Der Antispeziesismus ist ein Humanismus

Der Antispeziesismus ist ein Humanismus

Längst ist der Begriff des Antispeziesismus im bürgerlichen Sprachgebrauch angekommen und nimmt dort bisweilen bizarre Formen an; während er einerseits als emanzipatorische Bewegung in Erscheinung tritt, verharrt er andererseits im Jetzt des Bestehenden. In diesem Beitrag soll daher der Versuch unternommen werden, eine Parallele des bürgerlichen Antispeziesismus zu anderen ursprünglich emanzipatorischen Bewegungen herzustellen, um seine Entwicklung aus Sicht der Linken in einer historischen Beziehung klarer zu machen. Hierzu ist es notwendig, zunächst näher zu bestimmen, was genau unter „bürgerlichem Antispeziesismus“, im Gegensatz zum genuin linken Antispeziesismus, verstanden wird, um dabei seine Widersprüche im Einzelnen herauszuarbeiten.

 

 

Diese Arbeit hat dabei nicht den Anspruch, die Positionen des Antispeziesismus erschöpfend darzustellen, dies würde über den Rahmen eines knappen Beitrages hinausgehen und wurde in letzter Zeit bereits ausführlich von anderen in teilweise hervorragenden Beiträgen getan;1 ihr Fokus liegt vielmehr darin, die innere Logik des bürgerlichen Antispeziesismus zu versuchen aufzuzeigen, um einen Vergleich zu Entwicklungen einer anderen ursprünglich emanzipatorischen Bewegung in der Geschichte – dem bürgerlichen Humanismus – herzustellen, was dazu dient, aktuelle Entwicklungen durch einen distanzierteren Blick begreifbarer zu machen.

 

I. Der Antispeziesismus in seiner bürgerlichen Form
Indem der bürgerliche Antispeziesismus versucht in Theorie und Praxis einen vermeintlich genau definierten Teil der bestehenden Verhältnisse – die Ausbeutung der Tiere durch den Menschen – zu überwinden, gleichzeitig jedoch den gesellschaftlichen Hauptwiderspruch, den zwischen den Produktionsmittelbesitzern und den Lohnarbeitern, ignoriert, haftet ihm eine Ungleichzeitigkeit an, die sich in ihrer Konsequenz dadurch auszeichnet, dass sie Ohnmächtigkeit gegenüber der eigenen Geschichte schafft und als eigentlicher Ausdruck von Klassenkämpfen über die Widersprüche der Produktionsverhältnisse hinwegtäuscht. Damit wird der Antispeziesismus in ein bürgerliches Bewusstsein integriert, das zwar die Ausbeutung der Tiere durch den Menschen kritisiert, jedoch die Produktionsverhältnisse an sich, d.h. die gesamten gesellschaftlichen Beziehungen (wie die Eigentumsverhältnisse, die Stellung der jeweiligen Klassen im Produktionsprozess, die Distributions- und Austauschverhältnisse, sowie die Verhältnisse der Menschen zur Natur etc.), die die Grundlage der Ausbeutung sowohl der Menschen, als auch aller anderen Tiere darstellt, ignoriert.

 

Die Ausbeutung der Tiere wird hierbei nicht als ein historisch entstandenes Verhältnis zwischen Mensch und Natur begriffen, das vom jeweiligen Stand der Entwicklung der Produktionsverhältnisse und der Produktivkräfte (d.h. den Stand der Wissenschaft, der Naturverhältnisse, der Technologie, sowie dessen Anwendung, der Arbeitsteilung etc.) abhängt, sondern wird unabhängig vom aktuellen Entwicklungsstand einer bestimmten Gesellschaft verabsolutiert.2 Die Kritik an der materiellen Ausbeutung der Tiere bezieht sich dabei also nicht auf die materielle Art und Weise der gesellschaftlichen Reproduktion, die die Ausbeutung notwendig, bzw. unnötig macht, um das eigene Leben zu erhalten; der materielle Stand der Entwicklung einer bestimmten Gesellschaft, die die Notwendigkeit der Ausbeutung anderer Tiere überwunden hat, macht den Gedanken erst möglich, die Tiere zu befreien. Stattdessen geht der bürgerliche Antispeziesismus bei seinem Kampf um die Befreiung der Tiere lediglich vom aktuellen Stand der materiellen Entwicklung der spätkapitalistischen Gesellschaft aus, wenn er die Befreiung der Tiere weltweit fordert. Indem er den Entwicklungsstand einer bestimmten Gesellschaft verabsolutiert, setzt der bürgerliche Antispeziesismus auf den Grund der Geschichte eine Art Natürlichkeit, die die Verhältnisse der Menschen in einen „Zustand“ versetzen, anstatt sie als historisch entstanden zu begreifen; er übersetzt dabei eine „neue Sprache [die er] erlernt hat, […] immer zurück in seine Muttersprache […].“3

 

I.I. Die Sprache des bürgerlichen Antispeziesismus
Indem also der bürgerliche Antispeziesismus die Kategorie der Freiheit (die Befreiung der Tiere) mit der Kategorie der Herrschaft (Befreiung innerhalb der bestehenden Verhältnisse) vereint, schafft er eine illusionäre Harmonie von Freiheit und Unterdrückung; diese findet in einer Sprache Ausdruck, deren Begriffe an Funktionen und Zwecke gebunden sind und sich stets auf das Konkrete beziehen; mit „Begriff“ soll hierbei etwas gemeint sein, das „als Ergebnis eines Reflexionsprozesses verstanden, erfaßt und gewußt wird.“4 Das heißt, anstatt das grammatische Subjekt als Substanz (die menschlichen Befreier) mit seiner „Funktion“ (dem Klassenkampf, der die Befreiung der Tiere miteinbezieht) zu identifizieren und es damit von seinen kontingenten (d.h. zufälligen) Funktionen innerhalb „der bestehenden Wirklichkeit“ zu unterscheiden, besteht seine Funktion stets im Konkreten. Damit bleibt die Substanz des Subjekts an den Zustand der bestehenden Verhältnisse gebunden die „Wirkung ist wiederum eine magische und hypnotische Projektion von Bildern, die eine […] Einheit von Widersprüchen übermitteln.“5 Insofern die Begriffe des bürgerlichen Antispeziesismus die Ausbeutung der Tiere aus den allgemeinen Verhältnissen isoliert und sie auf das Konkrete reduziert, ist sie „eine unversöhnlich antikritische, antidialektische Sprache. In ihr verschlingt die operationelle und verhältnismäßige Rationalität die transzendenten, negativen und oppositionellen Elemente der Vernunft.“6

 

Der Speziesismus stellt also in erster Linie eine Ideologie dar, die sich von der Art und Weise der materiellen Reproduktion einer Gesellschaft „verselbständigt“ hat, womit die Ausbeutung der Tiere zwar materiell unnötig, jedoch aufgrund der Vorurteile gegenüber nichtmenschlichen Tieren weiter betrieben wird; und die Kritik an diesen Ausbeutungsverhältnissen wird als Antispeziesismus bezeichnet. Dieser betrachtet die Befreiung der Tiere nicht als reinen, isolierten Selbstzweck, sondern als die Grundlage einer befreiten Gesellschaft, die die Notwendigkeit der Ausbeutung aller leidensfähigen Lebewesen in Theorie und Praxis überwunden hat. Ein recht verstandener Antispeziesismus nimmt nicht „die gegebene Gesellschaftsform [als] das oberste Bezugssystem“ für seine Theorie und Praxis, sondern macht „gerade die Struktur dieser Gesellschaft“7 zum Gegenstand einer kritischen Theorie. Damit sind die Ursprünge der materiellen Ausbeutungsverhältnisse gegenüber den Tieren „durchaus keine ideellen Hirngespinste“, wie es die moralphilosophische Analyse des bürgerlichen Antispeziesismus glauben machen könnte, „sondern sehr praktische, sehr gegenständliche Erzeugnisse“ der Selbstentfremdung, „die auch auf praktische, gegenständliche Weise aufgehoben werden müssen“.8 Die Form des bürgerlichen Antispeziesismus ist also eine „antidialektische“ und muss darum aufgrund seiner inneren Widersprüche an der Analyse der Ausbeutungsverhältnisse gegenüber den Tieren notwendigerweise scheitern.
Dieses ungleichzeitige Verhältnis zwischen einer einerseits emanzipatorischen Praxis, die als eigentlicher Ausdruck von Klassenkämpfen zu verstehen ist, d.h. den Versuch die Geschichte aktiv zu verändern, und andererseits dem Verharren im Stillstand der Produktionsverhältnisse, soll im Folgenden noch näher erläutert werden.

 

II. Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen
Mitte der 1930er Jahre entwickelte der Philosoph Ernst Bloch die Theorie der Ungleichzeitigkeit, die ursprünglich dazu gedacht war, eine Methode an die Hand zu geben, um das Aufkommen des Faschismus, insbesondere des Nationalsozialismus, zu erklären. Während die klassisch marxistische Analyse der Geschichte lediglich die gleichzeitigen Hauptwidersprüche – Lohnarbeiter vs. Kapitalisten – beachtet habe, berücksichtigt die Theorie der sog. mehrschichtigen Dialektik mehrere in einer Gesellschaft nebeneinander bestehende unüberwundene „Reste älteren ökonomischen Seins und Bewusstseins“.9 Diese parallel zueinander existierenden unterschiedlichen geistigen und wirtschaftlichen Entwicklungsstände verhindern es beispielsweise, bestimmte Berufsgruppen vereinheitlichen zu können: „Es gibt Zwergbauern im Elend, Kleinbauern, Mittelbauern, Großbauern, und diese sehr verschiedenen Besitzverhältnisse hindern gewiß, das Bauerntum als einheitliche Klasse zu nehmen.“10

Doch der Begriff der Ungleichzeitigkeit bezieht sich nicht nur auf bestimmte Berufsgruppen oder ganze Stände, sondern auch auf Ideologien, Institutionen oder politische Bewegungen. Was den bürgerlichen Antispeziesismus schwer greifbar macht, ist gerade, dass er einerseits durchaus „richtige Erkenntnisse über die soziale Wirklichkeit“ als Klassenkampf ausdrückt und damit als emanzipatorische Bewegung in Erscheinung tritt, die in den Verlauf der Geschichte eingreift; es wäre daher ein fataler Fehler, ihn „als eine[n] einzige[n] Irrtum“11 abzutun; andererseits jedoch verharrt er im Jetzt des Bestehenden, indem er lediglich die Befreiung der nichtmenschlichen Tiere zum Gegenstand seines politischen Kampfes macht und damit über die gleichzeitigen Widersprüche der Gesellschaft hinwegtäuscht. Indem er das ältere ökonomische Sein nicht überwindet, verhindert der bürgerliche Antispeziesismus das Entstehen wirklicher Dialektik, da die ungleichzeitigen Widersprüche dem Kapital von Nutzen sind, um von seinen gleichzeitigen Widersprüchen abzulenken: „es gebraucht den Antagonismus einer noch lebenden Vergangenheit als Trennungs- und Kampfmittel gegen die in den kapitalistischen Antagonismen sich dialektisch gebärende Zukunft.“12 Das heißt, das Kapital widersetzt sich dem Kampf des Proletariats, indem es ungleichzeitige Widersprüche in der Gesellschaft als Kampfmittel verwendet; es „macht den Stoß des Konflikts darum äußerlich und stumpf, nur gegen Symptome, nicht gegen den Kern der Ausbeutung gerichtet; der Konfliktinhalt selbst ist romantisch-, auch sozusagen ‚archaisch‘-antikapitalistisch.“13

 

II.I. Der Antispeziesismus ist ein Humanismus
Nichtsdestotrotz wäre es ungerechtfertigt, den Gehalt des bürgerlichen Antispeziesismus als einen kompletten Fehler abzutun. Das bürgerliche Bewusstsein ist hervorgegangen aus der Opposition gegen die feudale Herrschaft und erst die Schaffung einer Gemeinschaftlichkeit durch das Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, konnte sich die neu geformte Klasse der Bourgeoisie als herrschende Klasse im Bürgertum durchsetzen. Insofern also das bürgerliche Bewusstsein zur vorherigen Produktionsweise einen Fortschritt darstellt, so muss auch der bürgerliche Antispeziesismus historisch bewertet werden, denn „natürlich bedeutet die Kennzeichnung der bürgerlichen Ideologie als grundsätzlich falsches Bewußtsein nicht, daß das bürgerliche Bewußtsein absolut unfähig wäre, richtige Erkenntnisse über die soziale Wirklichkeit auszudrücken.“14
Ein ebenso großer Fehler ist es, den bürgerlichen Humanismus mit der Kennzeichnung als falsches Bewusstsein als eine völlige Illusion der Klassen über sich selbst abzulehnen, wie es bisweilen von der Linken nicht selten getan wird. Als Bildungsbewegung hatte der Humanismus, ausgehend von der Renaissance, den Anspruch, die lange ignorierten (und nicht selten, insbesondere von der Kirche bekämpften) Erkenntnisse der Antike wiederzubeleben und ihnen entsprechend eine neue Gesellschaft aufzubauen, in der die Menschen ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll entfalten können.
Damit entwickelte sich der bürgerliche Humanismus auch zu einer antifeudalen und antiklerikalen Bewegung ihrer Zeit, deren Bedeutung nicht dadurch geschmälert wird, dass er „ohnmächtig, inkonsequent und illusionär [war], soweit er versuchte, im Geist die materiellen Schranken der bürgerlichen Gesellschaft zu überspringen.“15 Sein Fehler lag nun darin, die frühe Entwicklung der „Klassengegensätze der kapitalistischen Ordnung“ nicht erkannt zu haben, weshalb dieser unüberwundene Rest dem bürgerlichen Humanismus noch immer anhaftet.
Die politische Form der Emanzipation des bürgerlichen Antispeziesismus aus den Ausbeutungsverhältnissen gegenüber den Tieren zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Menschen „einerseits auf das Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, auf das egoistische unabhängige Individuum, andererseits auf den Staatsbürger, auf die moralische Person“16 reduziert. Seine Kritik an der Ausbeutung verbleibt damit stets im Konkreten, weshalb sie nicht dazu in der Lage sein kann, die bestehenden Verhältnisse zu transzendieren.
Die Aufgabe des Antispeziesismus muss es daher sein, seine Vereinnahmung durch das reaktionäre Bürgertum zu bekämpfen, denn „[e]rst wenn der wirklich individuelle Mensch den abstrakten Staatsbürger in sich zurücknimmt und als individueller Mensch in seinem empirischen Leben, in seiner individuellen Arbeit, in seinen individuellen Verhältnissen […] seine ‚forces propres‘ [seine eigenen Kräfte] als gesellschaftliche Kräfte erkannt und organisiert hat und daher die gesellschaftliche Kraft nicht mehr in der Gestalt der politischen Kraft von sich trennt, erst dann ist die menschliche Emanzipation vollbracht“17; und insofern ist der linke Antispeziesismus ein Humanismus.

 

Das Kontinua

 

 

Anmerkungen: 

 

1. Nennenswert wäre hierbei beispielsweise ein Beitrag der Antispeziesistischen Aktion Tübingen

2. Natürlich verabsolutiert nicht jede Variante des bürgerlichen Antispeziesismus die Befreiung der Tiere unabhängig vom aktuellen Entwicklungsstand einer Gesellschaft gleichermaßen. Die humanistische Giordano-Bruno-Stiftung beispielsweise vertritt in ihrem Manifest (von Michael Schmidt-Salomon) einen utilitaristischen Antispeziesismus, wie er von dem australischen Philosophen Peter Singer entwickelt wurde, wonach die Rechtfertigung der Ausbeutung der Tiere sich an dem damit evtl. verbundenen Maß des Leides im Verhältnis zum Nutzen für den Menschen misst. Auch hier jedoch wird die Basis der Ausbeutungsverhältnisse ignoriert.

3. MEW 8, 115

4. Marcuse, Herbert, Der eindimensionale Mensch. (Berlin: Hermann Luchterhand, 1967) S. 124

5. Ebd. S. 112

6. Ebd. S. 116

7. Ebd. S. 116

8. Ebd. S. 112

9. Bloch, Ernst, Erbschaft dieser Zeit. (Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1935) S. 114

10. Ebd. S. 107

11. Hahn, Erich, Zur Kritik des bürgerlichen Bewusstseins. In: Ideologie, Hrsg.: Kurt Lenk. (Berlin: Hermann Luchterhand Verlag, 1961) S. 156f

12. Ebd. S. 118

13. Ebd. S. 123

14. Ebd. S. 156

15. Ebd. S. 157

16. Ebd.

17. MEW 1, 370

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Moin!
Zunächst ein mal finde ich es immer gut, wenn mal theoretische Texte und Analysen zum Thema Antispez hier kommen.
Jedoch finde ich die Form der hier gewählten Sprache (Ausdruck) höchst bedenklich. Insbesondere der erste Absatz hätte in zwei Sätzen zusammengefasst werden können. Auch die fast schon prätentiöse Verwendung von Fremdwörtern, macht es Lesern, die nicht (wie ich und du?) aus den Sozialwissenschaften kommen sehr schwer dem Text zu folgen. Was und vor allen Dingen WEN gewinnst du, wenn deine Schreibweise nicht zum lesen einlädt?

Das du offensichtlich aus nem (neo-) marxistischen/ KT Umfeld kommst, ist ok, aber auf die Dauer wird auch die inflationäre Verwendung von klassenkampf, produktionsmittel etc. ermüdend für manchen Leser (also mich ;)
Eventuell hätte es bei all der historisch-normativen Betrachtungsweise, dem Text genützt, über politisch-ökunomische Betrachtungen hinaus zu gehen.
Konkret: (das tust du an anderer Stelle [letzter Absatz] ich weiß) die Bedeutung der Kirche (Bibel etc) als sozial-normative Institution. Für mich als (mich versuchender) Antispezizist, hat die chr. Kirche mit DEN Einfluss, dass die Unterscheidung zwischen Mensch und Tier so vehement und nachhaltig ist. Siehe "machet euch die Welt zu Untertan"!

Also die Frage des, hier in diesem Falle "bürgerlichen" Antispez, sollte neben den durchaus richtigen politischen und ökonomischen Betrachtungen um andere Sphären in der Theoriebildung erweitert werden. Ich glaube, neben einer verständlichen Sprache, kommt man dem Ziel der Erkenntnis so um einiges näher!

PS: Was nicht heißen soll, dass ich immer sehr verständlich schreibe! Ich erinnere mich während des Studiums von Altvatter et al. daran, dass die Form des Ausdrucks durchaus schneller von einem übernommen wird, als einem manchmal lieb ist. ;)

Grüße

Danke für den Kommentar

 

Zunächst: was die Sprache anbelangt, gebe ich Dir vollkommen Recht; die Ausdrucksweise allein kann bereits dazu führen, dass Leute, die sich am Diskurs beteiligen wollen, ausgeschlossen werden, obwohl eigentlich das Gegenteil das Ziel sein sollte. Das ist ein generelles Problem der Linken, das insbesondere durch ihren spezifischen Jargon verstärkt wird und ihren theoretischen Texten dadurch (besonders für Nicht-Eingelesene) einen "eliären" Charakter gibt.

 

Dennoch sind manche Begriffe unerlässlich, sofern der Diskurs von der konkreten Ebene auf eine allgemeine gehoben werden soll. Was also auf manche (manchmal in der Tat zurecht) wichtigtuerisch oder ermüdend wirkt, sind Begriffe (wie "Produktionsverhältnisse", "Produktivkräfte" oder "Dialektik"), die nicht so einfach durch alltägliche Begriffe nicht so leicht zu ersetzen sind, weshalb diese Ebene auch einer anderen, nicht-alltäglichen Sprache bedarf. Das Ziel der Theorie muss es sein, die Ursachen der Ideologie genau zu definieren, um sie bekämpfen zu können, und genau aus dem Grund ist Ideologiekritik nicht immer leicht verständlich.

 

Um dem Ziel näher zu kommen, wie Du schreibst, halte ich es hingegen für falsch, die Kirche als die Ursache für die Ausbeutung der Tiere zu betrachten. Die Tiere werden nicht ausgebeutet, weil Menschen sie für minderwertig halten, sondern weil sie daran Geld verdienen. Die Ursache ist also keine idealistische, sondern eine materialistische und muss darum auch materialistisch und historisch bewertet werden. Der Kampf gegen die Ausbeutungsverhältnisse gegenüber den Tieren ist damit notwendig auch der Kampf gegen die materiellen Ursachen für die Ausbeutung der Menschen, und diese Praxis wird als Klassenkampf bezeichnet.

Moin!

Ich will gar nicht allzu sehr widersprechen, da wir glaube ich, was den hier skizzierten Sachverhalt angeht, "Brüder" im Geiste sind.
Die Unabwendbarkeit von zum Teil schwierigen Begriffen ist wie du richtig anmerkst nicht von der Hand zu weisen. Begriffe, die in einem Wort einen Sachverhalt zusammenfassen, sind natürlich sinnvoll und MÜSSEN auch so verwendet werden. Ich fand nur die Anzahl (also die Wiederholungen) etwas "unleserlich". Aber sei es drum, ich will nicht allzu "korinthisch" sein.

In puncto Kirche (oder besser der Theologie)wollte ich diese nicht als alleinige Ursache sehen, sondern als einen, neben vielen Faktoren, die zu dem dichotomen Verhältnis Mensch<->Tier beitragen. Heutzutage und demzufolge viel wirkmächtiger, was die konkreten Hintergünde und Wirkungsmechanismen angeht, ist die kapitalistische (Re-)Produktionsweise, die auch die Ausbeutung, Verwertung etc. von Tieren mit einbezieht. Da hast du natürlich vollkommen recht was das Materialistische angeht. Ich will nur sagen, dass bei der Betrachtung, wieso das Verhältnis zu Tieren und deren Stellenwert in Gesellschaft und Ökonomie angeht, wie so oft und das brauch ich dir bestimmt nicht zu sagen (tu es aber dennoch) ;) multifaktoriell ist. So ist es bspw plausibel anzunehmen, dass auch eine psychologische Komponente einen Anteil am Umgang mit Tieren hat. Stiichwort Empathie! Btw wäre dieser Sachverhalt auch mal im Sinne der klassichen neo-marx. oder der kritischen Theorie entsprechenden Tradition höchst interessant zu analysieren. Aber da es so langsam am eigentlichen Text vorbei geht, will ich es dabei belassen, dir für deine Arbeit und die dadurch bei mir einsetzenden Überlegungen danken.

Grüße

Psychologische Beiträge von Vertretern der Kritischen Theorie wurden beispielsweise prominent von Erich Fromm eingebracht (etwa: "Jenseits der Illusionen" oder "Psychoanalyse und Ethik" etc.). Als psychologische Beiträge im weitesten Sinne könnte man bereits die von Feuerbach bezeichnen ("Widerspiegelungstheorie", auf der Marx den "Fetischcharakter der Ware" im ersten Band des Kapital aufbaut und bei Sigmund Freud in ähnlicher Weise auch als Theorie der "Übertragung" auftaucht). Simone de Beauvoir hat sich in "Das andere Geschlecht" mit Kritik an Engels an einer psychologischen Erklärung für die Entfremdung von der Natur (und damit der Unterwerfung der Frau) versucht. Riesenthema.

Spielt im obigen Thema aber alles wenig nur wenig eine Rolle, weil es um was anderes geht.