Einiges zu den Krawallen die Zureich in letzter Zeit heimsuchten
Wir zumindest hoffen, dass «der Spuk» noch lange nicht vorbei ist. Dass es zu immer mehr sozialen Unruhen kommt. Dass sich das ganze auf andere Städte ausweitet, was schon zu passieren «droht». Dass solche Krawalle zu richtigen Aufständen ausarten, scheint zwar unwahrscheinlich, aber das waren die vergangenen Wochenenden auch.
I
Nach den
ersten Krawallen am Bellevue stürzten sich die spektakulären Medien auf
sie, wie gefundenes Fressen. Was zu erwarten war. Sie alle kramten
irgendwo ihre „Spezialisten“ hervor, um zu analysieren was denn «das
Problem» sei. Das Problem «der Jugend». In erster Linie um sich mal
abgrenzen zu können, denn, die Jugend, das weiss Herr und Frau Bünzli,
das sind nicht wir, und ihre Probleme, die hat MAN auch nicht. MAN ist
schockiert.
Es geht „der Jugend“ natürlich um nichts, wie MAN weiss,
oder anders gesagt, um nichts, um das MAN sich zu kümmern hätte. Denn,
wenn Leute wirklich Unzufrieden sind, können sie ja „eine Partei
gründen“, „friedlich demonstrieren“ oder ähnliches... Natürlich. Denn
wie MAN ja weiss, hat jeder die Möglichkeit dazu.
Die Bürger stellen
sich natürlich nur den Problemen, die sie lösen können. Und so ist das
einzige Problem das man anerkennt, die Jugend selbst, aber sicher nicht
«deren Probleme». Sowieso, anerkannt wird sicher nichts, was nicht
anerkannt werden will, das wird gehandhabt wie alles das nicht
hineinpasst: Als Kriminalität.
Was die Bürger allerdings vor allem
schockiert ist eben dieser Fakt; dass da keine Forderungen sind, dass
die wenigen, die die Medien interviewen konnten, nicht mal den Versuch
unternehmen, sich zu verteidigen, sich zu verteidigen gegen die Vorwürfe
die MAN ihnen macht...
«Ob ich daran gedacht habe, dass Polizisten verletzt werden könnten? Klar, das war ja der Sinn»
Das geht natürlich nicht. Menschen zu verletzen; «Ohne Grund».
Wenn
hier jemand Menschen verletzt, dann natürlich die Polizei. Das ist
legitim. Sie hat einen guten Grund: Das heilige Eigentum und den Staat,
auch bekannt unter dem etwas verwirrenden Namen Demokratie.
II
So
wird schlussendlich alles auf das «Problem Jugend» reduziert, es gibt
keine Probleme, ausser das Problem, dass «die Jugend» so tut als hätte
sie ein Problem; das sie - wie MAN weiss - gar nicht haben kann.
Die
ganze spektakuläre Debatte ist unterhaltsam. Die Bürger führen ihren
Monolog und schaffen es nicht zu verschleiern, dass sie keine Ahnung
haben. Wir verstehen nicht, wieso sich einige darüber aufregen, dass die
spektakulären Medien gegen die Krawalle hetzen und schlicht
Bullenpropaganda verbreiten. Das ist nicht neues und doch schlicht und
einfach der Sinn dieser Medien.
Es bringt wenig, wenn die Medien uns
als Gesprächspartner, oder als ernstzunehmende Opposition akzeptieren,
ausser das sich die Organisationen auf uns werfen würden, um uns zu
integrieren, uns falsche Inhalte überzustülpen und schlussendlich der
ganzen Sache jegliches Leben zu nehmen.
Schlussendlich haben wir ihnen nichts zu sagen, als das, was mit den Krawallen schon zur genüge kommuniziert wurde.
III
Die
«illegalen Parties» in Zureich gibt es schon lange. Sie haben eine
Geschichte. Schon vor einem Jahr kam es zu Ausschreitungen nach einer
RTS. Damals waren die Medien noch ahnungsloser.
In letzter Zeit
wurden immer mehr «illegale Parties» aufgelöst. Sie waren oft zu klein,
um verteidigt zu werden, oder zumindest dachten sich das viele. Dass es
am Bellevue abgehen würde war irgendwie vorauszusehen, auch wenn die
wenigsten mit diesen Ausmassen gerechnet hätten.
Natürlich geht es
bei den Krawallen um Freiräume. Aber nicht nur. Es geht darum, dass der
komplette Raum unter polizeilicher Besatzung steht. Und dass die Bürger
auch immer wieder Freude daran haben Polizei zu spielen. Es geht darum,
dass es keine Orte gibt, wo sich Menschen begegnen können, ausser in
komplett befriedeten Räumen, von Securitys bewacht. Es geht um den
Alltag, um die Leere. Es geht darum, dass wir keinen Bock haben uns zu
unterwerfen, und dass, wenn wir endlich mal genug Leute sind, wir zum
Angriff übergehen. Wenn die Stimmung da ist.
Es geht darum, um es
mit den Worten von Claude Ribaux, einem Soziologen von 20 Minuten, zu
sagen, «das wir nicht zivilisiert geboren sind» und dass wir auf die
«Erziehung und Bildung» scheissen. Und dass wir das durchaus
reflektieren können...
IV
Natürlich ist es klar, das
noch keine Revolution ausgebrochen ist, und dass noch nicht mal klar
ist, ob sich dabei eine Kontinuität entwickelt, aber auch ist klar, dass
«die Bellevue-Krawalle» ein soziales Ereignis waren, dass dort
verschiedenste Menschen, die sonst nicht viel zusammen zu tun haben,
gemeinsam etwas auf die Beine gestellt haben. Und dass dies eine Woche
später gleich nochmals passiert ist, auch wenn die Polizei mit ihrer
ganzen Armada angefahren kam. Was leider einigen zum Verhängnis wurde.
Hier viel Kraft und Wut denen die deswegen immer noch im Knast sitzen.
Wieso
es dieses Wochenende nicht zu Krawallen kam, können wir nur vermuten.
Klar ist dass einige Leute versucht haben sich zu versammeln, dass aber
ganz Zürich gespickt mit Bullen war. Vielleicht lag's auch daran, dass
einige damit beschäftigt waren ein Areal zu besetzen, das gute
Aussichten darauf hat Zureich's neues Kultur-Squat zu werden.
Wir
zumindest hoffen, dass «der Spuk» noch lange nicht vorbei ist. Dass es
zu immer mehr sozialen Unruhen kommt. Dass sich das ganze auf andere
Städte ausweitet, was schon zu passieren «droht». Dass solche Krawalle
zu richtigen Aufständen ausarten, scheint zwar unwahrscheinlich, aber
das waren die vergangenen Wochenenden auch.
Vielleicht sind diese Krawalle nur eine «Modeerscheinung».
Vielleicht.
Vielleicht aber auch nicht.
Die Wette gilt.
danke!
geiler text!
Auf französisch
Einige Gefährten von Le Reveil waren so nett diesen Text ins Französische zu übersetzen:
http://lereveil.ch/contrib/considerations-sur-les-emeutes