Zum internationalen Kampftag der ArbeiterInnenbewegung sind heute in der ganzen Welt Millionen Menschen auf die Straße gegangen. Auch in Deutschland schlossen sich mehrere Hunderttausende den verschiedensten Aktionen an. Neben den Demonstrationen des "Deutschen Gewerkschaftsbund" (DGB) fanden dabei in zahlreichen Städten eigenständige "revolutionäre 1. Mai-Demonstrationen" statt. Wir berichten über die Aktionen in Berlin, Köln, Hamburg, Nürnberg, Stuttgart, Bonn, Frankfurt am Main, Freiburg, Magdeburg und Cottbus.
Berlin
Der 1.Mai begann in Berlin schon am Vorabend, als sich ca. 3.000 Menschen unter dem Motto „Organize! Selbstorganisiert gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung“ zur alljährlichen Walpurgisnachtdemo im Wedding trafen. Die Demonstration richtete sich insbesondere gegen steigende und unbezahlbare Mieten sowie die Verdrängungen aus den Kiezen. Von Seiten der DemobeobachterInnen wurde der hohe Einsatz von Zivilpolizisten kritisiert.
Für den 1. Mai selbst waren in Berlin so viele Aktionen angekündigt worden wie selten zuvor.
Gegen 9.30 Uhr begann die DGB-Demonstration an der sich insgesamt ca. 14.000 Menschen beteiligten. Da die Aktionen des DGB's traditionell von der SPD und ihrer politischen Linie dominiert sind, riefen mehrere Bündnisse zu eigenständigen revolutionären 1. Mai-Demonstrationen Aktionen auf.
Gegen 13 Uhr startete der "Rote 1. Mai" am Karl-Marx-Platz und zog unter einem antiimperialistischen Banner durch durch Rixdorf und Neukölln zum Endpunkt am Hermannplatz. Zu Beginn der Demonstration war es zu Provokationen von ca 40 sogenannten "Antideutschen" gekommen, die versuchten die ca 200 TeilnehmerInnen der Demonstration durch aggressive Sprüche herauszufordern. Die Demonstration hatte über die gesamte Wegstrecke einen lauten und kämpferischen Ausdruck.
Um 16 Uhr startete die Demonstration "Solidarität & Befreiung International", zu der neben verschiedenen linken Gruppierungen auch Migranten- und Flüchtlingsorganisationen aufgerufen hatten. An ihr beteiligten sich ca. 3000 Personen. Die Polizei blockierte die Route kurz vor dem Kottbusser Tor um die Demo am weiterziehen zu hindern. Da sich in der Demonstration auch viele Personen ohne gesicherten Aufenhaltsstatus befanden, ging die Demonstration nicht auf die Provokation der Polizei ein und löste sie sich an Ort und Stelle auf.
Im Vorfeld war es innerhalb der Berliner Linken zu Diskussionen um die Frage gekommen, ob es richtig sei, die revolutionäre 1. Mai-Demonstration anzumelden. Ein Teil hatte sich für eine angemeldete Demonstration ausgesprochen, unter anderem um Geflüchteten die Teilnahme an der Demonstration zu ermöglichen und deshalb die Demonstration um 16 Uhr organisiert. Ein anderer Teil sprach sich für eine unangemeldete Demonstration aus um "Klassenkämpfe zu entfalten". Aus diesem Grund begann gegen 18:00 Uhr die zweite "Revolutionäre 1.Mai-Demonstration" am Oranienplatz. Sie stand im Zeichen des 30-Jährigen Jubiläums der 1. Mai Demonstration und der Auseinandersetzungen die es im Jahr 1987 zwischen revolutionären Linken und BewohnerInnen auf der einen Seite und der Polizei auf der anderen Seite gegeben hatte. Obgleich die Demonstration in diesem Jahr mehrfach von der Polizei angegriffen wurde, konnte sie unangemeldet starten und bis zum Ende durchgesetzt werden. Die Demonstration passierte mit ihren 15.000 TeilnehmerInnen unter anderem das Myfest, welches vor einigen Jahren zur Befriedung der Demonstrationen am 1. Mai von Seiten der Stadt eingerichtet wurde. Während der Demonstration wurden wurden mehrere Rauchtöpfe und bengalische Feuer gezündet. Dennoch hatte die Polizei die Demonstration größtenteils unter Kontrolle in dem sie ein Einsatzkonzept einsetzte, welches massiv in die Versammlungsfreiheit eingriff. Über Teile der Demonstration hinweg wurde der Zug von vorne bis hinten gespalten durch Reihen von Polizisten, die innerhalb der Demonstration voreinander her liefen. Von Seiten der Polizei gingen gezielte Rempeleien und Provokationen aus. Am Ende der Demonstration kam es zu willkürlichen Festnahmen.
Köln
Bereits zum dritten Mal wurde der 1. Mai in Köln bereits mit einer Vorabenddemo eingeläutet, diesmal unter dem Motto „Kampf in den Mai! Für eine revolutionäre Perspektive“. So versammelten sich um 16 Uhr etwa 150 DemonstrantInnen verschiedener revolutionärer und kommunistischer Organisationen, um unter roten Fahnen durch Köln-Mülheim zu ziehen. Ganz bewusst führte die Route auch durch die Keupstraße, an den Ort, der unweigerlich auch an das NSU-Attentat im Jahre 2004 erinnert. Besonders hier kamen AnwohnerInnen auf die Straße um die Demonstration zu verfolgen, wohl auch, weil die Vorabenddemo im vergangenen Jahr bereits im Vorfeld massiv durch die Polizei kriminalisiert wurde und es zum Abschleppen aller Autos der AnwohnerInnen der Keupstraße kam. An der Stelle des Nagelbombenanschlags wurde in Gedenken an die Opfer des NSU gemeinsam innegehalten. Die Demonstration wurde kämpferisch und laut fortgeführt, begleitet von Reden, die Umweltschutz, Gleichberechtigung und vor allem die ArbeiterInnenbewegungen im Kapitalismus thematisierten.
Am folgenden Tag kamen ab 11:30 Uhr die ersten DemonstrantInnen für die DGB-Demo zusammen, bei der der revolutionäre Block aus verschiedenen migrantischen und nicht-migrantischen Organisationen ein gutes Drittel der Demonstrierenden ausmachte. Insgesamt zogen etwa 2.500 Menschen durch die Kölner Straßen, von Seiten der DemonstrantInnen des klassenkämpferischen Blocks wurde Stimmung gemacht gegen die Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse, nahmen immer wieder kritischen Bezug zur anstehenden Landtagswahl und solidarisierten sich mit den ArbeiterInnen und Unterdrückten weltweit. Die Demonstration endete mit einer Kundgebung am Hans-Böckler-Platz, deren „Höhepunkt“ wohl die Rede der Ministerpräsidentin der SPD war. Spätestens hier bekam die gewerkschaftliche Versammlung eher den Beigeschmack einer Wahlkampfveranstaltung.
Hamburg
In Hamburg begann der 1. Mai mit der traditionellen DGB-Demonstration mit ca. 8000 Menschen vom Rödingsmarkt aus. Ein internationalistischer Block der von verschiedenen antiimperialistischen, migrantischen und nicht-migrantischen Gruppen durchgeführt wurde, brachte eine klaren antiimperialistischen Ausdruck auf die Demonstration.
Gegen 18 Uhr versammelte sich dann die Revolutionäre 1.Mai-Demonstration unter dem Motto "Krieg und Krise haben System" an der Haltestelle "Sternschanze". Die Demonstration konnte mit 2500 DemonstrantInnen ohne weitere Zwischenfälle, bis auf eine Festnahme am Ende der Demonstration, durchgeführt werden. Am Abend kam es noch zu Auseinandersetzungen vor der Roten Flora, in dessen Anschluss die Polizei das Schulterblatt räumte. Der 1.Mai stand in diesem Jahr von Seiten der revolutionären Kräfte aus ganz im Zeichen der Mobilisierung gegen den G20-Gipfel, der im Juli in Hamburg stattfinden wird.
Nürnberg
In Gostenhofen trafen sich ab 11:30 Uhr rund 4.000 DemonstrantInnen – damit deutlich mehr als noch im letzten Jahr - unter dem Motto „Alles für Alle – für eine revolutionäre Offensive“, um ab 12 Uhr in Richtung der Nürnberger Innenstadt zu ziehen. Die Spitze der antikapitalistischen Demo bildete dabei ein anarchistischer und roter Block. Als der Zug das dortige Maritim-Hotel erreichte, trafen dieses Farbkugeln und als Reaktion auf die Abschiebepolitik der BRD galt selbiges für das örtliche Polizeipräsidium.
Die etwa 400 anwesenden Beamten hielten sich zurück und ließen die Demonstration gewähren, ein Umgang, der in Nürnberg jahrelang hart erkämpft wurde. Auch gegen eine Zeitarbeitsfirma richteten sich die Proteste, eine Fronttür wurde demoliert, Hammer und Sichel an die Wände gesprüht – ein klares Zeichen gegen Ausbeutung und prekäre Arbeitsverhältnisse. Die Polizei verließ den Demozug bei der Rückkehr nach Gostenhof, wo dieser mit einer Versammlung bei Musik ausklang.
Stuttgart
Der 1. Mai begann in Stuttgart mit der DGB-Demonstration um 10 Uhr vom Marienplatz. An der Demonstration beteiligte sich ein antikapitalistischer Block, der im Anschluss an die Demonstration eine Spontandemo zum Ort der Auftaktkundgebung der revolutionären 1.Mai-Demonstration durchführte. Mit leichter Verzögerung startete die Demonstration unter dem Motto "Let's Make Capitalism History" mit ca. 900 Personen. Gegen Provokationen von Seiten der Polizei, die die Demonstration aufhielt, weil die Seitentransparente zu lang seien, konnte sich die Demo gut verteidigen und ihren Zug ohne weitere Probleme fortsetzen. Aus der Demonstration heraus wurde Pyrotechnik gezündet und Farbbeutel gegen eine Filiale der Commerzbank geworfen, um die Kreditgeberin für "Kriegstreiber, Diktaturen und Atomwaffenhersteller" als Symbol des Kapitalismus zu markieren. Im Anschluss an die Demonstrationen fanden noch 1.Mai-Feste im Linken Zentrum Lilo Hermann sowie dem selbstverwaltetem Stadtteilzentrum Gasparitsch statt.
Bonn
In Bonn verzichtete der DGB in diesem Jahr auf eine Demonstration vom Gewerkschaftshaus zum Abschlusskundgebungsort vor dem Rathaus. Verschiedene Organisationen sahen jedoch die Notwendigkeit für einen kämpferischen 1.Mai-Ausdruck auf der Straße weiterhin gegeben. Aus diesem Grund riefen sie zur "internationalistischen 1.Mai-Demonstration" unter dem Motto "Von Rojava bis Bonn – überall ist Widerstand" auf. An der kämpferischen und geschlossenen Aktion beteiligten sich 150 Personen. Im Anschluss fand das internationalistische 1.Mai-Fest an der Marienschule statt, welches trotz schlechtem Wetters mit 200 Personen gut besucht war. Neben einer kurdischen Folklore-Gruppe traten unter anderem Ohrwurm Fabrik und 2naked auf.
Frankfurt am Main
An der DGB-Demonstration beteiligten sich 2000 Personen. Einen großen Teil davon machte der Block von verschiedenen revolutionären Organisationen aus der Türkei/Kurdistan aus, die sich zum Teil gemeinsam unter dem Banner von HDK-A ("Demokratischer Kongress der Völker-Europa") zusammenfanden. Der lebendige Block war durch Musik und Kultur auch während der Demonstration geprägt. Im Anschluss fand noch das Internationale Fest der Solidarität am Internationalen Zentrum im Gallus statt.
Freiburg
In Freiburg beteiligten sich an der DGB-Demonstration die vom Stühlinger Kirchplatz startete ca. 400-500 Personen. Die Front stellte der antikapitalistische Block. Daneben nahmen auch verschiedene Parteien und Vereine an der Demonstration teil, wie z.B. eine Initiative gegen Autobahnprivatisierung. Während der Demonstration wurden aus dem antikapitalistischen Block heraus bengalische Feuer gezündet. Am Schluss der Demonstration stand die übliche Abschlusskundgebung mit Volksfestcharakter.
Magdeburg
Cottbus
In Cottbus fand wie jedes Jahr auf dem Heronplatz die Kundgebung des DGB statt, an der alle bürgerlichen Parteien beteiligt waren. Er glich somit mehr einer Wahlkampfveranstaltung als einer Kundgebung von konsequenten GewerkschafterInnen. Fortschrittliche und kommunistische Strukturen versuchten dem etwas entgegenzusetzen und gingen ihrerseits mit verschiedenen Publikationen auf die Cottbusser zu.
Quellen:
Eigene Korrespondenten, Organsations-Berichte, Indymedia-Artikel, bürgerliche Medien
Bilder Bln
https://www.flickr.com/photos/neukoellnbild/sets/72157683300239105
Kommunismus trifft Reformismus im Regen
Am Vorabend demonstrierten in Freiburg 800 Linke auf einer unangemeldeten autonomen Demo und anschließend feierten 1.500 das traditionellen und dieses Jahr verbotene Straßenfest im Grün. Am 1. Mai beteiligten sich vielleicht 100-150 Linke am „antikapitalistische Block“ der DGB-Demo und die Demo begann wie üblich mit einem Gottesdienst und endete mit reformistische Reden zu Bratwurstfresserei. Was daran revolutionär sein soll, erschließt sich mir nicht.
1. Mai in Karlsruhe
Unter dem Motto "Jetzt sind wir am Zug! Gemeinsam gegen Kapitalismus - wir lassen uns nicht ausspielen" versammelten sich über 150 Menschen, um gegen das herrschende System zu protestieren.
https://linksunten.indymedia.org/de/node/211237
Kein Tag der deutschen Zukunft in Karlsruhe - Infoupdate #1
https://linksunten.indymedia.org/de/node/210678
Video der Demonstration in Magdeburg
https://www.youtube.com/watch?v=htMXX2MvuNw