"Lex Caipi" von Joachim Röderer
Freiburg verbietet Cocktails bei Festen auf öffentlichem Terrain
Trocken gelegt – dank verschärfter Auflagen der Stadt: Bei Sommerfesten auf öffentlichem Boden stehen Cocktails neuerdings auf dem Index. Die Veranstalter sind sauer. Doch Bürgermeister Ulrich von Kirchbach verteidigt die "Lex Caipi".
Es gehe um eine klare Linie bei der Alkoholprävention, rechtfertigt
Bürgermeister Ulrich von Kirchbach. Veranstalter und Gastronomen fassen
sich an den Kopf und sprechen von Gängelung. Kurios: Selbst beim
städtischen Anti-Alkohol-Modellprojekt "Praerie" hält man das
Cocktail-Verbot für übertrieben.
Das Freiburger Verbotswesen schlägt den nächsten Salto: Jetzt werden
Festbesuchern die Cocktails weggenommen. Spirituosen dürfen bei Festen
auf öffentlichem Terrain nicht mehr ausgeschenkt werden– auch nicht
mehr verdünnt als Mixgetränk.
Diese "Lex Caipi" ist neu. Bislang gab’s bei Festen und an Fasnacht nur
ein Verbot für Schnaps pur. Nach einer Fachtagung im Frühjahr zum Thema
Alkohol sei als "Projekt Festkultur" beschlossen worden, das Verbot
auszudehnen, sagt Bürgermeister von Kirchbach. Er gibt dem zuständigen
Amt für öffentliche Ordnung Rückendeckung und verteidigt die klare
Linie in der Alkoholpolitik der Stadt: "Es macht wenig Sinn,
Spirituosen zu verbieten, aber Cocktails zu erlauben, die ebenfalls
Spirituosen enthalten".
Auch der Arbeitskreis Sicherheit auf öffentlichen Plätzen und der Koordinationskreis "Kommunale Kriminalprävention" hätten das Verbot abgesegnet – jeweils auch mit Zustimmung von Gemeinderäten. Die Bürgervereine hätten die Vorgaben akzeptiert. Probleme gebe es nur mit kommerziellen Veranstaltern, so der Bürgermeister.
Das kann man so sagen. Die Organisatoren der Invasion-Kulturtage auf
der Haslacher Straße wurden von der neuen Vorschrift überrascht. Erst
unmittelbar vor der Veranstaltung erfuhren die Veranstalter von der
Stadt, dass im Freien keine Cocktails ausgeschenkt werden dürfen,
berichtet Wolfgang Schuler vom Verein Kultur-Invasion.
Etliche Standbetreiber sind betroffen. Auch der Verein selbst, der im
Innenhof der Jazz- und Rockschule wirtet, muss umdisponieren. Weil die
"Hörbar" in der Schule eine Gastro-Konzession hat, wird die Theke
kurzerhand von draußen nach drinnen verlegt: "Ein bisschen seltsam ist
das schon, wenn man bei einem Sommerfest die Cocktails drinnen holen
muss", sagt Schuler.
Auch beim Zeltmusikfestival gibt es zwei Cocktailbars – was aber
offenbar auf einem Missverständnis beruht. Denn laut Vorgaben vom
dürfen auch beim ZMF nur noch Bier, Wein und Sekt an alkoholischen
Getränken ausgeschenkt werden. Vom Cocktail-Verbot wusste Festivalchef
Marc Oßwald bis Freitag nichts. Er hält dies auch für hanebüchen – weil
man damit die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht
erreiche. "Die kaufen sich doch ihren Sprit im Supermarkt", sagt er.
Niemand betrinke sich auf dem ZMF mit Cocktails. "99 Prozent der Leute,
die aufs Festival kommen, können mit Alkohol umgehen, die muss man
nicht erziehen", sagt Oßwald.
Fürs bevorstehende Schlossbergfest hat Mitveranstalter Toni Schlegel
ebenfalls Cocktailstände vorgesehen. Dieser Plan wird aber wohl an der
Freiburger "Lex Caipi" scheitern. Schlegel ärgert sich: "Das ist
absurd, die Stadt schießt übers Ziel hinaus". Das Schlossbergfest habe
mit maßlosem Alkoholkonsum von Jugendlichen nichts zu tun.
Der Gastronom kritisiert auch, dass die Stadt solche Vorgaben schlecht
kommuniziere – eine offizielle Mitteilung gebe es nicht. Sollten am
Schlossberg Cocktails verboten werden, erwägt Schlegel eine Klage gegen
die Stadt: "Erwachsenen den Caipirinha zu verbieten, das ist nahe an
der Prohibition", findet er.
Auch rathausintern ist das Thema nicht unumstritten. Nicht einmal alle
am Modellprojekt "Praerie" Beteiligten halten das strikte
Cocktailverbot für notwendig. Man hätte sich ein gemeinsames Gespräch
gewünscht, bevor die Regelung umgesetzt wird, heißt es bei "Praerie".
Und: Das von anderen Landkreisen übernommene "Projekt Festkultur" setze
auf einen freiwilligen Verzicht der Veranstalter und nicht auf Zwang.
Und es sei eigentlich für Feste mit vorwiegend jungem Publikum gedacht.
Bürgermeister von Kirchbach beruhigt: "Wir schauen uns die Sache an und
werden das Thema noch einmal diskutieren."
Die spinnen...
...die Freiburger