2. Freiburger Mieten-Stopp Rad-Rallye

2. Rad-Rallye, Freiburg, Recht auf Stadt, Hochhaus

Am Samstag den 19. Februar fand in Freiburg die 2. Mieten-Stopp-Fahrradrallye statt.
50 Menschen in „außerirdischem und unrealistischem Outfit“ folgten dem Gentri-fiction-Aufruf und steuerten per Fahrrad verschiedene „Stationen der Freiburger Wohnraumpolitik“ an.

 

Bei der Auftaktkundgebung an der Ecke Rempartstraße/Gartenstraße wurden die allgemeine Wohnraumpolitik, Gentrifizierung und die in diesem Jahr anstehenden Freiraum-Konflikte (Schattenparker, Wagenplatz Kommando Rhino) thematisiert.

 

Die besetzte Gartenstraße 19

Vor dem Haus Gartenstr. 19, welches seit mehr als 10 Monaten besetzt ist, wurde die Bedeutung des Freiraums betont, da das Haus einer der wenigen unkommerziellen Orte in der weitestgehend durchkommerzialisierten Freiburger Innenstadt ist.

 

Wagenburgen

In diesem Jahr werden gleich drei Wagenburgen in ihrer Existenz bedroht. Kommando Rhino wird durch die nun beginnenden Bauarbeiten auf dem M1 Gelände (Green Business Center) im Vauban wohl bald verdrängt werden. Ungewiss ist auch die Zukunft der Schattenparker und der Wagenburg im Rieselfed.

 

Mit den Rädern und dem Orbit II - „Recht auf Stadt“ ging es – ohne Polizeibegleitung - über Stadttheater, Revier Nord auf die Habsburgerstraße Richtung Norden. Laute Musik und „Hop-Hop-Hop – Mieten Stopp!“ sowie „Miete verweigern, Kündigung in's Klo – Häuser besetzen, so wie so“ begleiteten die Demo.

 

1. Station: Luxussanierung bei der Haltestelle Hauptstraße Linie 2

Das Haus, das dem Herder-Verlag gehört, wird gerade leer-gemietet, um anschließend eine Luxussanierung durchführen zu können. Die wenigen Menschen, die noch dort wohnen - das Haus ist bereits fast leer - begrüßten die Rad-Demo mit einem heruntergerollten Transpi: „Luxussanierungen stoppen!“. In einem kurzen Redebeitrag wurde die aktuelle Situation und der erfolgte Gentrifzierungsprozess angesprochen.

 

2. Station: Zum Abriss freigegeben – die Johann-Sebastian-Bach Straße in Herdern

In einem intergalaktischen Redebeitrag wurde auf den bevorstehenden Abriss und die Zerstörung preiswerten Wohnraums im Nobelstadtteil Herdern hingewiesen. Unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde hier vom Gemeinderat und vom Aufsichtsrat der Freiburger Stadtbau (der FSB gehören diese Häuser) die Gentrifizerung beschlossen und bezahlbarer Wohnraum über Jahre ungenutzt gelassen.

In dem ironischen Redebeitrag der Intergalaktischen Baugruppe „Wem gehört die Stadt?“ wurden vor allem die heuchlerischen Versprechen der Grünen a la Transparenz, Bürger*Innenbeteiligung, demokratische Stadtentwicklung (wie sie sie gerade bei Stuttgart 21 vortäuschen) zerpflückt. So wurde mithilfe einer einfachen Rechnung klar gemacht, für wen hier Wohnraum entstehen soll: Denn bei 10-12 Euro/m² wird hier wohl kein Hartz-IV-Haushalt, dem von der Stadtverwaltung gerade mal 5,76 Euro/m² zugestanden wird, wohnen können.

 

3. Station: Erfolgreicher Mietkampf im Stadtteil Brühl-Beurbarung

Beim Tennenbacher-Platz berichtete ein Mieter des Stadtteils von den erfolgreichen selbstorganisierten Mietkämpfen, die hier im Stadtteil gegen die Freiburger Stadtbau (FSB) über 1,5 Jahre geführt wurden. So konnten die Bewohner*Innen aufgrund juristischer Erfolge und dem politischen Zugeständnis, diese Urteile auch auf alle anderen Wohnungen der FSB im Stadtgebiet anzuwenden, erhebliche Erfolge erzielen. Die Freiburger Stadtbau musste 2385 Mieterhöhungen (85%) nach unten korrigieren und es kam zu Rückzahlungen in 3 bis 4-stelliger Höhe!

 

Zum Schluss gab es noch einen kurzen Beitrag zur Situation in Weingarten. Dort wurden 220Mieter*Innen von der FSB (Freiburger Stadtbau) verklagt, weil sie die Zustimmung für die geplanten Mieterhöhungen verweigert haben. Für den Mut, sich zu wehren, blieben sie letztendlich auf Kosten von je ca. 200 Euro sitzen.

Die Mieter*Innen werden mit einem Soli-Fonds von der Bürger*Innen-Initative „Wohnen ist Menschenrecht“ unterstützt. Dieser Fonds wir auch durch die am Donnerstag 24. Februar stattfindende Soli-Veranstaltung vom SUSI-Chor und Jess Jochimsen gefüllt.

Ein schönes Signal, dass Mietproteste in dieser Form Unterstützung erhalten.

 

Gemeinsam ging es nun zurück ins Grethergelände. Die zweite Mieten-Stopp-Fahrradrallye hat uns wieder weitere Orte der Gentrifizierung und Umstrukturierung in Freiburg vor Augen geführt. Wir kommen wieder, keine Frage!

 

Bis zur nächsten Mieten-Stopp-Demo - Für eine solidarische Wohnraumpolitik! Für ein Recht auf Stadt!

 

mehr unter http://annefreiburg.blogsport.de

 

 RDL-Radio-Beitrag - Aufruf!

 

FAU - Recht auf Stadt - Soliparty mit Film am 25. März 2011 ab 20 Uhr in der KTS

 

Flugi: Einspruchsfrist abgelaufen? - Gentri-fiction: Die Siedlung am Rande des Universums (.pdf)

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ein weiterer Bericht zur Mieten-Stopp Rad-Rallye

In den vergangenen Jahren sind die Wohnungsmieten in Freiburg kontinuierlich angestiegen. Das Freiburger Preis- und Mietniveau von Wohnimmobilien lag im Jahre 2010 58% über dem Bundesdurchschnitt (2004 „nur“ 41,9%). In den meisten Stadtteilen ist es kaum noch möglich, eine Wohnung unter 8 €/qm² zu finden - offiziell beträgt die Durchschnittsmiete zwar „nur“ 6,92 €/qm² (Mietspiegel 2010); wer je einen Blick auf die wöchentlichen Wohnungsannoncen geworfen hat, weiß, dass die Realität anders aussieht. Weil in Freiburg die Einkommen vergleichsweise niedrig sind, müssen die MieterInnen hier so viel wie nirgendwo sonst in Deutschland von ihrem Verdienst für die Miete aufwenden: fast 44 Prozent.

Gleichzeitig wird bezahlbarer Wohnraum aufgewertet, stehen zahlreiche Gebäude leer, wird immer mehr Büroraum gebaut.

Anstatt mehr bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen, werden Sozialwohnungen reduziert, gleichzeitig werden Hunderttausende von Euro in überflüssige Großprojekte investiert, und Haushalt für Haushalt eine rigide Sparpolitik praktiziert - das Bedürfnis Wohnen wird unbezahlbar.

Die Mieten in Freiburg, die vor allem auf Kosten von Menschen mit geringem Einkommen gehen, sind aber kein tragisches Schicksal, sondern Ergebnis eines profitorientierten Immobilienmarktes und einer Wohnungspolitik der Stadtverwaltung, die einseitig die Interessen von Unternehmen und VermieterInnen vertritt.

Für Städte wie Freiburg, Hamburg, München, Berlin etc. hat die Konkurrenz der Standorte mittlerweile dazu geführt, dass sich die städtische Politik immer mehr einer »Image City« unterordnet. Es geht darum, ein bestimmtes Bild von Stadt zu vermarkten: das Bild von der „innovativen“ Stadt, der „Green City“, die ein anregendes Umfeld und beste Chancen für Gutverdienende, Investoren und Franchising- Ketten aller Couleur bietet.

Wo immer eine Innenstadtlage zu Geld zu machen ist, wo immer ein Fläche zu verdichten, einem Grünstreifen ein Grundstück abzuringen oder eine Lücke zu schließen ist, wirft die städtische Verwaltung die »Sahnelagen« auf den Immobilienmarkt – zum Höchstgebot und mit einem Minimum an Auflagen. Aus ehemals bezahlbarem Wohnraum wird binnen kürzester Zeit eine exklusive Wohngegend mit angeschlossener Büro- und Shopping-Meile, in der es unmöglich ist, Projekte zu betreiben, die nicht einzig und allein dem Diktat des Umsatzes verpflichtet sind.
Es sind aber nicht die einzelnen InvestorInnen, gegen die wir protestieren. Es sind die Spielregeln,
nach denen sie sich richten und die weltweit extreme soziale Ungleichheit und Abhängigkeiten erschaffen.

Was dabei entsteht, ist eine segregierte Stadt, wie im 19. Jahrhundert: die Promenaden den Gutsituierten, dem Pöbel die Mietskasernen außerhalb.

Beispiele für diese „Gentrifizierung“ finden sich in Freiburg überall:

  • Haslach, ein Stadtteil mit (noch!) verhältnismäßig günstigen Mieten, wird zunehmend aufgewertet. So baut die Stadtbau als „soziales“, städtisches Wohnungsunternehmen aktuell Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis von 10-12 €. Dieser Preis steht in keinem Verhältnis zu dem Einkommen der dort lebenden Menschen.
  • Die wenigen Wohnungen in der Johann-Sebastian-Bach-Straße, die sich Geringverdiener in Herdern leisten können, stehen schon seit Jahren leer und sollen nun abgerissen bzw. durch lukrative Neubauten ersetzt werden.
  • Von den ursprünglich geplanten 50% Mietwohnungen im Vorzeigestadtteil Vauban sind nicht mal die Hälfte gebaut worden. Anstatt hier Wohnraum zu schaffen, der für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar ist, wurde eine Eigentumssiedlung für Gutverdiener geschaffen.
  • In der Innenstadt ist der Ausbau als Konsummeile schon besonders weit fortgeschritten, mit dem geplanten Umbau des Platzes der Alten Synagoge wird der letzte nichtkommerzielle Treffpunkt beseitigt. Obdachlose, Straßenpunks und politische Versammlungen sollen in dieser Innenstadt keinen Platz mehr haben. In einer Stadt, in der man die sozialen Konflikte nicht lösen will, werden diese an den Rand verschoben und ausgegrenzt.

Wir lehnen eine Stadtpolitik ab, die sich in erster Linie innerhalb der Logik der unternehmerischen Stadt bewegt, in der die Zukunftspotenziale der Stadt hauptsächlich durch die Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit erschlossen werden.

Wir weigern uns, über diese Stadt in Verwertungs-Kategorien zu sprechen.

Wir sagen:
- Nein zu der Inwertsetzung des städtischen Raumes, zu Mietsteigerungen, Luxussanierungen und die Umwandlung von Miete in Eigentum.

- Nein zu einer Praxis, in der Menschen mit geringem Einkommen wegziehen müssen, weil ein profitorientierter Immobilienmarkt, Hartz IV und eine städtische Wohnungsvergabepolitik dafür sorgen.

- Gegen den Irrsinn aus massiver Wohnraumverwertung und steigenden Mieten bei gleichzeitigem Leerstand, überflüssigen Großbauprojekten (X-Press, Platz der Alten Synagoge etc.) setzen wir ein Recht auf Stadt.

- Wir wollen die Frage »Wie wollen wir leben?« nicht auf Stadtentwicklungs-Foren diskutieren, die lediglich eine Alibifunktion erfüllen. Für uns hat das, was wir in dieser Stadt machen, immer mit Gegenentwürfen zu tun, mit Utopien und Freiräumen, mit dem Unterlaufen von Verwertungs- und Standortlogik.

- Wir kämpfen für eine kollektive Wiederaneignung des städtischen Raumes.

- Wir sagen: Eine Stadt ist keine Marke. Eine Stadt ist auch kein Unternehmen.

Es geht darum, Freiräume zu erobern und zu verteidigen, die das Leben in dieser Stadt auch für jene lebenswert machen, die nicht zur Zielgruppe der »aufgewerteten Stadt« gehören. Wir nehmen uns das 'Recht auf Stadt' – mit all den Bewohnerinnen und Bewohnern, die sich weigern, Standortfaktor zu sein.

Die Stadtbau ist eine Macht auf dem Freiburger Wohnungsmarkt. Mit fast 9.000 Wohnungen kontrolliert sie jede achte Mietwohnung in dieser Stadt.

Die Stadtbau (FSB) ist vor allem ein Unternehmen.
Ein Unternehmen, „das unter wirtschaftlichen Zielsetzungen zu führen ist und Einnahmemöglichkeiten, auch im Mietbereich, im Rahmen der Gesetze und Möglichkeiten ausschöpfen soll“.
So steht es in den Grundsatzpapieren aus den Jahren 2001 und 2006, die vom Gemeinderat gebilligt wurden. Auch die SPD, die jetzt auf Opposition macht, hat dieser Ausrichtung damals zugestimmt.

Die Methoden des städtischen Wohnungsbauunternehmens unterscheiden sich in einigen Nuancen von privaten Unternehmen wie z.B. der einschlägig bekannten Firma Sauer Immobilien.

Die Ziele von Stadtbau und Sauer sind allerdings dieselben: Gewinn aus den Wohnungen rausholen.


Was tut die Stadtbau? Sie

  • reißt billigen Wohnraum ab, der angeblich nicht mehr zeitgemäß ist, wie z.B. im Spittelackerweg vor einigen Jahren. So werden ca. 1/3 der Wohnungen der Stadtbau als nicht mehr „entwicklungsfähig“ eingestuft.
  • verkauft unrentable Wohnungen, allein 1.400 Stück in den Jahren 2001 bis 2005 an den Mietwohnungsgiganten Gagfah
  • treibt die Mieten durch Zwangssanierungen im großen Stil um bis zu 40% hoch, wie z.B. in der Fehrenbachallee, was jede fünfte Bewohnerin aus finanziellen Gründen zum Ausziehen zwingt. Verdrängung findet auch unter dem Deckmantel der Energetischen Sanierungen statt Bsp. „Erstes Passivhochhaus“ in Weingarten.
  • baut mithilfe von Landesmitteln neue Wohnungen, die entweder verkauft oder zu hohen Preisen vermietet werden (z.Bsp. in Haslach min. 2750 €/m²).
  • erhöht die Mieten, wo immer es geht, natürlich „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten“ und mithilfe des Miet(erhöhungs)spiegels, der von fast allen Gemeinderatsfraktionen bereitwillig abgenickt wurde.
  • hat immer mehr Wohnungen, die für Hartz IV - Empfänger_Innen zu teuer sind. Die Mieten der FSB sind oft höher als die vom Gemeinderat beschlossenen Mietobergrenzen (MOG) im Hartz IV. Dies hat zur Folge, dass diese Menschen von der ARGE gezwungen werden, billigeren - nicht vorhandenen - Wohnraum zu finden oder die Kosten selber zu tragen. 1/3 der Menschen, die sich im sog. „Mietüberprüfungsverfahren“ befinden sind Mieter_Innen der FSB!
  • finanziert auf Kosten der Sozial-Mieter_Innen Projekte wie das Kunstdepot, M1, Parkhäuser, … und stopft Haushaltslöcher des städtischen Haushalts, mittels einer versteckten Gewinnabführung (Grundstücksverkäufe, …).

Aktuelles Beispiel für die ekelhafte Politik der FSB ist die Situation in Weingarten:
Dort wurde Ende 2007 bei über 1.000 Wohnungen die Miete um 20% erhöht. Dies nur wenige Tage nachdem der Verkauf der FSB durch den Bürgerentscheid verhindert worden war.
2010 ging es in die nächste Runde: 10% Erhöhung – und das für Wohnungen, die immer noch in einem beschissenen Zustand sind: Schimmel an den Wänden, wellige Fußböden, undichte Fenster...

Viele der betroffenen MieterInnen haben sich in einer Initiative organisiert, knapp die Hälfte verweigerte zeitweise die nötige Zustimmung zur Mieterhöhung. Das Motto war: ob die FSB jetzt tatsächlich 350 Mietparteien verklagen wird, das wollen wir doch mal sehen.
Und die FSB hat es getan! 220 Mieter_Innen haben nun Kosten von ca. 200€.

Lassen wir nicht zu, dass sie auf den Folgen für ihren Mut alleine sitzen bleiben!
Soli-Veranstaltung des SUSI-Chors mit Jess Jochimsen am 24.02 20 Uhr
im Haus 37 (Vauban) mehr Infos unter: www.wohnen-ist-menschenrecht.de.

Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen: Sich selber organisieren, sich mit Mietkämpfenden solidarisieren, die eigenen Bedürfnisse ausdrücken und ohne Kompromisse durchkämpfen, das ist die einzige Sprache, in der wir uns verständlich machen können.

Unter dem Stichwort „Right to the CityRecht auf Stadt“ organisieren sich weltweit neue Protestbewegungen, die gegen die vorherrschende Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche eigene Teilhabeansprüche an städtischen Entwicklungen einfordern. Recht verstanden als Wiederaneignung des städtischen Raums.
Das „Recht auf Stadt“ lässt sich nicht auf konkrete Forderungen und Projekte beschränken, sondern verknüpft vielfältige Gruppen, Aktionsformen und Utopien.

Anstatt einer durchkommerzialisierten „Green City“, die aus unseren grundlegenden Bedürfnissen Geld macht, um daraus mehr Geld zu machen, orientieren sich die Auseinandersetzungen an den Bedürfnissen der Menschen.

Einspruchsfrist abgelaufen? - Gentri-fiction: Die Siedlung am Rande des Universums


Ungefähr zum Grünen Bundesparteitag Ende November 2010 taucht ein leuchtender Stern über Green City Freiburg auf. Ein Komet wie der von Bethlehem? Aber er zieht nicht zur bescheiden Parteitagsherberge in den Ökomessehallen; auch nicht zum ersten Passivhochhaus der Welt im Sozialstadtteil Weingarten (in das die bisherigen BewohnerInnen leider nicht mehr einziehen können, weil die Mieten nach der energetischen Sanierung zu teuer sind). Der Stern wirft seinen Schein auch nicht auf den ökologischen Modellstadtteil Vauban, sondern geht im ökonomischen Nobelstadtteil Herdern zu Boden, am anderen Ende der Stadt.
Dort landet er neben einer unscheinbaren Siedlung aus den 50er Jahren, in der Johann-Sebastian-Bach-Straße, wo Restbestände von rund 100 kaum wärmegedämmten, aber bezahlbare Kleinwohnungen ihrem Abrissschicksal entgegendämmern. Der Komet entpuppt sich als eine niedliche, billig gefertigte Raumkapsel.
Unter den zufällig anwesenden TeilnehmerInnen einer spontanen Fahrraddemo kommt Spannung auf, wer wohl aus der Kapsel steigt. Sind es die Heiligen 3 Könige auf dem Weg nach Bethlehem, die beim Grünen Parteitag vorbeischauen wollten, sich verspätet und die Abkürzung per Anhalter durch die Galaxis genommen haben? Nein, nur eine stinknormale Raumpatrouille geht von Bord, Menschen wie du und ich, die die teilweise leerstehenden Häuser interessiert betrachten, argwöhnisch beglotzt von den herbeigeeilten grün- und blau uniformierten Sternsingern des Polizeireviers Nord. Was war geschehen?

 

Der Monat der Grünen

Der November 2010 war der Monat der Grünen.

GORLEBEN. Claudia Roth herself blockiert in der Tagesschau die Castorschienen.

BERLIN. Renate Künast bewirbt sich vor laufen-den Kameras für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin, das grüne Stehpult trägt die Aufschrift www.eine-stadt-fuer-alle.de, eine flotte Parole, die rein zufällig dem Titel einer populären Streitschrift über Verdrängungsprozesse in den Städten („Gentrifizierung“) entnommen scheint.

STUTTGART. Boris Palmer, grüner Tübinger OB, verbeißt sich in der Live-Übertragung der Schlichtung zu Stuttgart 21 in die baden-württem-bergische Ministerriege und wirft sich vor den Planungszug, ungeachtet der Vorhaltung, dass dieser Zug juristisch korrekt schon seit 15 Jahren abgefahren sei.

FREIBURG. Fehlt nur noch, dass ihm Freiburgs grüner Amtsbruder Dieter Salomon zu Hilfe eilt, mit dem Blockieren von Schienenwegen kennt er sich ja aus.

Wer hätte das gedacht? Die Grünen! Einspruchsfrist abgelaufen? Egal?

Das macht uns Mut. – Ein anderes spektakuläres Planungs- und Verkehrsproblem kommt uns in den Sinn, aus Buch und Film

 

Per Anhalter durch die Galaxis

“Bewohner der Erde, bitte herhören. Hier spricht Protestnik Vogon Jeltz vom Galaktischen Hyperraum-Planungsrat. Wie Ihnen zweifellos bekannt sein wird, sehen die Pläne zur Entwicklung der Außenregionen der Galaxis den Bau einer Expressroute durch Ihr Sternensystem vor, und bedauerlicherweise ist Ihr Planet einer von denen, die gesprengt werden müssen. Das Ganze wird nur weniger als zwei Ihrer Erdenminuten in Anspruch nehmen. Vielen Dank.-
Es gibt überhaupt keinen Grund dermaßen überrascht zu tun. Alle Planungsentwürfe und Zerstörungsanweisungen haben fünfzig Ihrer Erdenjahre lang in ihrem zuständigen Planungsamt auf dem gerade mal 4 Lichtjahre entfernten Stern Alpha Centauri ausgelegen. Sie hatten also viel Zeit formell Beschwerde einzulegen. Wenn Sie sich nicht um Ihre Angelegenheiten kümmern, ist das wirklich Ihr Problem.“

Das Setting klingt bekannt, wie Stuttgart 21, nur eine Nummer größer. Nun, wie es scheint, hat der Galaktische Hyperraum-Planungsrat seit längerem von der Sprengung der Erde Abstand genommen und vermutlich Vogonen und Cyborgs in die Planungsämter der Großstädte eingeschleust, in denen alle Schaltjahre Baupläne zur Einsicht ausgelegt werden. Wie anders ist es zu erklären, dass die Ämter mit dem Nahverkehr problemlos zu erreichen sind, aber Lichtjahre von der Lebenswelt normaler Erdenbürger entfernt liegen?

 

Auf einem anderen Stern

Nicht nur auf einem anderen Stern, in einer anderen Galaxie vermuten wir die Kommandozentren der Finanz- und Immobilienunternehmen, die diese Städteplanung vorantreiben, sehr weit entfernt von unserm kleinen Erdenleben: Die Sauers, Stuckerts, Unmüssigs, die Gagfah und die Bauunion. Dort ist auch das neue Zentrum der Freiburger Stadtbau geortet worden, und zwar in einem ganz besonders Schwarzen Loch.

Seit Freiburgs grüner OB die Stadt- und Aufsichtsräte des kommunalen Wohnungsunternehmens zur Geheimhaltung nach Aktienrecht verdonnert hat, dringt so gut wie nichts an Infos aus dem Schwarzen Loch nach draußen auf die Erde (Schwarz-Grünen Loch). Nur gelegentlich, mit intergalaktischer Verspätung, verirrt sich eine schwache Nachrichtenstrahlung in die Spalten der Badischen Zeitung. Dort konnten wir zum Beispiel über ein Vorhaben der Stadtbau im hochpreisigen Herdern lesen, in besagter Johann-Sebastian-Bach-Straße: Ein ganzer Straßenzug mit 100 einfachen Mietwohnungen wird platt gemacht und durch bestens ausgestattete und wärmegedämm-teste Neubauwohnungen „ersetzt“. Für wen?

 

Das Schwarze Loch

Gibt es Verdrängungsprozesse („Gentrifizierung“) etwa auch in Freiburg, gar mit Grüner Beteiligung (OB, stärkste Gemeinderatsfraktion)? Also nicht nur im fernen Berlin, wo im Szene-Stadteil Prenz-lauer Berg nur noch 10 % der Bevölkerung von vor 20 Jahren wohnt? Was würde Renate „Eine-Stadt-fuer-alle“ Künast dazu sagen?

Fragen wir doch einfach mal: In welchem Planungsamt, auf welchem Stern haben die Pläne für die J.S.Bach-Straße ausgelegen? Wann gab es eine öffentliche Diskussion, die wir nicht mitbekommen haben? Ist die Einspruchsfrist schon abgelaufen, bevor sie angefangen hat (Raum-Zeit-Anomalie)? Statt Albert Einstein ziehen wir Adam Ries zu Rate und rechnen:

 

Astronomische Zahlen

Die Stadtbau selbst kalkuliert mit rund 3.000 €/m² Gesamtkosten beim Bauvorhaben an der Uferstraße im nicht so noblen Haslach. Wir kalkulieren weiter:

Ein Baudarlehen mit günstigem Zins von 3 % plus 1 % Tilgung, das macht zusammen 4 % für den Kapitaldienst. Auf 3.000 € je m² gerechnet sind das 120 € im Jahr oder 10,00 € im Monat.

Dazu kommen 2,00 € pauschal für Instandhaltung und Verwaltung, das macht 12,00 € je m² im Monat reine Kaltmiete (bzw. Belastung bei Erwerb) für das Bauvorhaben J.S.Bach-Straße.

Für wen wird hier gebaut? Die Mietobergrenze für einen Hartz-IV-Haushalt mit 4-Personen beträgt 5,76 €/m². Sind das Wohnungen für die Zielgruppe, die die Satzung der Freiburger Stadtbau so schön aufzählt?

„Die Gesellschaft der Stadtbau und ihre Organe verfolgen in allen Geschäftsbereichen die Zurverfügungstellung von preiswertem Wohnraum im Stadtgebiet Freiburg, sowie die Versorgung einkommensschwacher Bevölkerungsteile, alleinerziehender Eltern, Arbeitsloser, Obdachloser und Jugendlicher.“


Fehler im Bordcomputer

Haben die Freiburger Grünen den Kurs verloren, auf Grund eines Rechenfehlers im Bordcomputer? Wir wissen es nicht, direkter Kontakt ist nicht möglich, jede Botschaft ist im Schwarzen Loch versackt. In alten Archiven haben wir eine Spur gefunden. Sollte der OB bereits vor 20 Jahre sein heimliches Regierungsprogramm verkündet haben, ohne dass die Wähler es gemerkt haben? Und zwar im Titel seiner Doktorarbeit: „Grüne Theorie und graue Wirklichkeit. Die GRÜNEN und die Basisdemokratie.“? Oder wie es der Kabarettist Matthias Deutschmann zeitgemäß umformuliert hat: „An der Macht sind alle Grünen grau“?

 

Grüne Flaschenpost

Aber grün ist die Hoffnung, und die stirbt zuletzt. Auf der Suche nach einer Antwort auf die beunruhigenden Fragen stieß unser leistungsstärkstes Weltraumteleskop zufällig auf eine interstellare Flaschenpost in einer fernen Umlaufbahn um das Schwarz-Grüne Loch mit einer rätselhaften Botschaft. Es gelang diese zu entschlüsseln, da war die Freude groß. Keine machtbesessenen Aliens und Klingonen hatten diese  abgesetzt, sondern  freundliche  Menschen,
die es förmlich nach Kooperation, Transparenz und sozialem Handeln drängt – echte Grüne. Die Freude steigerte sich, als wir den Text der Flaschenpost tatsächlich mit der Website der Partei der Grünen Wort für Wort abgleichen konnten, unter der Überschrift:
„Charta der Global Greens – Canberra 2001“

 

„Teilhabe am demokratischen Prozess“

„Wir streben eine Demokratie an, in der alle Bür-gerinnen und Bürger … unmittelbar an umwelt-relevanten, wirtschaftlichen, sozialen und politi-schen Entscheidungen, die ihr Leben beeinflus-sen, teilhaben können…
Das erfordert
-  eine Stärkung der Rechte des einzelnen durch Zugang zu allen entscheidungsrelevanten Informationen…
-  die Überwindung der Ungleichheiten an Wohlstand und Macht, die an der Teilhabe hindern…“

Hallo Freiburger Grüne,
rufen wir ins Schwarze Loch zurück, wir holen euch da raus! Auch wenn ihr schon von dem einen oder dem anderen Cyborg unterwandert sein solltet – wir werden euch helfen, die schönen Ziele der Grünen Charta umzusetzen: Bei der Freiburger Stadtbau, zum Beispiel in Herdern in der Johann-Sebastian-Bach-Straße.


Transparenz ist machbar

Zunächst hätten wir gern wie in eurer Charta versprochen den uneingeschränkten Zugang zu den betreffenden Unterlagen aus dem Aufsichtsrat, wo ihr vor eineinhalb Jahren den Abriss der Häuser und Neubau unter Ausschluss der Öffentlichkeit beschlossen habt. Ihr habt die Macht und die Mehrheit dazu. Dann ist selbstverständlich ein Bau- und Abrissstop angesagt, bis die Alternativen öffentlich verhandelt und geprüft sind.


Einspruchsfrist abgelaufen?

Die Grüne Charta fordert „…die Überwindung der Ungleichheiten an Wohlstand und Macht, die an der Teilhabe hindern“. Das ist durch Zerstörung von preiswertem Wohnraum und Neubaumietpreisen über 10 €/m² schwerlich zu machen. Das können wir euch gern erläutern. Ihr zögert? Weil die Einspruchsfrist abgelaufen ist? Egal. Stuttgart lässt grüßen. Und mit dem Baugebiet Gutleut-matten in Haslach und anderen Projekten der Stadtbau machen wir weiter.
„Alle Fakten müssen auf den Tisch! Schluss mit der Geheimniskrämerei!“ So kürzlich unser Bord-seelsorger Heiner Geißler im Gespräch mit dem Zweiten Bordnavigator Boris Palmer. Unsere Raumkapsel ist gestartet und auf dem Weg. Kurs: Das Schwarz-Grüne Loch. Wenn die Stadtbau und andere Investoren nicht in der Lage sind, preiswerte Mietwohnungen zu erhalten und zu schaffen, wird ihnen unsere Baugruppe „Wem gehört die Stadt“ mit Rat und Tat zur Seite stehen.


Mit astronautischen Grüßen
Intergalaktische Baugruppe „Wem gehört die Stadt ?“
Terrestrische Mailbox: c/o aktionsperrminoritaet /[at]/ gmx.de

www.aktionsperrminoritaet.de

vor 140 jahren - engels zur wohnungsnot:....

 

Geradeso ist es mit der Wohnungsnot. Die Ausdehnung der modernen großen Städte gibt in gewissen, besonders in den zentral gelegenen Strichen derselben dem Grund und Boden einen künstlichen, oft kolossal steigenden Wert; die darauf errichteten Gebäude, statt diesen Wert zu erhöhn, drücken ihn vielmehr herab, weil sie den veränderten Verhältnissen nicht mehr entsprechen; man reißt sie nieder und ersetzt sie durch andre. Dies geschieht vor allem mit zentral gelegenen Arbeiterwohnungen, deren Miete, selbst bei der größten Überfüllung, nie oder doch nur äußerst langsam über ein gewisses Maximum hinausgehn kann. Man reißt sie nieder und baut Läden, Warenlager, öffentliche Gebäude an ihrer Stelle......