Am 01.04.2017 demonstrierten in Göttingen über tausend AntifaschistInnen unter dem Motto „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ gegen die Kleinstkundgebung des faschistischen „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“. Im Anschluss versuchten die frustrierten Neonazis in Friedland Journalisten anzugreifen.
Antifaschistische Demonstration "Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!"
Die von der Antifaschistischen Linken International (A.L.I.) organisierte Demonstration zog lautstark und kämpferisch durch die Göttinger Innenstadt zum Bahnhof. Entlang der Demoroute bezeugten immer wieder AnwohnerInnen und PassantInnen Sympathie und Zuspruch. Die Demo wurde von einem dynamischen, antifaschistischen Jugendblock der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend und der Antifa-Jugend unterstützt. Auf mehreren Zwischenkundgebung wurde deutlich: Antifa heißt mehr als nur gegen Neonazis zu sein. Aus Anlass der sich jährenden Selbstbefreiung des KZ Buchenwald am 11. April wurden an der Gedenktafel zur Bücherverbrennung am Albaniplatz rote Nelken abgelegt. Gemeinsam schlossen sich die DemonstrationsteilnehmerInnen dort dem Vermächtnis der Häftlinge deutscher Konzentrationslager an: „AntifaschistIn zu sein heißt sich in die Reihe jener zu stellen, die vor uns gekämpft haben und jener, die nach uns kämpfen werden. Jene, die den Kampf erst einstellen werden, wenn wir unser gemeinsames Ziel einer Welt des Friedens und der Freiheit erreicht haben.“ Nach einer Schweigeminute erhoben viele der AntifaschistInnen ihre Hand und schworen das Vermächtnis der KZ-Überlebenden anzunehmen und Ihren Kampf weiterzuführen. Die Worte „Wir schwören!“ halten durch die Straßen Göttingens.
Bei einer Zwischenkundgebung am Marktplatz hielt die bundesweite antirassistische Kampagne „Welcome 2 Stay“ einen Redebeitrag und betonte die Zusammenhänge der durch imperialistische Staaten geführten Kriege mit der Flucht von Menschen aus ihren zerstörten Heimatländern. „Welcome2Stay“ rief die Göttinger Bevölkerung dazu auf, sich nicht nur gegen Neonazis sondern auch gegen die staatliche Abschiebemaschinerie zu stellen. In einer anschließenden Agitprop-Aktion ging in Solidarität mit antimilitaristischen Kämpfen ein symbolischer Panzer in Rauch auf.
Auf der Berliner Straße folgte ein Redebeitrag des Roma-Centers. In ihm wurde auf die Kontinuität der Verfolgung und des Rassismus gegen Roma, vom deutschen Faschismus, über die Beteiligung der BRD am NATO-Krieg im ehemaligen Jugoslawien Ende der 90er, bis hin zu Abschiebungen heute hingewiesen. Am Bahnhof gelang es der Demonstration gemeinsam mit der Kundgebung des Bündnis gegen Rechts die Neonazikundgebung, welche ca. 100 Neonazis zählte, zu umzingeln. Der Lautsprecherwagen der Neonazis musste von den Bullen über den Betriebshof der deutschen Post auf den Bahnhofsvorplatz geschmuggelt werden.
Neonaziaufmarsch in Northeim und Hetzjagd auf Journalisten in Friedland
Um ca. 16:00 Uhr bewegten sich die Neonazis, um doch noch laufen zu können, in die etwa 20 km entfernte Kleinstadt Northeim, wo sie auf verkürzter Route vom Bahnhof zum Münster marschieren durften. Bereits dort hoch aggressiv, gingen sie einen Journalisten an. Bei Kontrollen stellten die Bullen Messer, Pfefferspray und Schraubenzieher sicher.
Im Anschluss bewegten sich 25 frustierte Neonazis, die vorher in Göttingen mit 100 Teilnehmern und in Northeim unterwegs waren, nach Friedland. Dort meldeten sie spontan einen Aufmarsch an und zogen durch Friedland. Zur Geflüchtetenunterkunft in Friedland zu laufen, wurde ihnen von den Bullen untersagt. Im Anschluss kam es zu einer Hetzjagd auf Journalisten, die live auf der FKTN-Facebookseite gestreamt wurde und von ZuschauerInnen des Livestreams kommentiert wurde: "Der Kameramann haha.. gut Jungs weiter so!" und "Hau die Antifa aufs Maul die Schweine". Die Aktion ist vorbereitet und scheint mit allen Mittätern verabredet zu sein. Die Bullen bezeichneten die PressefotografInnen pauschal als Angehörige der linken Szenesprechen und schreiben in ihrer Pressemitteilung vom 02.04. nur von einem Laufen auf "Angehörige der linken Szene [...], vermutlich um sie zu attackieren".
Diese Hetzjagd reiht sich in eine Vielzahl von Übergriffen und Bedrohungen von Neonazis des FKTN gegen politische GegnerInnen ein. Weiteres zu Übergriffen der Neonazis beispielsweise in der Göttinger Zeitung "Agit161":
http://agit161.blogsport.eu/2017/01/12/bedrohung-mit-ankuendigung-angrif...
http://agit161.blogsport.eu/2017/03/18/wahlkampfhilfe-fuer-bewaffneten-n...
Presse zum 01.04.2017:
https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5393764&s=g%C3%B6ttingen/
http://www.goettinger-tageblatt.de/Goettingen/Uebersicht/Tageblatt-Liveb...
http://www.goettinger-tageblatt.de/Goettingen/Uebersicht/Freundeskreis-M...
http://www.suedkurier.de/nachrichten/politik/Goettinger-demonstrieren-ge...
https://www.jungewelt.de/artikel/308255.g%C3%B6ttingen-kraftvolle-demo-g...
https://www.hna.de/lokales/goettingen/goettingen-ort28741/polizei-verhin...
Videos:
https://www.youtube.com/watch?v=RlUOSQ9ih9M
https://www.youtube.com/watch?v=mdd8kJzG2TE
Bilder:
https://www.inventati.org/ali/
https://www.flickr.com/photos/147449040@N07/sets/72157678749393354
https://www.flickr.com/photos/147449040@N07/albums/72157682022266626
Kräfteverhältnisse
Angesichts unserer über 1000 lautstarken u. kämpferischen zum Teil vermummten Anti-Faschisten (die zumindest durch die POLIZEI nicht kontrollierbar waren) gegenüber 25 Leuten - stellt sich mir die Frage:
Wie war es möglich, daß der Faschismus in den letzten Jahrzehnten dergestalt erstarkt ist?!
Statistiker
(Kontinuierliche Nachbarschaftsarbeit (nicht nur) auf dem Land von rechts)-(Rückzug ins Szeneghetto resp. Bürgertum resp. Wohlfühlwelt von links) = erstarkender Faschismus
?
Vielleicht kannst du erklären, wenn du es auf Göttingen bezogen hast, woran du feststellst, dass faschistische Strukturen in Göttingen erstarkt sind? Die Aktionen am Samstag waren kein Zeichen der Stärke der Faschisten.
Northeim
Es sei darauf hingewiesen, dass es in Northeim noch einen Blockadeversuch gegeben hat. Leider beteiligten sich nicht genug der anwesenden Gegendemonstrant*innen, sodass es bei einem symbolischen Akt blieb und die Neonazis an der Blockade vorbeigeleitet werden konnten. Im Anschluss wurden die Personalien der Blockierer*innen festgestellt.