Das Manifest "Der kommende Aufstand" im Kontext der Riots in England - Gespräch mit Karl Heinz Roth
Karl Heinz Roth ist Historiker, Mediziner und Vorstandsmitglied der Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts in Bremen. In einer Buchreihe zur globalen Krise (erscheint im VSA Verlag) setzt er sich mit eben dieser und den durch sie verursachten "Proletarisierungsprozessen" auseinander. Er nahm teil an der Diskussionsveranstaltung "Der kommende Aufstand - reloaded" im Hamburger Gängeviertel. Kurz darauf, am 9. August, trafen wir - KP Flügel und Jorinde Reznikoff - uns mit ihm in Bremen. Da gerade in England die Riots auf ihrem Höhepunkt waren, lagen Bezugnahmen auf diese Auseinandersetzungen mehr als nahe.
http://www.freie-radios.net/42786
Verallgemeinerungen + Mitläufertum durch Medien
Vielleicht den 2. Punkt zuerst:
In den Beitrag wird behauptet, dass der Ursprung der Plünderungen die Tötung eines Menschen im Tottenham als Ursache hat. Das ist aber nicht richtig. Der Zusammenhang ist NICHT belegt und wurde anfangs von lokalen Medien behauptet. Und danach zogen die meisten kommerziellen und unkommerziellen Medien mit.
Die erste Plünderung war aber nicht in Tottenham, sondern kam aus dem "Brixton Splash Festival" heraus. Das war am Abend des 7. August 2011. Ein Zusammenhang zu der Demonstration vom Vortag wurde nicht hergestellt. Vielmehr handelt es sich bei den Brixton Splash Festival um eine pseudopolitische Ereignis, ähnlich dem 1. Mai in Berlin - nur etwas kleiner.
Der 1. Punkt, handelt von den generalisierenden Äusserungen von Karl Heinz Roth, die in dieser Sendung reproduziert und für wahr hingestellt wurden. "Da gibt es keine Jugendclubs" ist schlich falsch. Im Tottenham wurden z.B. 8 von 13 staatlich unterstützte Jugendclubs geschlossen. Nach Professor Rechenschieber sind das im Bezirk Tottenham also noch 5 staatlich finanzierte Jugendclubs.
Sehr schlecht fande ich auch die Bemerkung, dass es in afrikanischen Ländern (Subsahara) ja gar keine Revolten geben kann, da die Menschen da wahrscheinlich - das sagte der Kommentar nicht - zu sehr darben und mit der Nahrungsbeschaffung beschäftigt wären. Gleichzeitig wurde von der wunderbaren Vernetzung untereinander geredet.
Das zeigt wie egozentrisch bzw. west- oder eurozentrisch bestimmte Ereignisse gesehen werden. In "gescheiterten Staaten" wie z.B. Somalia kann es keine Revolten geben, da es faktisch kein Bürgertum, also kaum priviligierte Arbeiter und Arbeiterinnen, gibt. revolutionäre Strukturen gibt es sehr wohl, diese werden auch versorgt, nur sind diese meistens nicht militant sondern militärisch.
Es wäre doch wunderbar, wenn die Wildcat oder die Interim bzw. Zeck auch von den subsaharisch-afrikanischen Revolutionsbewegungen schreiben würde. Zum Thema Revolte - d.h. nicht Revolution - wäre wohl die "Black Axe" in Nigeria ganz interessant. Noch nie was von denen gehört, oder? http://en.wikipedia.org/wiki/Neo_Black_Movement_of_Africa - Ein alter totgeschlagener Mann kann in einem nahen Land wahrscheinlich besser igoriert werden als tote Babys im Urwald. Warum wurden der Mord am 8. August 2011 eigentlich nicht erwähnt? Das und die Haus- bzw Wohnungsbrandstiftugen waren doch die Kritikpunkte Nr. 1.
Es gibt in London übrigens eine enorme Gang-Kultur, die von Xenophobie und Feindlichkeit gegen alles Gruppenfremde geprägt ist. Nur schade, dass es kaum unkommerziellen Dokumentagen zum Thema gibt (und die auch nicht politisch in irgendeine Rictung gezogen werden). Hier eine kommerzielle Sendung zum Thema: http://www.youtube.com/watch?v=qzA6Ww2Qfds
In der oben verlinkten Sendung sind auch Aufnahmen zu sehen, die während den Plünderungen ausgestrahlt wurden, und dabei eine aktuelle Wohnungsdurchsuchung darstellen sollten. Dies war eine klare Medienmanipulation.