Militaristischer Spaziergang

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Erstveröffentlicht: 
30.03.2009

Vier Tage vor Beginn der Nato-Feier trafen rund 2000 Gipfelgegner auf ein großes Polizeiaufgebot in Freiburg
Sie demonstrierten gegen innere und äußere Aufrüstung: Vier Tage vor Beginn des Nato-Gipfels haben sich Gipfelgegner in Freiburg versammelt. Rund 600 Menschen bei einer Kundgebung auf dem Rathausplatz, etwa 2000 Demonstranten bei einer Anti-Nato-Demo, ein immenses Polizeiaufgebot – gestern erlebte die Innenstadt einen aktionsreichen Abend. Er blieb, zumindest bis Einbruch der Nacht, friedlich.

 

Es waren zwei Ereignisse angekündigt, angemeldet war nur eins: die Anti-Nato-Kundgebung der "Linken" auf dem Rathausplatz. Rund 600 Menschen versammelten sich, um friedlich mit Rap und Reden zu demonstrieren: "Nein zur Nato – Nein zum Krieg". Die Polizei hielt sich hier auffällig zurück, war mit mehreren Anti-Konflikt-Teams unterwegs.

Nach der Kundgebung dann startete am Bertoldsbrunnen eine nicht angemeldet Anti-Nato-Demo, zu der das Freiburger Aktionsbündnis aufgerufen hatte. Für diese Demo hatte die Polizei ein Großaufgebot von Polizisten aus Baden-Württemberg und Hessen zusammengezogen; viele der Beamten waren sowieso in Freiburg stationiert wegen des kommenden Nato-Gipfels in Straßburg und Kehl.

Mit Trommeln, Pfeifen und Plakaten zogen die Demonstranten durch die Innenstadt, angeführt von Clowns, denen ein "schwarzer Block" von ungefähr 150 Vermummten folgte. Sie marschierten lautstark vom Rathausplatz Richtung Bertoldsbrunnen, weiter zum Martinstor, dann wieder zurück Richtung Siegesdenkmal. Von dort ging es nach Verhandlungen mit der Einsatzleitung der Polizei auf den Friedrichring Richtung Hauptbahnhof. Ursprünglich sollte die Demo zum Kreiswehrersatzamt und zum Ernst-Mach-Institut in der Eckerstraße marschieren, wo unter anderem zu Ballistik geforscht wird; dies stoppte die Polizei. Flankiert wurde der Zug auf allen Seiten von Polizeibeamten – Teil der polizeilichen Taktik, die Demonstration in eine bestimmte Richtung zu lenken und so unter Kontrolle zu halten. Trotz des martialisch wirkenden Zuges blieb es, zumindest bis Redaktionsschluss um 20.30 Uhr, friedlich. Die Organisatoren hatten den Protestzug unter ein Motto gestellt: "Ein militaristischer Spaziergang durch das militaristische Freiburg". Am Siegesdenkmal ertönte über Lautsprecher: "Krieg macht nur Spaß, wenn man Gewinner ist." Auf etwa 2000 Teilnehmer schätzte die Polizei den Demonstrationszug, der von vielen Passanten begleitet wurde.

Schon am frühen Nachmittag hatte die Polizei an sämtlichen Straßen nach Freiburg Kontrollstellen eingerichtet, was zu etlichen Verkehrsbehinderungen führte. Zwei Personen wurden in Gewahrsam genommen. Derweil hatten sich in der Innenstadt die – durchaus Demo erprobten – Geschäfte recht gelassen vorbereitet. Die meisten wie Mode Fabel und Haushaltswaren Schafferer an der Kaiser-Joseph-Straße oder das Freiburger Lederhaus am Rathausplatz hatten nach Rücksprache mit der Polizei keine besonderen Vorkehrungen getroffen, wollten aber bei Bedarf schließen. "Wir sehen der Sache gelassen entgegen. Wenn’s kritisch wird, verriegeln wir den Laden", sagte auch Ernst Schlenkrich, Mitarbeiter im VAG-Pluspunkt am Bertoldsbrunnen. Dagegen machte die Volksbank ihre Schalter bereits um 15 Uhr zu, Marc O’Polo in der Kaiser-Joseph-Straße schloss um 18 statt um 20 Uhr und die Industrie- und Handelskammer an der Schnewlinstraße schickte ihre Mitarbeiter um 16 Uhr heim. In der Schwarzwaldcity an der Schiffstraße stellte das Center-Management sechs zusätzliche Sicherheitsleute an die drei Eingänge.

"Seit vergangenen Donnerstag, als die Bild-Zeitung über Chaoten in Freiburg geschrieben hat, bekamen wir viele Anrufe. Da brodelte die Gerüchteküche über", so Manfred Noppel, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Südbaden. Zwischenfälle in den Geschäften gab es jedoch keine. Demo erprobt ist auch die Freiburger Verkehrs-AG. Sie hatte frühmorgens ihre Straßenbahnen mit Zwei-Richtungsfahrzeugen ausgestattet – damit sie bei Blockaden nicht wenden müssen. Straßenbahnnutzer mussten wegen der Demo Verzögerungen in Kauf nehmen

 

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