Ein Haus am Rand der Stadt

Erstveröffentlicht: 
28.07.2017

Das Lettische Haus hoch über Zähringen ist seit der Nachkriegszeit ein lettisches Kulturzentrum – und wird derzeit renoviert.

 

Von Holger Schindler

 

Man muss lange gehen, bis man vom Zähringer Stadtteilzentrum beim Leinhaldenweg 28 ankommt – und noch dazu einige Höhenmeter überwinden. Dort, ganz am Ende der Straße, angrenzend an eine Wendefläche, schon umgeben von Wald, nicht mehr allzu weit entfernt von der Zähringer Burg, steht ein ganz besonderes Haus. Gebaut hat es einst der Dichter Emil Gött. Seit 1952 befindet es sich im Eigentum des Lettischen Fürsorgevereins Daugavas Vanagi: Es dient als Gästehaus sowie als Hort lettischer Kultur. Nun wird es umfassend modernisiert.

 

"Vielen Menschen in Zähringen und umso mehr noch im Rest von Freiburg ist überhaupt nicht bekannt, dass sich hier oben ein lettisches Kulturzentrum befindet", sagt Holger Männer, der Vorsitzende des Zähringer Bürgervereins bei einem Ortstermin. Eingeladen hat Indulis Berzins. Der 33-jährige Familienvater ist der Vorsitzende des Vereins. Er spricht sehr gut Deutsch, hat in Deutschland studiert, lebt nun aber wieder in Lettland. Seine Eltern hingegen leben in Freiburg – auf dem Emil-Gött-Areal – und kümmern sich mit etlichen weiteren Helfern um die derzeitigen Umbauarbeiten.

 

Das Areal ist weitläufig. Es umfasst rund fünf Hektar und besitzt eine eigene Quelle, erzählt Indulis Berzins. Außer dem historischen Emil-Gött-Haus gibt es dort noch drei Nebengebäude mit zehn Mietwohnungen, von denen sechs Sozialwohnungen sind. "Das sind reguläre Mietwohnungen. Aber wir weisen alle, die einziehen, deutlich darauf hin, dass hier immer wieder Kulturveranstaltungen stattfinden", sagt der Vereinschef.

 

Auf dem Anwesen würden regelmäßig Tagungen, Schulungen, Vorführungen, Versammlungen, Konzerte und Gottesdienste abgehalten.

 

"Durchschnittlich sind es bisher rund 20 Veranstaltungen im Jahr", so Indulis Berzins. Vor wenigen Wochen habe zum Beispiel die Synode der lettischen Lutherischen Kirche in Deutschland stattgefunden. Höhepunkt sei die jährliche Johannifeier in der Johannisnacht vom 23. auf den 24. Juni – mit Johannifeuer, Gesang und Tanz.

 

Dass das Emil-Gött-Haus in lettischer Hand ist, geht auf Geschehnisse während des Zweiten Weltkriegs zurück. 1941 wurde Lettland, damals ein Teil der Sowjetunion, von deutschen Truppen besetzt. In der Folge stellte das Naziregime dort wie in anderen besetzten Ländern Polizei- und dann auch Kampfverbände auf. Nach der deutschen Niederlage in der Schlacht von Stalingrad im Februar 1943 wurde die sogenannte Lettische Legion ausgehoben, die mit SS-Abzeichen auf deutscher Seite kämpfte.

 

Im weiteren Kriegsverlauf und danach seien die Mitglieder dieser Verbände von den Siegermächten und insbesondere von der Sowjetunion als Feinde betrachtet und behandelt worden, sagt Berzins. "Und das, obwohl schon die Aufstellung der Truppen gegen internationales Recht verstoßen hat und obwohl viele angeblich freiwillige lettische Kämpfer unter Druck gesetzt wurden."

 

Manche seien in der Tat freiwillig für Deutschland – oder eher gegen Russland – in den Krieg gezogen, so Berzins weiter. Bis heute herrschten in Lettland Spannungen bezüglich der russischen Bevölkerungsgruppe und im Hinblick auf den Umgang mit diesem Aspekt der eigenen Geschichte.

 

"Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen auch mehr als 100 000 Letten, die vor der sowjetischen Besetzung ihres Landes flüchteten, in Deutschland an", erzählt Berzins, "Die meisten sind bis Anfang der 50er-Jahre in verschiedene Länder weltweit ausgewandert – mit der Hoffnung, dass Lettland bald wieder von der sowjetischen Besatzung befreit wird."

 

In dieser Erwartung hätten die Exil-Letten auf der ganzen Welt Zentren und Kirchen zur vorübergehenden Pflege der lettischen Kultur und Sprache eingerichtet. In diesem Zug sei auch der Fürsorgeverein Daugavas Vanagi entstanden, zu Deutsch die Daugavas-Falken, benannt nach dem lettischen Fluss Daugava (Düna).

 

"Der Verein hat sich zunächst stark um die bedürftigen Letten hier in der Gegend gekümmert, unterstützt von Spenden von Letten weltweit", so Berzins. Und betont: "Auf keinen Fall sind wir ein Veteranenverein oder so etwas." Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs, der Wiederherstellung der Souveränität Lettlands und besonders dem EU-Beitritt des Landes 2004 gebe es auch wieder einen regen Reiseverkehr mit der alten Heimat. "Chöre mit Jugendlichen zum Beispiel kommen sehr gerne ins Lettische Haus nach Freiburg, weil es hier so schön ist und viel zu erleben gibt, etwa einen Besuch im Europa-Park in Rust", erklärt der Vereinsvorsitzende. Im Gegenzug gebe der Chor dann ein Konzert.

 

Der Vorsitzende des Zähringer Bürgerevereins lobt die Zusammenarbeit: "Zwischen dem Bürgerverein und dem Fürsorgeverein hat sich in den vergangenen Jahren ein guter Kontakt entwickelt. Wir waren zum Beispiel auch schon bei der Johannisfeier zu Gast", sagt Holger Männer. Zudem denke man über gemeinsame Projekte nach.

 

Der Fürsorgeverein zählt heute laut Indulis Berzins rund 150 Mitglieder. Etliche davon legen gerade im Emil-Gött-Haus Hand an, um es zu renovieren. Der Verein investiert einen höheren sechsstelligen Betrag und viel Eigenleistung in die Instandsetzung. Die neu gestalteten Zimmer stehen jedermann zur Übernachtung zur Verfügung und sollen mit mehr Nachdruck vermarktet werden.

 

Erhalten bleiben soll dabei aber auf jeden Fall das Andenken an Emil Gött, den Erbauer des Hauses. Für den Dichter ist auch eine Emil-Gött-Gedächtnisecke eingerichtet. Erklärungen zum Leben und Werk von Emil Gött sollen ins Lettische übersetzt werden.

 

Mehr Infos unter: http://www.lettischeshaus.de




HINTERGRUND: Info

Die Geschichte des Emil-Gött-Hauses

Emil Gött ließ das Haus an der Leinhalde im Stadtteil Zähringen, das auch unter dem Namen Birkenhof und mittlerweile als Lettisches Haus bekannt ist, 1894 nach eigenen Plänen errichten. Bezahlt hat er es mit Tantiemen aus einem Theaterstück. Der Dichter und Erfinder lebte dort bis zu seinem Tod 1908.

Danach, so teilt Beatrix Männer vom Bürgerverein Zähringen auf Basis des Vereinsarchivs mit, ging das Anwesen an die Familie Zeise-Gött, die es 1914 an den Konsul Ernst Bielefeld verkaufte, der es erweiterte. 1922 wurde das Anwesen an Eisenbahnsekretär Kummer-Schmidt aus Basel verkauft. 1923 heißt der neue Besitzer Hermann Otto Schmidt, Kaufmann aus Offenburg. In diese Zeit fällt die Unterbringung der asylsuchenden spanischen Flüchtlinge Fabiola de Mora y Aragon, spätere Königin von Belgien, ihrer Schwester, der deutschen Erzieherin Vera Flamm und einer spanischen Dienstmagd, die während des spanischen Bürgerkriegs, von Mai bis August 1937, dort wohnten.

Im Jahr 1938 oder 1939 geht das Anwesen an Adolf Oberle über, ab 1947 sind die Besitzer Ulrich und Berna Scherrer. Diese veräußern das Anwesen 1952 an den Lettischen Fürsorgeverein Daugavas Vanagi.  

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"lettisches Kulturzentrum", "Lettischer Fürsorgeverein", "ein ganz besonderes Haus", "Hort lettischer Kultur" – was Holger Schindler da zusammengeschrieben hat ist eine unglaubliche Verharmlosung des Nationalsozialismus. Bei "Daugavas Vanagi" handelt es sich um die Veteranenorgansation der lettischen Waffen-SS.

Die Autonome Antifa Freiburg schrieb dazu bereis 2014: "Im Garten des Freiburger Waffen-SS-Heims steht ein Gedenkstein mit der Inschrift: „Mēs pateicamies tiem, kas savas dzīvības atdevuši par Latvijas brīvību.“ – „Wir bedanken uns bei denen, die ihr Leben für die Freiheit Lettlands gaben.“ Ein „Kriegsversehrtenheim“ in Freiburg, das von einem Veteranenverband der Waffen-SS betrieben wird, ist ein Skandal und muss geschlossen werden."
https://autonome-antifa.org/?breve4914

Hier finden sich Hintergrundrecherchen:
http://www.lotta-magazin.de/ausgabe/66/freiheitsk-mpfer-riga
https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Lettland-Jubel-fuer-SS-und-Bund...

Gibt es bei der Badischen Zeitung keine Qualitätskontrolle? Kann hier jeder alles schreiben, ohne dass auch nur eine Person das Geschreibsel überprüft? Das ist geradezu ein Offenbarungseid!