Offener Brief zum NPD Bundesparteitag im Saarland

Neonazis blockieren am 11. und 12. März 2017 im Saarbrücker Schloss.

Liebes Saarland, du willst die Segel streichen? Du hast kapituliert vor dem Terror? Zum wiederholten Male wollen Scheindemokraten einen Ort zur Bühne ihrer verfassungsfeindlichen Politik machen, den sie vor über 80 Jahren schon einmal mit ihren Stiefeln betreten haben. Sie haben sich ein Recht eingeklagt, das ihresgleichen abschaffen will. Und du schaust weg ... oder tatenlos zu?


Schaust zu, wie die NPD ins Saarbrücker Schloss einzieht. Jenem Ort, an dem die Nationalsozialisten ihren Terror verbreiteten, den Mord an tausenden Saarländerinnen und Saarländern planten und organisierten. Dort, wo die Geheime Staatspolizei ihre Leitstelle einrichtete an einem 1. April 1935. Fünf Jahre später wurden die letzten saarländischen Juden vom Schlossplatz in ihre Vernichtung deportiert und die Welt begann, von großdeutschen Feuer angefacht, in Trümmern und Asche zu versinken.

Ein Ort, an dem heute noch ein Folterkeller an die Grausamkeiten der Täter, die Qualen der Opfer erinnert; ein Ort an dem ein unsichtbares Mahnmal vor dem Tor all jenen jüdischen Friedhöfe gedenkt, die es noch vor der Machtübergabe an das Hitler-Regime 1933 in Deutschland gegeben hat. Diesen Ort überlässt du zukünftigen Tätern, den Brandstiftern, nicht nur denen im Geiste. Leckst deine Wunden nach dem verlorenen Kampf vor den Gerichten um Gerechtigkeit für die, die heute nicht mehr da sind um selbst dafür einzustehen.

Du schaust zu wie sich der Hass mitten in deinem Herz wieder breit macht? Wie du zum sicheren Hafen, zum Rückzugsort für Faschisten aus der gesamten Bundesrepublik geworden bist, zum Aufmarschgebiet für Demagogen und Gewalttäter, zur Bühne für ihren Hassgesang. Seit Jahren bist zu etabliert und im Kalender fest verankert für die großen Saalveranstaltungen der NPD, hältst als Mobilisierungsraum für ihre Nazikonzerte im angrenzenden Frankreich her. Auch wenn die NPD in den Parlamenten bedeutungslos scheint, gelten ihre Wahlerfolge im Saarland als Vorzeigemodell für alle westdeutschen Länder. Du stellst wichtige Kader bereit, die im gesamten Bundesgebiet agieren, szeneübergreifend vernetzen und Kontakte zu terroristischen Vereinigungen und deren Unterstützerumfeld pflegen. Ob Verbindungen zu bewaffneten Nazidruiden und sogenannten Reichsbürgern oder zur verbotenen Gruppe "Weiße Wölfe Terrorcrew", das Netz breitet sich in viele Richtungen aus – ein großer Knoten, der diese Fäden zusammenhält, sitzt hier bei dir im Saarland.

Zum 1. März 2017 hast du mit Thorsten Heise sogar einen mutmaßlichen Unterstützer des Terrorkommandos NSU empfangen. Ein verurteilter Gewaltverbrecher mit Verbindungen zum verbotenen Naziskinhead-Netzwerk "Blood & Honour" trat zum Politschen Aschermittwoch der NPD im Großen Saal des VHS-Zentrum auf. In jenem VHS-Zentrum direkt neben dem Saarbrücker Schloss, in dem der faschistische Terror in den Morgenstunden des 9. März 1999 einen Bombenanschlag verübte. Terroristen, die nach wie vor auf freiem Fuß sind.

Keine zwei Wochen später, am 11. März 2017, bietest du den Raum für den ersten Bundesparteitag der NPD nach dem erneut gescheiterten Verbotsantrag. Ein Raum in dem sich die höchstrichterlich verbrieft verfassungsfeindliche Partei neu konsolidieren will. Mit dem Freibrief aus Karlsruhe kann sie ihre bürgerliche Maske wieder fallen lassen und sich auf einen Kampf um die Straße zurückbesinnen, den sie – vertreten durch ihre Tarnorganisationen, das gewaltbereite Kameradschaftsspektrum und rechtsgerichtete Hooligans – auch mit Stiefeln austrägt.

Eine wehrhafte Demokratie heißt nicht, zurückzuweichen und die Faschisten auszuhalten. Es bedeutet sich mit allen Mitteln einer demokratischen Gesellschaft dagegen zur Wehr zu setzen. Neonazis, so klein und unbedeutend sie zu sein scheinen, so marginal sie in unserem Leben eine Rolle spielen dürfen, sind eine Gefahr für unsere freiheitliche Grundordnung und unseren Wertekanon, der auf Solidarität und Toleranz fußt. Dies, nicht allein aber vor allem als Konsequenz aus zwölf Jahren nationalsozialistischer Terrorherrschaft, gilt es zu verteidigen. Zu jeder Zeit, an jedem Ort – das sind wir uns schuldig, unseren Großeltern wie unseren Enkelkindern.

Neonazis sind sprichwörtlich der braune Pickel am hinteren Teil unserer Gesellschaft. Doch da wo sie am vielleicht repräsentativsten Ort unserer Landeshauptstadt ein ums andere Mal auf unsere Werte spucken, ist er nicht einfach nur unangenehm; da sitzt dieser Pickel rot und bis zum Bersten mit eitrigem Hass gefüllt mitten in deinem Gesicht. Es hilft nicht, sich diesen Makel mit Make-up oder einem Banner an der Schlossmauer zu überdecken. Auch wenn es weh tut, wenn die Tränen fließen, wenn es sprichwörtlich blutet muss – er gehört ausgedrückt! Denn, liebes Saarland, Nazis standen dir noch nie gut zu Gesicht.

Schon einmal hast du gezeigt, dass du dazu in der Lage bist, als du 1969 den NPD Bundesparteitag in der Saarbrücker Congresshalle verhindert hast; als sich zehntausende Saarländerinnen und Saarländer den braunen Hakenkreuzverehrern entgegenstellen wollten. Heute präsentieren sich die saarländischen NPD-Funktionäre wieder mit ihren Hakenkreuzfahnen(1) im heimischen Wohnzimmer und ihren Hakenkreuzkaffeetassen(2) am Frühstückstisch. Darum steh auch heute wieder auf und für deine Werte ein – für deine Kultur, dein Lebensgefühl, deine Freundschaft für dich, deine Menschen, deine Nachbarn, deine Großeltern und für deine Kinder.

Fühl' dich gedrückt, liebes Saarland – wir stehen mit dir.

Blockade Saar


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Über Blockade Saar:
Unser versteht sich als eigenständige Plattform zwischen militantem Aktionismus und bürgerlichem Protest. So wichtig die Positionierung der bürgerlichen Mitte gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit ist, wie sie bspw. durch "Bunt statt Braun" praktiziert wird, empfinden wir diese Protestform nicht als ausreichend. Wir möchten uns zwar friedlich aber bestimmt Neonazis und Rassisten entgegenstellen und ihnen keinen Raum für ihre Hetze überlassen. Wir distanzieren uns nicht von autonomen Gruppen wie der Antifaschistischen Aktion, sehen unseren Aktionskonsens aber jenseits eines martialischen und militanten Auftretens.

Grundlage unserer Aktionen ist folgender Konsens:

  •     Wir stellen uns Naziaktivitäten entgegen, um sie zu verhindern.
  •     Dabei agieren wir auch mit Mitteln des zivilen Ungehorsams.
  •     Unsere Blockaden sind Menschenblockaden.
  •     Von uns geht dabei keine Eskalation aus.
  •     Wir sind solidarisch mit allen, die unsere Ziele teilen.

 

 

Bildnachweis:
(1) Daniel Becker – Besitzer des NPD Kreisverband Saar-West; Ehemann von Landtagskandidatin Sandra Becker
(2) Jacqueline Süßdorf – Vorsitzende des NPD Ortsverband Burbach; Landtagskandidatin

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Es gibt kaum etwas mehr woran sich die NPD beim Bundesparteitag stört als Olivia Jones oder die Heute Show. Also sollen diese mit dem NDR, Magazin Panorama ins Saarland.