Das S.U.S.I.-Projekt zur Räumung des Wagenkollektivs Kommando Rhino

S.U.S.I. Projekt

Friedliches Wagenleben in Freiburg

Seit zwei Jahren leb(t)en die BewohnerInnen vom Wagenkollektiv Rhino in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Mit bescheidenen Mitteln, aber dafür mit umso mehr Energie und Kreativität haben sie aus einem tristen, vermüllten Parkplatz einen außergewöhnlichen, nachhaltigen Lebensraum und inspirierende (Lebens)Kunst geschaffen. An Stelle einer Brachfläche wurden improvisierte Garteninseln angelegt und gepflegt, öffentlich zugängliche Sitzgelegenheiten und ein Pavillon im Kieselgarten luden zum Verweilen ein. Die AnwohnerInnen und die vielen PassantInnen waren stets willkommen, sich an der Wandzeitung oder im direkten Gespräch über die Situation der Rhinos zu informieren. An einem exponierten öffentlichen Platz wurde so über zwei Jahre sichtbar, dass friedliches Wagenleben in Freiburg möglich ist!

 

Zu den Ereignissen vor und während der Räumung am Mittwoch, 3.8.2011

Gemäß ihrer offenen Kommunikationskultur hat das Wagenkollektiv Kommando Rhino nach der schriftlichen Aufforderung durch die Stadt Freiburg angekündigt, dass die BewohnerInnen den Platz nicht ohne friedlichen, kreativen Protest verlassen werden. Am Montag (1.8.) und Mittwoch (3.8.) waren primär gewaltfreie Aktionsformen zu beobachten. Immer wieder appellierten die WagenburglerInnen für einen friedlichen Protest. Sie hatten sich vorsorglich gegen die Verwendung von Getränkeflaschen aus Glas ausgesprochen, stattdessen für Plastikbecher, -flaschen etc. gesorgt, um mögliche Verletzungen zu vermeiden. Herumliegende Flaschen und Glasscherben wurden von Rhinos eingesammelt und entsorgt.

Die besonnene Vorbereitung und die Appelle hatten Erfolg: die DemonstrantInnen verhielten sich lautstark, aber durchweg friedlich. Diese von den Rhinos vertretenen, gewaltfreien Protestformen unterstützen wir. Als am Mittwoch Hundertschaften der Polizei zur Räumung anrückten, war der Platz menschenleer.

 

Polizeieinsatz auf Privatgelände

Etliche BewohnerInnen von S.U.S.I. und AnwohnerInnen aus der Nachbarschaft, die in den frühen Morgenstunden am 3.8. rund um die Vaubanallee standen, wurden von dem groben Auftreten hunderter PolizistInnen überrascht.

 

S.U.S.I. kritisiert,

  • dass die Polizei am Polizei-Sperrzaun auf der Vaubanallee Pfefferspray anwandte und gegenüber gewaltfrei Protestierenden Schlagstöcke einsetzte;

  • dass maskierte Polizisten grundlos und gewaltsam auf das Privatgelände der S.U.S.I. eingedrungen sind und dabei schutzbedürftige Personen wie Jugendliche und Schwangere in Gefahr brachten;

  • dass diese und zusätzlich hinzugekommene PolizistInnen der vielfachen Aufforderung, unser Privatgrundstück zu verlassen, nicht nachgekommen sind;

  • dass die Polizei Menschen, die ausnahmslos nur passiven Widerstand leisteten, die Bewegungs­freiheit auf dem privaten Grundstück verwehrten;

  • dass Polizisten einem Journalisten, der seinen Presseausweis vorzeigte und darauf bestand, als Medienvertreter und Berichterstatter zu der Gruppe der PressevertreterInnen durchgelassen zu werden, diesen Zugang verwehrten und von vier Polizisten gewaltsam festgenommen wurde.

 

 

S.U.S.I. wird gegen das unerlaubte Betreten und Agieren der Polizei auf Privatgelände rechtlich vorgehen und Strafanzeige erstatten.

 

 

Offene Fragen zur Räumungsnacht



Nach dem unverhältnismäßigen Aufwand zur Räumung des Vauban-Platzes M1, nach unwahren Behauptungen des Pressesprechers der Polizeidirektion Freiburg, die nicht hinterfragt von Medien in Freiburg übernommen und in der Folge auch deutschlandweit verbreitet wurden, bleiben für uns viele Fragen offen, u. a. :

  • Generell stellt sich die Frage, wie trotz der massiven Videoüberwachung sowie zahlreichen zivil gekleideten Polizisten behauptet werden kann, von einer „Welle der Gewalt überrollt“ (Polizeisprecher Schmid, Badische Zeitung, 4.8.2011) worden zu sein?

  • Kann angesichts zwei brennender Barrikaden von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ bzw. einer „Welle der Gewalt“ (Badische Zeitung, 4./5.8.) gesprochen werden?

  • Wie kam es zu der mittlerweile dementierten Behauptung: „Es wurden Molotow-Cocktails geschmissen ...“*? (Originalton des Polizeisprechers Karl-Heinz Schmid im SWR-Beitrag „Freiburg hat keine friedliche Nacht erlebt")

  • Laut Polizeisprecher Schmid waren in jener Nacht Autonome „mit Fahrrädern mobil und in der ganzen Stadt unterwegs“ (Badische Zeitung vom 5.8.2011, S. 19)

... woran erkennt die Polizei „gewaltbereite radfahrende Autonome“?

... wieso sollten diese mehrere (wie viele?) Drähte über die Straße spannen, die in erster Linie Radfahrer, also auch die aus der Innenstadt kommenden UnterstützerInnen, gefährdet haben?

  • Warum hat die Polizei nicht frühzeitig auf die etlichen Notrufe bei Polizei und Feuerwehr reagiert? Welche Absichten lagen der „strategischen Entscheidung“ (Polizeisprecher Schmid, Badische Zeitung, 05.08.2011, S. 19), nicht einzugreifen, zugrunde?

  • Warum konnten die Barrikaden an der Merzhauserstraße stundenlang brennen, obwohl mehrere Hundertschaften der Polizei bereit standen? War die Freiburger Polizei tatsächlich nicht in der Lage, gegen die als Verantwortliche ausgemachten 15–20 „vermummten Personen“ (Badische Zeitung, 03.08.2011) vorzugehen?

...

 

Vor dem Hintergrund der vielen offenen Fragen fordern wir, dass der Polizeieinsatz von einem neutralen Ausschuss untersucht wird, und kritisieren die erfolgten Vorverurteilungen.

 

Selbstverständlich lehnt das Projekt S.U.S.I. Gewalt gegen Menschen ab – von wem auch immer diese durchgeführt wird. Nichtsdestotrotz verwahren wir uns gegen die Kriminalisierung der gesamten linken Zusammenhänge im Anschluss an die Räumung des M1-Geländes (mehrfaches polizeiliches Eindringen in Privaträume, Hausdurchsuchungen, willkürliche Verhaftungen und Schließung der Gartenstraße 19 etc.).

 

 

Eine offene Gesellschaft lebt von Vielfalt

Die BewohnerInnen vom Wagenkollektiv Kommando Rhino gehören zu unserer Stadt. Sie brauchen einen Platz, den sie für ihre Lebensform nutzen können. Leider wurden ihre Bemühungen nach alternativen Lösungen von der Stadtverwaltung mehrfach ausgebremst. Wir rufen die Stadt Freiburg auf, zusammen mit dieser Gruppe eine verträgliche Lösung zu finden bzw. ihnen bei ihrer Suche nach einem Privatgelände keine Steine in den Weg zu legen.

 

 

Vauban ohne Rhino ist wie Popcorn ohne Kino ...

Insgesamt bleibt von den letzten Tagen ein bitterer Nachgeschmack, verursacht durch die erschreckend tendenziöse und suggestive Berichterstattung von Seiten der Stadt, Polizei und Presse. Diese Art der Berichterstattung ignoriert, dass das Wagenkollektiv Rhino über zwei Jahre unkonventionelle Kultur geschaffen hat, dass Wagenleben ein Lebensentwurf von immer mehr Menschen ist und dass es über die gesamte Zeit bis zum Schluss friedlichen Protest von Seiten der Rhinos und SympathisantInnen gab. Mit der Verdrängung des Wagenkollektivs geht unserem Stadtteil ein großes Stück Kultur verloren. Das Bild, das von den Medien gezeichnet wird, widerspricht unseren Erfahrungen und Beobachtungen der Räumung und wird dem gutem nachbarschaftlichen Verhältnis mit den WagenbewohnerInnen nicht gerecht.

 

Wir danken Euch Rhinos für eine tolle Nachbarschaft und wünschen Euch für die Zukunft alles erdenklich Gute. Bei uns seid Ihr immer herzlich willkommen! Wir werden Euch vermissen!

 

 

BewohnerInnenversammlung des S.U.S.I.-Projektes vom 05.08.2011

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na endlich mal eine gute, durchdachte und differenzierte öffentliche Stellungnahme.

Mehr davon bitte.

vollkommene Beipflichtung; endlich mal ein  Bericht der auch was taugt! :)

susi, wie lieben dich! vielen, vielen lieben dank für alles...