Am Mittwoch, dem 14. September 2011, wurden Sonja Suder und Christian Gauger in Paris festgenommen, über die deutsche Grenze geschafft und an die deutsche Justiz ausgeliefert. Seitdem sitzen die beiden ein. Die beiden sind 78 Jahre und 69 Jahre alt. Christian ist haftunfähig. Seine Situation erfordert eine genaue Medikamentation. Uns war unklar und ist es bis heute, ob diese ausreichend gewährleistet wird. Für ihn ist das lebensbedrohlich.
Wir haben so schnell wie möglich einen kurzen Bericht für Indymedia geschrieben. Angehängt hatten wir einen ausführlichen ak-Artikel aus dem Jahr 2009, der die politischen Hintergründe (RZ-Geschichte, Tatvorwürfe), juristische Hintergründe (Europäischer Haftbefehl, Aussagenerpressung durch Folter, Kronzeugen) und medizinischen Hintergrund (Christians Situation) erläuterte.
Zügig erschien im Open Posting die Meldung der Moderation, die ihr alle kennt: Es sei kein Bericht und widerspreche damit den Kriterien von Indymedia. Der Artikel verschwand aus dem OP.
Aber: Unser Beitrag war die erste Info in linken Medien über die Verhaftung. Damit verschwand die erste Publikation. Zum Glück hatten die Genossinnen und Genossen von ABC bereits einen eigenen schnellen Bericht zusammengeschrieben/kopiert und ihn unter anderem auf Linksunten gestellt.
Am 29.9.2011 war Haftprüfungstermin in Frankfurt. Sonja und Christian sind dringeblieben. Christian, der zunächst im Haftkrankenhaus in Kassel war, wurde nun in den Knast nach Frankfurt Preungesheim verlegt. Angesichts seines kritischen Zustandes bedeutet dies eine weitere Verschärfung seiner Situation.
Sofort wurde erneut ein kurzer Bericht geschrieben, in dem wir die neue Adresse von Christian und zur Erinnerung die von Sonja veröffentlichten. Wir haben dazu aufgerufen, den beiden zu schreiben.
Umso größer war unsere Erschütterung, als dieser Beitrag im Open Posting aufgrund von 12 Stunden lang ungelöschten Nazi-Spam Berichten immer weiter nach unten rutschte. Ein Tag später wurde klar, dass unser Bericht es nicht vom Open Posting in den Newswire geschafft hatte. Eine Nachfrage ergab, dass er halt „nur eine Kurznachricht“ und kein „Bericht“ und der Umgang somit gerechtfertigt sei.
Solidarität mit GenossInnen, die im Knast sitzen, hielten wir immer für einen essentiellen Pfeiler linken Selbstverständnisses. Post erhalten ist für Gefangene das Fenster zur Welt. Wer jemals gesessen hat, weiß, wie es ist, wenn morgens die Zellen-Tür aufgeht und der Schließer oder die Schluse dir Post aushändigt. Du guckst dir Postkarten an, du liest die Zeilen, du spürst durch sie, dass du nicht allein bist. Du erhältst Anregungen durch die Gedanken der anderen, du schreibst selbst, du trittst mit deinen Gedanken und deiner Phantasie aus deiner Zelle hinaus – es hilft ungemein. Und es zeigt dem Richter, dem Staatsanwalt, den Schließern und auch den anderen Gefangenen im Knast: Du bist nicht allein. Es verändert deinen Status. Und das ist verdammt wichtig für alles, was auf dich zukommt.
Es ist nachvollziehbar, dass Indymedia Moderationskriterien hat. Es ist dennoch eine schmale Grenze insbesondere bei Anti-Repressionsarbeit zu gedankenlosem und gefühllosem Bürokratismus. Sowohl beim ersten wie beim zweiten Bericht gab es nicht mehr Infos, die in einen Bericht hätten einfließen können!
Mit einer solchen rein formalen Haltung, dies sei bspw. kein Bericht, sondern „nur“ eine Kurznachricht, behindert Indymedia Solidaritätsarbeit. Indymedia hat es unterlassen, inhaltlich nachzuvollziehen, um was geht. Das ist völlig inakzeptabel und darf in einem linken Internetportal nicht passieren.
Zum Glück hat Linksunten den letzten kurzen Bericht im Newswire gelassen.
Wir fordern Indymedia auf, eine inhaltliche Diskussion über ihre Moderationskriterien zu führen.
Und wir hoffen, dass viele Sonja und Christian schreiben.
Zur Erinnerung ihre Adressen:
Christian Gauger
JVA I
Obere Kreuzäckerstr. 4
60435 Frankfurt am Main
Sonja Suder
JVA Frankfurt III
Obere Kreuzäckerstr. 4
60435 Frankfurt am Main
Am 5. Oktober 2011 ist der nächste Haftprüfungstermin.
Freiheit und Glück!
Innen
[..] Und es zeigt dem Richter, dem Staatsanwalt, den Schließern[..]
das nächste mal würde sich anbieten, auch diese betitelungen zu gendern.
ansonsten stimme ich den kritikpunkten ausnahmslos zu..