Spaniens Jugendliche und Studenten rebellieren gegen die schlechten Zukunftsaussichten. Der Protest, der in allen größeren Städten stattfindet, wird übers Netz organisiert.
MADRID taz | Die Facebook-Revolte ist in Spanien angekommen. Unter dem Motto "Echte Demokratie – Jetzt!"
versammeln sich seit dem Wochenende in allen größeren Städten des
Landes Zehntausende von Jugendlichen. In Madrid demonstrierten am
Sonntag rund 40.000 Menschen, in Barcelona etwa halb so viele. In
weiteren 58 Städten wurden Kundgebungen abgehalten. Selbst an britischen
Universitäten kam es zu spontanen Solidaritätsaktionen spanischer
Auslandsstudenten. Die Veranstalter zählten insgesamt 130.000
Teilnehmer. In Madrid wurde ein Protestcamp errichtet, das die Polizei
in der Nacht zu Dienstag räumte.
"Wir haben keine Zukunft", heißt eine der
Hauptklagen der Teilnehmer. Spanien hat eine Arbeitslosenquote von 20
Prozent. Bei jungen Menschen ist sie mehr als doppelt so hoch. Immer
mehr junge, spanische Akademiker suchen ihre Zukunft im Ausland.
Nach dem Immobilienrausch der letzten Jahre, ist das Erwachen böse.
Spaniens Regierung unter dem Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero
kürzte Beamtengehälter und Sozialleistungen, um den Anforderungen der
Finanzmärkte gerecht zu werden. Die konservative Opposition, die bei den
Umfragen für die Regional- und Kommu8nalwahlen am kommenden Sonntag
vorn liegt, wird diesen Kurs eher noch verschärfen.
"Wir sind keine Ware in den Händen der Politiker und Banker",
beschwert sich einer der Organisatoren in Madrid. "Wir wollen nicht für
ihre Krise bezahlen", lautete einer der Sprechchöre.
Die Verärgerung über die politische Klasse
als solche ist groß. Bei den Regional- und Kommunalwahlen stellen sich
über 250 Kandidaten aller Parteien zur Wahl, die wegen Korruption
angeklagt oder gar schon in erster Instanz verurteilt sind. "No les votes" - "Wähle sie nicht",
heißt es auf einer Internetseite, auf der korrupte Politiker mit Name,
Parteizugehörigkeit, Gemeinde und den ihnen vorgeworfenen Delikten
aufgelistet wird. Die meisten haben sich in den Jahren des Baubooms
bereichert. Ein Wahlgesetz, das die großen Parteien begünstigt, lässt
kaum Platz für neue Strömungen.
In Madrid errichteten die Protestierenden
nach der Demonstration vom Sonntag auf dem zentral gelegenen Platz
Puerta de Sol ein Camp. Um die hundert Menschen übernachteten dort.
Tagsüber wuchs die Gruppe auf über 1.000 an. In ständigen Versammlungen
wurde über Politik, die Unzufriedenheit und die Krise debattiert. Bürger
brachten spontan Essen vorbei.
Solidaritätsadressen aus ganz Spanien und
selbst aus Kairo und Tunesien laufen auf dem Twitterkanal (acampadasol)
ein. Anwohner öffneten ihr Wifinetz für die jungen Menschen auf dem
Platz. Diese informierten über Twitter und einen Blog in
Echtzeit. Bis Dienstagfrüh: um 5:10 Uhr rückte die Polizei an und
räumte den Platz. Versammlungen ab 20 Personen seien
genehmigungspflichtig, lautete die Begründung.
Damit niemand die Polizeiaktion am Computer
verfolgen konnte, wurde die Web-Cam der Stadt Madrid an der Puerta de
Sol zuvor weggedreht. In youtube war die Räumung dennoch zu sehen.
Die Protestierenden wollen nicht aufgeben.
"Wir gehen nicht", heißt es im Netz. Um die Mittagszeit zogen
Jugendliche vor das Madrider Amtsgericht, um die Freilassung der 19 auf
der Demonstration in Madrid verhafteten zu verlangen. Für heute Abend
wird zu einer erneuten Versammlung an der Puerta de Sol gerufen. "Wie
geht es so in Spanien? - Wir können uns nicht beklagen. - Also gut? -
Nein, WIR KÖNNEN UNS NICHT BEKLAGEN!" heißt es zur Räumung auf Twitter.
nicht nur....
...jugendliche und studenten sondern auch arbeitslose, arbeiter*innen, alte, hausmänner und hausfrauen etc.
es ist eine taktik der spanischen presse und des staatlichen(regierungs)fernsehen, dies auf eine jugendrevolte "abzumildern" - die taz macht da mit--- dabei breiten sich die aktionen mehr und mehr aus--- geht lieber auf die seiten von "toma la calle" #spanishrevolution o.ä.