Apéro chez Valls - Wochenanfang in Paris

La Police

Die neue Woche bringt ziemlich viel Wirbel um die Nuit Debout, die es bis in die Süddeutsche Zeitung geschafft hat, und allgemeines Desinteresse an Jenen, die sich nicht so diskursiv artikulieren können, aber weitaus mehr von den geplanten Änderungen des Arbeitsrecht betroffen sein werden als die Citoyen auf dem Platz der Republik.


Also beginnen wir mit Letzteren, weil sich vielleicht Jene mehr als nur ein kommoderes Anstellungsverhältnis wünschen und andere Probleme haben, als den Asphalt der Innenstadt aufzubrechen, um Grünzeug anzupflanzen. Bereits in der letzten Woche kam es am Donnerstag in mehreren westlichen Vororten der französischen Hauptstadt zu Blockaden von Oberschulen, die "ausuferten". Mülltonnen wurden in Brand gesetzt, anrückende Bulleneinheiten mit Steinen und anderem beworfen. Die Bullen setzten daraufhin reichlich Kräfte in Bewegung und gingen teilweise mit Tränengas gegen die Jugendlichen vor. Diese Aktionen setzten sich dann am Freitag fort und sprangen auf weitere Pariser Vororte über. Über siebzig Menschen wurden an den beiden Tagen von den Bullen festgenommen, eine Anzahl, die weit über dem liegt, was es an Festnahmen bei den durchaus krawallträchtigen Demonstrationstagen der letzten Wochen in der Pariser Innenstadt gegeben hat. (Wenn man von der Einkesselung des Frontblocks auf der Schülerdemo letzten Dienstag absieht.)


Nachdem das Wochenende mit den zahlreichen Demonstrationen und Konfrontationen in der Pariser Innenstadt vorbei war, kam es heute nun zu weiteren Zusammenstössen vor den Schulen der Vororte. Zwischenfälle bei Schulblockaden gab es u.a. in Clichy und in Bois-Colombes, wo die Bullen aus einer Menge von 150 Schülern heraus beleidigt und angegriffen sein sollen. Aber auch vor anderen Schulen im Departement Hauts-de-Seine brannten heute Mülltonnen und Autos, nachdem die Bullen wie immer in den Vororten äußerst brutal gegen die Schüler vorgegangen waren. Es gab erneut über ein Dutzend Festnahmen. Und auch in Montpellier kam es heute an mehreren Schulen  zu neuen  Aktionen der Schüler, die die Bullen auf den Plan riefen, nachdem es bereits letzte Woche dort Ausschreitungen geben hatte.  

Jene, die es nicht an diese Orte der sozialen Deklassierung in den Pariser Banlieues verschlagen wird, trafen sich heute in der Pariser Innenstadt mit dem französischen Premierminister Manuel Valls. Hinterher zeigten sich die selbsternannten Repräsentanten der Jugend, namentlich die Vertreter der sozialdemokratischen "Studentengewerkschaft" UNEF hocherfreut darüber, dass der Herr Premierminister die Sorgen und Nöte der Jugend ernst nehme und nun ja auch ein paar Bonbons am verteilen sei und das sei auch alles so großartig, aber selbstverständlich fordere man auch die Jugend auf, mobilisiert zu bleiben, weil man müsse ja auch als Kollaborateur den Schein wahren. Und auch der Herr Ministerpräsident zeigte sich durchaus angetan von den Gesprächen mit den "Vertretern der Jugend", es ist leider nicht überliefert, ob man nach dem Treffen noch gemeinsam einen Aperitif genossen hat.  

Auf dem Platz der Republik versammeln sich heute Abend dann erneut einige Tausend Menschen zur Nuit Debout, nachdem der Platz in den frühen Morgenstunden von den Bullen geräumt worden war. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur wenige Leute auf dem Platz, die auch keinen Widerstand leisteten. Im Anschluss an die Räumung beseitigten dann Mitarbeiter der Pariser Müllabfuhr sämtliche Hütten, Zelte und sonstige Infrastruktur, die entstanden war. Im Laufe des Tages kristallisierte sich dann heraus, dass die Behörden die "Platzbesetzung" weiterhin dulden werden, allerdings darf keine Infrastruktur auf dem Platz entstehen und um Mitternacht soll Schluss sein. Um die Absicht zu untermauern, diese Auflagen auch durchzusetzen, sind heute Abend rund um den Platz hunderte von Bullen aufgefahren, Wannen bilden so etwas wie ein Freiluftgefängnis, an desen Eingängen penible Kontrollen durchgeführt werden, damit keine unerlaubte Materalien auf den Platz gelangen. Wenig erstaunlich haben sich die vielen Citoyen in ihr Schicksal geführt und debattierten die Angelegenheiten der Welt umzingelt von den Bullen. Es gehört nicht viel dazu, um zu wissen, dass Versammlungen, die unter diesen Bedingungen stattfinden, sich innerhalb weniger Tage erledigt haben werden, sollte es nicht gelingen, sich andere Bedingungen zu schaffen. Ganz davon zu schweigen, dass es in Zukunft unmöglich sein wird, spontane Demos von Platz der Republik aus durch zu führen, wenn dieser von den Bullen umstellt bleibt. 

Sich gegen die Repression zu behaupten ist wiederum auch das Anliegen der Schüler, die sich im Mouvement Inter Luttes Indépendant      organisiert haben. Nachdem die Bullen den antagonistischen Schülerblock in der vergangenen Woche trotz heftigen Widerstand ziemlich aufgemischt haben und bei der Geschichte 130 Leute eingefahren sind, wird es am kommenden Donnerstag bei dem nächsten Aktionstag wohl keine eigene Schülerdemo mehr geben. Die Leute von MILI rufen stattdessen dazu auf, sich an die Spitze der Pariser Demo zu setzen, nachdem man am Morgen die Schulen blockiert hat. Es ist allerdings zu befürchten, dass diese Demonstration am kommenden Donnerstag nicht besonders gross ausfallen wird, schon die letzte Pariser Demo ohne grosse Gewerkschaftsmobilisierung umfassste weit weniger als 10.000 Menschen. Entsprechend könnten die Bullen dann auch hier massiv gegen einen möglichen antagonistischen Block vorgehen, nachdem sie sich am Samstag während der Grossdemo etwas zurück gehalten haben und es erst am Platz der Abschlusskundgebung zu heftigen Zusammenstössen kam. Von denen viele Leute auf der Demo garnichts mitbekommen haben, weil die CGT ihren Block garnicht erst zum Platz der Nation geführt hat, als die Bullen anfingen dort zu intervenieren.

 

So oder so, der neu entstehenden Bewegung droht gerade der Stillstand, bzw. die Einkreisung, politisch, wie auch ganz praktisch. Es wird die Frage sein, wie es ihr gelingt, neue Akzente zu setzen und sich nicht vereinnahmen zu lassen, von welcher Seite auch immer.

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Hier noch ein weiteres Video von der Nacht von Samstag zu Sonntag: https://www.youtube.com/watch?v=m3vmYTW1YWU

Als alles vorbei schien am Platz der Republik, heute Nacht, fanden sich doch noch ein paar Unermüdliche. Schnell war ein Fronttransparent      herbei gezaubert und schon ging es schnellen Schrittes hinaus in die Nacht. Um die Zweihundert Leute hinterher, was die Staatsmacht auf den Plan rief, die allerdings erst einmal einige Hindernisse beseitigen musste.  So ging es dann eine Stunde lang durch die Strasse und Gassen rund um den Platz der Republik hin und her, Zeug wurde auf die Strasse geschleppt und es flog auch ab und an etwas durch die Luft. (Video)  Gegen zwei Uhr in der Früh machten sich dann alle auf den Weg in ihre Betten.


Jene, die (vermutlich) schon früher ihre Bettstatt aufgesucht hatten, sind unterdesen heute am Vormittag schon wieder unterwegs, um den Bullen Unannehmlichkeiten zu bereiten. Aus den Pariser Vororten werden neuen Zwischenfälle gemeldet. In Villeneuve-la-Garenne  brannten Mülltonnen vor dem Eingang einer Schule, eintreffende Bereitschaftsbullen wurden mit Gegenständen beworfen Die Bullen nahmen ein Dutzend Schüler fest, behaupten bei einigen von ihnen Brandbeschleuniger gefunden zu haben. Und auch in Blanc-Mesnil wurden die Bullen mit Gegenstände beworfen, als sie bei der Blockade einer Schule eintrafen, in Nanterre eine weitere Festnahme. In der Innenstadt trafen sich unterdessen einige hundert Schüler auf dem Platz der Republik, um sich von dort aus trotz hoher Bullenpräsenz in Bewegung zu setzen,  um nach einigen Haken zur Bergson Oberschule zu ziehen. Von dort aus ging es weiter zur nächsten Schule, die Bullen ständig im Nacken. Zwischendurch wurde einfach die Metro benutzt,  und  nachdem auch noch die eine oder andere Mülltonne den Weg auf die Fahrbahn gefunden hatte, löste sich die ganze Angelegenheit dann auf.


In Rennes sind es heute an die 300 Leute, vorwiegend Studenten, die sich zu einer Spontandemo versammelt haben und durch die Innenstadt ziehen. Nach einem Abstecher bei dem Parteibüro der "Sozialisten" geht es zum Gerichtsgebäude, das mittlerweile von den Bullen abgeriegelt worden ist und in dem einem Demonstranten heute der Prozess gemacht wird : "Libèrez nos camarades!"  

gibt es noch weitere geplante aktionen als den donnerstag und dem 28.4 der ja auch von der unef organisiert wird?

Mir sind nur die Aufrufe der Studenten und Schüler für Aktionstage am 14. und 20. April bekannt. Außerdem natürlich für den 28. April, der ja wieder ein nationaler Aktionstag der Gewerkschaften sein wird. Die Studentenkoordination hat auch gestern in einer Erklärung klar gestellt, dass sie die neuen Angebote von MP Valls, die ja von der UNEF sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen werden, zurückweist.

genoss*innen von blockupy waren am wochenede auf dem place de la republique, wo scheinbar darüber gesprochen wurde, dass es eine europäische mobilisierung für den 15. mai geben soll (#m15),  nach paris oder nach madrid. gibt es dazu neuere informationen?