Nach Dezember 2014 hat die Initiativgruppe "40 Jahre Radikalenerlass" am 17. Februar 2016 vor dem Landtag erneut eine Kundgebung gegen die Berufsverbote durchgeführt. Anlass war die letzte Sitzung vor der Wahl, vor allem die Weigerung der Regierungsfraktionen von Grünen und SPD Mitte Januar, einen Antrag auf Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen einzubringen, nachdem dies in einem "Runden Tisch" Ende 2015 noch angekündigt worden war.
Die Landesparlamente in Bremen und Niedersachsen haben 2011 und 2014 Beschlüsse zur politischen Aufarbeitung und Entschädigung gefasst. In Baden-Württemberg hat dies an vorderster Front ausgerechnet der Grünen-Ministerpräsident Kretschmann verhindert. SPD-Fraktionsvorsitzender Schmiedel hatte im Sommer 2015 verlauten lassen, man wolle vermeiden, dass durch einen Beschluss auch Nazis rehabilitiert würden. Laut Kretschmann könne es allenfalls zunächst eine wissenschaftliche Aufarbeitung und im Anschluss, nach Prüfung jedes Einzelfalls, eventuell auch Rehabilitierungen geben. Die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer, Wissenschafter, Physiotherapeuten, Briefträger, Zugführer, die als Linke ihren Beruf wegen ihrer Gesinnung nicht ausüben durften, meinen, dass dies bei Tausenden Überprüfungen nur noch für ihre Grabsteine wäre. 11 sind bereits verstorben.
Die Teilnehmerzahl der Protestkundgebung lag höher als 2014. Annähernd die Hälfte der rund 80 Anwesenden waren Betroffene, zumeist mit Namensplakaten und Aufschrift: "Als Verfassungsfeind abgestempelt". Zu sehen waren viele DGB-, GEW-, ver.di- und IG Metall-Fahnen. Sieben Betroffene meldeten sich zu Wort, aus Baden-Baden, Tübingen, Freiburg, Heidelberg und Mannheim. Bernd Riexinger, Parteivorsitzender und Spitzenkandidat der Linken, hielt eine Solidaritätsrede. Darüber hinaus gab es Grußbotschaften von GEW, ver.di und IG Metall. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi konnte aufgrund einer Erkrankung kurzfristig nicht kommen. Umrahmt wurde die Kundgebung mit Beiträgen auf der Trompete ("Die Gedanken sind frei"). Die beiden Grünen-Abgeordneten im "Runden Tisch", der von Juni bis Dezember 2015 drei Mal getagt hatte, kamen zwar mehrmals aus dem Landtag heraus, ohne jedoch zur Kundgebung zu sprechen.
Einer der Betroffenen, die in den siebziger Jahren den Beruf wechseln mussten, hatte zur Versammlung seinen Rentenbescheid 2012 von nur 583 Euro brutto mitgebracht. (Der betreffende Metallbetrieb war nach 19 Jahren Betriebszugehörigkeit geschlossen worden.) Zumindest für diese Altersarmuts-Fälle fordert die Initiativgruppe eine materielle Entschädigung in Form einer Aufzahlung zur Rente, die in diesem Fall monatlich über 700 Euro (!) unter der sogenannten Standardrente liegt.
Nach der Unterstützung durch GEW und DGB haben 2015 auch ver.di und IG Metall Gewerkschaftstags-Beschlüsse für die Aufhebung sämtlicher Berufsverbots-Erlasse, Rehabilitierung und Entschädigung gefasst. IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger hat diese Forderungen Ende Januar in einem Schreiben an Ministerpräsident Kretschmann nochmals bekräftigt und die Einhaltung des entsprechenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der Bestimmungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO verlangt. Eine Grußbotschaft von ihm wurde auf der Protestversammlung verlesen.
Kretschmann hat der IG Metall am Tag der Kundgebung schriftlich mitteilen lassen: "Dass der Staat bei Zweifeln an der Verfassungstreue eines Bewerbers eine Überprüfung vornimmt und gegebenenfalls von einer Einstellung absieht bzw. eine disziplinarrechtliche Prüfung einleitet", sei "nicht zu missbilligen". Es bedürfe "einer konkreten Auseinandersetzung mit den einzelnen Sachverhalten. Aus diesem Grund kann es keine pauschale Rehabilitierung aller Betroffenen geben. Ich bitte um Ihr Verständnis, dass die Landesregierung Ihrer Forderung nicht nachkommen wird, noch in dieser Legislaturperiode einen Beschluss, wie er von Ihnen gefordert wird, in den Landtag einzubringen."
Die Betroffenen waren sich auf der Kundgebung einig: "Wir geben auf keinen Fall auf!" Sie wollen auch unter dem neuen Landtag bis zum Erfolg kämpfen. Auch der IG Metall-Bezirksleiter hat sie in seiner Grußbotschaft bestärkt: "Der Radikalenerlass hat Bürger und Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten. Es ist so, dass man Unrecht auch zweimal begehen kann. Inden man es zunächst einmal zulässt. Und es dann nicht aus der Welt schafft, obwohl es ein Leichtes wäre genau dies zu tun. Die IG Metall steht - wie die anderen DGB-Gewerkschaften auch - hinter Euch. Solange, bis wir gemeinsam Vollzug melden können. Euer Roman Zitzelsberger."
Öffentlichkeit erwirken!
vielen meiner Generation ist der Radikalenerlass überhaupt kein Begriff, da er in der Schule eigentlich nie vokommt und auch sonst wenig Öffentlichkeit erfährt. Es heißt nur immer "Brandts neue Ost-Politik"... (wer braucht da schon Innenpolitik?)
Aufklärung ist wichtig, denn Wissen ist Macht.
Andererseits lebt es sich als poitisch aktiver Mensch leichter, wenn mensch nicht von solch beschissenen Maßnahmen ausgeht (Naivität hat auch was;).
Doch die Realität kann leider schnell wieder so aussehen.
Da hilft nur Rehabilitation, Widerstand und der Mut, die Schere im Kopf zu überwinden...
Für eine herrschaftsfreie Gesellschaft!
Solidarität leben, Alternativen organisieren...
Jeder Tag ist eine Revolution!
Stern Buch
Das Buch heißt Sicherheit Ordnung Staatsgewalt (SOS) Herausgeber Henri Nannen ISBN 3-570-01909-8 erschienen im Jahr 1978 im Stern Buch Verlag.Schon damals hatte die SPD Hummeln im Arsch,Berufsverbote für jeden der auch nur einen ticken mehr links war als die SPD.Ich nenn dir mal paar Namen ja,los gehts Rudi Röder 31j Oberlokomotivfuehrer Deutsche Bundesbahn,Doris Casper 27j Studentin der Biologie, Silvia Gingold 32j DKP Mitglied,Irmgard Copa 32j Chemiefacharbeiterin DKP Mitglied das alter der Personen bezieht sich auf das Jahr 1978 !!!
Viel Glück bei deiner Recherche :)