Bei gewaltsamen Zusammenstößen in der albanischen Hauptstadt Tirana sind drei Menschen erschossen worden. Dutzende Demonstranten und Polizisten wurden verletzt. Die Opposition hatte zuvor gegen Korruption und Wahlfälschung protestiert und den Rücktritt der Regierung gefordert.
Tirana - Mit dem Tod von drei Menschen in der albanischen Hauptstadt Tirana hat die politische Krise in Albanien eine dramatische Wendung genommen. Die drei Menschen wurden offenbar bei einer Demonstration erschossen. Lokale Medien berichteten, die Opfer seien "aus nächster Nähe" getötet worden. Näheres ist noch nicht bekannt.
Nach offiziellen Angaben wurden zudem 70 Polizisten und knapp ein Dutzend Demonstranten verletzt.
Tausende Menschen folgten am frühen Nachmittag dem Aufruf der sozialistischen Opposition zur Teilnahme an einer Demonstration vor dem Regierungssitz. Sie forderten den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Sali Berisha sowie vorgezogene Neuwahlen. Der Staatsspitze warfen sie Korruption und Wahlfälschung vor. Die Demonstranten trugen Plakate mit Slogans wie "Berisha raus" und "Nieder mit der Regierung".
Bereits kurz nach Beginn der Demonstration kam es zu ersten Zusammenstößen. Die Demonstranten bewarfen Beamte mit Steinen und steckten zahlreiche Fahrzeuge in Brand. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein, über die Köpfe der Demonstranten hinweg wurden Warnschüsse mit scharfer Munition abgegeben.
Nach offiziellen Angaben versuchten die Protestierenden, das Regierungsgebäude zu stürmen. Das Portal wurde aus den Angeln gerissen, mehrere Bäume wurden angezündet. Polizeiautos gingen in Flammen auf, über der Stadtmitte standen dichte Rauchwolken.
Der albanische Präsident Bamir Topi rief alle politischen Akteure zur Rückkehr zum Dialog auf. "Albanien muss seine Wunden heilen und braucht keine neuen", sagte Topi. Doch auf politischer Ebene gingen die Auseinandersetzungen weiter: Vertreter der Regierungspartei warfen der sozialdemokratischen Opposition einen Umsturzversuch vor. Deren Vorsitzender Edi Rama dagegen erklärte, die Demonstranten seien durch den Tränengas- und Wasserwerfereinsatz der Polizei provoziert worden.
Die Botschaften der Europäischen Union, der USA und der OSZE verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung den Einsatz von Gewalt und riefen alle Seiten zu "Ruhe und Zurückhaltung" auf. Sie forderten einen konstruktiven Dialog und einen Kompromiss, um die bestehenden Differenzen beizulegen.
Schon vor den Unruhen hatte die US-Botschaft die scheinbare Billigung von Gewalt durch einige Politiker kritisiert. "Der Gebrauch provokanter Rhetorik und die Andeutung oder Tolerierung von jeder Form der Gewalt erweist dem albanischem Volk einen Bärendienst", hieß es in einer Erklärung.
Zur Situation in Albanien
Vor einigen Tagen kam es zu blutigen Zusammenstößen von Polizei und Protestierenden in Tirana, bei der mindestens drei Menschen starben. Hintergrund war ein Aufruf der sozialistischen Opposition zum Rücktritt der Regierung der demokratischen Partei und zu Neuwahlen.
Ob dies allerdings tatsächlich Ursache für die massiven Ausschreitungen in der Hauptstadt waren, lässt sich eher kritisch sehen, zumal selbst sozialistische Quellen im Netz bemerken, dass auch die sozialistische Partei Albaniens keine Alternative zur demokratischen Partei darstellt, sondern beide in den letzten Jahren abwechselnd korrupt das Land regierten. Leider gibt es keine Berichte (zumindest habe ich keine gefunden), die die Situation in Albanien aus einer anarchistischen Perspektive beurteilt. Wie hängen die Proteste mit Arbeitskämpfen zusammen? Was für Auswirkungen haben die Aufstände im benachbarten Griechenland auf die Situation in Albanien? Gibt es progressive, emanzipative und vielleicht sogar revolutionäre Gruppen oder Zusammenhänge in Albanien, die sich an den Protesten beteiligen? Gibt es organisierte Basisgruppen, die nicht nationalistisch argumentieren?
Viele offene Fragen, aber ein weiteres deutliches Signal, wie destabil die Situation in der Region ist und das sich wirtschaftliche Krise und fehlende Antworten der “bürgerlichen Demokratie” mit ihrem Kapitalismus auf die Bedürfnisse der Menschen zu etwas Besserem wenden könnten.
http://a3yo.noblogs.org/post/2011/01/29/zur-situation-in-albanien/