Demonstration gegen staatliche Repression

Demonstration gegen staatliche Repression //  09.07.2016 // Düsseldorf

Aufruf zur Demonstration gegen staatliche Repression // 09.07.2016 // Düsseldorf

Die kurdische Jugend in Europa ruft zu einer europaweiten Demonstration und Kundgebung auf um gegen die in den vergangenen Monaten verstärkte Kriminalisierungspolitik des deutschen Staates gegen kurdische zivile Organisationen demokratisch zu protestieren.

 

Im Folgenden veröffentlichen wir den Aufruf von Ciwanên Azad und Jinên Ciwan ên Azad:


Hausdurchsuchungen, Razzien, Festnahmen, Untersuchungshaft und langjährige Haftstrafen, Bespitzelung, Drohungen und Erpressungen, Schikanen, Verbote, Kontrollen, Knüppel, Schläge, Tritte, Reizgas und Pfefferspray. Die Repression des Staates begegnet uns tagtäglich in unterschiedlichen Formen, doch immer hat sie das gleiche Ziel: uns zu brechen.

 

Während das faschistische AKP-Regime in Nordkurdistan Tag für Tag die Zivilbevölkerung massakriert, ganze Städte zu Schutt und Asche gebombt werden und Tausende in den Kerkern und Folterkellern des türkischen Staates verschwinden, während hunderttausende Menschen ihrer Heimat beraubt und zur Flucht gezwungen werden, werden dieser Tage vor deutschen Gerichten regelrechte Schauprozesse gegen zahlreiche kurdische Politiker, ausgetragen. Nicht nur in Form von Waffenlieferungen, Weitergabe von militärisch-technischem Know-How und Milliarden von Euros im Rahmen des unmoralischen EU-Flüchtlingspaktes, leistet der deutsche Staat dem türkischen Regime, Schützenhilfe. Der deutsche Staat ist auch aktiv an der Verfolgung und Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung beteiligt. Unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft oder der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§129b), namentlich der Arbeiterpartei Kurdistans PKK, wurden im vergangenen Jahr zahlreiche Räumlichkeiten durch die Kräfte des deutschen Staates gestürmt, Beschlagnahmungen durchgeführt, unsere Freunde verschleppt und vor die Richterbank geschleift. Kurdische Vereine sind permanenter Überwachung ausgesetzt, AktivistInnen werden auf Schritt und Tritt verfolgt und Beamte des Staats- und Verfassungsschutzes scheuen auch vor direkten Anwerbeversuchen nicht zurück. Nicht selten wird versucht, Jugendliche mittels Drohungen und Erpressungsversuchen, für Spitzeldienste zu gewinnen. Mittlerweile genügt die harmlose Teilnahme an einer Kundgebung, der Besitz einer Zeitung oder auch nur ein Besuch im Verein um ins Visier der Fahnder zu geraten.

 

Doch nicht nur linke kurdische Strukturen stehen massiv unter Beschuss. So wurde am 17.06. vor dem Münchner Staatsschutzsenat auch der Prozess gegen zehn türkische KommunistInnen, denen man eine Mitgliedschaft in der TKP/ML vorwirft, eröffnet. Der Prozess der den zehn AktivistInnen gemacht wird, ist der größte Staatsschutzprozess seit den 90er Jahren. Wir sehen im Zusammentreffen, der Prozesse, der Festnahmen usw. keinen Zufall sondern eine direkte Kooperation der deutschen Justiz mit dem Regime Erdogans. All das zeigt, dass nicht nur kurdische Strukturen zunehmend mit Repression zu kämpfen haben, sondern die Vorstöße des deutschen Staates, Teil einer regelrechten Offensive gegen alle demokratisch-revolutionären Bewegungen sind.


In den vergangenen Wochen und Monaten, steht vor allem die kurdische Jugend im Fokus der Repressionsbehörden. So kam es nicht nur in Stuttgart zu Hausdurchsuchungen, bei denen ein kurdischer Jugendlicher in Untersuchungshaft genommen wurde, sondern auch in NRW und Hannover zu groß angelegten Polizeioperationen, bei denen 32 Wohnungen durchsucht wurden. Mittlerweile hat auch die Verbotspraxis des deutschen Staates ein neues Niveau erreicht. So wurden harmlose Sportveranstaltungen, wie ein Fußballturnier, als „getarnte“ Kundgebungen betitelt und untersagt. Durch derartige Verbote wird versucht, die kurdischen Jugendlichen jeglicher Grundlage zur Organisierung zu berauben und sie einzuschüchtern. Wer sich dennoch nicht unterkriegen lässt, bekommt im Anschluss, allzu oft die harte Hand des Staates zu spüren.

 

Wir können und werden, die Verfolgung der KurdInnen und ihrer Strukturen, insbesondere der Jugend, nicht länger akzeptieren. Wenn wir Angst haben müssen uns in unseren Vereinen zu treffen uns zu organisieren und unsere Kultur auszuleben, wenn wir immer wieder daran gehindert werden unsere Meinung öffentlich zu kundzutun, wenn sogar harmlosen Fußballturnieren mit Verboten begegnet wird, dann bleibt uns keine andere Wahl als unsere Meinung, lautstark und demokratisch auf die Straßen zu tragen, dann bleibt uns kein anderes Mittel als das des Protestes. Deshalb rufen wir alle kurdischen Jugendlichen und alle die sich mit der kurdischen Freiheitsbewegung und ihrem legitimen Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung solidarisch zeigen, dazu auf mit uns am 09.07. in Düsseldorf, massenhaft auf die Straßen zu gehen.

 

Zeit: Samstag, den 09.07.2016
Ort: Düsseldorf, Friedrich-Ebert Straße, 11 Uhr


Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Freiheit für alle revolutionären Gefangenen!
Freiheit für Abdullah Öcalan!
Weg mit dem Verbot der PKK!

 

OrganisatorInnen: NAV-DEM, CIWANÊN AZAD, JINÊN CIWAN ÊN AZAD

 

Mehr Infos unter:

- http://rojaciwan.eu/?lang=de (Seite der kurdischen Jugend)

- https://jinenciwanenazad.wordpress.com/ (Seite der kurdischen jungen Frauen)

- http://www.yxkonline.com/ (Seite des Verbands der Studierenden aus Kurdistan)

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BEHDINAN – ROJACIWAN

Im Folgenden veröffentlichen wir die Übersetzung eines Aufruf an die europäische Linke, die das Mitglied des PKK-Zentralkomitees Duran Kalkan in einer Reportage im kurdischen Programm “Politik Alan” am 28. Juni formulierte:


“Wir machen einen Aufruf an Europa; sie sollen das Problem nicht bei den Gesellschaften des Mittleren Ostens sehen. Sie sollen die gegenwärtigen Auseinandersetzungen nicht in Verbindung zur historischen Struktur des Mittleren Ostens sehen. Die seit 200 Jahren währenden Einflüsse Europas haben einen viel größeren Einfluss. In diesem Fall müssen die Einflüsse Europas auf den Mittleren Osten vom Neuen hinterfragt werden. Dies müssen die demokratischen, linken und sozialistischen Kräfte machen. Die der Gesellschaft nahestanden, ökologischen und feministischen Kräfte müssen solch eine Hinterfragen machen. Diejenigen die der Freiheit der Frau und der ökologischen Ökonomie nahestehen. Denn der Einfluss hat sich als Industrialisierung ausgedrückt. Als eine grobe Sklaverei. Die vielen Frauenvergewaltigungen und -morde kommen daher. Es ist unzureichend dies nur der “rückständigen” Kultur oder der Religionen im Mittleren Osten zu zuschreiben. Es gibt solch einen Aspekt, doch der Anteil der Herrschaftspolitiken des kapitalistischen System im Mittleren Osten haben einen größeren Anteil.

 

Es gibt das Bedürfnis nach einen Kritik-Selbstkritik für die Weiterentwicklung der Linie des Demokratischen Sozialismus in Europa. Im Mittleren Osten führen die Kurd*innen die Vorreiterrolle in diesem Punkt. Der Vorsitzende Apo hat eine ernsthafte theoretische Analyse und Formulierung entwickelt, eine ideologisch-politisch Linie dargelegt. Dies muss mensch sehen und ernst nehmen.

 

Es gibt auch Bestrebungen innerhalb der Türkei, Arabien und im Iran. Es gibt nicht nur Bestrebungen von Kurd*innen im Mittleren Osten. In der Vergangenheit waren sogar die Kurd*innen noch unzureichend; durch den Vorsitzenden Apo wurde dieser Zustand im großem Maße überwunden und die Kurd*innen sind zu Vorreiter*innen geworden. Es gibt das Bedürfnis nach Mühen und Bestrebungen die die Realitäten sehen, sich ihnen annähern und auf dieser Grundlage sowohl für die Probleme im Mittleren Osten und Europas politische Lösungen entwickeln. Wir rufen Europa zu solch einem Kurs auf.

 

Wir als Kurd*innen und Gesellschaften des Mittleren Ostens sind bereit all dies zu diskutieren und gemeinsam einen neuen Mittleren Osten, ein neues Europa, eine neue Welt aufzubauen. Wir sehen vor, dies auf demokratischer, freiheitlicher und sozialistischer Grundlage zu tun. Es gibt auf der ganzen Welt das Bedürfnis nach solch einem Vorstoß in der Vorreiterrolle Europas und des Mittleren Ostens. Die früheren Denker*innen der Freiheit und des Sozialismus haben immer so etwas vorgesehen.

 

Heute macht der Mittlere Osten mit dem kurdischen Freiheitswiderstand solch einen demokratisch, freiheitlichen Vorstoß. Sie wird zur Lösungskraft für die Probleme im Mittleren Osten auf Grundlage der demokratischen Autonomie und des Demokratischen Konföderalismus. Wenn die EU ihre materialistische, zentralistische, auf Macht basierenden Annäherungsweisen hinterfragt und überwindet und die europäische Demokratische in der Linie des demokratischen Sozialismus weiter vertieft können die linken-sozialistischen und freiheitlich-demokratischen Kräfte im Mittleren Osten und Europa zusammen ihre eigenen Probleme lösen und auch für die Welt eine Lösung darstellen.

 

Wir glauben daran, dass die europäischen Linken und sozialistischen Kräfte über genug Erfahrung für einen Erfolg dessen verfügen. Wir selbst haben in diesem Sinne über Bewusstsein und Erfahrung gewonnen. Noch mehr Solidarität und Einigkeit wird solch eine Entwicklung hervorbringen. Unser Aufruf ist auf dieser Grundlage.”

 

 

Erstmals erschienen auf: http://rojaciwan.eu/?lang=de