Kundgebung gegen den "Tag der Heimat"

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Am 04. September soll in Wiesbaden der sogenannte "Tag der Heimat", ausgerichtet vom hessischen Landesverband des "Bund(es )der Vertriebenen", stattfinden. Linke Zusammenhänge rufen dazu auf, den "Tag der Heimat" kritisch zu begleiten, ist dessen Grundlage doch ein enormer Geschichtsrevisionismus sowie völkisches Denken. Dabei soll auch der jährlich stattfindende Schulterschluss extrem rechter Ideologien und etablierter Politik thematisiert werden.

Höhepunkt der Proteste gegen den "Tag der Heimat" soll eine Kundgebung am 04. September in unmittelbarer Nähe zum Austragungsort des "Tages der Heimat" - dem Biebricher Schloss - sein.

Für aktuelle Informationen lohnt es sich, die Mobilisierungsseite ( http://tagderheimat.blogsport.de ) zu checken.

Im Folgenden soll der Aufruf der Wiesbadener Gruppe [c²] dokumentiert sein:

 

 

Let’s do it here, let’s do it now: Den „Tag der Heimat“ kritisch begleiten!

Tag der Heimat – Schulterschluss extrem rechter Ideologien und etablierter Politik


Am 04. September 2011 soll im Biebricher Schloss in Wiesbaden der landesweite und zentrale „Tag der Heimat“ stattfinden. Der „Tag der Heimat“ in Wiesbaden wird vom hessischen Landesverband des „Bund der Vertriebenen“ (BdV) ausgerichtet. Der „Bund der Vertriebenen“ wurde 1957 durch die Fusion zweier Vertriebenenverbände ins Leben gerufen. Dabei umfasst er 16 Landesverbände und 20 sogenannte Landsmannschaften, welche jeweils ein ehemaliges deutsches Siedlungsgebiet represäntieren sollen. Jährlich lädt der hessische Landesverband des BdV zum „Tag der Heimat“ ein, auf dem Grußworte verlesen, Reden gehalten und über die politische Arbeit im vergangenen Jahr bilanziert wird, wobei das passende, feierliche Rahmenprogramm nicht fehlen darf.


Es gilt den „Tag der Heimat“ in vielerlei Hinsicht nicht als harmloses Kaffekränzchen abzutun: Wenn darüber geredet wird, dass die deutschen „Vertriebenen“ genau so Opfer des deutschen Nationalsozialismus gewesen seien und eine angebliche „Vetreibung“ deutscher Siedler_Innen vollkommen entkontextualisiert mit anderen Vertreibungen aber auch mit Genoziden gleichgesetzt wird, dann ist das der gefährliche Versuch einer Verklärung der deutschen Geschichte.


Doch auch der jährlich stattfindende Schulterschluss mit etablierter Politik erscheint in Hinsicht auf eine Handlungsfähigkeit des BdV gefährlich. Denn nicht selten sind sogenannte „Spitzenpolitiker_Innen“ zu Gast wenn kollektiv „das Unrecht“ beklagt wird. 2009 sprach Roland Koch bezüglich des „Tag der Heimat“ von einer „gute[n] und gewachsene[n] Tradition“ sowie einer „gigantischen Integrationsleistung“ die der BdV, bezogen auf die hohe Zahl der „Heimatvertriebenen“ in Hessen, vollbracht habe. Das hessische Sozialministerium führt den „Tag der Heimat“ auch dieses Jahr wieder unter seinen Terminen – mit etablierter Politik ist also zu rechnen. Dies spricht einerseits für eine gesellschaftliche Anschlussfähigkeit des BdV. Aber auch spricht es für die enorme Bedeutung des BdV sowie dessen Politikfähigkeit, trotz oder gerade wegen einer sich verändernden politischen Agenda: War man in den ersten 30 Jahren nach Entstehung des BdV noch darauf bedacht, das „verlorene“ Gebiet auf politischem Weg zurück zu fordern, beschränkt man sich heute auf Kulturpolitik und das Erringen politischer Handlungsfähigkeit. Ziel ist es, durch Forderungen nach dem Minderheitenstatus für in ehemaligen Siedlungsgebieten lebende Deutsche oder durch die Bewahrung angeblicher oder tatsächlicher deutscher Kultur, eine Autonomie für jene deutsche „Volksgruppen“ zu schaffen. Diese Autonomie würde eine Orientierung und somit einen informellen Anschluss der „Volksgruppen“ an Deutschland erleichtern, erscheint doch ein – von manchen Teilen des BdV zwar immer noch geforderter- Anschluss ehemaliger Gebiete mehr als unrealistisch. Dass diese Vorgehensweise im Interesse einer deutschen Außenpolitik geschieht, liegt auf der Hand: Der BRD ist es möglich, durch die Arbeit der „Vertriebenen“-Verbände ohne sich in die Innenpolitik anderer Länder einmischen zu müssen, Bevölkerungsanteile oder zumindest Einfluss auf die Innenpolitik anderer Länder zu gewinnen.


So hat die Bundesrepublik allein 2002 60.000 zuvor tschechischen Staatsbürger_Innen die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen und zur Bundestagswahl aufgerufen – wie man Deutsche_r werden konnte, das konnte man in den zahlreichen Zeitungen der „Vertriebenen“ nachlesen. Hier schließt sich der Kreis zwischen „Vertriebenen“ und etablierter Politik.

 

 

Wie aus Täter_Innen Opfer wurden


Egal um welche Version der politischen Agenda des BdV es sich jedoch handelt: Grundlage hierfür ist immer ein revisionistischer, aus Täter_Innen Opfer machender, Umgang mit der Geschichte.
Dies lässt sich besonders am Beispiel der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“(SL) festmachen.
So beginnt die Geschichtsschreibung der SL erst 1945 und die aggressive Außenpolitik Deutschlands gegenüber der tschechoslowakischen Republik, vorallem in den Jahren 1938-1945, wird reflexhaft und bewusst ausgeklammert. Es lohnt sich allerdings, genau diese zu betrachten um die Umsiedlung der Sudetendeutschen – eben kontextualisiert – verstehen zu können.


Die Tschechische Republik galt vielen Nationalsozialist_Innen als Dorn im Auge, vermutete man hinter ihr doch den verhassten Feind. Sie galt als jüdisch, definierte sie sich doch in Anlehnung an die französische Republik politisch und territorial – und nicht völkisch. Ein politischer Antisemitismus sowie faschistische Strömungen erschienen gesellschaftlich isoliert und die CSR bot Tausenden politischen Flüchtlingen aus Deutschland, die Aufgrund der Machtübernahme der Nazis fliehen mussten, Zuflucht.


Durch das jedoch am 29. September 1938 verabschiedete „Münchner Abkommen“ zwischen dem Deutschen Reich, Italien, Frankreich, und Großbritannien, das eine Anexion der Grenzgebiete, also eine etwa ein Fünftel des gesamten Staatsgebiet umfassende und 3.6 Millionen Menschen beheimatende Fläche, vorsah, wurde die Agitationsfähigkeit „der letzten antifaschistischen Demokratie in Europa“ (Erich Später) entscheidend geschwächt. Die Mehrheit der sogenannten Sudetendeutschen, jenem deutschsprachigen Teil der tschechoslowakischen Bevölkerung, begrüßte dies ausdrücklich.


Vor dem Terror der sich nun formierenden „sudetendeutschen“ Volksgemeinschaft in den annektierten Grenzgebieten, die nun endlich zum Deutschen Reich gehörte, flohen 25.000 Menschen in die verbliebenen Teile der CSR.


Doch dem Wahn der Deutschen, neuen Lebensraum zu erringen und weiterhin eine völkische Außenpolitik zu betreiben war durch die Anexion der Grenzgebiete längst kein Ende gesetzt:


Am 13. März 1939 marschierten endgültig deutsche Truppen, legitimiert durch die von NS-Propaganda erfundenen „Hilferufe […] terrorisierte[r] und unmenschlich verfolgte[r] Volksdeutsche[r] aus allen Teilen der Tschechei“, in Tschechien ein. Dass die vermeintlichen „Hilferufe“ jedoch frei erfunden und die Liquidierung des tschechoslowakischen Staates von langer Hand geplant war, beweist beispielsweise eine Denkschrift des Vorsitzenden des „Klub[s] der deutschen nationalsozialistischen Abgeordneten“ im Prager Parlament, Ernst Kundt, aus dem Oktober 1938:


„Dieser Raum muss in die außenpolitische und militärische Oberhoheit des großdeutschen Reiches gelangen, weil das deutsche Volk und sein Staat nur Herr in Mittel-, Ost- und Südosteuropa sein kann, wenn es Herr über Böhmen ist […] [um] das zu erreichen, gibt es gegenber dem tschechischen Volk nur zwei Möglichkeiten: a) Beseitigung durch Ausrottung oder Aussiedlung, b) Einbau in das dritte Reich und die weltanschauliche Grundlage dieses Reiches.“


An jenem 13. März 1939 wurden die deutschen Truppen frenetisch von der „deutschen Minderheit“ empfangen. Diese Begeisterung der deutschen Minderheit für die Invasion deutscher Truppen schöpfte sich einerseits daraus, dass die übergroße Mehrheit der Sudetendeutschen überzeugte Nationalsozialist_Innen waren, was nicht nur die hohe Organisierungsdichte der später in die NSDAP übergegangenen Sudetendeutschen Partei (SDP) des Nationalsozialisten Konrad Henlein deutlich macht. Andererseits konnte man sich als Deutsche_r gewiß sein, auch materiell sowie gesellschaftlich vom NS profitieren zu können: Deutsche waren fortan Menschen erster Klasse, während Nicht-Deutsche mehr und mehr entrechtet wurden. Auch konnte enteigneter Besitz deportierter Jüdinnen und Juden „übernommen“ werden: Im Zuge der Germanisierung des Protektorats wurden so allein 16.000 Höfe enteignet.


Dass die in der Sudetendeutschen Landsmannschaft organisierten „Vertriebenen“ also keineswegs Nichtswissende, Unschuldige oder gar Opfer waren, lässt sich aber auch an einzelnen Karrieren der SL zeigen: Der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete und Ehrenvorsitzende der SL, Siegfried Zoglmann, kommandierte beispielsweise die Hitler-Jugend Prags, als diese Jagd auf Jüdinnen und Juden in den Straßen Prags machte.


Die Wut derer, die Jahre lang unter dem Terror der germanischen Barbaren zu leiden hatten, ist also ebenso wie der Wunsch, nicht erneut mit diesen Zusammenleben zu müssen, nachzuvollziehen – es kam unmittelbar nach dem Ende des Krieges zu, wenn auch nicht so vielen wie vom BdV angegebenen, Vertreibungen.


Auch ist der auf der Potsdammer Konferenz gefasste Beschluss der Alliierten, nämlich die „Vertreibungen“ in gelenkte Bahnen zu leiten und die Täter_Innen umzusiedeln, zu verstehen. Dabei „spielten die Erfahrungen mit den staatszersetzenden Folgen der völkischen deutschen Außenpolitik eine Rolle. Die Funktionalisierung „deutscher Minderheiten“ im Ausland bis hin zu Anschlussforderungen sollten nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs ein für allemal unterbunden werden.“ (Jörg Kronauer)

 

 

Guido Knoppisierung der Geschichte oder „oral history“


Die noch so nachvollziehbare Empörung über den BdV sollte nun jedoch nicht zu dem altbekannten „Nazi! Nazi!“ Reflex führen, auch wenn dieser sicher auf einige Mitglieder zutreffen würde. In seiner Gesamtheit hat sich der BdV gesellschaftlich längst aus einer rechten Ecke manövriert, was nicht zuletzt der amtierenden Präsidentin Erika Steinbach zu verdanken ist. So streitet man nationalsozialistische Verbrechen nicht mehr ab, sondern gesteht diese vielmehr ein um im gleichen Atemzug erwähnen zu können, dass „die Verbrechen von Deutschen in der Hitlerzeit und im Protektorat [nicht] […] die von Tschechen in den Jahren 1945 und 46. [rechtfertigen]“ (Steinbach).


Gleichwohl wird eine kleine Clique an Verbrechern, ein nationalsozialistischer Inner Circle also, konstruiert, der für Vernichtungskrieg und völkischen Terror verantwortlich gewesen sein soll. Diese sollen die wahren Täter_Innen gewesen sein, wohingegen man selbst, als einfache_r Deutsche_r, bloß Opfer war: Zuerst Opfer der Nazis und dann der Alliierten. So spricht man sich in gewohnt schuldabweisender Manier, ohne sich dabei jedoch durch den Antifa-Sommer 2001 längst tabuisierten neonazistischen Argumentationsweisen – wie dem platten Leugnen oder Befürworten nationalsozialistischer Verbrechen – zu bedienen, frei von jedweder individuellen Verantwortung.


Dies erscheint als blanker Hohn, war doch nicht nur „die Leichtigkeit, mit der es [gelang], die politischen Feinde zu isolieren und auszuschalten, […] [ein] Indiz für die gesellschaftliche Mehrheitsfähigkeit und Attraktivität des radikalen Nationalismus“ (Erich Später). Oder anders: Der Nationalsozialismus war kein Projekt einiger weniger, sondern konnte sich vielmehr auf einen starken Rückhalt innerhalb der Bevölkerung, die selbst erst das reibungslose Funktionieren der nationalsozialistischen Mordmaschinerie garantierte, verlassen – und das auch in den Ostgebieten.


Wenn aber heute trotzdem davon gesprochen werden kann, dass doch irgendwie alle Opfer gewesen sein sollen, dann liegt das an einem sich vor allem in den letzten Jahren vollziehenden geschichtsdiskursiven Wandel: Die Methode der „oral history“, wie sie z.B. vom ZDF Haushistoriker Guido Knopp verwendet wird, vollzieht eine historische Reduktion sowie Verzerrung. Subjektive Geschichten, welche meist weder die historischen Bedingungen des Erlebten beurteilen noch vor ideologischer Beeinflussung bewahren können, werden anstelle von „seriösen“ historischen Fakten gesetzt. So kann es passieren, dass „Vertriebene“ sich als Opfer darstellen und sogar Recht behalten können, kann ihr subjektives Bewusstsein doch die Ursachen für die Umsiedlungen nicht reflektieren. Auch ist es so möglich, Opfer und Täter_Innen gleichberechtigt zu Wort kommen zu lassen, wobei die Täter_Innen ebenso zu Opfern werden: Als Indikator für erfahrenes Unrecht gilt dabei lediglich das Leiden an sich. Wer gelitten hat, der wird nun zum Opfer eines großen „Leidenszusammenhangs“, so die Bezeichnung für den zweiten Weltkrieg im Jargon der „oral hisory“. Dieser Leidenszusammenhang wird als ein europäischer, und nun überwundener, dargestellt und in eine Reihe von ähnichen Gewaltexzessen eingebettet. Die Schlussfolgerung muss daher lauten: „Irgendwie waren wir ja alle Opfer. Opfer einer, nun überwundenen, dunklen Zeit“. (Unsinn)

 

 

Grundlage II: Über Volk, Heimat und die Bedingungen der Volksgemeinschaft


Eine weitere Grundlage für die Politik der Vertriebenen ist deren Verständnis von Volk und Heimat, explizit: deren völkisches Denken. Völkisch meint hierbei die Konstruktion einer Volksgruppe, deren Mitgliedschaft durch Kategorien der Abstammung und der Blutsgemeinschaft ausgemacht wird. Das Recht, Teil einer Gemeinschaft zu sein erschließt sich nicht etwa politisch oder territorial, sondern erscheint letztlich als erbbares. Diese völkische Weltanschauung ist dabei einerseits die Grundlage diverser Rassismen, andererseits konträr zu einem universellen und kosmopolitischen Verständnis des Menschen: Zum einen verhindert das eigene Sein das Sein der anderen, völkisches Denken wirkt also zutiefst abwertend und exklusiv. Zum anderen gibt es im völkischen Denken keine politische Willensgemeinschaft, der Einzelne hat sich den Interessen des Kollektivs unterzuordnen. Desweiteren erscheint Kultur als biologisierte Eigenschaft der jeweiligen „Volksgruppe“ und nicht etwa als Ergebnis einer bestimmten Sozialisation oder gar gewißer Vorlieben des Einzelnen. In der Logik des Völkischen sind Staatsgrenzen demnach nicht zwangsläufig Grenzen der Völker, woraus die „Vertriebenen“-Verbände ihre Verantwortung für ihre Volksgenoss_Innen im Ausland ableiten.


Völkisches Denken fand seinen historischen Höhepunkt in der deutschen Volksgemeinschaft. Dabei gilt es die Bedingungen, die diese erst möglich machten, stets zu benennen: Es war die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaftsform, die den NS hervorbrachte und immer noch hervorbringt. So ist der NS als Krisenlösungsmodell, als Antwort auf kapitalistische Krise zu verstehen: Die atomisierten und in Konkurrenz zueinander stehenden Subjekte verspüren vorallem in der Krise, sehen sie doch die eigene Reproduktionsfähigkeit mit der ihres Kollektivs fetischistisch verknüpft, das Bedürfnis nach einem starken und autoritären Staat, einem starken Kollektiv, das in den Weiten des Weltmarkts Sicherheit verspricht.

 

 

…and action!


Wenn es also zu einer öffentlichkeitswirksamen Verdrehung und Verzerrung der deutschen Geschichte zu Gunsten der eigentlichen Täter_Innen sowie zu einer Rekonfiguration nationaler Identität, die nun nicht „trotz sondern wegen Auschwitz“ vorhanden ist, kommt, fehlen wir ganz sicher nicht. Es ist schließlich ein guter Anlass, sich gegen die nationale Inszenierung der Geschichte, die letztendlich nur dem Standort und dem nationalen „Wir“ dient, zu wenden, aber auch, den tatsächlichen Opfern – Millionen von Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, politischen Opositionellen, sogenannten „Assozialen“ und anderen nicht in die deutsche Volksgemeinschaft passende Menschen – zu gedenken.


Da die Verhinderung dieses Events leider unrealistisch ist, gilt es dieses zumindest kritisch zu begleiten, und alles dafür zu tun, dass der Tag der Heimat nicht ungestört ablaufen kann!
Denn die Identitätsangebote von Staat, Volk und Nation kosten uns nur ein müdes Lächeln. Uns geht es vielmehr um die positive Aufhebung derer Verhältnisse, die den Nationalsozialismus überhaupt erst ermöglichen.

In diesem Sinne:
BdV auflösen!
Gegen Heimat, Volk und Geschichtsrevisionismus – Gegen den Tag der Heimat!

Gruppe [c²], Juli 2011

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Die Behauptung "Sie galt als jüdisch, definierte sie sich doch in Anlehnung an die französische Republik politisch und territorial – und nicht völkisch." ist schlicht absurd. Die Tschecho-Slovakei stand unter der Kontrolle extrem nationalistischen und chauvinistischen tschechischen Bevölkerung. Sämtliche anderen Volksgruppen wurden von dieser brutal unterdrückt. Es war schlicht der (völkische) Staat der Tschechen, die durch bestimmte politischen Konstellationen nach dem Ersten Weltkrieg diverse Territorien samt der dort ansässigen Volksgruppen zugeschlagen bekommen hatten und dies als ihre Beute betrachteten. Was das ganze mit der Französichen Rvolution zu tun haben soll, bleibt das Geheimnis der Verfasser dieses Artikels.

Ohne dass ich die Verfasser_Innen des Aufrufs kenne, muss ich jedoch sagen:

Bücher lesen, das gilt allerdings auch für dich.  So gibt es einige Autoren und Geschichtswissenschaftler,  der im Aufruf genannte Erich Später z.B. , die vollkommen zu Recht das oben genannte Zitat belegen.

Er schreibt:

 

[...] Konstituiert aus den historischen Ländern der böhmischen Krone, der Slowakei und der Karpato-Ukraine war die CSR in ihrem Selbstverständnis den westlichen Traditionen der Staatsbürgernationen gefolgt, die sich politisch und territorial definiert. Sie umfaßte eine Fläche von 140.446 Quadratkilometern und hatte 15,2 Millionen Einwohner. Neben 9,7 Millionen Tschechen und Slowaken bildeten die Bürger deutscher Herkunft  mit 3,2 Millionen Angehörigen die größte Minderheit. In der Verfassung und der gelebten politischen Demokratie hatte jeder Bürger das gleiche Recht, öffentliche Ämter und Staatsdienste, jedes Gewerbe und jeden Beruf auszuüben. Der Präsident der Republik,  Thomas Masaryk, und sein Nachfolger, waren erbitterte Gegner des politischen Antisemitismus.

Der Vertrag zum Schutz internationaler Minderheiten wurde von der CSR respektiert und eingehalten. So sicherte das deutschsprachige Schulsystem für 80 Prozent der deutschen Kinder den muttersprachlichen Unterricht. Einzigartig war das deutsche Hochschulwesen. Als einzige Minderheit in ganz Mittel- und Südosteuropa hatte die deutsche Bevölkerung ein autonomes Hochschulwesen - eine Universität und eine technische Hochschule in Prag sowie weiteres Technikum in Brünn. Im Vergleich mit allen demokratischen Staaten Europas rangierte die CSR in der demokratischen Regelung der Minderheitenrechte an vorderster Stelle. Weit vor dem Deutschland der Weimarer Republik [...]

Mit dem Aufbau einer republikanischen Verwaltung und Armee, einer umfassenden Landreform zugunsten der Pächter und Kleinbauern sowie der Einführung des Achtstundentags und dem Ausbau der Sozialversicherung schuf sich die Republik eine solide soziale Basis, die das Land bis 1938 zu einer der stabilsten Demokratien in Europa machte. Zum demokratischen Regierungsblock gehörten auch die demokratischen Kräfte der Minderheiten. Für den Nationalsozialismus und die ihm nahestehenden faschistischen und autoritären Bewegungen verkörperte die CSR, die sich außenpolitisch eng an die französische Republik anlehnte, den verhaßten Feind. Die Gründung der CSR und die der Republik von Weimar waren in der politischen Agitation des völkischen deutschen Nationalismus, dessen radikalster Flügel von der nationalsozialistischen Massenbewegung gebildet wurde, das Ergebnis des Sieges des internationalen Judentums,  das sich nach Überzeugung der Völkischen im 1919 geschlossenen "Friedensdiktat" von Versailles zum Herren über die Deutschen und Europa gemacht hatte."

( Seite 8 in "Villa Waigner - Hanns Martin Schleyer und die deutsche Vernichtungselite in Prag 1939-45", erschienen im Konkret Verlag.)

 

Falls du noch mehr willst:

 

Buch: Villa Waigner von Erich Später

Buch: Kein Frieden mit Tschechien von Erich Später

Buch: "Deutsche und Tschechen" von Johann Wolfgang Brügel (interessant zur Gründung der CSR)

 

Viel Spaß beim lesen ;)

 

Achja: Ganz guter Aufruf der Wiesbadener! Am 04. September nach Wiesbaden!

konkret-verlag. vielen herzlichen dank für diese "wissenschaftliche" literartur. ja, ja die tschecho-slovakei war schon ein kleines paradies, deshalb haben sich die volksguppen dort auch alle so pudelwohl gefühlt.

Ein weiteres, kleines, Beispiel für die Verfasstheit der CSR liefet ein Zitat von Heinrich Mann, der auf Grund von politischer Verfolgung aus Deutschland nach Prag floh:

"Meine ergriffene Hochachtung gehört  der CSR. Hier ist ein Staat, der sich selbst überlassen, in weit und breit feindlicher Umgebung - und schließlich auch preisgegeben-, trotz allem nichts von seiner moralischen Größe einbüßte. ... Wir, das ganze verfolgte Deutschland , waren in diesem Land nicht nur gleichgültig geduldet. Prag nahm uns wie siene Nächsten auf."

(nachlesbar in "Peter Becher und Peter Heumos (Hg): Zur deutschen Emigration in die Tschechoslowakei" )

 

Die CSR war lange Zeit ein Zentrum des Widerstandes gegen den sich mehr und mehr ausbreitenden NS. Dies lag nicht zuletzt an den vielen politischen Flüchtlingen, die in die CSR kamen. Sie erfuhren oftmals Unterstützung der tschechischen Bevölkerung - und Hass der Sudetendeutschen.

Falls du anderweitige Dinge behauptest, dann versuche doch bitte sie zu belegen.

google doch einfach man "benesch-dekrete"

Ich hab's getan, und siehe da:

1) heißen sie Benes-Dekrete und

2) findet man auch interessante Texte, die erklären wieso und weshalb die Benes-Dekrete notwendig waren und sind.

http://dead-osa.50webs.com/news4f10.html?article=84

http://www.copyriot.com/sinistra/news/texte03/spaeter.html

 

Und dass sudetendeutsche Homepages von "Unrecht", bezogen auf die Benes-Dekreten, schwafeln, wundert mich überhaupt nicht.

"das Dekret vom 21. Juni 1945, das das landwirtschaftliche Vermögen von Deutschen und Ungarn sowie allgemein von „Verrätern des tschechischen und slowakischen Volkes“ konfis-zierte und auf Tschechen und Slowaken aufteilte; das Dekret vom 20. Juli 1945, das die Besiedlung des landwirtschaftlichen Bodens der Deutschen, Ungarn und anderer Staatsfeinde durch tschechi-sche, slowakische und andere slawische Landwirte bestimmte; das Dekret vom 2. August 1945, das den Deutschen, die 1938/39 reichsdeutsche Staatsbürger geworden waren, die tschechoslowa-kische Staatsbürgerschaft aberkannte, wenn sie nicht nachweislich Antifaschisten gewesen waren; das Dekret vom 19. September 1945, das Personen, welche die tschechoslowakische Staatsbürger-schaft verloren hatten, eine Arbeitspflicht zur Beseitigung der Kriegsschäden auferlegte; das Dekret vom 27. Oktober 1945, das zur „Sicherstellung staatlich unzuverlässiger Personen“ Internierungs-lager schuf; und das Dekret vom 27. Oktober 1945, das in den Gefängnissen und Internierungsla-gern „Zwangsarbeits-Sonderabteilungen“ einrichtete."

 

hach, das ist ja wirklich herzerwärmend: mit "verrätern am tschechischen und slovakischen volk(!)" muss selbstverständlich kurzer prozess gemacht werden!  und dass das grundeigentum nicht etwa abgeschafft, sondern nach völkischen kriterien neu veteilt wird - da schlägt das antifaschistische herz höher! und wenn "staatlich unzuverlässige personen" in internierungslager gepfercht werden, dann das ist natürlich bedauerlich, aber leider gottes nicht zu vermeiden. 

 

da muss ich heinrich mann wirklich recht geben: " Hier ist ein Staat, der sich selbst überlassen, in weit und breit feindlicher Umgebung - und schließlich auch preisgegeben-, trotz allem nichts von seiner moralischen Größe einbüßte."

Alter, dass die Aufhebung des Privateigentums sowie dessen Bedingungen, nämlich Staat, Nation und Kapital, die richtige Antowort - sowohl auf die Krise die den NS erst hervorbachte als auch auf den NS slebst - gewesen wäre, steht doch außer Frage. Aber tortzdem muss man sich vor Augen führen, dass die Aufhebung des Privateigentums usw. undenkbar gewesen ist. Das Ganze fand in einem zerstörten Europa, das gerade ein unglaublich großes Verbrechen an der Menschheit erlebt hatte, statt. Oder anders: Natürlich wäre die Abschaffung aller Staaten das beste gewesen, nur schier undenkbar, weshalb z.B.  auch ein jüdischer Staat fortan zu existieren hatte.

 

Und außerdem wurden die Dekret erst gegen Ende des Krieges bzw. als der Krieg vorbei war beschlossen / verabschiedet. Im Aufruf wird sich allerdings auf eine CSR noch bevor der Krieg überhaupt ausgebrochen war bezogen.

Die Benes-Dekrete reichen demnach wirklich nicht aus, um der Behauptung des Aufrufs, nämlich dass es sich bei der CSR  in den 30ern um eine antifaschistische Demokratie handelte, zu widersprechen. Bei den Dekreten handelte es sich um Anti-Nazi Politik. Wenn auch nciht die vollkommene, doch sie war es zumindest.

Und dass Staatsantifaschismus niemals "das Wahre" ist, es einer radikalen Linken vielmehr "ums Ganze" gehen muss, das bezweifelt ja niemand.