Vier Tage vor Beginn der Nato-Feier trafen rund 2000 Gipfelgegner auf ein großes Polizeiaufgebot in Freiburg
Sie demonstrierten gegen innere und äußere Aufrüstung: Vier Tage vor
Beginn des Nato-Gipfels haben sich Gipfelgegner in Freiburg versammelt.
Rund 600 Menschen bei einer Kundgebung auf dem Rathausplatz, etwa 2000
Demonstranten bei einer Anti-Nato-Demo, ein immenses Polizeiaufgebot –
gestern erlebte die Innenstadt einen aktionsreichen Abend. Er blieb,
zumindest bis Einbruch der Nacht, friedlich.
Es waren zwei Ereignisse angekündigt, angemeldet war nur eins: die
Anti-Nato-Kundgebung der "Linken" auf dem Rathausplatz. Rund 600
Menschen versammelten sich, um friedlich mit Rap und Reden zu
demonstrieren: "Nein zur Nato – Nein zum Krieg". Die Polizei hielt sich
hier auffällig zurück, war mit mehreren Anti-Konflikt-Teams unterwegs.
Nach der Kundgebung dann startete am Bertoldsbrunnen eine nicht
angemeldet Anti-Nato-Demo, zu der das Freiburger Aktionsbündnis
aufgerufen hatte. Für diese Demo hatte die Polizei ein Großaufgebot von
Polizisten aus Baden-Württemberg und Hessen zusammengezogen; viele der
Beamten waren sowieso in Freiburg stationiert wegen des kommenden
Nato-Gipfels in Straßburg und Kehl.
Mit Trommeln, Pfeifen und Plakaten zogen die Demonstranten durch die
Innenstadt, angeführt von Clowns, denen ein "schwarzer Block" von
ungefähr 150 Vermummten folgte. Sie marschierten lautstark vom
Rathausplatz Richtung Bertoldsbrunnen, weiter zum Martinstor, dann
wieder zurück Richtung Siegesdenkmal. Von dort ging es nach
Verhandlungen mit der Einsatzleitung der Polizei auf den Friedrichring
Richtung Hauptbahnhof. Ursprünglich sollte die Demo zum
Kreiswehrersatzamt und zum Ernst-Mach-Institut in der Eckerstraße
marschieren, wo unter anderem zu Ballistik geforscht wird; dies stoppte
die Polizei.
Flankiert wurde der Zug auf allen Seiten von Polizeibeamten – Teil der
polizeilichen Taktik, die Demonstration in eine bestimmte Richtung zu
lenken und so unter Kontrolle zu halten. Trotz des martialisch
wirkenden Zuges blieb es, zumindest bis Redaktionsschluss um 20.30 Uhr,
friedlich. Die Organisatoren hatten den Protestzug unter ein Motto
gestellt: "Ein militaristischer Spaziergang durch das militaristische
Freiburg". Am Siegesdenkmal ertönte über Lautsprecher: "Krieg macht nur
Spaß, wenn man Gewinner ist." Auf etwa 2000 Teilnehmer schätzte die
Polizei den Demonstrationszug, der von vielen Passanten begleitet wurde.
Schon am frühen Nachmittag hatte die Polizei an sämtlichen Straßen nach
Freiburg Kontrollstellen eingerichtet, was zu etlichen
Verkehrsbehinderungen führte. Zwei Personen wurden in Gewahrsam
genommen. Derweil hatten sich in der Innenstadt die – durchaus Demo
erprobten – Geschäfte recht gelassen vorbereitet. Die meisten wie Mode
Fabel und Haushaltswaren Schafferer an der Kaiser-Joseph-Straße oder
das Freiburger Lederhaus am Rathausplatz hatten nach Rücksprache mit
der Polizei keine besonderen Vorkehrungen getroffen, wollten aber bei
Bedarf schließen. "Wir sehen der Sache gelassen entgegen. Wenn’s
kritisch wird, verriegeln wir den Laden", sagte auch Ernst Schlenkrich,
Mitarbeiter im VAG-Pluspunkt am Bertoldsbrunnen. Dagegen machte die
Volksbank ihre Schalter bereits um 15 Uhr zu, Marc O’Polo in der
Kaiser-Joseph-Straße schloss um 18 statt um 20 Uhr und die Industrie-
und Handelskammer an der Schnewlinstraße schickte ihre Mitarbeiter um
16 Uhr heim. In der Schwarzwaldcity an der Schiffstraße stellte das
Center-Management sechs zusätzliche Sicherheitsleute an die drei
Eingänge.
"Seit vergangenen Donnerstag, als die Bild-Zeitung über
Chaoten in Freiburg geschrieben hat, bekamen wir viele Anrufe. Da
brodelte die Gerüchteküche über", so Manfred Noppel, Geschäftsführer
des Einzelhandelsverbandes Südbaden. Zwischenfälle in den Geschäften
gab es jedoch keine. Demo erprobt ist auch die Freiburger Verkehrs-AG.
Sie hatte frühmorgens ihre Straßenbahnen mit Zwei-Richtungsfahrzeugen
ausgestattet – damit sie bei Blockaden nicht wenden müssen.
Straßenbahnnutzer mussten wegen der Demo Verzögerungen in Kauf nehmen