Berlin: Prozess und Buchzensur

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Morgen, am 3. Mai 2011, findet im Amtsgericht Kirchstrasse in Berlin ein Prozess wegen dem "Anleiten zum Bombenbau" gegen Roland Ionas Bialke statt. Im Vorfeld des Prozesses wurden mehrere Internetforen und die Homepage "sprengstoff-verein.de" vom Berliner Landeskriminalamt zensiert, sowie durch deren Beamten Buchdrucker eingeschüchtert oder als Zeugen vernommen. Ein Verlag wurde u.a. genötigt in diesem Zusammenhang frei verkäufliche Bücher aus ihrem Angebot zu nehmen. Ebenso behauptete eine V-Person des Bundeskriminalamt (BKA), Roland Ionas Bialke und die terroristische Sauerlandgruppe hätte Chemikalien bei ihm gekauft.

 

 

Am 3. Mai 2011 findet gegen mich ein Gerichtsprozess in Berlin statt. Dort wird mir vorgeworfen, ich hätte vom 23. Mai 2008 bis zum 23. August 2010 in körperlicher und nichtkörperlicher Form, also im Internet und in Buchform, selbstverfasste Anleitungen zum Bombenbau veröffentlicht. Konkret handelt es sich dabei um die Anleitung zum Bau einer Rohrbombe, einer Detonatorkapsel, der in autonomen Kreisen beliebten Gasaki und eine Anleitung zum Bau eines Molotowcoktails. Mehrere hundert anderer von mir verfasster Sprengstoffsynthesen seien aber weiterhin legal, d.h. auch legal zu veröffentlichen.

Im Zuge der Ermittlungen um die islamistische Sauerlandgruppe behauptete die V-Person des Bundeskriminalamts, Rainer B., er hätte nicht nur der Sauerlandgruppe etwa 700 Liter Wasserstoffperoxid verkauft, sondern auch mir Chemikalien für den Sprengstoff PETN überlassen. Am 9. Juli 2008 durchsuchte dann das Berliner Landeskriminalamt (LKA 533 - Staatsschutz für Brandsachen, LKA 534 - Staatsschutz für politisch motivierte Straftäter aus dem "linken" Bereich, LKA 244 - Grenzüberschreitende Kriminalität/Wirtschaftskriminalität) mit dem Auftrag des Amtsgerich Verden meine Neuköllner Wohnung. Hierbei wurden keine relevanten Chamikalien beschlagnahmt, jedoch eine unverschlüsselte CD mit dem Abbild der Homepage "sprengstoff-verein.de". Auf dieser Homepage waren hunderte von mir verfasste Synthesedarstellungen, Beschaffungshinweise und Bauanleitungen mit dem Bezug zu explosionsgefährlichen Stoffen veröffentlicht - u.a. das Computerprogramm "Der kleine Sprengmeister", der Pyromans Friend (eine Newsletter der deutschsprachigen klandestinen Hobbysprengmeisterszene) oder die Onlineversion des Buches "Das Lehrbuch der Sprengmeister".

Im Verfahren gegen angebliche Mitglieder der "militanten gruppe (mg)" kam am 22. Januar 2011 heraus, dass ein BKA-Beamter durch "Hacking" (das Passwort lautet "Passort") einer Datei auf "sprengstoff-verein.de" die Verschlüsselung der runterladbaren Dateien umging. Was er erst später merkte: Durch das Runterladen der nicht-authorisiert entschlüsselten Dateien infizierte er seine Dienststelle mit Schadsoftware und konnte auf die Datei nicht mehr zugreifen. Doch schon 2006 berichtete der Spiegel, eher unfreiwillig, darüber, dass gegen ein Forum das im Zuge der Ermittlungen gegen mich zensiert wurde, durch das BKA ermittelt wurde und Infiltrationsmassnahmen stattfanden. Ein kurzzeitig unbedacht veröffentlichtes Foto eines Spiegel-Journalisten aus den BKA-Stuben verriet es.

Schon 2005 gab es Ermittlungen von verschiedenen LKA-Dienststellen, die sich gegen Foren richteten, die sich mit interessanten Dingen, wie Sprengstoff, Drogen, Hacking oder Lockpicking beschäftigten. 2005 wurde auch der Name "Xplosives", eine Seite mit vielen Anleitungen zum Thema "Bombenbau", erstmals erwähnt. Als Ende 2006 das Forum durch Medienberichte mehrere hundert aktive Nutzer (zumeist alle männlich) anzog, begannen die sichtbaren Schritte des Staates.

Die Polizei, d.h. die verschiedenen Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt, begannen Chemikalien in den Foren zu verkaufen. Hatten sie einen Käufer, dann bekam dieser nach einer Weile eine Wohnungsdurchsuchung. Andersherum war das aber für die Behörden genauso leicht: Verkaufte jemand Chemikalien, wurde einfach etwas gekauft und über den Weg des Geldes (meistens eine Bankverbindung) wurde dann die Identität des Verkäufers festgestellt.). Durch diese einfachen Methoden gelang es an viele Nutzerdaten und deren Accounts zu kommen. Sogar Moderatorenaccounts wurden durch die Behörden übernommen und zumindest Foreninterne Dinge herausgefunden.

Da einige sich nicht einschüchtern liessen und sich neu strukturierten, wurden zur Bekämpfung dieser Foren andere Methoden angewandt. Diese sind als Schmutz- oder Schmierenkampagne zu begreifen. So wurde von einigen behauptet, sie seien Amokläufer oder Neonazis, andere wurden von übernommenen Accounts solange mit Unwahrheiten, falschen Verdächtigungen und sonstigen Schlechtmachungen solange torpediert, bis jeder andere Nutzer dachte, die Betroffenen wären tatsächlich schlechte Menschen. Andere Personen, die der Administrative zugerechnet wurden, wurden mal kurz in den Wald gefahren um sie mit ihren Taten zu konfrontieren.

In meinen Fall erstellte ein Polizeipsychologe ein Profil von mir und liess über eine spezielle Computerstelle im Landeskriminalamt gezielt Unwahrheiten streuen. Die Dokumentationen hierzu sind aber rar, und in die meisten Akten zu dem Prozess gegen mich, habe ich keine Einsicht bzw. ich habe Anhaltspukte dafür, dass es weitere Akten gibt, komme aber nicht an sie ran.

Auf die massiven Repression zum Jahreswechsel 2006/2007 gegen die Hobbysprengmeisterszene erfolgte eine Organisierung gegen die Repression. Ein Verein sollte gegründet werden, der sich um die Repressionsfälle im Zusammenhang mit "Internetkriminalität" und "Bombenbau" kümmert: Der Sprengstoff e.V. - Übrig von dieser guten Idee blieb jedoch nur die von mir registrierte Homepage "sprengstoff-verein.de". Schlesslich wurde diese Homepage und die Homepage "xplosives.org", samt Foren, durch den Berliner Staatsschutz am 21. August 2010 abgeschaltet.

Schon zuvor gingen etliche Foren mit mehreren hundert aktiven Nutzern und Nutzerinnen durch ein solch repressives Vorgehen, d.h. Präzensur und Zensur, ein. Nicht nur im Bereich der explosionsgefährlichen Stoffe, sondern auch Drogenforen, Lockpicking- und Hackingforen waren von einem solchen Vorgehen betroffen. 2007 holte ich beispielsweise beschlagnahmte Computer vom Berliner Polizeipräsidium ab, als mir ein dortiger Staatsschutzbeamter zeigte, wie er sich in einem anderen Forum betätigte. Aber auch auf Nachrichtenforen wie Indymedia treibt der Staatsschutz sein Spiel. So beleidigte mich einmal ein Polizist der Spezialeinheit "PMS links" mit einem ganz besonderen Ausdruck auf offener Strasse. Dieser spezielle Ausdruck, der sonst nie zu lesen oder hören war, wurde kurze Zeit später in einem Beitrag auf Indymedia gepostet.

In meinen Fall wurde zudem für kurze Zeit die Post überwacht - so wurde ich z.B, von einer Polizistin angerufen, die sich als Postmitarbeiterin ausgab, und nach dem Inhalt eines Paketes fragte. Daneben wurde aus den Ermittlungsakten ersichtlich, dass mein Telefon überwacht wurde. Auch als mein Prepaidkartenanbieter kein Prepaid mehr anbot, kam das heraus. So rief mich ein Mitarbeiter des Telefonanbieters an, um mich unter Nennung meines Namens darauf hinzuweisen - Allerdings konnte er meinen Namen nicht kennen, da diese Prepaidkarte nicht auf meinen Namen registriert wurde.

Als ich ein von mir verfasstes Buch verlegen liess - "Das Lehrbuch der Sprengmeister" - rief das Landeskriminalamt beim Verlag an und schüchterte die Verlegerin dermassen ein, dass dieses Buch aus dem Sortiment genommen wurde. Als ich dann später meine Bücher selbst verlegte und dafür eine Druckerei aufsuchte, rannte der Drucker, ein Aktivbürger, mit einem Exemplar zur Polizei.

Mit dem Thema "explosionsgefährliche Stoffe" habe ich nun abgeschlossen, d.h. ich beschäftige mich damit nicht mehr. Das ist nicht nur der funktionierenden Repression geschuldet, sondern besonders der fehlenden Unterstützung und Hilfeleistung von aussen. Waren in anderen Themen andere Menschen von ähnlicher Repression betroffen, dann arbeiteten sie selbstbezogen, kümmerten sich oft nur um ihre eigenen Sachen und verschwanden dann wieder. Aber auch direkt in meinen Fall involvierte Personen - es waren mehrere hunderte, zogen es lieber vor, sich nach ihrer Repressionserfahrung zurückzuziehen und den unangenehmen Teil alleine auszusitzen. Eine gemeinsame Organisierung war so kaum möglich. Auch die fehlende finanzielle Unterstützung - nach diesem Prozess dürfte ich insgesamt 30.000 Euro benötigen - nagte an mir und trug zur Entscheidung bei, nicht mehr aktiv zu sein. Allerdings werde ich mich auch weiterhin in den verschiedenen Internetszenen umschauen und über Repressionsfälle berichten und diesen Menschen gegen die Repression unterstützen.

Die Daten zum Prozess:

Prozess gegen Roland Ionas Bialke
3. Mai 2011 - 13 Uhr 30 - Raum 1104
Amtsgericht Kirchstrasse (!)
Kirchstrasse 6
Nahe S-Bahnhof Bellevue (S7)
1 BRA Js 2191/08

!! Kirchstrasse ist nicht Turmstrasse/Wilsnackerstrasse !!

Vier Staatsschutzzeugen wurden benannt, zum Prozessauftakt werden diese aber noch nicht geladen sein. Das Gericht versucht anhand der Sachbeweise das Urteil gegen mich zu sprechen. Seit Jahrzehnten versucht der Staatschutz das Bekanntwerden repressiver Vorgehensweisen zu vermeiden. Dazu gehört auch, dass sie nicht wollen, dass Beamte und Beamtinnen über ihre Arbeit öffentlich aussagen müssen.

Merkwürdiges am Rande:

Ich möchte bemerken, dass die letzte Richterin, die gegen mich ein Urteil sprach, Richterin Margarete Koppers, nun Vizepräsidentin der Berliner Polizei ist. Dass Justiz und Polizei gemeinsame Sache machen, sollten alle wissen! Da passt auch rein, dass ein Richter des Kammergerichts Berlin (OLG Berlin) Anfang 2010 eine Daten-DVD mit "Bombenbauanleitungen" an mich verschickte, damit diese von "der Szene im Internet" verbreitet wird. Auch hier ist es fast unmöglich etwas zu belegen, ohne beispielsweise Gefahr zu laufen wegen Veleumdung angezeigt zu werden.

Ich hoffe, Ihr seid alle morgen da und unterstützt mich beim Prozess.

Roland Ionas Bialke (xv)


http://www.youtube.com/watch?v=kiXmBnq4tYc




 

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Merkwürdiges am Rande:

Ich möchte bemerken, dass die letzte Richterin, die gegen mich ein Urteil sprach, Richterin Margarete Koppers, nun Vizepräsidentin der Berliner Polizei ist. Dass Justiz und Polizei gemeinsame Sache machen, sollten alle wissen! Da passt auch rein, dass ein Richter des Kammergerichts Berlin (OLG Berlin) Anfang 2010 eine Daten-DVD mit "Bombenbauanleitungen" an mich verschickte, damit diese von "der Szene im Internet" verbreitet wird. Auch hier ist es fast unmöglich etwas zu belegen, ohne beispielsweise Gefahr zu laufen wegen Veleumdung angezeigt zu werden.

 

Könnt ihr Mods diesen Artikel bitte löschen? Das ist eindeutig Verschwörungstheorie, welche in den Moderationskriterien verboten wurde.

...aber so eindeutig finde ich das ehrlich gesagt nicht. Aber wenn du darüber diskutieren möchtest, kannst du eine Mail an das linksunten-Kollektiv schreiben.

das richitige datum ist der 22. januar 2009. nicht 2011. das war der 1. prozesstag.

 

http://einstellung.so36.net/de/prozess/bericht/1295