Anleitung für eine Revolution von Nadja Tolokonnikowa

Cover Anleitung für eine Revolution

Mit zehn Jahren wird Nadeschda Tolokonnikowa Feministin, mit sechzehn Philosophiestudentin, mit einundzwanzig Mitbegründerin der Band Pussy Riot. Mit ihrem Punk-Gebet macht die Gruppe die Welt 2012 auf die Verquickung von Kirche und Staatsmacht in Russland aufmerksam.

Als Putins Richter sie verurteilen, nutzt sie die Bühne des Gerichts für eine Verteidigung der Freiheit und der Menschenrechte. Und während ihr Land sich der autokratischen Herrschaft ergibt, beharren sie und ihre Mitstreiterinnen darauf, dass Widerstand möglich ist. "Anleitung für eine Revolution" erzählt Nadeschda Tolokonnikowas Geschichte, und zugleich ist es ihr Manifest. Es handelt vom Kampf gegen ein System, in dem nur frei ist, wer sich anpasst.

 

 

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

mit NED die Revolution ausrufen is ganz prima - die Tante ist keine Linke, keine Feministin - die schwimmt im Aufmerksamkeitskino der Doofen und wenn die wat von Revolution fastelt, meint sie ihr eigenes Label, ihr Image und ihren Geldbeutel.

Hast du auch aufgrund deines politischen Engagements für Freiheit und Anarchie 2-3 Jahre im Gulag Arbeitslager bei minus 20Grad Celsius verbracht wie die Person über die du gefahrlos aus der warmen Bude vorm PC sitzend herziehst während du gut versorgt und vollgefressen in deinem ausbeuterischen Wohlstandsland so groß die Fresse aufreißt. Also die einzige berechtigte Kritik ist das bei ihrem Event "Ficken für die Meinungsfreiheit" die ganzen Bilder statt erotisch inszeniert zu sein billige Hardcore Pornographie war. Das war schäbig und nicht sehr Feministisch sondern eher an komerziellen Pornofilmen orientiert.Sie argumentiert halt das es eine Provokation war, was ich in dem Fall NICHT nachvollziehen kann. Aber vom genannten Vorfall mal abgesehen ist sie eine gute und bewundernswerte anarchistische Kämpferin

"gulag", mit 10 Jahren Feministin ? deine dämliche PR Scheisse von jemand, kannste anderen Doofen verkaufen - oder vielleicht mal was passendes über deren Label (Streit um "Pussy Riot" und deren Drecksvermarkung - dir zu Gemüte führen).

 

Sie ist gar nix - ne Tante dir einen Scheiss an jeden verkauft - nennt sich Aufmerksamkeitsökonomie -  die mit den politischen Nato Bossen Händchen schüttelt musste. Du würdest so einen Quatsch auch noch erzählen und für wahr halten, und dir würden die Widersprüche nicht mal auffallen, wenn sie behaupten würde,

...man, Stumpfsinn lass nach..

Das mit dem Strafleger wo sie einsaß ist das IK-14 um genau zu sein , was ganz offiziel ein sogenanntes ARBEITSLAGER für politisch Unliebsame ist. Also das wo Putin ECHTE Linke interniert wenn sie das Maul ein bisschen aufmachen. Wenn sie das Maul weiter aufmachen lässt er sie ehr umbrigenen wie Boris Nemzow.

Also Conchita Wurst hat mit 10 für sich festgestellt das sie gerne auch äußerlich Transgender sein möchte wie sie in einem Interview unlängst sagte.

Was die Arbeit in dem ARBEITSLAGER angeht indem sie wegen Musik machens interniert war, folgendes ist ein Originalzitat:

 

"Meine Brigade in der Nähwerkstatt arbeitet 16 bis 17 Stunden am Tag. Von 7.30 bis 0.30 Uhr. Für Schlaf haben wir im besten Fall vier Stunden am Tag. Einen freien Tag bekommen wir alle anderthalb Monate. Fast an allen Sonntagen müssen wir arbeiten. Die Häftlinge müssen Anträge schreiben, dass sie freiwillig am Wochenende arbeiten wollen. In Wirklichkeit ist es natürlich nicht freiwillig. Doch sie werden von der Leitung des Lagers dazu gezwungen sowie von anderen Häftlingen, die den Willen der Administration durchsetzen. Niemand darf ungehorsam sein, etwa sagen, dass man am Sonntag nicht 'freiwillig' bis ein Uhr nachts arbeiten will. Eine 50-jährige Frau hat darum gebeten, nicht bis 0.30, sondern bis 20 Uhr zu arbeiten, sie wollte um 22 Uhr schlafen gehen, um endlich mal acht Stunden lang zu schlafen. Sie fühlte sich nicht gut und hatte hohen Blutdruck. Daraufhin wurde eine Versammlung der Brigade einberufen, die Frau wurde gerügt und erniedrigt, als Faulpelz beschimpft. 'Willst du etwa länger schlafen als die anderen? Stell dich nicht so an, du kannst weiter ackern, du Pferd!' Wenn jemand aus der Brigade krankgeschrieben wird, wird auch Druck ausgeübt. 'Ich habe genäht, als ich 40 Grad Fieber hatte, das war in Ordnung. Hast du darüber nachgedacht, wer statt dir nähen soll?!'" Is ja nix, nä? Wenn man vorm PC im waren die große Fresse hat und mit allem gut versorgt ist und garnicht mit echten Repressionen konfrontiert wird. Und Jungle World noch Putin schwer beweihräuchert der sowas macht in seinen Lagern im homophobsten Staat Europas. Das haben sie ja dann mit der NPD, AFD und Front National ja gemeinsam denen der Puten ganz "Antifaschistisch" 44Millionen Euro in den Arsch geblasen hat, also den Naziparteien jetzt.

Pussy Riot: Nadeschdas Martyrium im russischen Straflager

 

24.09.13

 

Das Pussy-Riot-Mitglied sitzt seit Herbst 2012 im Straflager IK-14 ein. Nun beschrieb Nadeschda Tolokonnikowa in einem Brief ihr Leiden – und trat in Hungerstreik. Eine Dokumentation.

Nadeschda Tolokonnikowa von der russischen Protest-Band Pussy Riot trat am 23. September in Hungerstreik. Zum ersten Mal beschrieb sie das Leben im Straflager in einem offenen Brief, der am Montag bei der russischen Nachrichtenseite lenta.ru veröffentlicht wurde.

 

"Die Welt" veröffentlicht die gekürzte Übersetzung des Textes mit freundlicher Genehmigung der Redaktion von lenta.ru. Nach der Veröffentlichung wurde Tolokonnikowa an einen "sicheren Ort", in eine Einzelzelle, gebracht, wie die Administration des Lagers mitteilte. Hier folgt der Brief:

 

"Ich werde nicht schweigend dasitzen"

 

"Am Montag, dem 23. September, trete ich in Hungerstreik. Das ist eine extreme Methode, aber ich bin mir sicher, dass es für mich der einzig mögliche Ausweg aus der jetzigen Situation ist. Die Leitung des Straflagers weigert sich, mich zu hören.

 

Aber ich will meine Forderungen nicht zurücknehmen, ich werde nicht schweigend dasitzen und zusehen, wie Menschen vom Sklavenleben im Lager umfallen. Ich fordere, dass die Menschenrechte und das Gesetz im Lager beachtet werden. Ich fordere, dass wir wie Menschen und nicht wie Sklaven behandelt werden.

 

Vor einem Jahr bin ich im Straflager IK-14 im mordwinischen Dorf Parza angekommen. Häftlinge sagen: 'Wer in Mordwinien nicht gesessen hat, hat überhaupt nicht gesessen.'" Über Straflager in Mordwinien erzählte man mir bereits in der Untersuchungshaft in Moskau. Das härteste Regime, der längste Arbeitstag, die schlimmste Rechtlosigkeit.

 

"Wir haben härtere Menschen gebrochen!"

 

Vor einem Transport nach Mordwinien wird man wie vor einer Hinrichtung verabschiedet. Bis zum letzten Moment hoffte man: 'Vielleicht doch nicht nach Mordwinien?' Doch im Herbst 2012 kam ich im Gebiet von Straflagern am Ufer des Flusses Parza an. Mordwinien hat mich mit den Worten des stellvertretenden Leiters des Lagers, der Oberstleutnant Kuprijanow, empfangen, der faktisch im Lager Befehle gibt: 'Ihr müsst wissen, dass ich nach meinen politischen Ansichten Stalinist bin.'

 

Der andere Leiter, der Oberst Kulagin, lud mich am ersten Tag zu einem Gespräch ein, er wollte mich dazu bringen, meine Schuld zu bekennen. 'In Ihrem Leben ist ein Unglück passiert, stimmt es? Sie haben zwei Jahre Haft bekommen. Wenn im Leben eines Menschen Unglück passiert, ändert er gewöhnlich seine Ansichten. Sie müssen Ihre Schuld bekennen, um vorzeitig frei zu kommen.'

 

Ich sagte dem Leiter sofort, dass ich vorhabe, nur acht Stunden am Tag zu arbeiten, wie es vom Arbeitsrecht vorgesehen ist. 'Arbeitsrecht hin oder her, aber das Wichtigste ist, Produktionsnormen zu erfüllen. Wenn Sie sie nicht erfüllen, wird Ihr Arbeitstag verlängert. Und überhaupt haben wir hier auch härtere Menschen gebrochen!', antwortete der Oberst Kulagin.

 

"Im besten Fall vier Stunden Schlaf"

 

Meine Brigade in der Nähwerkstatt arbeitet 16 bis 17 Stunden am Tag. Von 7.30 bis 0.30 Uhr. Für Schlaf haben wir im besten Fall vier Stunden am Tag. Einen freien Tag bekommen wir alle anderthalb Monate. Fast an allen Sonntagen müssen wir arbeiten. Die Häftlinge müssen Anträge schreiben, dass sie freiwillig am Wochenende arbeiten wollen. In Wirklichkeit ist es natürlich nicht freiwillig. Doch sie werden von der Leitung des Lagers dazu gezwungen sowie von anderen Häftlingen, die den Willen der Administration durchsetzen.

 

Niemand darf ungehorsam sein, etwa sagen, dass man am Sonntag nicht 'freiwillig' bis ein Uhr nachts arbeiten will. Eine 50-jährige Frau hat darum gebeten, nicht bis 0.30, sondern bis 20 Uhr zu arbeiten, sie wollte um 22 Uhr schlafen gehen, um endlich mal acht Stunden lang zu schlafen. Sie fühlte sich nicht gut und hatte hohen Blutdruck.

 

Daraufhin wurde eine Versammlung der Brigade einberufen, die Frau wurde gerügt und erniedrigt, als Faulpelz beschimpft. 'Willst du etwa länger schlafen als die anderen? Stell dich nicht so an, du kannst weiter ackern, du Pferd!' Wenn jemand aus der Brigade krankgeschrieben wird, wird auch Druck ausgeübt. 'Ich habe genäht, als ich 40 Grad Fieber hatte, das war in Ordnung. Hast du darüber nachgedacht, wer statt dir nähen soll?!'

 

"Häftlinge sollen Häftlinge unter Druck setzen"

 

In meiner Baracke sagte mir eine Mitinsassin: 'Die Bullen werden Angst davor haben, dich selbst zu unter Druck zu setzen. Sie wollen, dass Häftlinge das machen!' Das Regime im Straflager funktioniert tatsächlich so, der Willen des Menschen wird unterdrückt, er wird eingeschüchtert und zu einem stummen Sklaven gemacht, und das machen Häftlinge, die Posten von Meisterinnen in Brigaden bekleiden und Befehle von der Leitung des Lagers erhalten.

 

Um die Disziplin aufrechtzuhalten, wird ein System von informellen Strafen eingesetzt. 'Im Hof sitzen' heißt, dass einem verboten wird, in die Baracke zu gehen, auch im Herbst und in Winter. In einer Abteilung, in der Rentner und Behinderte gehalten werden, lebt eine Frau. Sie musste einen Tag lang im Hof bleiben, ihre Hände und Füße waren so erfroren, dass man ihr einen Fuß und die Finger amputieren musste.

 

'Hygiene schließen' heißt, dass einem verboten wird, sich zu waschen und zur Toilette zu gehen. Oder einem wird verboten, eigene Lebensmittel zu essen. Es ist lächerlich und furchtbar, wenn eine erwachsene 40-jährige Frau sagt: 'Heute sind wir bestraft worden! Ich bin gespannt, ob wir morgen auch bestraft werden.' Sie darf die Nähwerkstatt nicht verlassen, um zur Toilette zu gehen, sie darf keine Praline aus ihrer Tasche essen. Das ist ihr verboten.

 

"Produktionsnormen plötzlich gesteigert"

 

Sie träumt vom Schlaf und einem Schluck Tee, sie ist erschöpft und schmutzig. So wird sie zum gehorsamen Material in Händen der Administration des Lagers, für die wir nur kostenlose Arbeitskräfte sind. Im Juli 2013 habe ich ein Gehalt von 29 Rubel (Anm. d. Red. – 67 Cent) erhalten. Dabei näht eine Brigade 150 Polizeiuniformen am Tag. Wohin geht das Geld, das für sie gezahlt wird?

 

Das Lager hat bereits mehrmals Geld dafür erhalten, eine komplett neue Produktionsausrüstung zu kaufen. Stattdessen mussten Häftlinge lediglich die alten Nähmaschinen neu streichen. Nach dem Arbeitsrecht müssen die Produktionsnormen in diesem Fall reduziert werden. Aber sie werden nur gesteigert, ganz plötzlich.

 

Die alten Näherinnen sagen: 'Wenn du ihnen zeigst, dass du 100 Uniformen machen kannst, werden sie die Norm auf 120 erhöhen!' Aber wenn du es nicht machst, wird die ganze Brigade bestraft. Sie wird etwa stundenlang auf dem Platz stehen müssen. Ohne zur Toilette gehen zu dürfen. Ohne einen Schluck Wasser trinken zu dürfen.

 

"Du schmierst das Blut auf den Tisch"

 

Vor zwei Wochen wurde die Produktionsnorm für alle Brigaden von 100 auf 150 Uniformen am Tag erhöht. Nach dem Arbeitsrecht müssen wir zwei Monate im Vorfeld darüber informiert werden. Im Lager IK-14 passiert es von heute auf morgen. Die Brigade wird kleiner, weil Frauen freikommen, aber die Norm steigt. Die Gebliebenen müssen mehr und mehr arbeiten.

 

Mechaniker sagen, dass sie keine Ersatzteile haben, um die kaputten Maschinen zu reparieren, sie werden auch keine bekommen. In den ersten Monaten musste ich selbstständig den Mechanikerberuf erlernen. Ich warf mich auf eine Nähmaschine mit einem Schraubenzieher in der Hand, mit der verzweifelten Hoffnung, die zu reparieren.

 

Deine Hände sind durch Nadeln zerstochen und zerkratzt, du schmierst das Blut auf den Tisch, aber versuchst, trotzdem weiterzunähen. Denn du bist ein Teil der Fließbandproduktion, du musst auf dem gleichen Niveau wie erfahrene Näherinnen arbeiten. Und die verdammte Maschine geht immer wieder kaputt. Weil du neu bist und deshalb die schlechteste Maschine bekommen hast. Der Motor ist wieder kaputt, du suchst einen Mechaniker. Und man schreit dich an, weil du die Normen nicht erfüllst. Im Lager wird dir das Nähen nicht beigebracht, du wirst an eine Nähmaschine gesetzt und bekommst sofort Aufgaben.

 

"Eine Zigeunerin wurde zu Tode geprügelt"

 

'Wenn du nicht Tolokonnikowa wärst, hätte man dich schon längst ********', sagen Häftlinge, die der Administration nahestehen. Das stimmt, andere werden geschlagen, wenn sie nicht genug leisten. Auf die Nieren und ins Gesicht. Die Häftlinge schlagen sie, aber das passiert nie ohne Wissen und Billigung der Administration.

 

Vor einem Jahr wurde eine Zigeunerin zu Tode geprügelt. Das passierte in der dritten Abteilung, in die Menschen gebracht werden, die jeden Tag verprügelt werden müssen. Die Frau ist im Lagerkrankenhaus gestorben. Als Todesursache wurde Schlaganfall angegeben. In einer anderen Abteilung wurden neue Näherinnen ausgezogen und mussten nackt arbeiten, weil sie zu langsam waren.

 

Niemand durfte sich beschweren, die Administration würde in diesem Fall nur lächeln und dich zurück zu den Mitinsassinnen gehen lassen, die dich verprügeln würden. Die Administration nutzt das, damit sich Häftlinge dem Regime unterwerfen.

 

"Erschöpfte Häftlinge, bereit sich zu prügeln"

 

In der Werkstatt herrscht eine bedrohlich nervöse Atmosphäre. Ständig erschöpfte Häftlinge sind bereit, wegen jeder Kleinigkeit zu schreien und sich zu prügeln. Vor Kurzem brach man einer sehr jungen Frau den Kopf mit einer Schere durch, weil sie eine Hose nicht rechtzeitig gefertigt hatte. Eine andere Frau versuchte die Tage, sich mit einer Handsäge in den Bauch zu stechen. Sie wurde gestoppt.

 

Frauen, die das Jahr 2010, das Jahr von Waldbränden, hier verbracht haben, erzählten mir, dass sie auch als das Feuer fast neben dem Lager war arbeiten mussten. Man konnte wegen des Rauches in einer Entfernung von zwei Metern nichts sehen, aber man nähte mit nassen Tüchern im Gesicht.

 

Wegen des Ausnahmezustandes durfte man nicht in die Kantine zum Mittagessen gehen. Einige Frauen erzählten, dass sie versuchten, über dieses Grauen in Tagebüchern zu schreiben. Als die Brände vorbei waren, beschlagnahmte die Sicherheitsabteilung des Lagers diese Tagebücher, damit keine Informationen nach draußen durchsickern.

 

"Wir dürfen uns nicht in den Baracken waschen"

 

Die Sanitätsbedingungen im Lager sind so, dass ein Häftling sich als rechtloses, schmutziges Vieh fühlt. Es gibt Hygienezimmer in jeder Baracke, aber um Häftlinge zu erziehen und zu bestrafen, müssen alle 800 Frauen in ein gemeinsames Waschzimmer gehen, in das nur fünf Menschen gleichzeitig passen. Wir dürfen uns nicht in den Hygienezimmern in unseren Baracken waschen, das wäre zu bequem.

 

Im gemeinsamen Zimmer ist ständig Gedränge. Einmal die Woche darf man sich die Haare waschen. Aber auch dieser Tag wird ab und zu abgesagt, weil die Pumpe kaputt oder die Kanalisation verstopft ist. Manchmal konnten wir uns zwei oder drei Wochen am Stück nicht waschen. Wenn die Kanalisation verstopft ist, strömt aus Hygienezimmern Urin, Exkremente fliegen haufenweise raus.

 

Wir haben gelernt, Rohre selbst zu reinigen, aber es reicht nicht für lange, sie werden wieder verstopft. Einmal die Woche darf man Wäsche waschen. Im Zimmer dafür gibt es drei Wasserhähne, aus denen in einem dünnen Strahl kaltes Wasser fließt. Wahrscheinlich ebenfalls aus Erziehungsgründen bekommen Häftlinge nur trockenes Brot, reichlich mit Wasser verdünnte Milch, ausschließlich ranzige Hirse und nur faule Kartoffeln zu essen.

 

"Unerträgliche Bedingungen, nachdem ich klagte"

 

Über Gesetzverstöße im Lager IK-14 kann man endlos sprechen. Die Administration des Lagers verhindert auf härteste Weise, dass alle Klagen die Wände des Lagers verlassen. Das Schlimmste ist, dass die Administration mit den niedrigsten Methoden Menschen zum Schweigen bringt. Aus diesem Problem folgen alle anderen – eine überhöhte Produktionsnorm, ein Arbeitstag mit 16 Stunden etc.

 

Die Administration fühlt sich straflos und unterdrückt Häftlinge immer mehr. Ich konnte nicht verstehen, warum alle schweigen, bis ich selbst vor einem Berg der Hindernisse stand. Es gibt nur eine einzige Chance – über Verwandte oder Anwälte zu klagen. Die kleinliche und rachesüchtige Administration nutzt daraufhin alle Mechanismen aus, damit der Häftling versteht: Niemandem wird es nach seinen Klagen besser gehen, im Gegenteil, sie machen alles nur schlimmer. Wenn du dich darüber beklagst, dass es kein warmes Wasser gibt, wird es komplett abgeschaltet.

 

Im Mai 2013 klagte mein Anwalt Dmitri Dinse bei der Staatsanwaltschaft gegen die Bedingungen im Lager IK-14. Der stellvertretende Leiter des Lagers, der Oberstleutnant Kuprijanow, sorgte daraufhin für unerträgliche Bedingungen. Eine Durchsuchung nach der anderen, Klagen gegen meine Bekannte, warme Sachen wurden beschlagnahmt, man drohte damit, auch warme Schuhe zu beschlagnahmen.

 

"Menschen, die mir nah sind, leiden"

 

Bei der Arbeit rächt man ebenfalls: Man bekommt besonders komplizierte Aufgaben, die Normen werde erhöht. Eine Meisterin, die rechte Hand von Kuprijanow, hat Häftlinge offen dazu aufgerufen, die Sachen zu zerschneiden, für die ich in der Werkstatt zuständig war, damit ich dafür mit Einzelhaft bestraft werde. Sie rief auch dazu auf, eine Prügelei mit mir zu provozieren.

 

Man kann alles ertragen. Alles, was nur dich betrifft. Aber die kollektive Erziehungsmethode im Lager bedeutet etwas anderes. Mit dir zusammen leidet deine ganze Abteilung, das ganze Lager und – das Schlimmste – die Menschen, die dir bereits viel bedeuten. Eine Freundin durfte nicht vorzeitig freikommen, wofür sie sieben Jahre lang vorbildhaft gearbeitet hatte.

 

Sie wurde dafür bestraft, dass sie mit mir zusammen Tee getrunken hatte. Am gleichen Tag wurde sie in eine andere Abteilung gebracht. Eine andere Frau wurde in eine Abteilung geworfen, in der sie jeden Tag dafür geschlagen wurde, dass sie mit mir ein Dokument gelesen und besprochen hatte, in dem das Justizministerium die Regeln für Straflager festlegt. Alle, die mit mir etwas zu tun hatten, wurden bestraft. Es tat mit leid, weil die Menschen leiden, die mir nah sind. Der Oberstleutnant Kuprijanow sagte mir grinsend: 'Du hast wohl bereits keine Freunde mehr!' Er erklärte, dass alles wegen der Klagen meines Anwalts passiert.

 

"Und noch was – bitte nie für alle"

 

Jetzt verstehe ich, dass ich schon im Mai in Hungerstreik hätte treten sollen. Aber da ich gesehen habe, unter welchen heftigen Druck deswegen andere Häftlinge geraten, habe ich vorübergehend aufgehört zu klagen. Vor drei Wochen, am 30. August, bat ich den Oberstleutnant Kuprijanow, dafür zu sorgen, dass alle Häftlinge in meiner Brigade acht Stunden am Tag schlafen dürfen.

 

Es ging darum, den Arbeitstag von 16 auf zwölf Stunden zu kürzen. 'Gut, ab Montag wird die Brigade acht Stunden arbeiten', sagte er. Mir war klar, dass es eine Falle ist, weil wir in acht Stunden unsere überhöhte Norm nicht schaffen würden. Die Brigade wird dafür bestraft. 'Und wenn sie erfahren, dass es wegen dir passierte', fuhr der Oberstleutnant fort, 'wird es dir nie mehr schlecht gehen, denn im Jenseits geht es niemandem schlecht.'

 

Er machte eine Pause. 'Und noch was – bitte nie für alle. Bitte nur für dich alleine. Ich arbeite schon viele Jahre in Lagern. Alle, die zu mir kamen, um für anderen etwas zu erbitten, gingen direkt in den Karzer. Du bist die Erste, der das nicht passierte.'

 

"Die Häftlinge sind komplett eingeschüchtert"

 

In den kommenden Wochen wurde eine unerträgliche Atmosphäre geschaffen. Die mit der Administration befreundeten Häftlinge stifteten meine Abteilung an: 'Ihr seid bestraft, euch wurde für eine Woche verboten, Tee zu trinken, eure Lebensmittel zu essen, in Pausen zur Toiletten zu gehen und zu rauchen. Und Ihr werdet jetzt immer bestraft, wenn Ihr neue Häftlinge, besonders Tolokonnikowa, nicht anders behandelt. Haben alte Mitinsassinnen euch geschlagen? Das sollt Ihr jetzt auch tun.'

 

Ich wurde immer wieder provoziert, damit ich einen Konflikt oder eine Prügelei anfange, aber was ergibt es für einen Sinn, mit jemandem zu streiten, der keinen eigenen Willen hat und den Willen der Administration erfüllt?

 

Die Häftlinge in Mordwinien haben Angst vor ihren eigenen Schatten. Sie sind komplett eingeschüchtert. Noch gestern waren sie freundlich zu dir und baten: 'Mach doch irgendwas mit dem 16-Stunden-Arbeitstag!' Und nach dem Druck der Administration hatten sie Angst, mit mir zu sprechen.

 

Ich habe die Administration gebeten, den Konflikt zu lösen, mich vom Druck der von ihnen kontrollierten Häftlingen zu befreien und den Arbeitstag gemäß dem Arbeitsrecht zu kürzen. Aber der Druck ist nur gestiegen. Deshalb trete ich ab dem 23. September in Hungerstreik und weigere mich, an der Sklavenarbeit teilzunehmen, bis die Leitung des Lagers Gesetze befolgt und Häftlinge nicht wie rechtloses Vieh behandelt, sondern wie Menschen."

 

Übersetzung: Julia Smirnova