HH, Breite-Straße-Prozess, 6. Tag: Eiseskälte und jede Menge Ausflüchte im Verhandlungssaal

Breitesoli

Vor dem Gericht standen heute wieder fünf große Polizeiwagen („Wannen“) und so war mit Polizei im Gericht zu rechnen. Dem war dann auch so – während der gesamten Verhandlung lungerten mehrere Polizist_innen auf dem Flur vor dem Sitzungssaal herum.

Der Saal selber war bis zum Sitzungsbeginn unbeheizt und ist tatsächlich so kalt, dass die Verhandlung einmal unterbrochen werden musste damit sich die Verfahrensbeteiligten kurz aufwärmen konnten.

 

Nach einem Schlagabtausch mit Halbach, (er wollte eine Stellungnahme der Verteidigung verschieben und nicht vor der weiteren Vernehmung des LKA-Zeugen Richters zulassen) verlas die Verteidigung eine Beanstandung wegen der Übergriffe durch Richter Halbach beim letzten Verhandlungstag. Dieser hatte nach Ende der Verhandlung die Situation eskaliert und eine Besucherin geschubst.

Die Verteidigung stellte klar, dass es zu dieser Eskalation gekommen war weil Halbach die Sitzung nicht ordentlich beendet hatte. In Bezug auf die Zuschauer_innen wurde klar gestellt dass es einschüchternd wirkt, wenn diese Angst vor körperlichen Angriffen durch den Vorsitzenden Richter haben müssten oder sich nur noch mit anwaltlicher Begleitung in den Zuschauer_innenraum begeben könnten. Auch dass Halbach am Ende der letzten Sitzung einen Zuschauer konsequent als Zuschauerin betitelte wurde kritisiert.

 

Eine weitere Erklärung der Verteidigung beanstandete nochmal deutlich Halbachs Schubsen. Dieses hatte er gegenüber einem Verteidiger mit den Worten: „Ich schubse jeden aus dem Weg, der mir im Weg steht. - Jeden!“ bekräftigt.
Darin wurde klar gestellt, dass dem Richter aufgrund der Gewaltenteilung die Anwendung körperlicher Gewalt nicht zusteht.

 

Für eine Gerichtsentscheidung über die Beanstandungen zog sich das Gericht zurück.

Nach der Pause lehnt Halbach die Beanstandung ab. Er geht auf diese nur insofern ein, als dass das Schubsen durch ihn ja keine gerichtspolizeiliche Maßnahme gewesen sei. Was es stattdessen gewesen sei sagt er nicht.

 

Die Verteidigung hat in der Zwischenzeit erfahren, dass an der heute ausnahmsweise verschlossenen Seitentür kein Hinweis auf den zu verwendenden Haupteingang angebracht ist und weist darauf hin. Ein Justizbeamter sagt aus, dass ein solcher Hinweis ab 9:30 an der Tür angebracht worden sei.
Da davon auszugehen ist dass die Öffentlichkeit zu Beginn des Verhandlungstages nicht gegeben war beginnt Halbach den Tag von vorn. Er erwähnt die Beanstandung der Verteidigung, geht jedoch inhaltlich nicht auf diese ein. Seine Ablehnung verliest er noch einmal in voller Länge.
Prozessbeobachter_innen die aufgrund des Fehlers des Gerichts verspätet in den Saal kamen, konnten also nicht die Kritik an Halbachs Vorgehen nachvollziehen und bekamen ein zu seinen Gunsten verzerrtes Bild präsentiert.

 

Der Zeuge Richters (der „Fallführer“)vom LKA 7/Staatsschutz wird herein gerufen.

In der folgenden Befragung zieht er sich immer wieder auf seine Aussagegenehmigung, die ihm untersagt zu Polizeiinterna auszusagen, zurück wenn eine für ihn ungemütliche Frage kommt oder er aus anderem Grund eine Frage nicht beantworten will. Oft kann er sich auch einfach „nicht erinnern“. Die Befragung kann hier nur stark zusammengefasst wieder gegeben werden.

Nachdem Halbach von der Verteidigung auf seinen tendenziösen Fragebeginn hingewiesen wurde, fragt er konkret einzelne Gegenstände ab die aus dem
Haus geflogen sein sollen.

  • Halbach: fragt nach dem Feuerlöscher. Der Zeuge sagt die Feuerlöscher seien übliche Feuerlöscher, einer wurde ja entleert, gewogen wurden
    diese nicht, aber sichergestellt. Da aber einige ausgelaufen waren, sind diese entsorgt worden, vielleicht seien noch einige da.
    Im weiteren Verlauf der Befragung ergänzt der Zeuge, dass ein Ulrich Gehler in einer Vernehmung die Vermutung geäußert habe, dass die Feuerlöscher aus der „B20“, der Brennerstraße 20, kommen könnten und Halbach murmelt er glaube diesen Zeugen habe man noch gar nicht geladen.
    Nachdem die Verteidigung nachfragt, da diese Aussage nicht in der Akte ist, führt der Zeuge aus, dass es eine zweite Vernehmung mit Herrn Gehler gegeben habe. Dieser habe sich aufgrund seiner ersten Aussage bedroht gefühlt. Er wird das Aktenzeichen nachliefern. (Vergleiche auch seine Angaben vom vorangegangenen Prozesstag)
  • Halbach fragt nach Waschbecken. Der Zeuge sagt auf einer Liste habe er Keramikteile gesehen, diese seien nie gewogen worden und es wurde sich auch nie die Frage gestellt ob diese herabfallenden Keramikteile tatsächlich gefährlich gewesen seien, weil man davon ausgehe dass es gefährlich sei.
  • Halbach fragt nach einem Nachtspeicherofen, der auf dem Gehweg gefunden worden sei. Der Zeuge sagt dieser sei zum Flughafen gefahren und dort
    gewogen worden.
  • Halbach fragt nach Türen über diese will der Zeuge nichts Konkretes wissen. Halbach konkretisiert, dass er etwas zu einer weißen Tür wissen wolle die in der Anklage erwähnt sei, ob es diese noch gebe. Der Zeuge weiß es nicht und führt aus, dass in der Kriminaltechnik noch 12-20 Türen lagern. Es habe den Befehl gegeben alle Türen aus dem Haus zu sichern und so habe man da einen LKW Türen unsortiert aus dem Haus geholt.
  • Halbach fragt nach einer Flüssigkeit die im Treppenhaus verschüttet worden sei und mutmaßt diese sei aus einem Blecheimer gekommen. Der Zeuge sagt diese sei nicht gesichert oder untersucht worden.

Der nächste Fragekomplex von Halbach ging zu den Videos. Der Zeuge sagt aus, dass sich diese auf dem Rechner der IT-Abteilung befänden. Die Pressevideos habe er von der Presse zum Teil über ein Onlineportal bekommen, zum Teil direkt. Die CDs beschriftet die IT, er habe die Videos aber nur sporadisch angesehen. Er kann nicht sagen ob diese bearbeitet z.B. geschnitten wurden. Die Zeitsprünge erklärt er sich mit dem zeitweisen Ausschalten der jeweiligen Kameras.

Halbach fragt nach dem Lauf der Videos, also den Stationen, die diese durchlaufen haben und legt dem Zeugen ein Formular vor, das nicht von der Öffentlichkeit eingesehen werden kann und auch nicht detailliert verlesen wird. Der Zeuge sagt dies seien die normalen Formulare aber es sei nicht sein Arbeitsfeld. Er weiß nicht ob Originaldaten noch existieren.

 

In der weiteren Befragung stellt sich heraus, dass er lediglich mit der IT gesprochen hat, aber nicht mit den eigentlichen Ersteller_innen der Videos.

Nun darf die Verteidigung fragen. Als Fragereihenfolge gibt der Richter vor, dass die Verteidigung der Betroffenen nacheinander Fragen stellen soll.

 

Es geht erst einmal um den Beginn der Ermittlung, wer hat ihn in Stand gesetzt, wie lief Kommunikation mit Staatsanwaltschaft usw. Hierzu sagt der Zeuge wenig aus und beruft sich oft darauf dass er nichts sagen dürfe. Er wird dabei teilweise von Staatsanwaltschaft und Halbach unterstützt.

 

Nach einer Weile wird die Relevanz der Fragen von Halbach angezweifelt.
Der Zeuge muss den Saal verlassen damit die Relevanz erklärt werden kann.

 

Die Verteidigung weist nochmals daraufhin dass zwischen Festnahme und Zuführung über 30 Stunden (!) vergangen sind und fragt was so viel Zeit in Anspruch genommen habe. Der Zeuge redet von Videos gucken, Erkenntnisse zu den Festgenommenen suchen, Anschriften überprüfen, Bericht schreiben...Er selbst habe aber nur koordiniert.

 

Die Verteidigung stellt die Frage was passieren sollte wenn nach der Vorführung die Betroffenen freikommen. Der Zeuge zieht sich wieder auf seine beschränkte Aussagegenehmigung zurück, die hier nicht einmal der Richter erkennen kann woraufhin der Zeuge mit seinem Vorgesetzten telefoniert und danach angibt dieser sehe es auch so dass er dazu nichts sagen dürfe.

Zuerst verweigerte der Zeuge vom LKA 7 an diesem Punkt die Aussage unter Hinweis auf §55 (keine Aussage wegen der Gefahr der Selbstbelastung), stellte dies dann aber schnell als Versehen/Versprecher dar und berief sich auf die beschränkte Aussagegenehmigung. Die Frage warum ihm hier zuerst der §55 in den Sinn kam blieb unbeantwortet.

Da der Zeuge sich im Folgenden was diesen Komplex betrifft beständig auf seine beschränkte Aussagegenehmigung bezieht soll in der nun folgenden Mittagspause ein Fragekatalog angelegt werden von denen der Zeuge dann auch manche beantwortet.

 

Es stellt sich heraus, dass der Zeuge die Hausdurchsuchungen bei den Betroffenen angeregt hatte. Diese fanden im Sommer 2014 zeitgleich mit der richterlichen Vorführung statt, so dass die Anwesenheit der Betroffenen bzw. deren Rechtsanwält_innen verhindert wurde. Er habe diese durch Zuruf an Staatsanwalt Elsner angeregt aus Sorge dass Betroffene freikommen und Beweise vernichten könnten. Die Verteidigung hakt nach ob sich denn der polizeiliche Erkenntnisstand im Vergleich zu der Zeit davor, konkret den vorangegangenen eineinhalb Tagen, so verändert habe das erst dann die Durchsuchung angeregt werden konnte was der Zeuge verneint.

 

Nachdem viele Fragen des Fragekatalogs unbeantwortet bleiben weist die Verteidigung auf die falsche Auslegung der Aussagegenehmigung durch den
Zeugen hin. Der Zeuge verneint und tut ahnungslos. Schließlich interveniert der Staatsanwalt um eine weitere Befragung des Zeugen an dieser Stelle zu verhindern.

 

Die Verteidigung fragt nochmals wer ihn in den Sachstand versetzt hat woraufhin er unterstützt von Halbach nichts sagen will. Daraufhin wird ein Gerichtsbeschluss dazu beantragt. Das Gericht zieht sich zurück und Halbach wiederholt seine Ablehnung.

 

Ein weiterer Fragekomplex bezieht sich auf die Rechtsanwält_innen die zur Verteidigung am Tag der Festnahme im Polizeipräsidium waren. Hierzu hat der Zeuge nichts Wesentliches zu berichten. Der Kollege Stolle habe sich darum gekümmert. Er habe lediglich mitbekommen dass keine_r der Betroffenen Aussagen gemacht hat – auf den entsprechenden Bögen habe immer verweigert gestanden.

 

Die Verteidigung fragt nach, laut der Aussage von Herrn Gehler habe eine Frau Felsendorf ausgesagt, sie habe einen der Betroffenen erkannt. Wurde daraufhin noch weiter ermittelt? Der Zeuge sagte, daraufhin hätten sie versucht diese Aussage zu stützen und die Zeugin aufgesucht. Mit Herrn Staatsanwalt Elsner war abgesprochen, dass ein Tatverdacht angenommen werde wenn diese ihre Aussage konkret persönlich macht. Als es so weit war, war dieser im Urlaub und seine Vertretung habe diese rechtliche Auffassung nicht geteilt woraufhin sie mit der Telefonüberwachung begonnen hätten.

 

Die Verteidigung sagt nach ihrer Kenntnis sei der Tatverdacht wegen eines Rucksacks ausgesprochen worden der gesehen worden sein soll. Ob denn überprüft worden sei wie häufig das betreffende Modell sei usw. was der Zeuge verneint.

 

Der Prozesstag ist zu Ende, Halbach kündigt an am kommenden um 9 Uhr den Einsatzleiter Herrn Borsuzki zu laden und um 14 Uhr Herrn Strohmann. Bei
letzterem wäre unklar wie viel und was er zu sagen habe weil es keine Berichte gäbe.

 

Am folgenden Tag soll dann Herr Nikolaus geladen werden der die Gefahrenanalyse gemacht habe.

 

Danach teilt er eine Liste mit den darauf folgenden 25 Zeug_innen aus und schließt die Sitzung.

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Solidarität ist eine Waffe, kommt zum Prozess! Wir dürfen die Beschuldigten nicht alleine dem Staatsapparat überlassen; gemeint sind wir alle!

 

Die Häuser denen die drin wohnen!