Die Linken und kritischen StudentInnen veröffentlichen heute einen Offenen Brief zu studentischen Verbindungen an der FAU Erlangen-Nürnberg. In diesem Brief zeichnen wir zum einen die Problematik der studentischen Verbindungen nach, ihr veraltetes, traditionalistisches, elitäres und frauenverachtendes Weltbild. Zum anderen fordern wir die Universität auf den Korporationen jeglichen Raum zu nehmen.
Sehr geehrte Frau Haberer, sehr geehrter Herr Grüske,
mit Entsetzen mussten wir feststellen, dass die offizielle Internetseite
der FAU Erlangen-Nürnberg die Internetseiten aller studentischen
Verbindungen unter dem Titel: „Von Studierenden für Studierende“
verlinkt. Dabei stellt sich die Frage, was unter einer studentischen
Verbindung eigentlich genau zu verstehen ist. Es handelt sich bei all
diesen Verbindungen (auch Korporationen genannt) um Gruppen, die einige
Gemeinsamkeiten aufweisen: Dazu zählt insbesondere das
Lebensbundprinzip, was eine lebenslange Mitgliedschaft in einer
Verbindung bedeutet. Wer einmal Mitglied ist, bleibt es ein Leben lang
und kommt so einfach nicht mehr aus ihr heraus. Weitere Merkmale sind
die Fixierung auf überkommene Traditionen, wie Feierriten, in denen vor
allem neue Mitglieder oft bis zur Alkoholvergiftung trinken müssen oder
das Prinzip einer abgestuften Mitgliedschaft, was die streng
hierarchische Ordnung der Korporationen verdeutlicht. Neue Mitglieder
sind im ersten Jahr sog. Füxe, denen Ihr Status oft auf brutalste und
verachtenswerteste Weise verdeutlicht wird, frei nach dem Spruch: „Nach
oben buckeln und nach unten treten“. Gegenüber diesen Gemeinsamkeiten
scheinen uns die Unterschiede der Verbindungen, etwa ob sie Farben
tragen oder ob es sich bei ihnen um schlagende Korporationen handelt,
nicht wirklich erheblich.
Hinzu kommt, dass die meisten studentischen Verbindungen nur männliche
Mitglieder zulassen, dass sie sich als elitäre Gemeinschaften verstehen,
die auf Befehl und Gehorsam beruhen und keinen Hehl daraus machen, eine
frauenverachtende, diskriminierende und völkisch-nationalistische
Einstellung zu vertreten. Dies wird durch ihre Geschichte, ihre
Publikationen, ihre Wahlsprüche, ihre Veranstaltungen, der Zugehörigkeit
zu ihrem Dachverband und durch ihre Struktur deutlich belegt.
So weisen Korporationen Merkmale auf, die einer freien und
demokratischen Strukturierung der Gesellschaft deutlich widersprechen.
Auch mit dem Leitbild der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg kollidiert diese Ideologie deutlich. Dort heißt es zum
einem: „Im Mittelpunkt steht die wissens- und methodenbasierte
Ausbildung der Studierenden zu kritischen, eigenverantwortlichen
Persönlichkeiten, die ihre erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse
selbständig, verantwortungsvoll und zum Wohl der Gesellschaft anwenden.“
Weiterhin heißt es im Leitbild: „Als weltoffene und international
ausgerichtete Universität ist die FAU dem gegenseitigen Verständnis der
Nationen und Kulturen verpflichtet. Sie fördert Wissenstransfer und
Mobilität sowie persönlichen Austausch in Forschung und Lehre.
Studierende, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aller Länder
erhalten jede Möglichkeit, sich in das universitäre Leben einzubringen.“
Beide Aspekte des Leitbildes widersprechen der Ideologie und den
Handlungen der Korporationen aufs Schärfste.
Neben dem Leitbild gibt die Universität Regeln für die Gestaltung von
Informationen für das World Wide Web an der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vor. So haben
Einrichtungen der FAU, die mit Hilfe der Techniken des Internet
Informationen Dritten gegenüber zugänglich machen, zahlreiche Regeln zu
beachten. Im dritten Punkt dieser Regeln heißt es: „Der Inhalt der
Seiten bzw. Dateien darf nicht gegen gesetzliche Bestimmungen
insbesondere des Datenschutz-, Persönlichkeits-, Urheber-, Presse- und
Strafrechts verstoßen. Alle beleidigenden, verleumderischen,
verfassungsfeindlichen, rassistischen oder pornographischen Äußerungen
oder Abbildungen sind verboten. Verweisungen (Hyperlinks) auf Quellen,
die solche Äußerungen oder Abbildungen enthalten oder enthalten können,
dürfen nicht erfolgen.“ Bei genauerer Betrachtung diverser
Internetseiten von Erlanger Korporationen lässt sich deutlich zeigen,
dass diese Regel keineswegs eingehalten wird. Vor allem rassistische
Propaganda ist des Öfteren auf den Seiten der Frankonia zu lesen. Aber
auch der Verweis auf die höchstumstrittenen und teilweise als
neonazistisch und ultra-nationalistisch einzustufenden Dachverbänden
widerspricht diesen Regeln deutlich.
Gerade angesichts der wenig rühmlichen Rolle, welche die FAU vor 1933
und während des sog. Dritten Reiches gespielt hat, sollte für die
Universität und ihre Leitung Anlass für äußerste Wachsamkeit sein.
Eine notwendige und richtige Folgerung hat die Universität Gießen
gezogen. Sie hat den schlagenden Verbindungen jegliche Nutzung von
uniinternen Räumlichkeiten untersagt, da diese mit dem Leitbild der
Hochschule in Konflikt stehen.
Vor allem die pflichtschlagende und lange Zeit vom Verfassungsschutz
beobachtete studentische Verbindung Frankonia8 pflegt enge Kontakte zur
lokalen Neonazi-Szene. Dies zeigt sich zum einen an den personellen
Überschneidungen zwischen der Frankonia und dem extrem rechten Freien
Netz Süd. Dazu kommt noch die Mitgliedschaft des Holocaustleugners
Stefan Böhmer, von dem sich die Frankonia bisher nicht distanziert hat.
Weiterhin zeigt sich der enge Kontakt zur lokalen Neonazi-Szene auch an
der Propagierung ihrer neonazistischen Ideologie, was unter anderem am
aktuellen Beitrag auf der Startseite der Frankonia zu erkennen ist. An
diesem Text wird die inhaltliche und strukturelle Verbindung zum
Neonazismus besonders deutlich.
Auch die Bundeszentrale für politische Bildung wurde in der
Vergangenheit auf die Frankonia aufmerksam. So schreibt Gabriele
Nandlinger in Ihrem Dossier: „Ehre, Freiheit, Vaterland!“ –
Burschenschaften als Refugium für intellektuelle Rechtsextremisten: „Die
"Erlanger Burschenschaft Frankonia" – Wahlspruch: "Ehre, Freiheit,
Vaterland" kennt offenkundig ebenfalls wenig Berührungsängste gegenüber
Rechtsaußen: Als Redner traten dort in der Vergangenheit schon
Rechtsextremisten wie Pierre Krebs, Horst Mahler und Reinhold
Oberlercher in Erscheinung. Für eine Veranstaltung auf ihrem Haus
"‘David gegen Goliath’ – Konzepte wider die Hegemonialpolitik der USA"
warb die schlagende Verbindung Anfang 2007 mit einer Anzeige in der
'Jungen Freiheit'. Als Referent war, neben anderen, der wegen
Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener
verurteilte Publizist Hans-Dietrich Sander angekündigt. Im Jahr 2001
berichtete das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz von
Flügelkämpfen zwischen einem demokratischen und einem extremistischen
Flügel innerhalb der "Frankonia".“
Da eine gerechte und freie Bildung nur in einer gerechten und freien
Gesellschaft möglich ist, halten wir das elitäre, frauenverachtende und
völkisch-nationalistische Weltbild der studentischen Verbindungen mit
dem Bildungsauftrag der FAU für unvereinbar.
Wir fordern Sie daher auf, zu den hier dargestellten Sachverhalten
Stellung zu nehmen und mit sofortiger Wirkung die Verlinkungen
sämtlicher Korporationen auf Ihrer Homepage zu entfernen und sich die
Universität Gießen als Vorbild zu nehmen. Wir fordern Sie weiterhin auf,
zudem den schlagenden und traditionalistischen Verbindungen jegliche
Nutzung von Universitätsräumlichkeiten zu untersagen. Geben Sie diesen
Gruppen keinen Raum für Ihre rückwärtsgewandte und reaktionäre
Ideologie.
Bitte beachten Sie zudem, dass dieser Briefwechsel von uns öffentlich
geführt wird und wir dieses Anschreiben wie auch Ihre eventuelle Antwort
zu Zwecken der Dokumentation und Aufklärung veröffentlichen.
Mit freundlichem Gruß
LukS (Linke und kritische StudentInnen)
Dieser Brief, sein Inhalt und seine Forderungen werden unterstützt von folgenden Gruppen und Einzelpersonen:
AK Ohm gegen Rechts
Banda Sinistra Erlangen
Bildungsprotest Erlangen
Bildungsstreikbündnis Nürnberg
Die Linke, Kreisvorstand Erlangen-Höchstadt
Flüchtlingsunterstützung Erlangen (Flunterl)
Gewerkschaft Erziehung Wissenschaft (GEW), Kreisverband Erlangen
Grüne Hochschulgruppe Erlangen
Grüne Liste Stadtratsfraktion Erlangen
Stadtratsfraktion Erlanger Linke
Selbstverwaltetes Jugendhaus Erlangen
Verein zur Förderung alternativer Medien (Erlangen)
XV – Initiative gegen Studentische Verbindungen
Prof. Dr.-Ing. Elmar Nöth, Technische Fakultät, Department Informatik
Dr. Christoph Haferburg, Institut für Geographie
Andrè Gaul, TU Berlin, Institut für Mathematik
Prof. Dr. Theodor Ebert, Institut für Philosophie
Leo Roepert
Fauista
FAU bedeutet hier natürlich Friedrich-Alexander-Universität und nicht Freie Arbeiter Union...
Ich war erstmal erstaunt !
Größtes Burschievent jährlich in Wien
Am 28.1 findet in Wien der WKR-Ball statt. Es handelt sich dabei um das größte Burschi Event im deutschprachigen Raum und gilt als wichtiges Vernetzungstreffen der europäischen extremen Rechten.
Infos zu den Gegenprotesten:
http://nowkr.at/
http://anbw.blogsport.eu/
Letztes Jahr wurde die noWKR Proteste mit einer Wellle an Repression überzogen. Es gab insgesamt 673 Anzeigen gegen DemonstrantInnen. Gerade deshalb ist es heuer wichtig ein kraftvolles und solidarisches Zeichen zu setzen. Kommt nach Wien und unterstützt uns gegen die Burschikacke!
kurzer Videorückblick auf die noWKR Proteste 2010:
http://www.youtube.com/watch?v=XPIAtsSQXSo
Ein Aufruftext: [wien] WKR-Ball angreifen! Antinationale Demo zum WKR-Ball
http://linksunten.indymedia.org/de/node/31792
Für Menschen die nicht aus Wien kommen - Anreise // Schlafplätze
http://anbw.blogsport.eu/anreise/