Protokoll der G-20-Krawalle

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Erstveröffentlicht: 
17.07.2017

Bei den G-20-Protesten beherrschte das Chaos die Straßen. Nicht nur die Polizei verlor den Überblick bei den zahlreichen Ausschreitungen. Eine Rekonstruktion anhand der Einsatzberichte.

 

Von Veronika Wulf (Text) und Benedict Witzenberger (Grafik)

 

Während die Staats- und Regierungschefs der G 20 in der Elbphilharmonie Beethovens Neunter Sinfonie lauschten, in geschützten Kolonnen vom Hotel zum Tagungsort chauffiert wurden und in den Messehallen über die großen Themen der Welt debattierten, schien auf Hamburgs Straßen Anarchie ausgebrochen.

Die friedlichen Demonstrationen gingen unter zwischen gewaltsamen Krawallen linksautonomer Kräfte. Vermummte brannten Autos und Straßenbarrikaden nieder, schlugen Schaufenster ein, plünderten Geschäfte und lieferten sich Straßenkämpfe mit Polizisten. Molotowcocktails, Böller und Eisenstangen auf der einen Seite, Tränengas, Schlagstöcke und Wasserwerfer auf der anderen.

Die Dienstprotokolle der Polizei geben einen detaillierten Einblick, was, wo und wann an dem Wochenende der Ausschreitungen passierte.

 


 

6. Juli, 16:30-18:30, An der Alster 64

Unbekannte Täter zerstechen den Reifen eines geparkten Pkw der kanadischen Delegation.

 

6. Juli, 20:13, Königstraße 9; Louise-Schroeder-Straße

Brennende Barrikaden werden gemeldet, geparkte Autos beschädigt.

 

6. Juli, 22:26, Neuer Pferdemarkt

Etwa 1000 Personen werden durch Einsatzkräfte mit Wasserwerfern in Richtung Schulterblatt gedrängt.

 

6. Juli, 23:16, Rote Flora

Eine Fahrzeugkolonne der Polizei wird massiv beworfen. Auf der Fahrbahn vor der Roten Flora brennt ein etwa drei Meter hohes Feuer.

 

7. Juli, 07:13, Schützenstraße/Richtung Stresemannstraße

Polizeikräfte verfolgen 350 gewaltbereite Demonstranten und setzen Schlagstöcke und Pfefferspray ein.

 

7. Juli, 07:36, Elbchaussee 43

200 vermummte Demonstranten setzen ein Auto in Brand und zünden Pyrotechnik.

 

7. Juli, 07:44, Altonaer Rathaus

Verkehrskräfte melden Personen, die mit Steinen die Scheiben des Altonaer Rathauses einwerfen, kurz danach setzen sie 17 Autos in Brand.

 

7. Juli, 07:46, Max-Brauer-Allee Richtung Altona

100 Personen werfen Molotow-Cocktails.

 

7. Juli, 07:49, Bereich Altona, Nähe Platz der Republik

Ein Polizeihubschrauber wird mit einer roten Leuchtrakete beschossen, die ihn knapp verfehlt.

 

7. Juli, 07:51, Max-Brauer-Allee/Präsident-Krahn-Straße

50 schwarz Gekleidete greifen zwei Polizeiautos an, in denen Beamte sitzen, schlagen Scheiben ein und beschmierten die Karosserie mit Farbe. Auf einen leeren Polizeiwagen werfen sie einen Molotow-Cocktail, der allerdings nicht zündet.

 

7. Juli, 07:53, Einsatzleitung

Der Polizeiführer entscheidet, dass Bereitschaftspolizisten alarmiert werden, Anfahrt aus Lübeck mit Sonderrechten.

 

7. Juli, 07:55, Zeughausmarkt/Seewartenstraße

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken stellt sich in einer Personengruppe den Polizisten als “parlamentarischer Beobachter” vor.

 

7. Juli, 07:59, Einsatzleitung

Der Polizeiführer entscheidet, dass die Bundesreserve alarmiert wird, eine Hundertschaft aus St. Augustin wird eingeflogen.

 

7. Juli, 08:12, Einsatzleitung

Der Polizeiführer veranlasst ein Fernschreiben an Bund und Länder mit der Bitte um weitere Unterstützung.

 

7. Juli, 09:27, Elbchaussee 54

Demonstranten schlagen diverse Scheiben des Konsulats der Mongolei ein.

 

7. Juli, 09:46, Mönckebergstraße

200 Personen, manche vermummt, bewegen sich in die Bergstraße, greifen Polizisten an, die sie zurückdrängen, weitere 200 Personen kommen dazu.

 

7. Juli, 10:42, Buceriusstraße/Domstraße

500 Demonstranten gehen auf die Fahrbahn, eine Sitzblockade wird von Polizisten durch Wegtragen, Wegschieben und mit Schlagstöcken geräumt.

 

7. Juli, 11:02, Gorch-Fock-Wall Richtung Jungiusstraße

150 Demonstranten behindern mit Absperrbaken eine Kolonne des G-20-Gipfels, Polizei räumt die Straße, unter anderem mit Wasserwerfern.

 

7. Juli, 11:28, Holstenwall Höhe Handelskammer

Fünf Schläger greifen ein Delegationsfahrzeug an, niemand wird verletzt.

 

7. Juli, 12:27, Einsatzleitung

Der Einsatzleiter kontaktiert das BKA und schlägt vor, dass die Delegierten direkt von der Messe zur Elbphilharmonie gebracht werden, statt vorher noch in die Hotels, um die erschöpften Polizisten zu entlasten. Eilig wird die Strecke stark abgesichert, “einbetoniert” heißt es bei der Polizei.

 

7. Juli, 13:00, Holstenstraße/Scheplerstraße

Ein Verkehrsposten wird mit einem Molotow-Cocktail angegriffen, Demonstranten ziehen Mülltüten auf die Straße und zünden sie mithilfe eines Brandsatzes an.

 

7. Juli, 16:24, Millerntorplatz

Aufklärungskräfte melden 300 bis 400 Personen, die massiv Pyrotechnik zünden.

 

7. Juli, 16:29, Hafentor

Polizisten melden 3000 Personen auf der Fahrbahn, Wasserwerfer kommen nicht durch.

 

7. Juli, 17:10, Elbe

Der Einsatzabschnitt Wasser drängt Schlauchboote von Greenpeace hinter die Absperrung.

 

7. Juli, 17:11, Willy-Brandt-Straße

Demonstranten greifen eine Kolonne Saudi-Arabiens an, es entsteht ein Sachschaden.

 

7. Juli, 18:30, Hein-Köllisch-Platz

Polizisten setzen Reizgas gegen Demonstranten ein, auch Aufklärungskräfte werden getroffen.

 

7. Juli, 19:03, Schulterblatt gegenüber der Roten Flora

Polizisten melden 100 Vermummte mit Eisenstangen, die ein Feuer entzünden, die Polizei zieht sich aus taktischen Gründen zurück. Kurz danach wächst die Gruppe auf 1000 Personen, Polizisten werden mit Böllern beworfen, Eingreifkräfte und Wasserwerfer werden herverlegt.

 

7. Juli, 19:51, Susannenstraße/Rosenstraße

Ein Polizist gerät in Bedrängnis und gibt einen Warnschuss ab.

 

7. Juli, 19:57, Neuer Pferdemarkt/Budapester Straße

Gegen 1200 Demonstranten wenden die Einsatzkräfte körperliche Gewalt und Wasserwerfer an. Die Polizisten stellen fest, dass sich viele Teilnehmer auf Englisch unterhalten, einige haben Wechselkleidung dabei.

 

7. Juli, 20:15, Pferdemarkt

1000 Personen haben sich versammelt, Flaschen werden geworfen, Böller gezündet.

 

7. Juli, 21:13, Sternstraße/Augustenstraße

Eine Häuserfront brennt.

 

7. Juli, ab 21:20, Schulterblatt

Personen sind auf Dächern, Demonstranten zerschlagen Gehwegplatten und ziehen mit Steinen Richtung Reeperbahn.

 

7. Juli, 21:22, Otzenstraße 9

200 Personen nehmen die Straße auseinander.

 

7. Juli, 21:31, Schulterblatt

Die Polizei rüstet massiv auf und rechnet beim Vorrücken mit schwersten Verletzungen.

 

7. Juli, 21:35, Hauptbahnhof HH

Personen stapeln Gegenstände im Gleis auf, der Betrieb wird eingestellt.

 

7. Juli, 12:37, Bleicherstraße 62

Brennende Barrikaden, das Feuer greift auf eine Wohnung über.

 

7. Juli, ab 21:41, Schulterblatt

Auf die Geschäfte Rewe und Budnikowsky werden Molotow-Cocktails geworfen, Läden werden geplündert.

 

7. Juli, 21:53, Schulterblatt 1

Etwa 30 vermummte Personen stehen auf dem Dach des Gebäudes und einem Baugerüst. Mit Eisenstrangen, Molotow-Cocktails, Wurfgeschossen und Stahlkugeln aus einer Präzisions-Zwille greifen sie die Polizei auf der Straße an.

 

7. Juli, ab 21:58, Schulterblatt

Rewe brennt, Demonstranten greifen Feuerwehrkräfte an und versuchen, mit Brennkanistern in die Haspa-Filiale einzudringen.

 

7. Juli, 22:43, Sternstraße/Lagerstraße

Polizisten setzen fünf Mal Tränengas ein.

 

7. Juli, 22:50, Altonaer Straße

Polizisten werden mit Pyrotechnik beworfen.

 

7. Juli, 22:51, Kampstraße

Ein Blumenladen und ein Vodafone-Geschäft werden angezündet.

 

7. Juli, 23:06, Schanzenviertel

“Schanzenviertel zur Festung ausgebaut” heißt es im polizeilichen Lagebericht.

 

7. Juli, 23:23, Schulterblatt

Der Polizeiführer gibt die Weisung, zunächst nicht einzugreifen, die Polizei befürchtet einen Hinterhalt.

 

7. Juli, 23:40, Schulterblatt

Die Polizei räumt das Schulterblatt unter Einsatz von Zwangsmitteln, bricht Türen ein, dringt auf das Dach vor und nimmt 13 Personen fest.

 

8. Juli, ab 00:06, Schanzenstraße/Schulterblatt

Rewe, Dat Backhus und ein o2-Shop werden entglast und geplündert.

 

8. Juli, 01:03, Susannenstraße/Bartelsstraße

80 Vermummte bewerfen Polizisten mit Flaschen und Steinen und rufen “Ganz Hamburg hasst die Polizei”.

 

8. Juli, 02:00, Hamburg

Die Lage entspannt sich deutlich.

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Auch dem Spiegel wurden Protokolle zugesteckt. Sie sind natürlich nicht als Fakten zu betrachten sondern geben wieder, was die Bullen in den Momenten der Meldungen glaubten:

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