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Wir haben athens.indymedia, linksunten.indymedia und die griechische Presse durchforstet und mit Genoss_innen aus Griechenland telefoniert, um das folgende Update zu erstellen:

Räumungen, Festnahmen und Strafverfolgung

Zwei Tage nach dem Ende des No Border Camps und mitten in den Sommerferien wurden gestern in den frühen Morgenstunden drei Häuser (Orfanotrofeio, Nikis, Hurryia) geräumt. Unmittelbar darauf wurde mit dem Abriss des Orfanotrofeio begonnen. Alle waren in irgendeiner Form Teil der anarchistisch-antirassistischen Solidaritätsbewegung. Die Räumungsaktion war durch eine längere Hetzkampagne in den Medien gegen das No Border Camp vorbereitet worden.

Insgesamt kan es zu 104 Ingewahrsamnahmen. Laut Presse wurden von diesen 104 Personen 33 Migrant_innen in die Camps geschickt und die Ingewahrsamnahmen der 74 Solidarischen in Festnahmen umgewandelt, was eine Strafverfolgung nach sich zieht. So wurden gestern Mittag 9 Leute aus dem Orfanotrofeio und 5 Leute aus dem Nikis dem Staatsanwalt vorgeführt, Vorwurf: Besetzung öffentlichen Eigentums. Gestern Abend wurden die restlichen 60 Festgenommenen aus dem Hurriya dem Staatsanwalt vorgeführt, Vorwurf: Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Widerstand im Falle derjenigen, die die Fingerabdruckabgabe verweigert haben. Alle 74 Festgenommenen kriegen heute ab 12:00 ein Schnellverfahren vorm Saloniker Gericht.

Wie auch die Genoss_innen vom IZ Dresden festgestellt haben, handelt es sich um einen doppelten Angriff auf die anarchistische Bewegung und auf den gemeinsamen Widerstand gegen die staatliche Verwaltung der migrantischen Bevölkerung. Wie es scheint, soll dieser Angriff fortgesetzt werden. Wenige Stunden nach der Räumungsaktion in Thessaloniki, hat der Athener Bürgermeister Kamines öffentlich Strafanzeige gegen die Wohnbesetzungen für Migrant_innen in Gebäuden des öffentlichen Eigentums gestellt. Dass die linksradikale Syriza nach anderthalb Jahren linker Staatsverwaltung und Repression der Kämpfe von unten immer noch nicht in der Wirklichkeit angekommen ist, zeigt die Stellungnahme des Pressebüros von Syriza, in der erklärt wird, dass die Partei die Räumungen ablehne und die Kriminalisierung der Solidaritätsprojekte mit linken Werten nichts zu tun habe.

Der Widerstand

Als erste Reaktion auf die Räumungen wurden gestern nochdie  Parteibüros von Syriza in Thessaloniki und Larisa besetzt. Vor dem besetzten Saloniker Parteibüro von Syriza gab es bis Abends eine Soli-Kundgebung. Beide Büros bleiben besetzt, es gibt heute Soli-Kundgebungen in ihrer Nähe. In Veria hat die Gruppe Baruti gestern eine Soli-Kundgebung durchgeführt.

Heute früh wurde bekannt gegeben, dass in Thessaloniki ein neues Gebäude besetzt wurde, die leerstehende Taverne "Lada" im Stadtteil 40 Ekklisies. Die Besetzung stelle eine Antwort auf die Räumungen vom Vortag dar und setze sich zum Ziel, einen selbstverwalteten Raum für die Migrant_innen und ihre Kämpfe zu schaffen. Laut unseren Infos stellt sie keine direkte Fortsetzung des Orfanotrofeio dar.

In Ioannina wurde heute früh das Büro der Syriza-Regierungssprecherin Olga Gerovasili besetzt, in Thessaloniki gibt es um 11 eine Demo zum Gericht in Solidarität mit den Strafverfolgten und 19 Uhr eine Soli-Demo, Treffpunkt Venizelos-Statue. In Athen fand gestern eine außerplanmäßige Vollversammlung statt und beginnt heute 18 Uhr eine Soli-Demo.

Aufgrund der Räumungsaktion und der Strafanzeige des Athener Bürgermeisters wurde gestern Abend noch zum Schutz der migrantensolidarischen Hausbesetzungen in Athen aufgerufen. 19 Uhr soll dann heute ein Treffen zum Aufbau einer Selbstschutz-Struktur stattfinden.

Zusätzlich zu all dem gibt es die üblichen zig Soli-Erklärungen besetzter Häuser und anarchistischer/antiautoritärer Kollektive: AK Thessaloniki und Patras, Mavrokokkino und die Anarchistische Politische Organisation, Nosotros, K*VOX, Villa Zografou, Orfanotrofeio, Terra Incognita, Kentauros, anarchistisches Netzwerk Ochetos und andere. Auch das linke Diktyo, das bis mindestens zum Referendum Vorfeldorganisation der Linksregierung gewesen war, erklärte seine Solidarität.

Dafür, dass der Sommer in Griechenland auch bewegungstechnisch eigentlich eine tote Phase ist, ist das bisher eine ziemlich beeindruckende Mobilisierung. Das hängt zum einen sicher mit der Bedeutung dieses staatlichen Angriffs auf die Bewegung zusammen, auf der anderen Seite aber auch damit, dass nach 8 Jahren Depression ausgiebige Sommerferien für viele Menschen in Griechenland, eingeschlossen unsere Genoss_innen, nur noch begrenzt möglich sind.

Internationale Soli

Im Baskenlad fand gestern eine Solikundgebung statt, Beyond Europe hat eine längere Pressemitteilung rausgehauen. Das IZ Dresden ruft zur Solidarität auf und hat ein Spendenkonto eingerichtet. Auf Open Border gibt es einen Live-Ticker mit Updates aus Thessaloniki. Aktionen gab es bisher nicht, wäre aber gerade in Städten mit griechischen Vertretungen (Berlin, Westdeutschland) sicher wünschenswert.