Deutscher Rechtsstaat: Journalisten, Richter und Professoren im Prozess gegen Verena Becker

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Der Redakteur Christian Bommarius von der Berliner Zeitung (M. DuMont Schauberg-Gruppe) gilt als Rechtsstaatexperte des Blatts. Gleichzeitig wird er gerne zu Veranstaltungen eingeladen, in denen er unter anderem über die Rote Armee Fraktion herziehen kann, die er hasst wie der Teufel das Weihwasser. Und wenn es um die RAF geht, dann müssen laut Bommarius auch nicht alle rechtsstaatlichen Grundsätze so ernst genommen werden.

 

Der staatsgläubige alte Bourgeois Christian Bommarius ist für RAF-Gerichtsprozesse bei der Berliner Zeitung zuständig, für die er seit 1997 mehr oder weniger gute Artikel und Kommentare schreibt. Dabei hat er von der RAF so viel Ahnung wie Helmut Markwort von der DKP. Bommarius besucht ab und zu den Prozess gegen Verena Becker vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart, sitzt gerne in der ersten Reihe, kommt häufig zu spät oder geht etwas früher, schreibt aber immer so, als ob er alles mitbekommen hätte. Prozessbesuchern und Journalisten-Kollegen fallen seine Fehler auf, die sich aufgrund seiner Abwesenheit in seinen Artikel wiederfinden. Bommarius sitzt gerne in der ersten Reihe, ist aber auch außerhalb des Gerichtssaals gut an seinem vernarbten Gesicht erkennbar, das ihn seit seiner Zeit bei einer schlagenden Burschenschaft in Bonn entstellt.

 

Den Vorsitzenden Richter Hermann Wieland – Georg Grosz hätte diese Fratze für seine Zeichnungen als Vorlage verwenden können – bezeichnet Bommarius als freundlichen und besonnenen Mann. Ein völliges Fehlurteil. Genau dieser Richter labert dumm-dreist auf Zeugen ein, urteilt über Brigitte Mohnhaupt: Die Zeugin habe „kein Gewissen und keine Moral“ und werde sich im Jenseits für ihre Taten zu verantworten haben. – Allein dafür verdiene der kleine Wieland einen gezielten Schluss ins Knie, meinten spontan einige Prozessbesucher.

 

Michael Buback, der eigentlich an der Göttinger Universität Chemie lehren sollte, verbringt stattdessen die Zeit im Stuttgarter Gerichtsgebäude und erzählt Unbestätigtes und Unwichtiges den Journalisten. Manch eine Verschwörungstheorie ist auch dabei: Nachrichten seien im April 1977 bewusst zurückgehalten worden. Buback hält Beweismittel wie das Tatmotorrad zurück – um es in einer für ihr als günstig erscheinenden Situation im Prozess präsentieren zu können. Das macht eines deutlich: Er ist nicht an einer Aufklärung interessiert, sondern nur an einer guten Inszenierung. Buback wird seine Frage, wer seinen Vater erschossen hat, mit ins Grab nehmen. Und das ist gut so. Je früher desto besser.

 

Dabei ist klar, wer den Generalbundesanwalt Buback – verantwortlich für massenhafte Repression, Inhaftierungen und Verurteilungen gegen die Linke – erschossen hat: Das Kollektiv RAF. Und deshalb gab es damals klammheimliche Freude. Der Göttinger Mescalero hat diese Freude in Worte gefasst. Und dann es gab Prozesse und Verurteilungen gegen Menschen, die den Text „Buback – Ein Nachruf“ nachgedruckt haben. (Gegen Bundeskanzlerin Merkel, die ihre unverhohlene Freude über die extralegale Hinrichtung von Osama Bin Laden ausgedrückt hat, wird es keinen Strafprozess geben. – Das ist deutscher Rechtsstaat, Herr Bommarius!)

 

Wenn es um die RAF geht, dann soll nach Bommarius auch dieser Rechtsstaat außer Kraft gesetzt werden: Mit dem Auskunftsverweigerungsrecht lege sich der Staat selber die Fesseln an, schreibt er in der Berliner Zeitung. Das verfassungsrechtlich geschützte und vom BGH eingeräumte Aussageverweigerungsrecht findet der Redakteur nämlich pfui, wenn es ehemalige Mitglieder der RAF in Anspruch nehmen.

 

Bleibt zu wünschen, dass doch einmal ein politischer Aktivist, Bommarius zumindest die verdiente Ohrfeige verpasst oder wenigstens dass Dumont ihn – anstatt einige seiner weitaus besseren Kollegen – in den vorzeitigen Ruhestand schickt.

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Aller festgehaltenen politischen Gegnerschaft zum "Rechtsstaat" zum Trotze; die Art, wie hier über jemanden geschrieben wird, der seinen Vater verloren hat und damit noch nicht fertig ist, widert mich an. Wenn Bommarius Vergleichbares über Verwandte, Bekannte oder Solidaritätsbekundende mit Oury Jalloh geschrieben hätte, würde hier - zurecht - Zeter und Mordio herrschen. Die Frage danach, ob die Tötung von Buback gerechtfertigt war oder nicht, lassen ich dabei mal außen vor, sie wird je nach Position anders beantwortet werden - Bommarius wird es anders sehen als Bommi - und ist nicht Thema diesen Posts.