Wie die IG BCE gegen Kapitalisten vorgeht und gleichzeitig noch festere Sozialpartnerschaft praktiziert

Stop Betriebsräte-Mobbing

Die IG BCE hat in ihrem neuesten Report einen Text herausgegeben:Alles über Erste Hilfe gegen Mobbing von Betriebsräten

Ein neues System einzelner Arbeitgeber scheint in Mode zu kommen: das Mobbing von Betriebsräten – nicht erst seit Neupack. Die IG BCE und alle Gewerkschaften halten dagegen und bieten ´Erste Hilfe' an“.

 

Mehr:

http://hamburg-harburg.igbce.de/report-november-2015/117976?highlightTerms=&back=


Dieser Text strotzt von Widersprüchen und Falschheiten, daß er nicht unwidersprochen bleiben darf, was schon mit dem ersten Satz anfängt.


Es sind keine „einzelnen Arbeitgeber“ wie die IG BCE schreibt, es ist nicht in „Mode gekommen“ sondern wird schon seit etlichen Jahren praktiziert, es ist kein recht harmlos klingendes „Mobbing“ sondern ist an die Existenz der Betroffenen gehendes Fertigmachen!


Und zu Neupack: Wie hat sich da die IG BCE-Führung in Hannover während des Streiks 2012/2013 verhalten? Als die streikenden KollegInnen von Neupack während des Flexi-Streiks (von den Streikenden Flexi-Verarschung genannt) die Streikleitung in Hannover, d.h. Herrn Ralf Becker aufforderten, auf das vielfache Mobbing von KollegInnen (einmal fünf Abmahnungen an einem Tag) zu reagieren und dagegen Streiktage einzulegen, reagierte dieser mit den schönen Begründungen, daß die Streikführung immer nur dann angeordnet habe, daß die KollegInnen wieder streiken sollten, wenn das den Verhandlungen gedient hatte. Ziel eines Streiks sei es ja, Verhandlungsbereitschaft herzustellen. Daß die Kündigungen und Abmahnungen den KollegInnen persönlich weh tun, könne er nachvollziehen. Aber das läge in der Sache so eines Arbeitskampfes.


Die Neupack-Streikenden glauben der IG BCE-Führung in Hannover und Jan Eulen (Hamburg), der das obige Papier verantwortet, kein Wort mehr. Sie wurden vor dem Streik und während des Flexi-Streiks gemobbt, abgemahnt, schikaniert, gekündigt und forderten Becker auf, sie zum Streik rauszuholen. Der lehnte das rundheraus ab!


Das Ziel der Streikenden von Neupack (vor drei Jahren im November 2012 begann ihr monatelanger Streik!) war, reale Verbesserungen für sich rauszuholen, einige hatten seit über zehn Jahren keine Lohnerhöhung erhalten, alle waren empört über „Behandlung nach dem Nasenprinzip“. Sie erhofften sich die Verbesserung durch einen Tarifvertrag. Die IG BCE-Führung in Hannover (Ralf Becker und Oliver Venske) brachen den Streik nach drei Monaten ab, obwohl Neupack am Ende war: Die Lager waren leer! Aber die IG BCE-Führung rettete ihren renitenten Sozialpartner Krüger und schickte die Belegschaft mit Lügen und Tricks wieder in den Betrieb. Die Streikbrecher mußten angelernt und die Lager gefüllt werden.


Da drängt sich schon die Frage auf: Wie kommt die IG BCE dazu, jetzt gegen Arbeit“geber“ vorgehen zu wollen?


Die Interessenlage von Beschäftigten und der IG BCE ist unterschiedlich:

Die Gemobbten und Fertiggemachten in den Betrieben wollen Schutz.


Die IG BCE bietet „Erste Hilfe“ an. Sie rät, daß sich ein Unterstützerkreis bildet, der an den Aufsichtsrat des Unternehmens herantritt, mit der „Bitte um Unterstützung und vernunftbringende Gespräche“. Herr Eulen hat die drei Monate wirklichen Streik und sechs Monate „Flexi-Verarschung“ bei Neupack mitorganisiert. Und war dabei, als der Inhaber Jens Krüger und der Berater Arno Hoeck immer wieder mit „Bitten um vernunftbringende Gespräche“ überhäuft wurden. Man faßt es nicht: Und jetzt so ein Text von Herrn Eulen. Eigentlich müßten jedem Gewerkschafter hier die Tränen kommen, ob so viel Dummheit und Lernresistenz!


Bei Rezepten dieser Art besteht wohl die große Gefahr, daß die Opfer durch Mobbing oder durch professionelle Fertigmacher nicht nur Erste Hlfe brauchen sondern ins Krankenhaus müssen.


Eine Empfehlung von Herrn Eulen ist richtig: „Es muß ein unabhäniger Unterstützerkreis gebildet werden.“ Aber soviel Dummheit dürfte sich in keinem Unterstützerkreis ansammeln, der dem Rat von Eulen folgt: „an das Aufsichtratsgremium der Firma heran(zu)treten und dort um Gespräche und um Vernunft bitten“. Stattdessen wird der Unterstützerkreis die AktivistInnen stärken und beraten, damit sie ihren Kampf durchstehen. Wie es beim Soli-Kreis während des Neupack-Streiks geschehen ist. Auch wenn bei Neupack durch Verschulden der IG BCE-Führung der Streik verloren ging.


Die IG BCE hat das Interesse, vor den Mitgliedern sich beschützend darzustellen. Die Kapitalisten will sie davon überzeugen, zur Sozialpartnerschaft zurückzukehren oder diese zu akzeptieren.


Trotz alledem: Falls es einzelne Sekretäre im IG BCE-Apparat gibt, die sich für gemobbte und fertiggemachte Mitglieder stark machen, nicht nur Rechtsschutz zur Verfügung stellen sondern mobilisieren im Betrieb und zu den Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht, dann haben diese unsere volle Unterstützung.


Im Fall von Roberto Rogler und seiner BR-Kollegen (IG BCE), in der Fa. Borregaard (Karlsruhe) war das leider nicht der Fall! Er berichtete in Hamburg bei Treffen zum Thema Fertigmachen/Union Busting davon. Im Gegenteil, zum Schluß hatte er die eigene Gewerkschaft gegen sich, die die Sozialpartnerschaft mit Borregaard der Interessenvertretung der Betriebsräte vorzog.


Zur Auseinandersetzung Roberto Rogler mit dem Borregaard-Konzern:

https://fareus.wordpress.com/2010/03/29/unternehmen-gegen-betriebsrate/


Von allen DGB-Gewerkschaften setzt die IG-BCE am intensivsten auf Sozialpartnershaft, der Zusammenarbeit mit den Kapitalsverbänden und den jeweiligen Einzelkapitalisten. Beim Neupack-Streik ist das plastisch zu beobachten in dem Doku-Film „Das ist unser Streik“ - 9 Monate Arbeitskampf bei Neupack. Von Hajo Rieckmann und Puschki Aalders. (Zu bestellen bei info@mpz-hamburg.de)


Die Funktionäre: Ralf Becker, Oliver Fenzke und Jan Eulen können sich nicht einholen, immer wieder ihre Sozialpartnerschaft zu beteuern.


Vor dem Neupack-Streik hatte die IG BCE über 40 Jahre nicht mehr streiken lassen. Bei Neupack mußten sie dem Verlangen der Mitglieder nachgeben, in den Streik zu treten, um einen (Haus-)Tarifvertrag zu erreichen. Der Vorsitzende Vassiliades spuckte große Töne: „Wir werden an Neupack ein Exempel statuieren, koste es, was es wolle!“. Einige wenige Kollegen aus dem Soli-Kreis meinten, der Streik entsprünge einer Offensive der IG BCE-Führung, die zwecks Mitglieder-Werbung jetzt in Streiks eintrete. Seit dem Beginn des Neupack-Streiks sind jetzt drei Jahre vergangen – ihre „Offensive“ hat die IG BCE-Führung bisher nicht fortgesetzt! Im Gegenteil, sie hat unter Federführung der IG Metall mit Kapitalsverbänden und der Regierung einen Zukunftspakt abgeschlossen (Industrie 4.0). So verschmolzen waren Kapital, Regierung und Gewerkschaften noch nie!!


Dieter Wegner
aktiv bei Jour Fixe Gewerkschaftslinke

 

Warum ein kleiner, strategisch unwichtiger Betrieb Gewerkschaftsgeschichte geschrieben hat

Erinnerung und Resumee drei Jahre nach Streikbeginn


"Was war das Besondere an dem Streik bei dem Plastikbehälter-Hersteller Neupack in Hamburg-Stellingen und Rotenburg/Wümme? War das Besondere, weil es der erste Streik war seit über 40 Jahren, den die IG BCE führte? Weil er drei Monate dauerte?..."

Artikel von Dieter Wegner (aktiv bei Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg und im Soli-Kreis Neupack)

http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2015/11/wegner_neupack_syndikal.pdf

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wäre quasi auch *meine* zuständige Gewerkschaft. Aber irgendetwas hält mich bis heute davon ab, mich auf diese Weise zu organisieren. Organisation unter den Arbeitern : keine Frage, daran fehlt es allerbitterst.

Aber sich per Beitrag irgendwelchen "Interessensvertretern" auszuliefern, kommt mir ziemlich ... ähem ... dämlich vor.

In dieser Beziehung bin ich wohl schwierig, da ich der Idee garnichtmal abgeneigt bin, aber realpolitisch im Prinzip ständig in meinen Befürchtungen bestätigt werde. 2 Prozent Beitrag vom brutto mögen auch nicht übertrieben sein, aber wer vom Netto Frau und 5 Kinder versorgen muss ... nunja.

Ver.di würde ich mich fast schon anschliessen, die kämpfen wenigstens noch halbwegs für ihre Leutz statt zu buhlen.

 

ES RETTET UNS KEIN HÖH'RES WESEN,

KEIN GOTT, KEIN KAISER NOCH TRIBUN ...

Wenn du dich am Arbeitsplatz organisieren und dabei noch einen revolutionären Ansatz verfolgen willst, kannst du dir mal die FAU (http://www.fau.org/ortsgruppen/) oder die IWW (http://www.wobblies.de/lokale-gruppen/2015-03-08-00-59-11) anschauen. Sie sind beide natürlich noch relativ klein (die FAU etwas größer als die IWW), aber irgendwie muss man ja anfangen.

Klein ist wahrlich vorsichtig formuliert. Richtig ist jedoch das die IG BCE quasi der Rechtsausleger der Gewerkschaften ist. Das ist jedoch auch irgendwie genauso wenig neu, wie die Tatsache das Arbeitskampfe nicht gerade die Stärke der BCE sind. Fakt ist aber nun einmal das in so grossen Organisationen die Mehrheit die Richtung ansagt. Und so sehr wir uns das vielleicht wünschen ist diese meist nicht die Speerspitue der Revolution. Da sind dann Streiks gegen Abmahnungen meist nicht drin. Und ich kann euch als Beschäftigter einer DGB Gewerkschaft sagen, wir bei uns ( nein nicht BCE oder IGM) haben auch keinen Bock Konflikte auf der Rechtsebene auszutragen. Ich würde mich auch lieber selbst überflüssig machen, oder hatte gern so viele engagierte KollegInnen, dass ich selber wieder in meinen Job gehe. Aber du kannst die Leute nicht zu deinem Tempo zwingen, denn es sind ihre Jobs und wenn sie wie so oft Angst haben kannst du sie vielleicht ermutigen, aber du kannst nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden was sie tun. Das vergessen leider viele Kritiker. Nebenbei ist es natürlich auch so, das viele Studentenradikalskis im Studium noch gross rum schreien und 10-15 Jahre später unser Leute hart ausbeuten. 

ich habe da einfach keine Hoffnung mehr, dass sich die ganzen Schlipsträger, Vorstände usw. dem Wohle ihrer "Basis" verpflichtet fühlen. Fängt doch schon bei Betriebsräten an, die entweder per teuren Anwälten oder eben durch kleinere Gefälligkeiten oder Zugeständnisse gefügig gemacht werden. Das ist doch alles dermaßen durchdrungen von kapitalistischen Sachzwängen, so dass da meiner wirklichen Meinung nach jedes Vertrauen auf Veränderung verschenkte Mühe ist. Ich weiss selber, dass ich da vielleicht zu schwarz sehe, aber ich kann mich da einfach nicht überwinden.

Das ganze System stinkt, und wenn ich sehe, mit was für einer "Vergütung" Leute wie Sommer & Co sich an den Mitgliedsbeiträgen vergreifen, hört es bei mir ganz einfach auf. Das ist absolut kein Neid, eher Verachtung.

 

Die Gewerkschaften von früher waren da noch jungfräulich, rein. Aber heutzutage, mit ihren Präsidenten oder sonstwas ?