Gegen die Piusbrüder und ihre mittelalterliche Ideologie!
Die Piusbrüder und ihre Anhänger_innen treffen sich am Freitag, dem 26. März, in Freiburg zu einem „Gebets- und Demonstrationszug zum Schutze des Lebens“, der mittlerweile leider Tradition hat. Auch in den vergangenen Jahren versammelten sich mehr als hundert Gläubige um gegen Abtreibung und damit gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau zu demonstrieren. Die hier Demonstrierenden kommen aus dem Umfeld des Priorat Sankt Michael der Priesterbruderschaft Pius X in Rheinhausen und stehen also in unmittelbarem Bezug zur Piusbruderschaft.
Die Piusbrüderschaft wurde 1970 vom Erzbischof Lefebvre gegründet, fühlt sich dem katholischen Traditionalismus verbunden und strebt eine „Verbreitung und Wiederherstellung der authentischen katholischen Lehre“ an. Die Piusbruderschaft grenzt sich gegen die katholische Kirche ab, da diese sich auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil unter anderem zur Religionsfreiheit und zur Anerkennung des Judentums bekannte. Seit 1975 arbeitet die Piusbruderschaft ohne Erlaubnis der katholischen Kirche, wobei der amtierende Papst Josef Ratzinger 2009 die Exkommunikation von vier Piusbrüdern aufhob. Darunter befand sich auch Williamson, der 2008 durch seine Holocaustleugnung auf sich aufmerksam machte, aber auch schon in früheren Jahren zeigte wessen Geistes Kind er ist: „Die Juden erfanden den Holocaust, damit wir demütig auf Knien ihren neuen Staat Israel genehmigen […] Protestanten bekommen Befehle vom Teufel, und der Vatikan hat seine Seele dem Liberalismus verkauft.“ (Richard Williamson in einer Predigt im April 1989).
Die Anhänger_innen der Piusbruderschaft tun gerne so, als stünde eine solche Meinung in der Piusbruderschaft alleine dar. Schon ein kurzer Blick auf den ideologischen Hintergrund der Piusbruderschaft zeigt aber, dass antisemitische Äußerungen aus ihrem Zentrum keineswegs überraschen dürfen. Ihr Konsens besteht nämlich in der Ablehnung aller Errungenschaften von Moderne und Aufklärung in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen. Gegen die parlamentarische Demokratie setzt die Piusbruderschaft die Vorstellung eines autoritären Klerus und gegen die Idee gesellschaftlicher Freiheit eine Restrukturierung von Staat und Gesellschaft gemäß rechtskonservativen und rechtsextremen Glaubenssätzen. Eine Vielzahl an Belegen dafür findet sich auch in den „Gottesdienstordnungen“, die von den Piusbrüdern des Priorat St. Michael in Rheinhausen für ihre Gemeinde veröffentlicht werden und auch im Internet einsehbar sind (http://www.sankt-michaels-kirche.de/hl_messe/gottesdienstordnung/index.php).
Der Piusbruderschaft gelten die Menschenrechte als „gottlos“. Lefebvre sagte dazu 1990: „Wegen des Abfalls vom Glauben, der in Rom herrscht, müssen wir mit ansehen, wie die Seelen in Massen der Hölle zustreben? Der Atheismus beruht auf der Erklärung der Menschenrechte. Die Staaten, die sich seither zu diesem offiziellen Atheismus bekennen, befinden sich in Todsünde.“ Die Piusbruderschaft lehnt einen religiös neutralen Staat ab, da dieser die „von Gott in die Menschen und in die Gemeinschaft – sei es die Familie und der Staat – hineingelegte Ordnung“ nicht anerkennen würde (Gottesdienstordnung Januar 2010 des Priorats St. Michael). Stattdessen fordern sie – so Franz Schmidberger, Distriktoberer der Piusbruderschaft Deutschland, – einen autoritären Gottesstaat mit „christliche[r] Gesellschaftsordnung“. In diesem Staat sollte nach den Vorstellungen der Piusbruderschaft die Todesstrafe praktiziert werden, es gäbe „keine zivile Eheschließung“, die Ehe würde unauflöslich gelten. Ferner würden voreheliche Beziehungen, der „Vertrieb empfängnisverhütender Mittel“, Zinsspekulation, Großbanken, Abtreibung, „Gotteslästerung, Homosexualität und Pornographie“ verboten. Alle Gewalt in Staat und Gesellschaft solle von Gott ausgehen, das Parteiensystem solle abgeschafft werden und an deren Stelle sollten reife, „christliche Männer“ treten. Die Freiheiten einer bürgerlichen Gesellschaft sollen laut der Piusbruderschaft abgeschafft werden, unter anderem die Gewissensfreiheit, Lehrfreiheit, Pressefreiheit, Vereinsfreiheit und Kultfreiheit. Um Gottes Strafe zu entgehen, müssten „[…] das sogenannte moderne Recht und die erwähnten großen Freiheiten [abgeschafft werden]. Zu diesem Zweck müssen wir die uns gewährten Freiheiten gebrauchen, um eben diese Freiheiten im modernen Wortsinn aufzuheben“ – so André Phillippe, dessen Kleinschrift „Christus, König der Nationen“ von den Piusbrüdern immer wieder nachgedruckt wurde. Die Aufklärung wird von den Piusbrüdern dementsprechend als zu eliminierende Krankheit verstanden – in der Dezember Gottesdienstordnung des Priorats in Rheinhausen ist von Errungenschaften der Aufklärung als „Krebsgeschwür“ die Rede.
Diese antimoderne Feindschaft gegen gesellschaftliche Freiheit drückt sich also in einer polit-religiösen Form der Demokratie-Kritik als Apologie eines repressiven Gottesstaates aus und zeigt eine klare Nähe zu rechtsradikaler Ideologie. In ihr haben auch die antisemitischen Äußerungen eines Williamsons ihren Platz. Sie stehen repräsentativ für antijudaistisch-antisemitische Versatzstücke, die für den rechten und rechtsextremen Kulturpessimismus der Piusbrüder beispielhaft ist: immer wieder finden sich in den Reihen der Piusbrüder Behauptungen, dass Juden Gottesmörder seien und auch heute noch für den Tod Christi zur Verantwortung zu ziehen wären, das Phantasma einer Verschwörung des „Weltjudentums“, das Wirtschaft und Politik in ihrer Hand hätte reiht sich neben Holocaustleugnungen und -relativierungen ein; die Piusbruderschaft ist Teil des Spektrums des katholischen Traditionalismus, der rechte Diktaturen verherrlicht, den Kollaborateur und Nazi Pétain feiert und sich positiv auf die „Protokolle der Weisen von Zion“ bezieht.
In ihrer religiösen Hybris sehen sich die Piusbrüder als Verteidiger der einzig wahren Religion. So kritisieren sie den interreligiösen Dialog, Glaubenstoleranz und Religionsfreiheit. In der Januar Gottesdienstordnung des Priorates in Rheinhausen lässt sich zum Minarettverbot in der Schweiz nachlesen: „Minarette sind nun mal Wahrzeichen einer eindeutig falschen Religion und daher geht es völlig in Ordnung, dass sie in Zukunft verboten sind.“ Die militante Verteidigung ihrer Auslegung des Christentums als einzige Wahrheit führt zu einer brutalen Hetze der Piusbruderschaft gegen alle Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen. So gilt ihr etwa Homosexualität als Sünde. Mit Slogans wie „Rettet die Kinder vor Perversen“ hetzen die Anhänger der Piusbrüder gegen Homosexualität, die von ihnen sogenannte „moralische Umweltverschmutzung“. Eine weitere Verschwörungstheorie bezieht sich auf die sogenannte „Homo-Lobby“, die gemeinsam mit den Freimaurern die „gesellschaftliche Perversion“ forciere. In Übereinstimmung mit diesen ewiggestrigen Sexualvorstellungen werden Frauen von der Piusbruderschaft nicht als ebenbürtig anerkannt. So sagte beispielsweise Williamson 2001: „Fast kein Mädchen sollte zu irgendeiner Universität gehen. […] Man braucht keine Universität, um das meiste von dem zu lernen, in was Mädchen unterrichtet zu werden brauchen, zum Beispiel Hauswirtschaft, Einrichtung und Unterhalt eines Heims, Pflege und Erziehung der Kinder, die geistige und soziale Vorbereitung auf die Ehe.“ Frau sein bedeutet für die Piusbruderschaft „Gehilfin des Mannes und Mutter der Kinder“ zu sein (Schmidberger, Distriktoberer der Piusbruderschaft Deutschland).
Unter dem Deckwort des „Lebensschutzes“ wird der Frau das Recht abgesprochen über den eigenen Körper zu entscheiden: sie darf laut den Piusbrüdern weder verhüten, noch abtreiben. Die Perfidie der Piusbrüder führt so weit, dass sie sich in Freiburg 2009 vor der Familien- und Sexualberatungsstelle „Pro Familia“ trafen, um dort gegen den „Massenmord an Kindern“ zu protestieren – das ist auch für dieses Jahr geplant. Im vergangenen Jahr wurde Frauen, die verhüten, groteskerweise Rassismus vorgeworfen und sie wurden als „wandelnde Mordfabriken“ bezeichnet. In diesem menschenverachtenden Jargon wurde auf einer Kundgebung öffentlich Abtreibung mit dem Holocaust gleichgesetzt. Auch in verteilten Flyern und Broschüren wurde aufs Übelste gegen Homosexuelle gehetzt und ein tiefreaktionäres Frauenbild propagiert.
Am 26. März 2010 treffen sich die Piusbrüder und ihre Anhänger_innen um 17.00 Uhr in der Humboldtstraße, anschließend, um 17:30 Uhr, werden sie ihre Demonstration durch die Innenstadt abhalten und sich um 18:45 Uhr auf dem Kartoffelmarkt/Rathausplatz zu einer Abschlusskundgebung zu versammeln. Wir rufen zu einer Gegendemonstration an diesen Orten auf, damit die frauenfeindliche und menschenverachtende Ideologie der Piusbruderschaft nicht ohne Widerspruch bleibt!
Aktuelle Infos unter: www.piusentgegentreten.blogsport.de
Lustig wars letztes Jahr ...
Der Bericht vom letzten Jahr: http://linksunten.indymedia.org/de/node/4907
Radio
Gespräch zum Thema bei Radio Dreyeckland....