Zum Abbruch der Veranstaltung mit der AfD am 2.3. im SWANE-Café in Wuppertal
„Linke stürmen politischen Diskussionsabend mit AfD“ (WZ Wuppertal); „(...) eine hasserfüllte und undemokratische Blockade“ (Radio Wuppertal); „Faschismus ist dann, wenn eine kleine Gruppe für sich in Anspruch nimmt, entscheiden zu dürfen, wer in unserer Stadt wann und wo miteinander sprechen darf...“ (Der von den Wuppertaler GRÜNEN unterstützte Landtagskandidat Jörg Heynkes bei Facebook)
Kandidat der GRÜNEN mit „Anti-Antifa-Arbeit“
Zumindest für den immer auf Profilierung bedachten selbsternannten Landtagskandidaten Jörg Heynkes scheint die Sache klar zu sein und seine Rechnung aufzugehen: Immerhin ist er am Tag nach der abgebrochenen Veranstaltung in allen Medien. Laut seinem, noch am Abend der Veranstaltung bei Facebook geposteten Verständnis, ist Faschismus für Heynkes, wenn menschenverachtende und ausgrenzende Inhalte nicht öffentlich propagiert werden dürfen. Es ist für ihn also quasi eine „antifaschistische Tat“, wenn er noch in der Nacht auf Nazimethoden zurückgreift und ein Foto veröffentlicht, auf dem empörte BesucherInnen der Veranstaltung gut zu erkennen sind. Die Nazis nennen sowas „Anti-Antifa-Arbeit“. Sie nutzen solche Fotos, um Profile jener Menschen anzulegen, die sie bedrohen, verletzen und oft genug auch töten möchten.
Angesichts dieser, einem durch die „Extremismustheorie“ verbarrikadiertem Gehirn entsprungenen Aussage und der „Serviceleistung“ für die Nazis, sollten sich die GRÜNEN in Wuppertal vielleicht nochmal intensiv damit beschäftigen, wen sie da eigentlich im Wahlkampf zur Landtagswahl unterstützen. Doch das wird nicht passieren. Denn Jörg Heynkes gibt jenen medialen Tenor bei den Berichten zur abgebrochenen Veranstaltung im SWANE-Café vor, der besser als jede Studie belegt, warum es absolut notwendig ist zu intervenieren, wann immer rechten und rechtsradikalen Parteien wie der AfD ein roter Teppich ausgerollt wird. Zeigen die hysterischen Reaktionen auf die Geschehnisse doch, dass es für zu viele mittlerweile tatsächlich normal und demokratisch legitimiert scheint, mit VertreterInnen rassistischen und völkischen Gedankenguts zu diskutieren.
Dabei geht es um den prinzipiellen Anspruch, Rassisten eine Bühne bieten zu dürfen – der Kandidat Heynkes hat das ja deutlich zum Ausdruck gebracht. Denn das, was am und im SWANE-Café tatsächlich passierte, rechtfertigt die Hysterie nicht. Die Zusammensetzung des Publikums bildete die Verhältnisse in der Stadtgesellschaft ab und war mitnichten eine „Flutung “ oder gar ein „Sturm“ des Lokals. Einige der Anwesenden äußerten bei einer „offenen Diskussion“ lautstark verbal ihren Unmut, es wurde ein Gedicht verlesen, andere Gruppen standen überwiegend ruhig und sich unterhaltend in der Luisenstraße herum. Das war es beinahe, wenn es nicht auch zum „Einsatz von Luftschlangen“ gekommen wäre. Der Abend wurde abgebrochen, weil ein Großteil des Publikums auf die angekündigte Diskussion keine Lust hatte. That's it. Das als „hasserfüllte Blockade“ zu bezeichnen ist lächerlich.
Bei manchen herrscht eine üble Geschichtsvergessenheit vor
Erschreckend finden wir, dass es aber durchaus auch Menschen gab, für die es angeblich zur „Demokratie gehört“, auch mit denen zu reden, die diese Demokratie mit Falschmeldungen, gezielten Gerüchten und einer Verschiebung gesellschaftlicher Diskurse durch die Etablierung von Begriffen wie „Umvolkung“ „Volksverräter“ oder „Überfremdung“ zerstören wollen. Die gehörte Begründung, es müsse mit ihnen geredet werden „weil es sie nunmal gibt“, offenbart ein furchtbares Unverständnis der Zustände und eine üble Geschichtsvergessenheit. Es zeigt, dass viele offenbar nicht (mehr) wissen (wollen), dass das Existenzrecht von Minderheiten und die Akzeptanz von Andersartigkeit das Resultat langer Kämpfe und eben nicht vom Himmel gefallen ist.
Gäbe es nur diejenigen, die Diskussionen mit der AfD „normal“ finden, hätte es die Partei geschafft. Sie würde auf keinen Widerstand mehr stoßen, ihr „das muss man doch noch sagen dürfen“, hätte sich endgültig durchgesetzt. Nein, menschenverachtende und rassistische Ansichten durften und dürfen eben nicht öffentlich geäußert werden. Sie sind keine „Meinung“ über die ergebnisoffen und „auf Augenhöhe“ (Einladung des SWANE-Cafés) geredet werden kann. Es ist Hetze, die z.B. allein im letzten Jahr zu 527 rechts motivierten Gewaltdelikten gegen nach Deutschland geflüchtete Menschen geführt hat (Statistik der Bundesregierung). Deshalb ist es gut, dass viele Menschen am Donnerstagabend laut und deutlich zum Ausdruck brachten, dass sie nicht gewillt sind, Hetze zu tolerieren und der AfD zu gestatten, diese an den Fuß des Ölbergs zu tragen.
Schulterschluss der lokalen Politik gegen Autonome und Antifa?
Es erschreckt uns auch, wie reflexhaft jetzt fast alle Wuppertaler Landtagskandidaten (außer jenen der LINKEN) der AfD zur Seite springen, da es laut Presse „Linksautonome“ und „Antifa“ waren, die in der Luisenstraße protestierten. Wo es doch vor allem ihre Aufgabe gewesen wäre, dem Vorhaben von vornherein eine Absage zu erteilen. Das zeigt, dass, anders als auf Autonome und Antifa, auf die meisten ParteivertreterInnen kaum gezählt werden kann, wenn es um die Verteidigung einer Stadt geht, in der alle Menschen, ungeachtet ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder sexuellen Orientierung unbehelligt leben können. Wäre am Donnerstag hingeguckt worden, so hätten Presse und ParteivertreterInnen im Übrigen feststellen können, dass es ein wohltuend breites Spektrum war, dass kam um seinen Unmut zu artikulieren. Wir danken allen, die deshalb da waren.
Zu schlechter Letzt sind wir vor allem erschrocken darüber, wie Selly mit der Kritik an der geplanten Veranstaltungsreihe im SWANE-Café umgegangen ist. Es reicht nicht, ein Gesprächsangebot zu machen wenn „das Kind in den Brunnen gefallen“ ist. Am Abend der Veranstaltung war es für „gute Lösungen“ bereits zu spät. Vielmehr hätten die Dinge im Vorfeld abgeklärt werden können – es ist ja nicht so, dass es keine Versuche dazu gegeben hätte. Dass es bundesweit Proteste gegen Orte von AfD-Veranstaltungen gibt (z.B. auch gegen die „Maritim“-Hotelkette) dürfte auch ihr nicht entgangen sein. Die AfD trotzdem ins „Herz des Viertels“ am Fuß des Ölbergs einzuladen und dann angeblich überrascht im Gegenwind zu stehen, ist nicht nur naiv, sondern auch unsolidarisch. Es produziert einen vorhersehbaren Propagandaerfolg für die AfD und trägt potentiell zur Schwächung des Widerstands bei.
Die Schaffung einer Situation, in der beides nur durch „stilles Ertragen“ hätte abgemildert werden können, empfinden wir als erpresserisch. Zu erwarten, dass alle „ihren Mund halten“, weil es Selly so will, ist realitätsfremd. Das SWANE-Café wird sich darauf einstellen müssen, dass es auch am 3. April, sollte es denn erneut zu einer Einladung der AfD kommen, wieder Proteste geben wird.
Einige AntifaschistInnen, die am Donnerstag in der Luisenstraße waren
"geschichtsvergessenheit" ist noch nett ausgedrückt
faschismusvergleiche derart sind nicht mehr harmlos sondern schlicht und ergreifend geschichtsrevisionismus. also gut daß ihr sie gleich beim namen nennt.
daumen und faust hoch für eure aktion.
weiter so
Touché !
Ist schön zu sehen, wie sehr die AfDler von der Aktion getroffen wurden. Noch Wochen später lecken sie ihre Wunden. :-)