MUC: MVV Blitzer

mvvblitzer

In München ist ein neues Projekt entstanden, welches sich MVV Blitzer (http://twitter.com/mvvblitzer) nennt und die Leute dazu aufruft Fahrgastkontrollen in den Öffentlichen Verkehrsmitteln per Hashtag #mvvblitzer oder Facebook mit Linie, Richtung und aktueller Ort zu melden. Es wird nur kommuniziert, was öffentlich gesehen wird. Was die Fahrgäste mit denen Informationen anstellen ist dann deren Sache.

 

(Dies ist kein Bericht von MVV Blitzer oder daran Beteiligten, sondern Überlegungen eines Projektinteressierten.)

Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis. Heute noch viel mehr als früher. Nur befinden wir uns in der gesellschaftlichen Situation, dass immer mehr Menschen sich diese Mobilität nichtmehr leisten können. Auch und gerade in München ist es für Menschen mit wenig Geld, ob Erwerbslose, SchülerInnen, StudentInnen, RentnerInnen oder Lohnabhängigen mit geringem Einkommen oft schlichtweg nichtmehr bezahlbar mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Sie haben dann nur noch die Wahl zwischen Immobilität oder Schwarzfahren. Die Strafen verfehlen völlig ihre Wirkung, da die meisten SchwarzfahrerInnen schlichtweg einfach kein Geld haben die Tickets bzw. Bußgelder zu bezahlen. Jedes Jahr müssen tausende Menschen wegen Schwarzfahrens ins Gefängnis! Im Berliner Knast Plötzensee war das Ende 2008 jedeR Dritte Gefangene! Ingesamt 155 von 480 Gefangenen!

Unsere Gesellschaft teilt sich immer mehr in Mobile und Immobile. Nicht mobil zu sein heisst vom gesellschaftlichen Leben immer mehr ausgeschlossen und isoliert zu werden.

Da Mobilität, wie schon gesagt ein menschliches Grundbedürfnis, ein öffentliches Gut ist, sollte sie für jeden uneingeschränkt nutzbar sein. Insofern sollte die MVV/MVG die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zum Nulltarif oder mindestens für einen für jedeN erschwinglichen Monatsbetrag anbieten! Stattdessen erwirtschaftet die MVV/MVG jedes Jahr Rekordgewinne und die Fahrgastzahlen steigen stetig (zum 6ten Mal in Folge auf 617 Millionen) Braucht eigentlich irgendwer die neuen U-Bahnzüge? Alle paar Jahre neue Anzeigetafeln? Neue Prestigebahnhöfe? Immer mehr Kontrolleure?

Weitere Überlegungen sollten sein, wie wirklich allen Menschen, auch denen ohne Smartphone diese Informationen zugänglich gemacht werden können bzw. sie auch anders geschützt werden können. Beispielsweise durch ewiges Hinauszögern bei der Suche nach der eigenen Fahrkarte (auch wenn Mensch eigentlich garkeine hat), um so anderen die Möglichkeit zu geben noch auszusteigen. Eventuell stößt die Verbreitung von Informationen via Twitter oder Facebook auch schnell an ihre Grenzen, da Kontrolleure oft nicht sofort zu erkennen sind, oft ihre Positionen wechseln und viele noch kein Smartphone besitzen. Hier sollte Mensch sich sicher die Frage stellen, welche effektiveren Methoden es gibt Mobilität für alle zu ermöglichen. Die Zukunft wird zeigen, wie effektiv dieses System funktionieren kann. Dennoch ist es ein, vielleicht effektives Projekt unter vielen. Die Facebook Gruppe wuchs jedenfalls innerhalb von 3 Tagen auf über 4500 Interessierte. Tendenz steigend.

Beispiele aus anderen Ländern zeigen – auch dort reagieren die Menschen auf zunehmende Mittellosigkeit mit kreativen und solidarischen Aktionen um die Mobilität zu garantieren.

Was passiert in anderen Ländern?

Griechenland:
Durch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise steht Griechenland immer noch kurz vor dem Staatsbankrott. Um diesen zu verhindern verkündete die Regierung mit EU und IWF Anfang 2010 ein drastisches Sparprogramm, welches zur Verteuerung von quasi allem führte. Einhergehend mit Lohnkürzungen und massenhaftem Arbeitsplatzabbau soll auch bei der Athener Metro kräftig eingespart werden. 2011 drohen noch Fahrpreiserhöhungen um bis zu ingesamt 50%!

Um sich gegen die steigenden Fahrpreise, Lohnkürzungen und Privatisierungen zu wehren gehen die Beschäftigten der Athener Metrobetriebe neue Wege. Sie machen, mit Unterstützung von Teilen der Bewohner Athens die Ticketautomaten unbrauchbar und erklären auf Flugblättern den Nulltarif für alle. Anfang 2011 ist diese Aktionsform auch in Thessaloniki und auf Kreta aufgetaucht.

Frankreich:
Auch in Frankreich gehen die Menschen neue Wege um zumindest sich selbst uneingeschränkte Mobilität zu ermöglichen. So gründen sich in Paris vermehrt „Schwarzfahrer-Kollektive“. Diese Kollektive sind kleine Gruppen aus Freunden, Nachbarn, usw. mit einer sogenannten Bürgschaftskasse. In diese gemeinsame Kasse zahlen die Mitglieder jeden Monat 5-7 Euro ein und erhalten somit quasi eine Versicherung, falls sie beim Schwarzfahren erwischt werden sollten. Denn aus dieser Kasse werden dann die Bußgelder bezahlt.

Belgien:
(Hasselt) Dort ist die Nutzung des öffentlichen Verkehrsnetzes völlig umsonst! Weiterer Vorteil seit der Einführung des Nulltarifs: Beruhigung der Innenstadt hinsichtlich des Autoverkehrs, Weniger Abgase bzw. Umweltverschmutzung und damit höhere Lebensqualität für alle! Weil Parken in der Innenstadt nun teurer ist, nutzen immer mehr Menschen das öffentliche Busnetz. Hasselt muss weniger als 1% aus dem städtischen Budget als Subvention an den Verkehrsbetrieb bezahlen!

Und in Deutschland?

Beispielsweise die Kleinstädte Lübben und Templin: Sie übernahmen das Modell „Hasselt“ und konnten die Fahrgastzahlen um das 3,5 bzw. 7,5 fache steigern! Busfahren gibt es dort zum Nulltarif.

Düsseldorf:
Im November 2010 gründete sich die Kampagne „Statt Fahpreiserhöhung: Nulltarif sofort! Freie Mobilitäte für alle!“ Die Kampagne kritisiert vorallem die seit Jahren regelmäßig steigenden Fahrpreise in den Verkehrverbänden, welche vorallem von Einkommensschwachen kaum zu bezahlen sind. Als Gegenativitäten schlagen die Aktivisten vor, vor Ort Fahrgemeinschaften zu bilden oder noch gültige Tickets nach dem Aussteigen anderen zur Verfügung stellen.
Infos: http://nulltarif.blogsport.de/

Hamburg:
Auch in Hamburg gibt es Aktionen der Kampagne „HHV umsonst“. Nachzulesen hier http://de.indymedia.org/2011/01/298099.shtml
Infos: http://hvvumsonst.blogsport.de/

Berlin:
Auch hier wurden Forderungen laut, auch seitens vereinzelter Politiker den ÖPnv zum Nulltarif anzubieten. Immer wieder gibt es Aktionen, die ebenselbiges fordern.

Infos: http://berlin-faehrt-frei.de/
http://de.indymedia.org/2004/02/74363.shtml
http://de.indymedia.org/2004/04/80449.shtml
http://de.indymedia.org/2003/05/51164.shtml

München:
Fahrpreisentwicklung am Beispiel Streifenkarte:
2001: Streifenkarte (mit 10 Streifen; pro Zone 2 Streifen): 17,50 DM
2011: Streifenkarte (mit 10 Streifen; pro Zone 2 Streifen: 12 €

Im (neuen) Harz 4 Regelsatz sind 22,78 € für Verkehr vorgesehen. Für Erwerbslose die beispielsweise in der 3ten Zone leben ist es somit unmöglich auch nur einmal pro Monat in die Innenstadt zu kommen! (2 Streifen pro Zone x 3 = 6 Streifen; Mensch bräuchte also insgesamt 12 Streifen bzw. 2 Streifenkarten für Hin- und Rückfahrt, was 24 € kosten würde). Monatskarten sind ohnehin nicht bezahlbar. (Beispiele: die IsarCard-Monatskarte für 2 Ringe kostet 44,90 €, Isarcard-Monatskarte für 4 Ringe kostet 64,20)

Der Unterschied der Münchner Aktion zu den Kampagnen in anderen Städten scheint zu sein, dass es (momentan) keine Gruppe, keine Kampagne, keine Forderung gibt.

Es wird nichtmehr gefordert die Fahrpreise zu senken, Semester- (wird seit Jahren erfolglos gefordert) und Sozialtickets einzuführen, sondern einfach gehandelt, Wege gesucht das Problem selbst zu lösen. Wie so oft heutzutage ist eben kein Verlass auf die Politik und deswegen gilt es sich selbst zu helfen. Und das tun alle Menschen, die sich am MVV Blitzer oder anderen Projekten beteiligen. Allen Menschen ihr Recht auf Mobilität zu ermöglichen – ohne Betteln bei irgendwelchen schmierigen Politikern oder MVV Managern! Eigennutz und gleichzeitig Hilfe für andere.

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mal gespannt wie lange es dauert bis diese seiten von den hostern bzw. vom gesetzgeber offline genommen werden.

hihi

In Oslo, Norwegen, hat sich ein Kollektiv gegründet, bei dem man monatlich einzahlen kann. Sollte man beim schwarzfahren erwischt werden, wird aus der Gemeinschaftskasse bezahlt. Funktioniert gut, so lange alle ein bischen aufpassen und sich nicht zu oft erwischen lassen. Twitter / Facebook Geschichten wurden auch angedacht, hat sich aber als nicht praktikabel erwiesen.

 

Kostnloser öffentlichr Verkehr für alle!

 

http://plankaoslo.org/