Die Berichterstattung zum Gipfel konzentriert sich auf Riots und – viel weniger – auf Repression. Hier sollen nun ein paar Beobachtungen/Bemerkungen Platz finden, bei der die Riots eher am Rande vorkommen. Es sind unsortierte Gedanken:
G20 ist dabei, G8 abzulösen. G8 wurde delegitimiert, unter anderem durch die Anti-Globalisierungs-Proteste zur Jahrtausendwende, aber auch durch eine Änderung der globalen Mächteverhältnisse. Ein genauerer Blick zeigt zweierlei: Die ehemaligen Supermächte verlieren an Macht, sie brauchen die Hilfe von Verbündeten. Zwischen den verschiedenen Blöcken gibt es keine nennenswerte politischen oder ideologischen Unterschiede. Es geht (fast) nur um, Macht.
Es war überraschend, dass der Gipfel in Hamburg stattfand. Das war eine direkte Kampfansage an die Anti-Globalisierung-Proteste, durch deren Protest die meisten Gipfel jenseits der Großstädte stattfinden mussten. Die Rückkehr in die Städte ist als symbolische Machtdemonstration gedacht gewesen, die ordentlich gescheitert ist.
G20 war noch wenig am Radar der GlobalisierungsgegnerInnen. Immerhin ist es durch die Teilnahme von Staaten eine Spur mehr demokratischer als der G8. Es gab allerdings schon vorher Proteste – 2009 in London. Dabei starb Ian Tomlinson. In Hamburg kann nur von sehr, sehr viel Glück die Rede sein, dass es hier keine Tote gab.
Der Gipfel war vor allem eine Machtdemonstration. Inhaltlich gab es vor allem heiße Luft. Aber es gab zwei konkrete Ergebnisse: Das Internet soll stärker überwacht werden. Welch schöne inhaltliche Verbindung: auf dem Gipfel wird Repression beschlossen, bei den Protesten wird sie gelebt.
Das zweite konkrete Ergebnis betrifft die Entwicklungshilfe in Afrika. Sie soll ergänzt/ersetzt durch private Investitionsabkommen, am besten in Austausch gegen neue nationale Regelungen. Es ist das übliche neoliberale Programm, das bisher schon so viel geholfen hat. Übrigens ist Südafrika das einzige afrikanische Land, das beim G20 vertreten ist. Das zeigt doch klar, wer hier bestellt, und wer die Suppe auslöffeln muss.
Im Vergleich zu den Protesten in Rostock 2007 fiel auf, stieg die zahl der AktivistInnen. Bei der Großdemo waren damals ca. 50. 000 Menschen, in Hamburg waren es ca. 75. 000 Menschen. Die Anzahl der Menschen, die sich an den Blockaden beteiligten, dürfte in Rostock höher gewesen sein, dafür waren in Hamburg mehr Menschen an den Riots beteiligt. Funfact: Damals wurde von den Hardlinern der Einsatz der GSG9 gefordert, in Hamburg war er schon Realität. Wie wird der nächste Gipfel ausschauen, wenn sich die Hardliner wieder durchsetzen werden?
Im Vergleich zu Rostock waren die Proteste in Hamburg inhaltsarm. In Rostock wurde die Zeit zwischen Großdemo und Blockade für themenspezifische Aktionstage (Landwirtschaft, Migration) genutzt, in Hamburg wars ein Rave. Ob das jetzt mit der oft beklagten inhaltlichen Verflachung der Szene oder der eitel, inhaltsleeren Inszenierung des Gipfels lag, ist nicht klar.
Der Vergleich zur Hochphase der Anti-Globalisierung-Bewegung zeigt: der praktische Internationalismus ist tot, übrig geblieben ist ein europäischer Protest. Verschwunden sind die Grußworte aus dem lakadonischen Dschungel, die Delegation der Movimento Sem Terra, die Delegierten der südkoreanischen Gewerkschaft, verschwunden ist Peoples Global Action, die Globalisierung von Unten vorantrieben, verschwunden sind die internationalen Protesttage.
Der Vergleich mit Genua zeigt, wie sehr sich die Gesellschaft verändert hat – und das zum schlechteren. Grob gesagt hat sich die Polizei in Hamburg ähnlich verhalten wie jene in Genua (gut, die hat Leute auch noch verhaftet und im Knast gefoltert). Dass es danach öffentlicher Konzerte gegeben hätte, dass ihnen freiwillig gedankt wurde, dass AnwohnerInnen die Graffitis gegen die Polizei entfernen, das wäre in Genau einfach unvorstellbar gewesen.
danke für den pragmatischen und analytischen lick
würde bei allem zustimmen, außer drei punkten.
1. es ist nicht unrealistische von über 100.000 gipfelgegnerInnen auf der straße zu reden. klar ist fraglich wie sehr das zählt, aber in hamburg war die mobilisierung erstaunlich größer als erhofft, zumal sie auch und trotz repression und riots stattfand.
2. zu sagen dass es in hamburg keine folter gab ist verfrüht, es gab und gibt haftbedinungen die so nah an den menschenrechten gebaut sind, wie hartmut duddes praxis von versammlungsrecht an einem begreifen dieser rechte. weisse folter war keine aussnahme und auch das extrem repressive und menschenleben-gefährdende verhalten der tausendschaften auf der straße, gefolgt von irrfahrten, ablehnung des rechtsbeistandes, gewaltsamen verhörmethoden, licht- und lebensmittelentzug, sowie überzogenen haftzeiten ohne belege der erhobenen vorwürfe zeugen vom praktischen, psychischen, terrorismus der system-schärgen. die quickie-wiki definition ist:
Folter (auch Marter oder Tortur) ist das gezielte Zufügen von psychischem oder physischem Leid (Gewalt, Qualen, Schmerz, Angst, massive Erniedrigung) an Menschen durch andere Menschen. Die Folter wird meist als ein Mittel zu einem bestimmten Zweck eingesetzt, beispielsweise um eine Aussage, ein Geständnis, einen Widerruf oder eine Information zu erhalten oder um den Willen und den Widerstand des Folteropfers (dauerhaft) zu brechen.
Im engeren Sinne ist Folter eine Tat einer bestimmten Interessengruppe (beispielsweise Teile der staatlichen Exekutive oder politisch-militärische Organisationen) an einem Individuum, etwa durch die historische Inquisition, die Polizei oder Geheimdienste.
das gab es definitiv in prag oder genua, auch auf weiteren gipfeln, aber ganz massiv erneut in den vergangenen tagen und wochen in hamburg. wir sollten dass richtig benannte "glück dass (bisher) niemand starb" nicht mit einem runterspielen der spektakulären real-life-aufstandsbekämpfungsübung in der metropole hamburg begegnen. es gibt einiges aufzuarbeiten und der direkte vergleich des ausmasses der repression zwischen diesem und anderen gipfeln ist nur bedingt erkenntnis-fördernd. hamburg war echt heftig in diesem themenkomplex, noch stehen debatten und analysen aus und wir sollten uns nicht zu früh erleichtert-schreiben...
3. ganz tot ist der internationalistische strang nicht! es gab eine aktive internationale vernetzung und moblisierung und die zuvor eher gespaltene bewegung wurde in meinen augen eher zusammengeführt als stärker gespalten. es gab eine ganze reihe inhaltlicher veranstaltungen und auch beitäge von protagonistInnen antagonistischer kämpfe aus den verschiedenen regionen der erde. der gegengipel, die camps und die linken strukturen der stadt haben durch ihr solidarisches kämpfen zum möglichmachen eines internationalen protestes massiv zu genau dem charakter der kämpfe beigetragen, der auch vor 15 jahren beflügelnd war. drin war, was drin war.
auch wenn von einem vergleichsweise inhaltsarmen protest (heiligendamm hatte über 2, hamburg weit weniger vorbereitungszeit (im gegensatz zum duktus des repressionsapparates)) geredet werden kann, praktisch wurde das projekt "g20 sie merkens kaum"(scholz) auch aufgrund internationaler bündnisse so erfolgreich sabotiert. der gipfel wurde mächtig gestört, das protokoll wurde endlos oft umgeworfen, verantaltungen teilweise ganz abgesagt. auch die demo der regierungsparteien zog nur knappe 5.000, während viele 10.000 menschen jeden tag die stadt besetzten und auf den senat schissen.
ob wir wieder in eine dynamik zurückkehren, die so intergalaktisch wird wie vor 15 jahren hängt auch von der qualität der debatten und organisationsansätze ab, die nun aus unseren gipfelprotesterfahrungen und deren nachbearbeitung hervorgehen.
Wir sollten uns besser überlegen was wir tun.
Als Anarchist und Linksdenkender wundere ich mich immer wieder über die Aktionen von gewissen Kameraden die sich als Links, Antifaschistisch oder Anarchisten bezeichnen.
Haben sie darüber nachgedacht was ihre Aktionen wirklich bewirken? Abgewägt ob sie mehr ihren Idealen nützen? Oder ob sie vielmehr dem Terror der Repression oder der Rechten zugute kommen? Werden sie vielleicht nur ausgenutzt ohne es wahrzunehmen? Oder vielleicht suchen sie einfach nur nach Rechtfertigung?
Ich versuche meine Sicht darzustellen, ich kann mir vorstellen das viele hier diesen Artikel stark kritisieren werden. Bitte denkt einfach nach und informiert euch.
Erstmal will ich klarmachen das Ich jedes schaffen von Repression freien Zonen gut heiße. Macht weiter so!
Den ersten Punkt den ich bemerken will ist das vorgehen gegen den gemeinen kleinen Kapitalisten zum Beispiel durch Anzünden von PKWs oder Beschädigung von Privateigentum. Denkt kurz mal nach. Wem gehören diese Gegenstände an denen ihr euch vergeht? Ist das besitzt eines der 10% reichsten dieser Welt, dieses Staates, dieser Stadt? Oder eines Großen Unternehmens das Leute ausbeutet? Oder gehört es jemanden der genau wie du Ausgebeutet wird, der unter dem System leidet genau wie du?
Denkt drüber nach was ihr genau Angreift: eine Revolution, Revolte, Änderung des Systems ist nutzlos ohne das Einverständnis eines großen Teil der Bevölkerung.
Was schadet dem System? Schadet ihr jemanden der selber nur Ausgebeutet wird? Verbreitet ihr nur Terror in der Bevölkerung? Wem bringt Terror am meisten? Den Faschisten? Der Repression? Deinen Idealen?
Ist es sinnvoller ein Auto in der Straße anzuzünden oder ein Polizeiauto die Luft abzulassen.
Ist es Sinnvoller einen Kleinen Laden anzugreifen oder den einer Multinationalen die Menschen ausbeutet.
Zerstören von zufälligen Wertsachen nur um Geldschaden oder ein Zeichen herbeizuführen bringt keinen fortschrit. Denk dran ein Angriff auf die Gemeine Bevölkerung ist Faschismus.
Da kommen wir zu meinem zweiten Punkt, sinnlose Zerstörung. Nehmen wir das Beispiel eines Supermarktes, statt den komplett zu verwüsten wie das so meistens passiert, sollten das ganz immer so schnell wie möglich, wenn nicht sofort, das ganze kollektivieren. Alles was da ist und brauchbar ist dort verteilen wo es gebraucht werden kann und verteilen was nötig ist. Es ist viel sinnvoller wenn ein Repressionsfreie Zone entsteht mit zerstören aufzuhören, Auch wenn die Übernahme nur ein Paar Stunden anhält sollten wir die Zeit nutzen um das Beste daraus zu machen.
Den dritten Punkt halt ich kurz übergriff an Presse ist immer Faschismus da gibt es keine ausrede.
Viertens, bessere Moralische Zerstörung der Polizei durch besser Sprüche als „Ganz xxx hast die Polizei.“ Hier funktioniert das herausnehmen eines Besonderen teils der Polizei am besten, nämlich die Gewaltbereiten. Wir sollten die Polizei spalten und den Ärger an gewaltbereiten und gewalttätigen Polizisten in der Polizei und Bevölkerung schüren. Teile und Herrsche heißt es bei den Ausbeutern lass uns daraus lernen. Viele Leute können sich den Hass auf die Ganze Polizei nicht anschließen, Hass auf gewaltbereite gewalttätige Polizisten fällt den meisten einfach das sollten wir nutzen.
Und zu guter Letzt. Sollten wir generell unser Umgehen mit der Staatsgewalt umdenken.
Wir sollten auf Demonstrationen der Polizei friedlich entgegenstellen und uns nicht provozieren lassen, wir sind besser als die. Sobald es Übergriffe von der Polizei gibt, sollten wir gezielt auf die gewalttätige Polizisten agieren. Diese so gut wie möglich als gewaltbereit Identifizieren, Entwaffnen und Vertreiben. Hier sollten wir auch das Credo des Teilens verfolgen.
Viele Medien stellen uns schlecht da, oft zu unrecht. Wir sollten zweimal nachdenken welche Aktionen sinnvoll sind, was für ein Bild sie darstellen und von velche Aktionen wir uns besser diestanzieren sollten. Und unsere Mitsteiter darauf aufmerksam machen wenn etwas uns nicht zugute kommt. Anarchie ist nicht Chaos!!!!!!!!!
Wir kämpfen alle für Frieden, Gleichberechtigung und Emanzipation für Alle ohne Unterschiede. Vergesst nie wofür ihr Kämpft.
?
Erfahrungen hast du keine, aber dafür um so mehr Luft um sie abzulassen, scheint mir.
Versuche mal gegen einzelne Polizisten vorzugehen, sie zu entwaffnen, sie zu vertreiben. Ganz schnell sitzt du im Bau. Da kannste dir dann weiter Gedanken machen.
Denk bitte kurz nach : )
Dein Artikel besteht aus:
- Verkürzter Kapitalismuskritik
- Einem falschen Verständnis des Begriffs Faschismus
- Entsolidarisierung
Kann also weg!
Sinvolle Überlegungen
In Kategorien aus dem Sport und völlig frei von Fussballmetaffern zusmmengefasst: Judo statt Kickboxen. Hat schon seinen Grund, warum die Leute mit Judo-Hintergrund beim MMA gewinnen. Meistens jedenfalls.
Aber gut, doch noch ne Fussballmetpher: Nicht ins Abseits begeben. Sonst pfeift die Öffentlichkeit und alles Gerenne war umsonst. Also, deine Gedanken in die richtige Richtung. Mit Kapitlismuskritik kenn ich mich nicht aus.