Heilbronner Neonazis verhöhnen Terror-Opfer

Erstveröffentlicht: 
25.11.2011

Von unserem Redakteur Carsten Friese

Region Heilbronn - Es ist der jüngste Spross neonazistischer Strukturen in der Region, und wer auf die Internetseiten der „Aktionsgruppe Heilbronn“ geht, dem verschlägt es die Sprache. „Wer soll diesen Schwachsinn glauben?“, steht dort in gelben Lettern. Gemeint sind Berichte über die Terrorserie des Thüringer Trios, über neun Morde an Ausländern und den an der Polizistin in Heilbronn, die den Rechtsextremisten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe zugeschrieben werden. 

 

Als „Geschichten aus Tausendundeiner Nacht“ werden die Ermittlungen der Polizei abqualifiziert. Ein paar Klicks weiter veröffentlicht die Aktionsgruppe einen Bericht über einen Rednerabend mit zwei „Veteranen der Waffen-SS“, die als „Helden des Vaterlandes“ tituliert werden. Wer verbirgt sich dahinter? Die Urheber bleiben anonym. Der Netzanbieter der Internetseite hat eine Adresse im kalifornischen Brea. Doch die Hintermänner sind ganz real, zogen auf der 1.-Mai-Demo der Rechten in Heilbronn mit Banner über die Straßen. Auf ihrer Facebookseite berichtet die Aktionsgruppe stolz von der Gründungsfeier im Juni, an der angeblich 40 Gäste und namhafte Neonazis teilnahmen.

Gut vernetzt


Wächst hier im Untergrund eine Gefahr heran? Auf ihrer Internetseite ist die Aktionsgruppe gut vernetzt – mit Links zu rechten Seiten der NPD Heilbronn, der AG Schwaben, des Karlsruher Netzwerks. Sie distanziert sich entschieden von Gewalt, will aber „den volksfeindlichen und multikulturellen Wahnsinn stoppen“ und im „nationalen Kampf“ einen Beitrag leisten.

Die Aktionsgruppe Heilbronn „ist der Polizei bekannt“, sagt Heilbronns Kripo-Chef Volker Rittenauer. Bislang sei sie nicht durch Straftaten in Erscheinung getreten. Und die Aussagen im Internet, vom Märchen über die Mordserie der rechten Terrorzelle, von den „Waffen-SS-Helden“: Ist das keine Volksverhetzung? Man prüfe, ob dies ausreichen könnte, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, sagt Pressestaatsanwalt Harald Lustig auf Anfrage.

Nach Stimme-Informationen hat die Aktionsgruppe Heilbronn weniger als zehn Mitglieder, im Alter unter 30. Es gibt Quellen, die machen die Gruppe für Sprühattacken in Heilbronn verantwortlich, bei denen das Konterfei von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß verbreitet wurde.

Bedenklich ist ein Link auf der Internetseite der Aktionsgruppe Heilbronn, der zu einer bundesweiten Neonazi-Plattform führt. Dort werden T-Shirts zum Kauf angeboten, die höhnisch auf die bundesweite Mordserie an Ausländern anspielen. „Killer Döner nach Thüringer Art“ ist neben einem Dönerspieß in Totenkopfform zu lesen. Gegen den Geschäftsführer des Internetversands wurde ein Verfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet (siehe Hintergrund).

Kritik an Polizei


„Menschenverachtende Brutalität“ kommt für DGB-Regionschef Bernhard Löffler mit diesen T-Shirts zum Ausdruck. Er kritisiert die Heilbronner Polizei, die Gefahr und Strukturen von Neonazis in der Region „verharmlost“.

Eine Verharmlosung sieht auch die Antifaschistische Aktion Heilbronn. Auf „deutlich unter 50“ hatte Kripo-Chef Volker Rittenauer kürzlich die Zahl aktiver Neonazis in der Region taxiert. „Es sind mehr – um die 100“, sagt ein 20-jähriger Antifa-Vertreter. Und es gebe Leute, „die im Internet mit Waffen posieren“.

 

Hintergrund: Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen T-Shirt-Versand


Die Berliner Staatsanwaltschaft hat die Räume eines Internetversands durchsucht, der T-Shirts mit rechtsextremen und ausländerfeindlichen Motiven anbietet. Ein Motiv mit einem zum Totenkopf stilisierten Dönerspieß verherrlichte offensichtlich die Mordserie von Neonazis an Kleinunternehmern mit türkischen und griechischen Wurzeln. Gegen zwei 51 und 57 Jahre alte Geschäftsführer wurde ein Verfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag und bestätigte damit einen Bericht der Berliner Zeitung vom selben Tag.

 

Das T-Shirt mit dem Dönerspieß wird mittlerweile nicht mehr auf der Internetseite angeboten. Andere Shirts mit rechtsextremen Slogans werden weiter verkauft.

 

Am Dienstag hatte die Staatsanwaltschaft Geschäfts- und Wohnräume sowie die Wohnung eines Verwalters in Berlin und dem Berliner Umland untersucht. Dabei wurden Computer beschlagnahmt. „Die T-Shirts waren wohl noch nicht ausgeliefert“, sagte der Sprecher. „Erst einmal“ werde wegen Volksverhetzung ermittelt. dpa

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