Demo vor dem Knast in Bruchsal

Versammlung

Demo vor dem Knast in Bruchsal

Am Sonntag, den 19. Juni 2011 fand vor den Mauern der im Revolutionsjahr 1848 erbauten JVA Bruchsal eine lautstarke und kämpferische Demonstration statt, veranstaltet von der Gruppe 76 Rastatt/Murgtal  anlässlich des Tags der revolutionären Gefangenen.

 

Zu meinem Bedauern konnte ich selbst nur die Böller hören, denn Zelle 3113 liegt äußerst ungünstig in dem Knastkomplex. Nur wenige Zellen weiter (3116/3117) saß früher Christian Klar und es dürften hier jene Zellen sein, in welchem man am weitesten weg ist von der Straße. Steige ich auf den Stuhl in meiner Zelle und schaue aus dem in etwas 2 m Höhe befindlichen Fenster, sehe ich die Rückseite der Gefängnis-Sporthalle und die Mauer. Außerdem sehe ich einen der Käfige, in welchen Gefangene, die in Einzelhaft sitzen, ihren Hofgang alleine (gelegentlich zu zweit) absolvieren müssen.

 

Dafür hörten andere Gefangene umso mehr von der Demo und sprachen mich am Montag (20.06.) begeistert an; jedoch auch ein bisschen überrascht davon, dass es doch tatsächlich Menschen gibt, die sich für die Abschaffung von Gefängnissen und die Freilassung von Inhaftierten einsetzen. Denn in der Regel hört mensch nur davon, dass Gefangene möglichst noch länger in Haft gehalten werden sollen (nur nebenbei: In Bruchsals Gefängnis dürfte der zur Zeit am längsten in der BRD, vielleicht auch Europa und darüber hinaus, eingesperrte Gefangene sitzen. Herr N. befindet sich annähernd 50 Jahre ununterbrochen in Haft. Die taz  arbeitet momentan an einem Artikel über ihn.

 

Knast bedeutet stets auch Isolation: Abschottung von der Familie, PartnerIn, von FreundInnen, von der Gesellschaft im allgemeinen. Isolation ist also dem System Gefängnis zwangsläufig immanent. Dennoch bedeutet der Begriff „Isolationshaft“ etwas mehr und anderes und da in dem Grußwort und Flugblatt zu der Demo am 19.06. geschrieben wurde, ich säße nunmehr „seit über 13 Jahren in der JVA Bruchsal in Isolationshaft“ nutze ich die Chance an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass ich seit 2007 im „Normalvollzug“ sitze, wie ich auch schon 2007 berichtete. Ich finde es unfair Menschen gegenüber, die nach wie vor in Isolationshaft sitzen, würde man meine Haftsituation damit gleich setzen. So sitzt, um nur ein Beispiel zu nennen, Peter Wegener (JVA Sehnde) mittlerweile seit 1995 in Einzelhaft, nach dem er seinerzeit aus der JVA Celle (gemeinsam mit Günter Finneisen) ausgebrochen und kurz danach wieder verhaftet wurde. Herr Finneisen (von ihm finden sich auf meiner homepage zahlreiche Karikaturen) verlegte die niedersächsische Justiz erst vor wenigen Wochen von der Isolationsabteilung der JVA Celle (wo früher RAF-Gefangene isoliert wurden) in den Normalvollzug.

 

Das vollständige Zurückgeworfen sein auf sich selbst, 24 Stunden am Tag, Woche um Woche, Jahr um Jahr; Besuche von FreundInnen, GenossInnen nur hinter einer dicken Panzerglasscheibe und bewacht von Beamten der JVA, verlassen der Zelle nur nach vorherigem nackt ausziehen und umkleiden in andere Knastkleidung und vieles mehr – all das gehört mit zum „Programm“ in Isolationshaft. Im Vergleich dazu ist der Normalvollzug zwar kein Kinderspiel, aber nicht ganz so kontrolliert, überwacht, bespitzelt und reduziert.

 

Neben dieser Klarstellung ist es mir jedoch ebenso wichtig, all jenen zu danken, die am 19. Juni den Weg nach Bruchsal fanden; diese Aktion gibt mir Kraft, aber auch und vor allem anderen Gefangenen, die so sehen konnten, sie sind nicht vergessen, es gibt Menschen, die für eine andere Welt kämpfen, für eine Welt, in der auch Gefängnisse überwunden werden. Der/die einzelne Gefangene steht dem Macht- und Repressionsapparat ziemlich hilflos gegenüber; Proteste, wie jene vom 19. Juni, die auch in anderen Städten Deutschlands und Europas vor Knästen stattfanden, schaffen Solidarität und ein Bewusstsein für die eigene Würde, schaffen die Grundlage für eine Verteidigung dieser Würde, weil mensch sieht: Sie/er ist nicht alleine!

 

Im Namen der Mitgefangenen und auch in meinem, allen ein herzliches und kämpferisches Danke!

 

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA – Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal

http://www.freedom-for-thomas.de

https://freedomforthomas.wordpress.com

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"...es gibt Menschen, die für eine andere Welt kämpfen, für eine Welt, in der auch Gefängnisse überwunden werden."

 

Das könne sie ganz leicht haben, wenn es in der anderen Welt keine Menschen mehr gibt wie sie, die anderen Menschen ein Leid oder Übel zufügen.