Stuttgart: Bericht zu den zweiten Vorladungen ehemaliger Militanter aus der RAF im Prozess gegen Verena Becker

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„Für mich ist das hier nicht der Ort um etwas zu sagen" (Brigitte Mohnhaupt zum Senat)

Am 24.3.2011 waren Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt im Prozess gegen Verena Becker vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht vorgeladen. Wie die 4 bereits angehörten Ehemaligen Stefan Wisniewski, Günter Sonnenberg, Waltraud Liewald und Rolf Heißler, die am Donnerstag, den 10. März bereits geladen wären, machten sowohl Knut Folkerts als auch Brigitte Mohnhaupt von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

 

Dies veranlasste den vorsitzenden Richter Wieland wieder dazu in einer Moralpredigt an das Gewissen von Mohnhaupt und Folkerts zu appellieren.

 

Bei der Befragung Mohnhaupts kam es zu einigen absurden esoterischen Äußerungen, zum Beispiel fragte der vorsitzende Richter Brigitte Mohnhaupt, was sie zu sagen habe, wenn sie ins Jenseits komme sie dann vor all ihren Verwandten und Bekannten stehen werde und sich rechtfertigen müsse. Wieland verstieg sich weiter in esoterischen Äußerungen: So sprach er davon, dass Brigitte Mohnhaupt die Chance nutzen sollen in „ihrem achten Leben" etwas besser zu machen. Die acht Leben rechnete Wieland so auf: 1 Leben für ihre Jugend. Dann sei sie zu fünfmal lebenslänglich und zusätzlichen 15 Jahre Haft verurteilt worden. Sie habe durch deren Verbüßung somit sechs „Leben" in Haft gesessen.

 

Allgemein war Wielands Ton bei Mohnhaupt schärfer als bei den bisher geladenen Ehemaligen. So meinte er auch, dass er in seinen 35 Jahren als Richter noch nie so einer Person wie Brigitte Mohnhaupt begegnet sei. Der Vorsitzende wendete sich nach dem Schweigen von Mohnhaupt an sie und sagte: „Sie haben kein Gewissen!" und berief sich dabei auf die Verteidigung der Nebenklage. Die Verteidigung interveniert daraufhin und richtete sich an Wieland: „... Zeugen zu beschimpfen und sie als gewissenlos zu bezeichnen, geht über das hinaus, was Ihnen ihr Amt zubilligt. Das steht Ihnen nicht zu und das möchte ich hier sehr deutlich sagen!"

 

Bei keinem der beiden wurde Beugehaft angeordnet.


In den nächsten Wochen sind noch mehrere ehemalige Militante aus der RAF vorgeladen.

Am 25. März sind Sieglinde Hofmann, Rolf Clemens Wagner und Irmgard Möller geladen, am 31. März ist Siegfried Haag und Roland Mayer geladen.


Der Prozess findet im Landgericht Stuttgart (Urbanstr. 20, in der Nähe des Charlottenplatzes) um 9.15 Uhr statt.

 

weitere Informationen unter: www.political-prisoners.net

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Es gehört schon die dreiste Selbstzufriedenheit eines Herrenmenschen dazu, vorgeladenen Zeugen einen Vortrag über "Moral" und "Menschlichkeit" zu halten, wenn man einem Berufsstand angehört, der wie kein anderer, vor allem im letzten Jahrhundert, Schuld auf sich geladen hat, dafür nie zur Verantwortung gezogen wurde und keinerlei Einsicht oder gar Reue zeigte. Richter Wieland gehört einer Justiz an, die mit jedem Regime bruchlos kompatibel war und es sicher auch in Zukunft seien wird. Wenn aus ihren Reihen "Moral und Einsicht" von Zeugen oder Angeklagten gefordert wird  schwankt man zwischen Lach- und Kotzanfall.

 

Die deutsche Justiz war schon immer der treue Hund ihres Herren. Egal welcher Mantel ihr umgehängt wurde, der des Kaisers, der der Nationalsozialisten, der der Demokratie, sie trug ihn bereitwillig. Der Feind den es zu bekämpfen galt war in allen Zeiten der gleiche, die Linke und die Wahrheit. Die Wahrheit wurde selbst dann nicht gerne gehört, wenn sie von den eigenen Komplizen ausgesprochen wurde, wenn auch unabsichtlich. Als Hans Filbinger im Versuch der Selbstrechtfertigung den Satz sagte."was damals Recht war kann heute nicht Unrecht sein" und damit die Realität der Rechtsprechung in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte  auf den Punkt brachte, löste das die empörte Bigotterie jener aus, den berühmten Sturm im Wasserglas, die sich in ihrer demokratischen Mimikri gestört fühlten.