Frankfurt/Main: Entschlossene Spontandemo gegen Neonazis

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Im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim demonstrierten heute spontan und entschlossen mindestens 150 Antifaschist_innen gegen Neonazi-Strukturen. Nazis hatten in den vergangenen Monaten zwei Fackelmärsche in dem Stadtteil durchgeführt und treten sehr selbstbewußt in dem Stadtteil auf. Mindestens zwei zentrale Personen der so genannten „Nationalen Sozialisten Rhein-Main" wohnen ungestört im Ortskern. Bisher regte sich kein wahrnehmbarer Widerstand gegen die Neonazis. Die Antifaschist_innen machten mit der Spontandemonstration auf diese Situation aufmerksam.

 

Über 150 Antifaschist_innen stiegen plötzlich am frühen Abend in Bergen-Enkheim aus der U-Bahn, packten ein Transparent gegen Neonazi-Strukturen aus und starteten so eine entschlossene Spontandemonstration durch den Stadtteil. Die gesamte Route über wurden lautstark antifaschistische Parolen gerufen, hunderte von Flyern wurden an Passant_innen verteilt und in Briefkästen gesteckt. Anwohner_innen bekundeten immer wieder ihre Zustimmung.
Böller, bengalische Fackeln und Leuchtspur unterstrichen den wütenden Charakter der Demonstration, ein unmissverständliches Signal an die Neonazis vor Ort.
Gegen Ende der Spontandemo tauchte noch die sichtlich überraschte und überforderte Polizei auf. Nach kurzem Hin-und-Her an der U-Bahn und einigen völlig überflüssigen Personalien-Kontrollen fuhren die Demonstrierenden schließlich zurück nach Hause.

Die Demonstration war ein großer Erfolg, und hat ein deutliches Zeichen gegen die aufstrebenden Neonazis im Raum Frankfurt gesetzt. Diese Aktion war nur der Auftakt für 2011. Wir werden den „Nationalen Sozialistn Rhein-Main" und ihrem Umfeld keine Ruhe lassen. Neonazis werden noch immer dort am effektivsten bekämpft, wo sie herkommen. In diesem Sinne können sich Eike Grunewald, Maximilian Reich und Co. auf eine ungemütliche Zukunft einstellen!

Hier das verteilte Flugblatt zu Neonazi-Strukturen in Bergen-Enkheim:

Organisierte Neonazis in Bergen-Enkheim

In den letzten Monaten führten organisierte Neonazis zwei Fackelmärsche in Bergen-Enkheim durch, bei denen sie Fahnen schwenkend und Lieder singend durch den Stadtteil zogen:
Im Oktober 2010 wurde die Polizei gerufen, da mehr als 30 Neonazis durch die Straßen zogen. Kurz bevor die Polizei mit einiger Verspätung eintraf, zogen sich die Neonazis zurück. Der Auftritt war vermutlich gut vorbereitet und organisiert.
Mitte Dezember wiederholte sich das Spektakel noch einmal. Diesmal kam erst gar keine Polizei, die Nazis konnten  völlig ungestört ihren Fackelmarsch durchführen. Anwohner_innen schauten zu, ohne einzugreifen, eine Zuschauerin sang sogar mit. Keiner der beiden Vorfälle fand Erwähnung in der Presse, auch die Polizei schwieg sich aus. Doch dazu später.

Bei den Nazis, die in Bergen-Enkheim auftreten, handelt es  sich um die so genannten „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“ (NSRM), die auch als „Freie Nationalisten Hessen“ auftreten. Deren größtenteils junge Mitglieder kommen aus verschiedenen Frankfurter Stadtteilen, aus Maintal, Bruchköbel und Eschborn. Die „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“ sind im wesentlichen deckungsgleich mit der neu formierten Frankfurter NPD. Diese erlebte im letzten Jahr einen Generationswechsel, wichtige Ämter wurden von vorrangig sehr jungen Neonazis übernommen.
In den letzten Monaten führten Neonazis aus den genannten Strukturen immer wieder Aktionen im Raum Frankfurt durch. Sie hängten Transparente mit neonazistischem Inhalt an Autobahnbrücken, besuchten und störten eine Veranstaltung der Partei „Die Linke“ und fuhren bundesweit auf mehrere Nazi-Aufmärsche. Zudem fallen sie durch Aufkleber im Frankfurter Stadtgebiet auf.

Bereits ab 2008 machte die Gruppierung „Block F“ durch Aufkleber und eine Internetpräsenz auf sich aufmerksam. Durch die Vernetzung von jüngeren NPD-Aktivisten mit den Mitgliedern von „Block F“ entstand spätestens im Frühsommer 2010 der beschriebene Zusammenschluss „Nationale Sozialisten Rhein-Main.“

Treffpunkt und selbstsicheres Auftreten in Bergen-Enkheim

Der  feste Treffpunkt der „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“ befindet sich in Bergen-Enkheim. Unter Akzeptanz des Betreiber-Ehepaars treffen sie sich regelmäßig in der „Berger Stubb“ in der Marktstraße.
Innerhalb des Frankfurter Stadtteils Bergen-Enkheim treten die  „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“ insgesamt sehr selbstsicher auf. In den letzten Monaten kam es durch die Neonazis vermehrt zu Beleidigungen und Bedrohungen. Auch wurde beispielsweise im Sommer 2010 eine Bürgersprechstunde der Linkspartei in Bergen-Enkheim von einem Dutzend Neonazis der „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“ und Mitgliedern der NPD Wetterau besucht und gestört. In Gesprächen unter Nachbar_innen auf der Straße sind die Neonazis immer wieder Thema.

Zwei zentrale Personen der „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“

Eike Grunewald  wohnt in Bergen-Enkheim. Er ist stellvertretender Landesvorsitzender und Funktionär der NPD-Jugend „Junge Nationaldemokraten“ (JN), und ein zentraler Drahtzieher der Frankfurter NPD-Aktivitäten. Bei der Kommunalwahl im März 2011 tritt er als Kandidat für Bergen-Enkheim an. Grunewald gehört zum engsten Kreis der „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“. Mit 21 Jahren ist er noch sehr jung.

Maximilian Reich  war Begründer und zentraler Aktivist von „Block F“, Er ist bei fast allen Aktionen der „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“ zugegen, und – obwohl erst 19 Jahre alt – gut in die Frankfurter NPD-Strukturen integriert. Er trat bei Aufmärschen der NPD bereits als Demonstrations-Ordner in Erscheinung. Reich hat innerhalb der letzten zwei Jahre eine steile Nazi-Karriere hingelegt. Seit 2010 wohnt er in Bergen-Enkheim.

Die „Hessische Linie“: Behörden verschweigen Neonazi-Aktivitäten und leugnen Strukturen

Die Polizei weiß offensichtlich über die Neonazi-Strukturen in Frankfurt Bescheid, dennoch gibt es bisher keine Reaktion von Seiten der Behörden. Informationen werden  schlichtweg nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben, die Existenz von festen Nazi-Strukturen in Frankfurt wird geleugnet. Diese in ganz Hessen zu beobachtende Linie der Behörden trägt seit Jahren dazu bei, dass Neonazis immer wieder auf Räume zurückgreifen können und darüber ihre Strukturen ausbauen.

Beispielsweise  nutzten Neonazis vor drei Jahren mehrfach Räume eines Kleingartenvereins in Rödelheim um Redner-Veranstaltungen und Konzerte durchzuführen. Obwohl eine Veranstaltung mit knapp 100 Teilnehmenden polizeilich aufgelöst wurde, gab es keine Pressemitteilung der Frankfurter Polizei. Auch der Verein und der Ortsbeirat wurden nicht über die Neonazi-Aktivitäten informiert.
Ähnliches  spielte sich 2009/2010 im Gallusviertel ab. Dort trafen sich Neonazis über knapp zwei Jahre hinweg in der Gaststätte eines Sportvereins und führten Veranstaltungen unter anderem mit dem NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt durch. Nachdem Antifaschist_innen diesen Zustand im Oktober 2010 beendeten, und der Fall so an die Öffentlichkeit gelangte, erklärte der Verein, nicht gewusst und erfahren zu haben, wen er sich da ins Haus geholt hatte.

Obwohl die Polizei häufig über die Strukturen der Neonazis Bescheid weiß, erfolgt in der Regel keinerlei öffentliche Reaktion. Während zu jedem Verkehrsunfall eine Pressemitteilung der Polizei erscheint, ist es keine Erwähnung wert, wenn mehr als 30 Nazis Fahnen schwenkend und Lieder singend durch einen Frankfurter Stadtteil ziehen. Hinter dieser „Hessischen Linie“, Neonazi-Aktivitäten zu verschweigen, und organisierte Strukturen zu leugnen, steht also eindeutig eine politische Entscheidung. Was mit dieser Linie bezweckt werden soll, bleibt schleierhaft.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie notwendig engagiertes und entschlossenes Vorgehen gegen die Neonazis und ihre Strukturen für Antifaschist_innen bleibt. Dort wo keine kontinuierliche antifaschistische Arbeit stattfindet, werden Neonazis immer wieder Räume finden, um sich zu organisieren und ihr menschenverachtendes Weltbild zu verbreiten.

Für einen konsequenten Antifaschismus – Nazi-Strukturen bekämpfen!

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Einen ausführlichen Bericht zur vorherigen Antifa-Demo in Offenbach gibt es hier und Fotos hier.