Die radikale Linke muss mit sich selbst brechen

Die radikale Linke muss mit sich selbst brechen

Immer wieder ergeben sich in den Diskussionen der autonomen Linken drei grundsätzliche Probleme: Erstens das Fehlen konkretisierter Ideen und linker gesellschaftlicher Alternativen. Zweitens die bewusste Nichtformulierung alltäglich und realistisch zu erreichender Ziele und drittens die fehlende Verankerung und Organisierung in Betrieb, Stadtteil, Schule, Uni etc. Wir brauchen einen Bruch mit der bisherigen linken Kultur der letzten Jahrzehnte, die getragen ist von Arroganz, Elitarismus und dem Hass auf ArbeiterInnen, wenn wir die Irrelevanz der radikalen Linke überwinden wollen.

 

Basisorganisierung als Grundpfeiler eines revolutionären Aufbauprojekts

 

Die radikale Linke hat ein Problem damit, grundlegende Ideen zu formulieren, welche verständlich und vermittelbar sind. Das Problem fängt bei den meisten schon damit an, Ideen zu formulieren welche auch außerhalb der eigenen kleinen Gruppe auf Interesse stoßen. Aber genau dies ist eine Grundlage gesellschaftlicher Wirkungsmächtigkeit. Es kann kein revolutionäres Gegenprojekt geben ohne einen realistischen Gegenentwurf zum Bestehenden.

 

Dabei geht es nicht darum die emanzipierte Gesellschaft zu planen, was zweifelsfrei unmöglich ist, aber darum gewisse Entwürfe zu zeichnen. Grundlegende Ideen zur Neugestaltung der Gesellschaft, die der Analyse und Kritik der bestehenden Herrschaft und Unterdrückung folgen, müssen geschaffen werden um einen Großteil der radikalen Linken zu einem gemeinsamen revolutionären Projekt zu vereinen.

 

Als Grundlage solch eines Projekts dient auch weiterhin die von der radikalen Linken so oft beschworene und kaum belebte Idee der Basisorganisierung. Ab und zu klappt es zwar, kleine Gruppen an Unis1 zu gründen, ein paar Gleichgesinnte im Betrieb zu finden oder die NachbarInnen zum gemeinsamen Vorgehen gegen den/die VermieterIn zu bewegen. Selten jedoch werden solche widerständigen Regungen durch linksradikale Gruppen unterstützt oder geschaffen. Eine große Anzahl an Gruppen ist längst zu realitätsverweigernden isolierten Zellen verkommen.

 

Zu unserem Glück fängt Basisorganisierung nicht in der eigenen politische Gruppe an, sondern im Alltag, dort wo wir arbeiten, wohnen, lernen und feiern. An all den Orten, an denen wir uns begegnen und uns gemeinsam arrangieren oder, besser gesagt, organisieren müssen. Die Basis der Gesellschaft, das sind die Betriebe (Produktion von Gütern), die sozialen und medizinischen Einrichtungen (Bereitstellung von Dienstleistungen), Schulen und Unis (Erziehung und Bildung der Gesellschaft), Kulturstätten (Kulturelles Leben der Gesellschaft) und der öffentliche Raum.

 

Zu diesen kommen die Orte der Pflege und Reproduktion hinzu, welche in der jetzigen Gesellschaft patriarchal bestimmt sind. Diese Orte sind auch die bürgerlichen Familien, welche durch die Befreiung der Frau und den Kampf gegen das Patriarchat abgelöst werden müssen. Auch in diesen diffuseren Orten gibt es konkrete Möglichkeiten der Basisorganisierung2.

 

Im Hier und Jetzt sind die meisten dieser Orte nicht Allgemeingut sondern sie sind in Besitz und unter Kontrolle des Staates, der Konzerne, der religiösen Vereinigungen und diverser Einzelpersonen, kurzum, sie sind Eigentum. Hier offenbart sich der Widerspruch zwischen Freiheit und Unterdrückung, zwischen Demokratie und Fremdbestimmung.

 

Die Organisierung der Basis ist schon deshalb Hauptbestandteil vernünftiger revolutionärer Politik, weil nur ein gesellschaftlicher Aufbau von Unten nach Oben (im Gegensatz zu Staats- und Klassenherrschaft) tatsächlich demokratisch und somit emanzipativ ist. Die Rückeroberung (Vergesellschaftung) dieser Orte und der Allgemeingüter, sowie auch der (Re-)Produktionsmittel, ist somit gleichbedeutend mit der Wiederaneignung des politischen Denkens und Handelns. Warum auch sollte ein Chef über die Arbeit bestimmen die wir doch am besten können? Wieso sollte jemand im Staat oder in der Stadtverwaltung über eine Stadt oder eine Straße bestimmen, die sie doch nicht einmal bewohnen? Dasselbe gilt auch für die/den VermieterIn. Basisorganisierung ist der erste Ansatzpunkt zur Lösung der oben genannten Widersprüche zugunsten einer freien menschlichen Gesellschaft.

 

Das Ziel von Basisorganisierung ist also Selbstermächtigung im kollektiven Maßstab. In der Konsequenz ist ein solcher revolutionärer Aufbau stets der Aufbau von Gegenmacht, die dazu dient, die Widersprüche zu Gunsten der einen oder anderen Seite im Kampf um die Gesellschaft aufzulösen. Ziel autonomer Politik muss es sein, solche Basisinitiativen und widerständigen Regungen zu schaffen oder zu unterstützen und mit antikapitalistischer, feministischer und antirassistischer Theorie zu unterfüttern und sie auszubauen. Autonome Gruppen sollten hierbei der weitergehende Ort der Organisierung sein, in welchem sich sowohl Einzelpersonen, als auch ganze Basisinitiativen zu einer allgemeinen revolutionären Politik, Theorie und Strategie zusammenschließen.

 

Die Selbstzerstörung der radikalen Linke

 

Das Problem, welches die (Post-)Autonomen haben, ist, dass sie durch Jahrzehnte der Selbstisolierung auf Grundlage theoretischer Verwahrlosung kaum mehr fähig sind sich innerhalb der Gesellschaft als politisch handelnde Subjekte zu bewegen. Notwendig wäre es jedoch, dass politisch und organisatorisch geschulte AktivistInnen fähig sind innerhalb ihrer eigenen Lebensrealität und ihres Umfeldes die Möglichkeiten zu Basisinitiativen wahrzunehmen. Die gezielt aus dem akademischen Diskurs vorangetriebene Entwicklung des Klassenhasses auf die ArbeiterInnen und die damit einhergehende elitäre, arrogante Kultur eben jener, welche diese Diskurse fördern, zersetzen und lähmen die gesamte Linke. Der linke ArbeiterInnenhass ist die Suche nach dem Schulterschluss mit dem liberalen Bürgertum und macht damit rechte Scheinalternativen attraktiver.

 

Diesem Problem kann nur entgegengetreten werden, indem sich die radikale Linke selbst reinigt von bürgerlichen akademischen Ideen, welche Klassenhass und elitäres Denken fördern. Die radikale Linke muss mit der Kultur der letzten 30 Jahre brechen und auf ihrer theoretischen Erneuerung aufbauend eine neue Kultur schaffen. Logischerweise werden und können die Subjekte, welche diesen Bruch vollziehen, nur die organisierten ArbeiterInnen in der radikalen Linken3 sein.


An euch ist dies ein Aufruf, sich selbst verstärkt politisch zu bilden und innerhalb der radikalen Linken eine starke gemeinsame Fraktion zu bilden. Nicht um einen falschen Klassenstolz zu propagieren, wie zu oft der falsche Umkehrschluss ist, aber um destruktiven Verhaltensweisen und schädlichen ideologischen Konstrukten in der Linken den Riegel vorzuschieben. Dies wäre eine notwendige große Auseinandersetzung innerhalb der Linken, um tatsächliche Klassenorganisierung und damit dir Möglichkeit zu antikapitalistischer Politik voranzutreiben.

 

Erst wenn dies passiert und ein Erneuerungsprozess in Kraft getreten ist und die ideologischen Verblendungen rein akademischer Diskurse (ohne Realitätsbezug) minimiert werden, wird es wieder möglich sein die eigenen Bedürfnisse im Kontext gesellschaftlicher Totalität zu erkennen. Das bedeutet, sich selbst zu finden, innerhalb der gesellschaftlichen Widersprüche des Kapitalismus und somit für sich und seine Mitmenschen selbst Initiative ergreifen zu können. Wir sollten uns nicht nur fragen, wie wir die anderen organisieren, sondern, wie wir selber wieder zu politischen Subjekten werden. Erst wenn wir uns strategisch aufstellen, als politische Subjekte, wird es möglich sein innerhalb der eigenen Lebensrealität, sei es im Betrieb, Büro, der Uni oder dem Stadtteil, wieder wirkungsmächtig zu werden.

 

Von der Idee zum konkreten Ziel

 

Ein weiteres Problem ist, dass es an utopischen gesellschaftlichen Ideen mangelt, Ideen einer menschlichen Zukunft. Wir brauchen solche Ideen als notwendige Tagträumerei. Utopische Ideen sind Triebkraft und zugleich Anker für das menschliche Denken. Sie führen uns vor Augen was sein könnte, was es zu erreichen gilt und festigen dabei unseren Stand in der traurigen Realität des Kapitalismus. Diese Träume und Ideen sind wichtig, weil wir sie vermitteln können als real zu erreichende Ziele.

 

Solche Ideen können dann real erreicht werden, wenn die materiellen Begebenheiten dafür existieren. Sie vermitteln sich über konkrete Ansatzpunkte im Alltag. Klassenkämpferische Politik im Betrieb zum Beispiel bleibt erfolglos, wenn sie nicht anhand der real existierenden materiellen Grundlagen formuliert wird. Es mag zwar nett sein, den ganzen Tag von der sozialen Revolution zu schwärmen, meist ist es aber erfolgversprechender, konkrete Ziele zu formulieren und anhand derer die KollegInnen zu organisieren. Seien es die kaputten Toiletten oder die jährliche Lohnerhöhung. Solche Kämpfe müssen immer wieder geführt werden. Um die Politisierung von KollegInnen weiter zu entwickeln, müssen dabei die konkreten Ziele wieder auf eine abstrakte Ebene geführt werden um somit antikapitalistische Ziele und Denkweisen zu vermitteln. Vom Abstrakten zum Konkreten und wieder zurück.

 

Der Aufbau von Gegenmacht und revolutionärer Organisation ist kleinteilige, anstrengende und alltägliche Arbeit, deren Erfolg sich erst nach langer Zeit zeigt. Er ist ein Gegenkonzept zur linksradikalen Kampagnenpolitik4.


Der Weg zu einer freien kommunistischen Gesellschaft ist langwierig und muss strategisch organisiert werden. Nur dauerhafte und feste Organisationsansätze sind in der Lage, strategisch Kämpfe zu verbinden und zu unterstützen und die erreichten Ziele für die soziale Revolution zu verbuchen.

 

Autonomie auf- und ausbauen

 

Autonome Organisierung ist die Lehre aus dem Dogmatismus und dem Sektierertum der Marxisten-Leninisten. Die Aufgabe, die Revolution zu machen, schreibt der Marxismus-Leninimus, den ProletarierInnen in der streng und hierarchisch organisierten Partei zu. Als Autonome müssen wir diesen Gedanken auch in der Zukunft ablehnen und bekämpfen. Der Aufbau revolutionärer Räte, in welche, in der revolutionären Phase der Gesellschaft, die Basisorganisierung aufgehen muss, um Staat und Kapital als organisierende und kontrollierende Kraft der Gesellschaft zu ersetzen bzw. zu zerschlagen, ist durch eine Parteienherrschaft, welche bereits in der Geschichte die Diktatur des Proletariats durch die Diktatur der Partei ersetzt hat, gefährdet. Nur die demokratische Autonomie innerhalb der Basisorganisierung kann zum Grundstein rätedemokratischer Prinzipien führen.

 

Wie oben bereits erwähnt kann nur die Organisierung der Gesellschaft von Unten nach Oben in basisdemokratischen Räten dauerhaft Demokratie und Emanzipation gewährleisten, weil nur sie es ermöglicht, die das eigene Leben betreffenden Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Alle jetzigen Projekte sind logischerweise dementsprechend zu gestalten.

 

Basisorganisierung und Autonomie sind also Grundpfeiler revolutionärer Politik. Um aber endlich wieder eine Politik zu entwickeln, die auch die Fähigkeit besitzt Wirkungsmächtigkeit zu entfalten, brauch es zuallererst einen Bruch mit der zeitgenössischen Linken und ihrer Kultur. Es braucht einen „proletarischen“ Diskurs, der aufräumt mit den falschen Ideologien in der radikalen Linken. Grundlage für solch einen Diskurs muss die Fraktion der ArbeiterInnen innerhalb der radikalen Linken sein, welche ein gewisses Klassenbewusstsein entwickelt und es konsequent verteidigt gegen die aus den Universitäten organisierten Angriffe.

 


1Gegenbeispiel ist die neu gegründete Hochschulgewerkschaft Unter_Bau in Frankfurt. Sie ist sowohl Basisorganisierung von Putzkräften als auch des wissenschaftlichen Personals. Sie ist auch Gegenbeispiel zum Punkt der Nichtformulierung von zu erreichenden Zielen. Mehr unter: https://unterbau.org/

 

2siehe Strike4repeal (http://strike4repeal.org/). Eine aus Irland stammende Plattform, welche sich zum Ziel setzte, am internationalen Frauenkampftag zu einem sozialen Streik Frauen auf die Straße zu mobilisieren, um das irische Abtreibungsverbot zu kippen.

 

3siehe „Proleten, Pöbel, Parasiten. Warum die Linken die Arbeiter verachten“, von Christian Baron, 2016. http://www.christian-baron.com/

 

4siehe „11 Thesen zu sozialen Kämpfen“, Basisgruppe Antifaschismus Bremen.

http://basisgruppe-antifa.org/wp/thesen-zur-strategie-in-sozialen-kaempfen-2016/

 

 

www.autonomie-magazin.org

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Die radikale Linke mal wieder reflektiert. Das häuft sich ja (erstmal in texten, aber okay) und das ist gut so. Dem Titel und der Grundaussage stimm ich absolut zu. Wobei ich mich schon genauer fragen würde aus was die Kultur besteht mit der gebrochen werden soll. Also was die genau ausmacht und durch was das genau ersetzt werden soll. Gut das kann ein kurzes Plädoyer für den Bruch mit  Arroganz, Arbeiterverachtung und Elfenbeinturm auch nicht alles bieten. Die totale Ablehnung vom Marxismus-Leninismus ist bei aller Kritik nicht meins. Auch wenn in der Geschichte vieles schief gelaufen ist. Aber gut das ist eben eine andere politische Position und wäre auch eine andere Diskussion. Schön dass sich die selbstkritischen und suchenden und klassenbewussten Diskussionsbeiträge mehren.

aber:

"Logischerweise werden und können die Subjekte, welche diesen Bruch vollziehen, nur die organisierten ArbeiterInnen in der radikalen Linken3 sein."

vs.

"Erst wenn wir uns strategisch aufstellen, als politische Subjekte, wird es möglich sein innerhalb der eigenen Lebensrealität, sei es im Betrieb, Büro, der Uni oder dem Stadtteil, wieder wirkungsmächtig zu werden."

Was soll die Klassenkampfattitüde, wenn dann doch wieder alle angesprochen werden? Bzw. was soll die Klassenkampfattitüde? Warum ist die Basisorganisierung mehr wert, wenn die Menschen darin ein bestimmtes Label tragen (Arbeiter*in).

Da ist in der Tat ein Widerspruch.

 

Ich glaube, es geht weniger um ein bestimmtes "Label" oder eine Bezeichnung, als vielmehr darum, dass die Praxis der Basisorganisierung (Erfahrungsaustausch über Zumutungen des Kapitalismus, Schweinereien der Chefs, Planung widerständiger Aktionsformen, Streiks, Besetzungen etc.) aus der konkreten Erfahrungen der Gruppenteilnehmer*innen mit diesen Zumutungen kommen muss. In dem Sinne ist Basisorganisierung um einiges "mehr wert". Ich kann beispielsweise eine Erwerbslosen- und Anti-Hartz-IV-Basisorganisierungsgruppe im Stadtviertel oder auf dem Dorf aufbauen, aber ich sollte mich fragen, was das ganze bringt, wenn nicht auch Leute in dieser Gruppe sind (und auch die Gruppe mitentwickeln!), die selbst von Hartz-IV Shizzle betroffen sind. Denn eine Idee für andere entwickeln, was diesen anderen wohl möglicherweise gut täte, das wäre eindeutig Stellvertreter- und Dienstleistungsarbeit. Und zwar obendrein noch unbezahlt. Es bringt nichts, wenn irgendwelche speziell ausgebildete Community Organizer, bestenfalls mit Hochschulabschluss, von außen in die Betriebe oder sozial abgehängten Viertel gehen und meinen, dort irgendwelche Leute zu organisieren. Das ist Organisierung, wie es Liberale praktizieren würden (siehe Barack Obama und der liberale community organizing Ansatz). Deren Ziel ist, dass Leben der Leute im Kapitalismus zu verbessern, dass sie doch mal endlich mit ihrem Leben klar kommen sollen, eigenständig Formular xy ausfüllen und zum Amt gehen können, oder dass sie im liberalen Sinne eine gleichberechtigte Vertretung im demokratisch-kapitalistischen System erhalten. Eine radikale Perspektive muss aber weiter gehen.

 

Im ürbigen würde ich auch schon die Sichtweise auf das ganze Problem ändern. Die Fragen "wie sprechen wir Leute an?", "wie rufen wir auf?" sind doch schon schief. Das folgt dem Prinzip A muss B irgendwie mobilisieren. Die Linke zerbricht sich daran permanent den Kopf.

Fangen wir doch stattdessen einfach an. Bei uns selbst. Fragen wir uns, was unsere eigenen Probleme sind. Sind wir Hartz-IV-Betroffene, würden wir unsere amazon-Chefs am liebsten zum Mond schießen, ist meine Wohnung unsicher und fliege ich bald raus, weil ich die Miete nciht bezahlen kann? Dann suchen wir uns entlang dessen Verbündete. Da müssen wir nicht lange suchen. Suchen wir uns einen Raum, wo wir uns regelmäßig treffen können, erarbeiten wir ein erstes vorläufiges Selbstverständnis, überlegen und schreiben wir auf, wie unsere Basisorganisierung in der Praxis ausseehen soll: Wann sind die Treffen, wie reden wir untereinander, wie kann man mit uns in Kontakt treten, wie gehen wir mit Neuen um, gibt es Leitfäden von bereits exisitierenden Gruppen, die wir verwenden können (Spoiler: die gibt es.)? Wie geben wir Neuen den Raum, über sich zu erzählen? Wie organisieren wir mit ihnen Aktionen? Mit welchen anderen Gruppen vernetzen wir uns?

Die schreiben ja, dass "die organisierten ArbeiterInnen in der radikalen Linken" es sind, die mit der selbstzerstörerischen Kultur in der Linken der letzten 30 Jahre brechen können. Für eine gesellschaftlich wirksame Organisierung von der Basis her brauchst du natürlich klassenübergreifende Bündnisse. Stimmt doch. Ne Stadtteil- oder Betriebsorganisierung in der nur Proletarier_innen in der 5. Generation mitmachen dürfen wäre schräg. So schwarz wie weiter unten kritisiert sehe ich die Sache mit den Basiskämpfen auch nicht. Wenn du den Blick über die Grenzen hinaus richtest sieht es sogar nach positivem Trend aus. Übrigens finde ich die sachlichen Kommentare hier so angenehm wie den Artikel interessant.

Neben unter_bau vertritt die Gewerkschaftsföderation FAU www.fau.org diesen Ansatz im Übrigen seit Jahren, zusammen mit diversen internationalen Partner_innen. Sicher sind der von der FAU vertretene Anarchosyndikalismus und die Idee des Rätekommunismus nicht exakt deckungsgleich aber doch in den meisten Punkten gut kompatibel, bzw. sich ergänzend. Seit den letzten Jahren wächst die FAU auch stetig und wird in ihren Alltagskämpfen immer erfahrener und praktischer, was nicht zur Aufgabe von antifaschistischen, feministischen usw. Kämpfen geführt hat sondern diese eher verstärkt. Wäre also schön, wenn die, die diesen Text im wesentlichen zustimmen sich die FAU mal anschauen und uns vielleicht verstärken, denn gute Projektansätze gibts bis jetzt wie immer mehr als Hände ;)

Was mich etwas stutzig macht bei diesem Schwung "kritischer" Texte, die in ihrer Phrasenhaftigkeit natürlich auch viel Richtiges enthalten, ist, dass die Analyse der Gesellschaft so gut wie überhaupt nicht vorkommt. Warum ist die "zeitgenössische Linke" und "ihre Kultur" so, wie sie ist? Dem Text zu Folge ist wohl hauptsächlich die "gezielt aus dem akademischen Diskurs vorangetriebene Entwicklung des Klassenhasses" schuld. Sonst findet sich wenig. Nun klar, aus den Hochschulen fließt natürlich hauptsächlich die Ideologie der Herrschenden. Aber wieso sollte einE ProletarierIn das dann annehmen? Und umgekehrt: Wie ist dann zu erklären, dass große Teile der ArbeiterInnenklasse noch hinter die oberflächlichen neoliberalen Phrasen des Universitätsoutputs (z.B. die angestrebte grenzenlose Mobilität der "Fachkräfte") zurückfallen? Warum sind so viele ProletarierInnen, völlig entgegen ihre objektiven Interessen subjektiv Rassistinnen und NationalistInnen? Warum erkennen sie ihre eigene Verantwortung nicht, sondern setzen subjektiv (und in der BRD leider ziemlich zuverlässig) auf autoritäre Lösungen, die an Menschenverachtung kaum zu überbieten sind? Nicht falsch verstehen, ich stehe fest zu der Position, dass nur die ArbeiterInnenklasse die Menschheit von Joch der warenproduzierenden Vergesellschaftung der Arbeitskraft befreien kann. Doch mit einer solch eindimensionalen Kritik, speziell verbunden mit einem Aufruf an einen verschwindend kleinen Teil der Linken, ist es nicht nur nicht getan. Ich habe zudem den Verdacht, dass die Unfähigkeit der nicht parteiförmigen* Linken über kleinliche Auseinandersetzungen untereinander hinauszudenken, hier nur um eine weitere Facette ergänzt wird: Die der proletarischen Linksradikalen, die einerseits von Basiskämpfen für ihre Interessen träumen (tu ich auch) aber andererseits keinen Begriff von den schrecklichen Umständen haben, die genau diese verhindern. Dieses Defizit wird (weiter) dafür sorgen, dass alle Bemühungen an der Basis Kämpfe zu entwickeln auf niedrigem Niveau stagnieren werden.

 

*um die geht's ja hier, die parteiförmigen können es größtenteils auch nicht

diesen Bruch vollziehen, nur die organisierten ArbeiterInnen in der radikalen Linken3 sein.


Na da gehts doch schon los. Mit dem BinnenI könnt ihr nicht brechen, aber die radikale Linke (wer immer das sein soll) soll es tun? Die Arbeiter müssen weder mit der radikalen Linken noch mit ihren Genderzeug brechen. Sie hatten damit nie was zu tun und es war nichtmal Teil ihrer Welt. Steht ja nix von in der Bild. 

 

.....indem sich die radikale Linke selbst reinigt von bürgerlichen akademischen Ideen welche Klassenhass und elitäres Denken fördern.

 

Aus welchen Maoistenblättchen habt ihr das abgeschrieben? Den Kack kennt man schon von Mao, meine Fresse ist das lang her. wart ihr da schon auf der Welt. Na bitte, Neuanfang mit den Sprüchen von Vorgestern. Ach ja der Hass auf die Arbeiterklasse? Und was ist mit dem Hass der Arbeiterklasse auf die Linke? Ach so, habt ihr nicht mehr erlebt? Geh doch rüber. Geh erstmal arbeiten. Weißt du überhaupt was Arbeit ist? Schon mal ne Fabrik von innen gesehen? Ok, ihr habt das wirklich nicht erlebt. das erklärt solche Texte. ;-)))

Sonst sind viele Texte hier schon mit Sternchen, Unterstrich oder, noch schlimmer, Auswüchse wie "Professx".

Dass die AutorInnen das Binnen-I gewählt haben, ist ein Schritt in die richtige Richtung - weg von der Hochsprache hin zur Alltagssprache der Menschen. Denn im öffentlichen Leben (z.B. in Österreich) ist das Binnen-I sehr weit verbreitet.

An dieser Stelle ein Kompliment an die AutorInnen, seit langem mal ein Text, der auch für nicht-akademische Menschen verständlich ist.

Wer denkt Basisnähe geht einher mit simpler Sprache für die Massen, hält sich selbst in Wirklichlkeit für die Avantgarde und normale Arbeiter*innen für blöd.

 

Das große I wurde auch nicht immer verwendet und Sprache verändert sich ständig. Und das ist in einem emanzipatorischen Sinne auch richtig so. Vor hundert Jahren wäre der Begriff "Neger" noch ganz normale Umgangssprache gewesen, heute ist er als rassistisch erkannt. Ähnlich verhält es sich mit Geschlechterrollen. Auch das Frauen wählen sollen hat der normale Arbeiter 1865 auch nicht verstanden, trotzdem war die Forderung richtig.

Du unterstreichst schön, was der Beitrag besagt. Hass auf das Proletariat. In der Welt von ArbeiterInnen kommt nichts vor, was nicht in der BILD steht? Ich lese die BILD ab und zu, wenn sie irgendwo herumliegt. Das Binnen-I ist mir trotzdem seit den späten Achzigern bekannt, da ich auch andere Medien nutze (wenn sie irgendwo herumliegen). Und bestimmt zu deiner Überraschung: Meine Gewerkschaft (Nein, nicht die FAU) benutzt das Binnen-I auch; genauso wie alle möglichen Institutionen. Sprache verändert sich!

 

Zu deinem "Den Kack kennt man schon von Mao": Nö, auch das weiß ich aus herumliegenden Texten, dass Mao "den Kack" oder eine Vorlage dazu nicht geschrieben hat.

 

Dein "Und was ist mit dem Hass der Arbeiterklasse auf die Linke? Ach so, habt ihr nicht mehr erlebt? Geh doch rüber. Geh erstmal arbeiten. Weißt du überhaupt was Arbeit ist? Schon mal ne Fabrik von innen gesehen?" Ähemm! Jemand schlechte Erfahrungen gemacht? Du beziehst dich offenbar auf die Zeit vor 1989. Damals gab es keine kommunistischen oder anarchistischen ArbeiterInnen? Nur reaktionäre doofe Prolls die euch vor den Betriebstoren darauf aufmerksam gemacht haben, dass ihr keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit des Proletariats habt? DKP, FAU, Autonome, K-Gruppen, MLPD etc. waren damals alle ohne ArbeiterInnen und wurden von der gesamten ArbeiterInnenklasse gehasst? Echt jetzt?

 

Das Problem der Systemunterstützung innerhalb des Proletariats ist wichtig und ernst. Du gehst das in deinem Kommentar nicht an, sondern putzt uns ArbeiterInnen herunter. Ein paar Klicks würden dir übrigens verraten woher dieser Beitrag kommt. Mit deinen Mutmaßungen liegst du auch diesbezüglich ganz gründlich falsch. Daher wirklich: LOL

Falls es nicht mehr geläufig sein sollte. In den USA haben die Arbeiter Trump gewählt. Schon vergessen?

Alle Arbeiter und überall haben Trump gewählt. Deswegen hat er ja auch die überwältigende Mehrheit im Popular Vote, nicht wahr?

Vielleicht sollte man sich ein wenig Sachkenntnis aneignen und nicht einfach irgendwas das man in der Tagessschau mal verkürzt aufgeschnappt hat, nachplappern.

Also ich bin ein Arbeiter. Bei mir im Betrieb gibt es einen über 50 Jahre alten Sozialisten, der mit seiner Einstellung nicht hinterm Berg hält und einen bekennenden Schwulen. Die meisten würde ich mal als die klassischen SPD-Wähler einschätzen. Was es hier weniger gibt, sind wohl FDP und Grünen Wähler.

 

 Ich kann hier aus welchen Gründen auch immer keine Artikel verlinken. Bein Interesse einfach mal googeln "AFD-Anhänger verdienen überdurchschnittlich". Das war ein "Zeit" Artikel und eine Studie vom "Institut der deutschen Wirtschaft".

Es war schon bei der NSDAP falsch, diese Partei der Kleinbürger und Beamten war nie eine Arbeiterpartei und es wird auch bei der AFD nicht richtiger.

 

Sicherlich lesen meine Arbeitskollegen Boulevardblätter. Hier in Hamburg halt die Spd-lastige"Mopo" und nicht die "Bild".

Keiner von denen hat irgendeinen Bezug zu dem, was sich als "linke Szene" begreift, das macht die Leute aber noch lange nicht zu rechten Reaktionären, wie du es gerne hättest. Sicherlich haben wir auch den Dummschwätzer mit rassistischen Sprüchen dabei, beschönigen will ich nichts. Aber nur weil hier einiges offener geäussert wird, sind die Leute nicht homophober, fremdenfeindlicher eingestellt als anderswo im Bürojob.

 

Hass auf linke Inhalte kann ich bei den meisten nicht ausmachen. Höchstens ein Ablehnung gegenüber dem, was sich eben als "linke Szene" im Sinne von "linke Avangarde" versteht.

 

Bürgertum, ArbeiterInnen, Elitarismus – Was ist gemeint?

 

https://linksunten.indymedia.org/de/node/209092