Vortrags- und Diskussionsveranstaltung veranstaltet von der
Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO) – Soligruppe Leipzig
Ulrike Meinhof starb in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1976 im Knast
Stuttgart-Stammheim. Wer die staatlich verordnete „Selbstmord“-Version
in Frage stellt, wurde und wird kriminalisiert.
Geboren am
7.10.1934, engagierte sich schon in den 1950er Jahren politisch, zum
Beispiel an der Uni gegen Atombomben und die Wiederbewaffnung der
Bundesrepublik. Später war sie Mitglied der verbotenen KPD und wurde als
Journalistin bekannt, vor allem durch ihre Artikel in der Zeitschrift
„Konkret“. Sie trat auch im Fernsehen auf und war eine angesehene linke
Persönlichkeit, die viel über Heimkinder
publizierte und als Expertin gegen die Notstandsgesetze galt. Doch das
alles war ihr zu wenig. Sie wollte kein linkes Feigenblatt sein. Darum
zog sie nach Berlin, wo auch ihr guter Freund Rudi Dutschke wohnte. Die
Außerparlamentarische Opposition (APO) zerbrach. Man führte in der
Linken viele Diskussionen über Militanz. 1970 gründete Ulrike Meinhof in
diesem Klima mit Gudrun Ensslin, Andreas Baader und anderen die
bewaffnete, illegal kämpfende Rote Armee Fraktion (RAF). Die
Entscheidung für den bewaffneten Kampf begründeten sie damit, dass in
der BRD so viele alte Nazis Spitzenämter bekleideten, mit dem US-Krieg
in Vietnam und dem Willen, die 68er-Revolte weiter zu entwickeln. Dies
ließen die Herrschenden nicht unbeantwortet. Gerade Ulrike Meinhofs Tod
löste Wut, Trauer und Bestürzung aus, zu viel sprach dagegen, dass sie
sich erhängt hätte.
Und heute? In dieser Vortags- und
Diskussionsveranstaltung ist für uns wichtig, Ulrike als kämpferische
Linke zu begreifen, die keinen „Selbstmord“ begangen hat und die RAF
nicht als „Terrorgruppe“ darzustellen. Ulrike hat ihr ganzes Leben aktiv
gegen die herrschenden Verhältnisse gekämpft, sei es die Ausbeutung und
die Kriege im Trikont, die Repression im Inneren, die Verschärfung in
der Arbeitswelt. All diese Bedingungen haben sich nicht verbessert,
sondern in den letzten Jahren eher noch verschärft und warten auf
revolutionäre Veränderungen!
Bildquelle: de.wikipedia.org/wiki/Ulrike_Meinhof
Können wir bitte mal aufhören...
Kritik dann, wenn sie notwendig ist!
Sicher, heute erscheint dir die Praxis der RAF als höchst extreem und daher inadäquat, doch ist es wichtig, die damaligen Zustände zu kennen. Sich also in das Denken der damaligen Bewegung und insbesondere in das Denken der RAF hineinzuversetzen. Dies gelingt uns, wenn wir die zum Teil postum veröffentlichten Texte rezipieren und uns bemühen, die damals wahrgenommene vorrevolutionäre Stiuation zu erkennen.
Zu kritisieren ist dann erst einmal die faschistische Kontinuität in der BRD, die damals noch manifester als heute zum Vorschein kam. Zu kritisieren ist dann auch der Mord an Benno Ohnesorg (2. Juni 1967), ohne den es wahrscheinlich nicht zu der Stimmung seitens der Student*Innen gekommen wäre.
In der Kritik ist es außerordentlich wichtig, den spezifisch historischen Kontext, eben auch die vorrevolutionäre Situation zu beachten, aber auch und vor allem die Differenzierung der jeweiligen Generationen. Denn die 1. RAF Generation hatte ganz klar andere Ziele als die darauffolgenden.
Was du kritisch siehst oder sehen möchtest, ist die Anwendung von Gewalt. Aber diese Gewalt ist im Kontext der RAF und im Kontext der 68er Revolte insgesamt, eine befreiende bzw. revolutionäre Gewalt. Sie ist als Gegengewalt zur permanenten strukturellen Gewalt des repressiven Systems zu werten.
Rückblick
In der Veranstaltung wurde ziemlich kritisch mit der RAF umgegangen. Insbesondere wurde dabei auf die Themen #Militanz und #Antisemitismus eingegangen. Ein positiver Bezug auf die RAF konnte weder bei der GG/BO, noch aus dem Publikum festgestellt werden. Andererseits wurden grob die Aspekte staalicher #Repression sowie #Gefangenensolidarität beleuchtet und ein Vergleich zu heute gezogen.