[Gö] AntiRa-Aktion: Materialreiche Kreuzungsblockade konfrontiert Menschen in ihrem Feierabend mit der Situation der Flüchtenden

Fight Fortress Europe

Am gestrigen Montag gegen 17 Uhr haben etwa 50 Aktivist*innen die Kreuzung „Weender Tor“ in Göttingen mithilfe von Transparenten, Zäunen, Seilen und nachgebauten Grenzschranken blockiert. Mit der Blockade thematisierten die Aktivist*innen die Willkür von Grenzsetzungen und –schließungen und forderten die Bewegungsfreiheit für alle. Die folgende Presseinformation wurde an lokale Journalist*innen verschickt.

 

Am gestrigen Montag gegen 17 Uhr haben etwa 50 Aktivist*innen die Kreuzung „Weender Tor“ in Göttingen mithilfe von Transparenten, Zäunen, Seilen und nachgebauten Grenzschranken blockiert. Mit der Blockade thematisierten die Aktivist*innen die Willkür von Grenzsetzungen und –schließungen und forderten die Bewegungsfreiheit für alle.

 

Eine Aktivistin kommentierte die Aktion: „Die meisten Menschen in Deutschland können sich jederzeit frei bewegen. Durch eine Kreuzungsblockade im Feierabendverkehr haben wir den Autofahrer*innen diese Selbstverständlichkeit für einen Moment genommen und Sie auf die katastrophale Situation an den europäischen Grenzen aufmerksam gemacht!“

 

Während der etwa 15 minütigen Aktion wurden wartende Autofahrer*innen und Passant*innen durch Flyer und Transparente aus ihrem Alltag gerissen und auf die Schicksale der Flüchtenden gestoßen. Allein in der vergangenen Woche sind nach Zeitungsmeldungen erneut über 900 Menschen bei der Flucht nach Europa gestorben. Die zeitgleiche, brutale Räumung des Camps in Idomeni blieb in Deutschland weitestgehend unkommentiert.

 

„Wir akzeptieren keine rassistische Abschottung der EU und keine Abschiebungen! Wir werden nicht aufhören nach Wegen zu suchen den rassistischen Normalzustand und die weit verbreitete Gleichgültigkeit zu diesem Thema aufzubrechen!“, schloss die Aktivistin ihr Statement.

 

Die Polizei erreichte die Kreuzung erst, als die Blockade bereits errichtet war und sich die Aktivist*innen bereits wieder zurückzogen. Versuche der Polizei diese in Verfolgungsjagden über den Universitäts-Campus zu stellen scheiterten kläglich.

 

Unter folgendem Link findet sich mehrere Fotos der Aktion: facebook.com/media/set/?set=a.398256060344574.1073741880.111645825672267&type=3

Dieser Text wurde als Flyer an die Autofahrer*innen und Passant*innen verteilt:

 

Hallo liebe Göttinger*innen,

 

Du kommst gerade von der Arbeit und willst wieder nach Hause? Möchtest du in die Stadt oder Familie und Freunde besuchen? Dann hast Du das Glück, die Freizügigkeit des Schengen-Raums genießen zu dürfen.

Von dieser Freiheit, kommen und gehen zu können wohin du das möchtest, sollte niemand ausgeschlossen sein.

Indem wir heute symbolisch diese Kreuzung schließen, machen wir darauf aufmerksam, dass es schrecklich viele Menschen gibt, denen es nicht so geht. Zu deren Lebensrealität es nicht gehört, reisen zu können wohin sie wollen. Die nicht arbeiten können oder dürfen. Die nicht zu Freunden oder Familie zurückkehren können. Menschen, deren Freiheit aufgrund ihrer Herkunft und Vergangenheit beschnitten und denen sogar das Grundrecht auf Asyl verwehrt wird.

Diese Leute müssen tausende Euro für jede Grenzüberquerung zahlen, ihr Leben, das ihrer Kinder und Geschwister aufs Spiel setzen, bei Wind und Wetter Tage, Wochen, Monate vor Grenzübergängen ausharren. Sie müssen sich Polizeigewalt und rassistischen Anfeindungen entlang ihres Weges aussetzen. Sie sind durch die Konstrukte von Grenzen und Nationen der Willkür dieses Systems ausgeliefert. Und das ohne angeblichen Sachzwang, sondern weil Regierungen und andere Leute beschissene Entscheidungen fällen.

Wenn Menschen es geschafft haben, in ihren Herkunftsländern Verfolgung und Perspektivlosigkeit zu entkommen, sollte der Albtraum zu Ende sein. Aber an den EU-Binnen- und Außengrenzen beginnt ein Neuer.

Ein Beispiel von vielen ist das von rund 10000 geflüchteten Menschen bewohnte Camp an der griechisch-mazedonischen Grenze in Idomeni. Dieses wurde in einem dreitägigen Einsatz der Polizei geräumt, und Geflüchtete wurden in andere Auffanglager verteilt. Vorher war die Polizei immer wieder gewaltsam gegen Menschen vorgegangen, die ihr Recht auf Bewegungsfreiheit wahrnehmen und die Grenze nach Mazedonien überqueren wollten.

Menschen lösen sich hinter geschlossenen Grenzübergängen nicht in Luft auf. Sie kämpfen.

Schließt euch an!

In Göttingen selbst greift beispielsweise die sogenannte Residenzpflicht, welche es geflüchteten Menschen über Monate hinweg untersagt, einen ihnen willkürlich zugeschriebenen Raum zu verlassen. Stellen Ordnungsbehörden dieses Verlassen zum ersten Mal fest, wird dieses als Ordnungswidrigkeit geahndet. Schon beim zweiten Mal wird dies von staatlichen Behörden als Straftat angesehen und hat beispielsweise Auswirkungen auf laufende Asylverfahren.

Wir stellen uns gegen die Kriminalisierung die im Namen der deutschen und europäischen Asylpolitik mittlerweile gang und gäbe ist. Seien es deutsche Unterstützer*innen die mit Repressionen konfrontiert werden oder Menschen, die wegen Lappalien in vermeintlich sichere Herkunftsländer abgeschoben werden. Mit Strafverfahren, Abschiebungen und Leistungskürzungen wird versucht, Menschen mit ihrer Kritik an diesem unwürdigen System mundtot zu machen und an den gesellschaftlichen Rand zu drängen.

Wir nutzen unsere zufälligen Privilegien um für bedingungslose Mobilität, für Entscheidungsfreiheit für jeden* und jede*, für mehr Empathie einzustehen und Verantwortung einzufordern.

Wir intervenieren im öffentlichen Raum, denn es braucht ein Umdenken in der Gesamtgesellschaft. Unsere grenzenlose Solidarität gilt allen Menschen die unbequem bleiben und ihre Kritik äußern!

Wir lassen uns nicht mundtot machen und bleiben unbequem!

 

Weiterführende Infos und Material :

http://noborderaction.blogsport.eu/

http://faktencheckhellas.org/appell/

http://livetickereidomeni.bordermonitoring.eu/

http://kompass.antira.info/files/2016/04/47Kompass_Newsletter_Apr16.pdf

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