Was ist gerade los in der Rigaer 94 und warum schauen wir dem Tag X der Friedel 54 mit blankem Hass entgegen? Es wird Sommer im Nordkiez. Die Begeisterung sich in den lauen Nächten auf der Straße und dem Dorfplatz zu treffen, hat schon zu freudigen Eskalationen an den letzten Wochenenden geführt, an denen die Wannenbesatzungen panisch in Hausvorsprünge flüchteten und angsterfüllt um Verstärkung bettelten.
So war es auch am Wochenende davor, als sich eine Gruppe ziviler und offensichtlich recht unsportlicher Beamt_innen überstürzt in eine Zugriffssituation hinein manövrierten, ohne auch nur in Betracht zu ziehen, dass sie sich in einem Kiez bewegten, in dem Zivis, welche Straßen entlang schleichen, auch als jene enttarnt werden. Ihr überstürztes Engagement endete im Hinterhaus der Rigaer 93 – zur Belustigung des Publikums im Nachbarhof – wo sie von einer zur Hilfe geeilten Einsatztruppe evakuiert werden mussten.
In den letzten Jahren hat es unterschiedlichste Versuche von uns aus gegeben, anarchistische Ideen von Solidarität und Widerstand in diesen Straßen weiter zu verankern. Ob es Diskussionen waren über die Notwendigkeit die Bullen aus unseren Straßen zu jagen, ob wir darauf beharrten Politiker_innen bloß zu stellen und sie als Wölfe im Schafspelz zu verachten, ob wir uns freuten, dass sich eine Nachbarschaftsgruppe gegen den CG-Neubau gegründet hat und von solidarischen Feinden des Luxusghettos gleich eine Liste aller Partner der CG-Gruppe veröffentlicht wurde, oder über die gemeinsame Demo mit der Friedel 54, die vom Rigaer Straßenplenum getragen wurde.
Immer wieder stellen wir uns die Frage, ob es Sinn macht einen Fokus auf den Diskurs und gemeinsame Projekte mit der Nachbarschaft zu legen oder ob es nicht einem Kampf auf verlorenem Posten gleicht, der im schlimmsten Fall dazu führt in Abhängigkeit zu geraten. Aber letzten Endes ist uns bewusst, dass wir hier niemanden überzeugen müssen. Wir denken uns mit denjenigen aus, was es hier im Kiez zu tun gibt, die unsere Wahl der Mittel verstehen oder teilen und wir diskutieren mit denjenigen, die unsere Wut und unseren Bullenhass sehen und danach suchen, anders zu leben.
Dieser Ansatz und unsere Freude auf der Straße Menschen zu treffen, die uns über Leerstand informieren, sich über abgeparkte Wannen oder über das Ordnungsamt aufregen, ist eine Sache, die dem Senat bitter aufstößt und das ganze Theater von runden Tischen und Befriedung ins Leere laufen lässt.
Wir gehen davon aus, dass der neue rot-rot-grüne Senat tiefsinnig am debattieren ist, wie umzugehen mit diesem Phänomen Rigaer Straße. Auch wenn Geisel, Henkels Nachfolger, vor sich selbst immer wieder den Satz aufsagt „sie sind isoliert, sie sind völlig isoliert“, wird auch er irgendwann vor unseren Augen zurück treten und sich bis dahin ein Paar mehr Scheibenfolien für seine Streifenwägen bestellen.
Letzten Sommer haben wir die Schlüssel zurück bekommen für unsere Räume, die Kadterschmiede, den Garten, die Werkstatt. Das Gericht hatte einen Räumungstitel verlangt, den die Eigentümerseite sich aber nicht besorgt hatte.
Am 29.6.2017 haben wir den nächsten Gerichtstermin, an dem entschieden wird, ob die Bullen endlich nach ihren Gesetzen unser Erdgeschoss räumen dürfen.
Für denselben Tag hat die Friedel 54, der Kiezladen im Reuterkiez, den Räumungstitel erhalten.
Was für uns angesichts dessen zu tun bleibt ist so weiter zu machen wie bisher und das Gefahrengebiet aufleben zu lassen. Ob Geisel und sein roter Senat bereits die Hände schwitzen beim Gedanken an diesen Tag, bleibt zu hoffen.
Wir können nicht ignorieren, dass die wichtigen Räume der Auseinandersetzung in dieser Stadt immer weniger und schwächer werden. Aber über diesen Wandel zu resignieren, ist keine Option.
Wozu wir aufrufen ist völlig klar.
Die Friedel 54 hat sich im Zuge der Diskussionen des letzten Jahres dazu entschlossen konsequent alle Mittel einzufordern, um Senat, Bullen und Eigentümer des Kiezladens anzugreifen, um ihre Verdrängung zu verhindern und ihre Position klar zu stellen, dass es keine Kompromisse mehr geben kann gegenüber diesem System der repressiven Machtdemonstrationen.
In den letzten Monaten sind wir stärker zusammengewachsen und es wird sich zeigen, dass es keinen Unterschied macht ob Friedel oder 94. Der Angriff auf unsere Strukturen wird immer ein Angriff auf uns alle sein.
Es gilt die letzten Wochen vor dem G20 die warmen Tage und Nächte zu nutzen, um den Tag X der Friedel zu einer Zeit der Solidarität und des Widerstands zu machen, wie wir es letzten Sommer erlebt haben. Genauso brauchen wir eure Zeichen der Solidarität um in diesen Straßen das weiter zu leben, was all jenen Angst macht, die sich in diesem System ein bequemes Plätzchen eingerichtet haben oder jene Orte beherrschen wollen.
Für uns in der 94 kann jeder Tag wieder ein Tag X sein, der lange Belagerungskommandos mit sich bringen kann, wie wir es letzten Sommer erlebt haben.
Aber auch wenn sie uns all die Nächte den Helicopter mit Flutlicht über die Dächer schicken und sich im NS-Wortlaut über unsere Ausräucherung in Gedanken völliger Selbstüberschätzung verirren, werden wir stets dabei bleiben um unsere Leidenschaft für die Freiheit zu kämpfen, statt ein stumpfsinniges Leben zu führen.
Achtet auf Ankündigungen der Friedel, überlegt euch Ideen für Tag X und die Tage drum herum,
und lasst euch in Hamburg nicht erwischen!
Wir sehen uns auf der Demo am 24. in Berlin: entweder am Vortreffpunkt um 19:30 am Dorfplatz oder direkt beim Auftakt der Demo um 20:30 am Oranienplatz.
Für einen weiteren chaotischen Sommer!
jeder Tag, Tag X
Für Anwohner der Rigaer sieht das allerdings völlig anders aus. Bullenpräsenz wie bei der rechtswidrigen Räumung der Kadterschmiede stellt eine enorme Belastung für die Anwohnerschaft dar. Mit dem Rot-roten Senat ist diese Präsenz nicht mehr so zu vernehmen. Aber statt einen Bullenfreien Sommeranfang genießen zu können, werden Einsatzkräfte auf den Dorfplatz gelockt um sie mit Steinen einzudecken. Oder brennende Barrikaden errichtet deren Feuer dann auf umstehende Kleinwagen der Nachbarn übergreifen. Und so wird der Ausnahmezustand durch szenekiddies aufrecht erhalten. Und die Wannen kreisen wieder durch den Kiez, ebenso wie der Helikopter über unseren Schlafzimmern.
Ihr seid mit der Berliner Polizei schon längst eine Symbiose eingegangen. Die Bullen dienen euch als Begründung für jede noch so dämliche Aktion und helfen euch bei der Aufrechterhaltung eines Nimbus der radikalen Antiautorität. Und im Umkehrschluss dient ihr den Behörden immer wieder als schwarzer Peter, der es rechtfertigt nach mehr Personal, neuen Waffen, mehr Geldmittel und Befugnissen zu betteln. Nebenbei dürfen sich dann so Witzfiguren wie Tom Schreiber mit der Situation auch noch profilieren. Es ist eklig.
TagX
ich kann deine Kritik in manchen Punkten nachvollziehen, allerdingse, Militanz immer gleich mit kiddis, Chaoten usw zu bashen ist aus meiner sicht nicht richtig. Ohne Militanz wird es nicht gehen, da immer nur mit einemTranspie an der Polizeiabsperrung halt zu machen, bringt halt nix und verändert auch nix. In anbetracht,dass jeder Tag, TagX ist, da durch dieses System jeden Tag Menschen auf der Flucht sterben, Menschen vertrieben werden, Umwelt zerstört wird, Zwangsräumungen durchgeführt weden usw, ist es richtig und wichtig jeden Tag aktiv zu werden und nicht nur aus bestimmtem Anlass Nichtsdestotrotz tut es mir für die Besitzerinnen der betroffenen Autos leid! Daher sollte mensch der/die militante Aktionsformen wählt, darauf achten nicht Betroffene und deren Eigentum zu schützen und nicht als "kollateralschaden" ab zu tun. Und sich überlegen wie mensch den Betroffenen, wenn es eben doch mal passiert, helfen kann. Auf gute Nachbarschaft