationen an den Unterbezirk Gotha in Thüringen gingen. Dieser habe das Geld „in eigener Verantwortung angenommen”, bestätigte die Bundesschatzmeisterin Barbara Hendricks. Warum ausgerechnet Thüringen, weit weg vom Stammsitz in Oberndorf - das bleibt vorerst rätselhaft. Die Gliederungen der Partei entschieden zwar selbstständig und ließen sich nichts vorschreiben, teilte Hendricks mit, sie würde ihnen aber „derzeit empfehlen, Spenden der Heckler & Koch GmbH nicht anzunehmen”. Auch wenn rechtlich alles in Ordnung sei, gebe es bei den Geldgaben doch „häufig eine Spannung zwischen ihrer juristischen und ihrer politischen Bewertung”.
Angesichts der laufenden Ermittlungen, forderte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, solle vorerst keine Partei mehr Spenden von Heckler & Koch annehmen. „Die Firma ist bemakelt”, sagte Ströbele dem Fernsehmagazin „Report Mainz”. Solange dieser Makel nicht beseitigt sei, bleibe sie als Spender tabu. Die Bundesparteien von CDU und FDP sehen dagegen keinen Grund, Spenden von Heckler & Koch auszuschlagen. Wenn Parteigliederungen am Firmensitz bedacht würden, sei dies nicht zu beanstanden, hieß es bei den Liberalen.
Für das von Thomas de Maizière (CDU) geführte Verteidigungsministerium sind die Ermittlungen ebenfalls heikel. Kann man mit Heckler & Koch Geschäfte machen, solange das Verfahren läuft? Derzeit bestehen immerhin 50 Aufträge, von denen der letzte erst am 22. November vergeben wurde. Grundsätzlich, so die Stellungnahme des Ministeriums, müssten Auftragnehmer „die notwendige Eignung” gewährleisten. Dabei sei zu prüfen, ob dem Bieter „schwerwiegende Verfehlungen” vorgeworfen würden.
Nur wenige Straftaten hätten zwingend einen Ausschluss der Firma zur Folge. Das Fazit des Ressorts: die Ermittlungen seien ein „Indiz” für künftige Auftragsvergaben, man werde sie daher „genauestens beobachten”. Bei der Eignungsprüfung gelte es aber auch die bisherigen Beziehungen zu berücksichtigen. Die seien „geprägt durch eine langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit”.
Neuer Deal von HK
am 12 Juni 2013 soll das nächste HK Projekt durch den Haushaltsausschuss. Ich wundere mich doch sehr, das trotz der derzeitigen Presseinformationen über HK und deren Waffen nebst Euro-Hawk Debakel, es HK es wieder geschafft hat einen lukrativen Deal mit Herrn de Maizere abzuschliessen:
Im Haushalt sind dafür 142 Millionen Euro vorgesehen, drei Millionen in diesem Jahr, 28 Millionen Euro im kommenden und in den Jahren 2015 und 2016 je 45 Millionen Euro; im Jahr 2017 und gegebenenfalls in den Folgejahren 23 Millionen Euro.
Maschinengewehr mittel, MG 5
1. Liefervertrag: Fertigung und Lieferung von 65 Stück Nachweismustern des Maschinengewehres mittel, MG 5 (7,62 mm x 51 NATO) einschließlich Zubehör für die Qualifikation und Einsatzprüfung sowie Realisierung der Systemverträglichkeit Waffe / Munition, insbesondere Hartkernmunition DM151 (modifiziert) und Manövermunition DM68 (modifiziert) mit dem Munitionshersteller.
2. Beschaffungsrahmenvertrag: Fertigung und Lieferung bis zu 12.733 Stück Maschinengewehre mittel, MG 5 (7,62 mm x 51 NATO) einschließlich Zubehör nur nach bestandener Qualifikation und Einsatzprüfung.