Dieser Bericht ist im Zuge einer zweiwöchigen Fahrradreise in Costa Rica bzw. Panama entstanden und beschäftigt sich mit der Agroindustrie Costa Ricas sowie Infrastrukturprojekten in den nördlichen Regionen Panamas und in ganz Costa Rica. Aufmerksame Reisende mit etwas Vorahnung und Sprachkenntnissen können in vielen Teilen der Welt Informationen sammeln und diese in aufbereiteter Form dem Publikum auf unterschiedlichste Arten zugänglich machen. Für einen Journalismus von Menschen für Menschen.
Von Esterillos an der Pazifik-Küste bis zur Grenze mit Panama wurden die ehemaligen Bananenplantagen der United Fruit Company schon Mitte der 1940er Jahre in Palmölplantagen umgewandelt. Seitdem haben haben sich die Pflanzungen soweit ausgedehnt, dass die Palme heute neben der Ananas eine der am meisten angebauten Kulturpflanzen im Süden Costa Ricas ist. Aus den Früchten der Palmen gewinnen die Firmen Fett für die Küchen in Costa Rica und der ganzen Welt sowie Seifen und Kosmetika. Auch die „pflanzlichen Fette“ in den Zutaten unserer Supermarktprodukte enthalten teilweise Palmöl aus Costa Rica.
Heute lassen sich zwei große Anbaugebiete an der südlichen Pazifikküste unterscheiden. Einerseits die Palmen, die direkt von Palma Tica angebaut werden bzw. von unabhängigen Farmern für Palma Tica bewirtschaftet werden und andererseits die weiter südlich gelegenen Palmenplantagen der Kooperative CoopeAgropal R.L. Der Anbau von Palmen in diesem Maßstab verschmutzt die Flüsse und die Küsten der Region und der lokalen Bevölkerung steht immer weniger Land zur Verfügung um Produkte für den Eigenkonsum anzubauen, was sie zur Arbeit in den Palmenplantagen zwingt. Dadurch geht Wissen über traditionelle Anbaumethoden sowie Saatgut verloren und es entstehen Abhängigkeiten von der Lohnarbeit. Die meisten der in dieser Gegend lebenden Costa Ricaner arbeiten aber ohnehin im Tourismus. Deshalb ist Palma Tica auch auf Arbeiter aus Nicaragua und Indigene aus Panama angewiesen, die für Löhne arbeiten, für die Ticos keinen Finger rühren. Für diese Arbeiter werden wie früher zu besten Bananenzeiten kleine Dörfer mitten in den Plantagen errichtet. Auffallend groß ist die Dichte an Bars, in denen vermutlich die Arbeiter ihren Frust ertränken.
Die öffentliche Universidad de Costa Rica betreibt außerdem Forschungen, um die Verarbeitung der Palmenfrüchte zu „Bio“-Diesel zu optimieren. Costa Rica steht den sogenannten Kraftstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen sehr offen gegenüber. Kein Wunder, wenn Mensch bedenkt, dass der Präsident einer der größten Zuckerrohrfabrikanten ist. Zuckerrohr ist einer der Primärstoffe, aus dem Ethanol hergestellt wird. Zuckerrohr wird beinahe überall im Land angebaut. In der Nähe von Turrialba beispielsweise gibt es Zuckerrohrfarmen die sich über mehrere tausend Hektar erstrecken.
An der Karibikküste sind noch immer große Flächen von Bananenplantagen besetzt. Sowohl in der Provinz Limón in Costa Rica wie auch auf der anderen Seite der Grenze in Bocas del Toro, Panama. Die Plantagen werden von Chiquita, Del Monte und Corbana geführt. Seit dem Gipfel in Rio de Janeiro im Jahre 1992 wurden einige Maßnahmen durchgeführt, um die Bedingungen des Bananenanbaus in Costa Rica zu verbessern. So wurden Vorkehrungen getroffen, die den direkten Kontakt von ArbeiterInnen mit giftigen Chemikalien vermindern. Es wurden Bäume am Straßenrand gepflanzt, um die Ausbreitung der Chemikalien, die mit Flugzeugen über den riesigen Plantagen versprüht werden, einzudämmen. Es wurden Abfallsysteme entwickelt, die einen Teil des Mülls zurückhalten, bevor er in die Flusssysteme gelangt. Die Plastikfolien, die mit Insektiziden versetzt sind, werden recycelt. Nichtsdestotrotz gibt es noch immer viele Probleme mit der Bananenindustrie. Oftmals sind die Kriterien nicht ausreichend bzw. werden von den transnationalen Konzernen nicht erfüllt. Außerdem akzeptieren die Konzerne Bananen, die von Unterhändlern angeboten werden, welche aber keinerlei Umweltkriterien erfüllen. Wie in allen Monokulturen werden die Flusssysteme und das Grundwasser durch Chemikalien zur Schädlingsbekämpfung und Kunstdünger verschmutzt. Außerdem kommt es vor, dass hunderte ArbeiterInnen direkt von einem Flugzeug mit diesem Gift bespritzt werden, während sie in den Plantagen arbeiten. Der Kontakt mit den Agrochemikalien führt bei den ArbeiterInnen zu Hautreizungen, Augenproblemen und Atemschwierigkeiten.
Um die Rohstoffe und Agrarprodukte auch effizient an den Markt, sprich nach Europa bzw. in die USA zu bringen, muss in die Infrastruktur innerhalb Zentralamerikas investiert werden. Außerdem müssen zuverlässige Energiesysteme installiert werden, um den Raubbau effizient durchführen zu können. Diese großen Infrastrukturprojekte wurden im Plan Puebla Panama zusammengefasst. Der Name basiert auf einer geografischen Eingrenzung, nämlich zwischen der Stadt Puebla in Mexiko und Panama. Mehr zum Plan Puebla Panama: 1 | 2
Teil des Projekts Plan Puebla Panama ist der Aufbau eines Schienennetzes, das Transportkapazitäten zwischen Zentralamerika und dem nordamerikanischen Schienennetz erweitern und zukunftsfähig machen soll. Dass Güterverkehr auf Eisenbahnschienen keine Geschichte der Vergangenheit ist, beweisen Megainvestitionen von Warren Buffett in das Eisenbahnnetz der USA und der bereits im Bau befindliche Gotthard Basistunnel in der Schweiz, der die Kapazitäten des europäischen Schienennetz bedeutend erweitern wird.
Investitionen in Gleissysteme sind längerfristige Investitionen, die auf Problemstellungen des post-petrolären Zeitalters reagieren. Kurzfristige Investitionen fließen in das Straßennetz. In diesem Jahr werden, pünktlich zu den Wahlen, zwei wichtige Straßenprojekte in Costa Rica fertiggestellt: die Autobahn zwischen San José und dem Hafen von Caldera an der Pazifikküste und die „Costañera Sur“, die Küstenstraße an der südlichen Pazifikküste. Vor einigen Jahren wurde schon der Atlantikhafen Puerto Limon bzw. Moin mit der Hauptstadt durch eine Autobahn verbunden. Damals hatten Umweltschützer erreicht, dass der Nationalpark Braullio Carillo rund um die neue Straße geschaffen wird und dass die Straßenverbindung die einzige sein wird, die in diesem Gebiet gebaut werde darf. Damit beugten sie auch der Abholzung vor, die in der Regel mit Straßenprojekten in den neu erschlossenen Gebieten einhergeht. Die schon teilweise eröffnete Autobahn zwischen San José und dem Pazifikhafen Caldera wird von einem privaten Betreiber fertiggestellt, der auch schon Mautgebühren für die Benutzung der Straße erhebt. Zu Protesten führte dies, weil der Staat und auch andere öffentliche Geldgeber schon viele Millionen in das Projekt investiert hatten, als die private Firma die Konzession bekam und mit der Erhebung von Gebühren begann, obwohl die Straße noch nicht fertiggestellt war. Außerdem wurden manche Gemeinden praktisch vom Straßennetz abgeschnitten, wohingegen luxuriöse Siedlungen Auf- bzw. Abfahrten erhielten. Mit der neuen Autobahn verkürzt sich die Fahrzeit vom Atlantik zum Pazifik voraussichtlich um 1,5 von 6 auf 4,5 Stunden.
Die „Costañera Sur“ ist ein weiteres Projekt, dass schon seit Jahrzehnten geplant ist und nun endlich fertig gestellt wird. Durch die Fertigstellung des Streckenabschnitts Quepos – Dominical ist der Hafen von Caldera nun ohne Anstiege von Panama aus zu erreichen. Auch der internationale Warenverkehr von Nicaragua, Honduras etc. nach Panama bzw. vice versa ist nun nicht mehr gezwungen, die Interamericana zu benutzen, die zwischen den beiden praktisch auf Meereshöhe gelegenen Grenzübergängen auf über 3000 Meter ansteigt. Es besteht also das Potenzial, unnötigen Bezinverbrauch und die für Unfälle berüchtigte Straße rund um den „Cerro de la Muerte“ (Todesberg) zu vermeiden. Dass Umwelt- und Sicherheitsvorteile die Gründe für die Fertigstellung der Costañera waren, darf jedoch bezweifelt werden. Die Gemeinden entlang der Straße werden sich mit zunehmender Lärmbelästigung durch Lastwagen und auch einem steigenden Personentransitverkehr arrangieren müssen. Die Fahrzeit zwischen Peñas Blancas (Grenze Nicaragua) und Paso Canoas (Grenze Panama) dürfte sich von 14 Stunden auf 11-12 verkürzen. Seit dem 28.01.2010 verkehrt der TRACOPA-Bus zwischen San Jose und David (Panama) auf der Costanera Sur.
Neben den interregionalen Transportwegen müssen natürlich auch die Vorraussetzungen für eine zügige Ausfuhr der Güter geschaffen werden. So plant die Regierungspartei PLN einen internationalen Flughafen im Süden Costa Ricas und versucht seit nun schon gut einem Jahr verbissen, die staatlichen Hafenbetriebe von Puerto Limón bzw. Moin zu privatisieren. Die Gewerkschaft der staatlichen Hafenbetriebe JAPDEVA wehrt sich aber entschieden gegen die Privatisierung, weil sie die Konsequenzen am Beispiel der bereits privatisierten Docks in Caldera vor Augen haben. Mehr Info: 1 | 2 | 3
Costa Rica bezieht den überwältigenden Anteil seines Stroms aus Wasserenergie. Auch in Panama wird das Gefälle ausgenutzt, um so viel Energie wie möglich zu generieren. So werden Flüsse auf ihrem kurzen Weg ins Meer bis zu dreimal aufgestaut, um Wasserkraft in elektrische Energie für die urbanen Zentren zu verwandeln. In „Bujucal“, Chiriqui, Panama wird beispielsweise gerade das dritte Wehr errichtet. Wie immer bei diesen Megaprojekten werden Flussläufe verändert, Täler geflutet, Gemeinden vertrieben und der natürliche Wasserkreislauf gestört, was zu Verschlammung der Gewässer und Unterbrechung der Fischwanderungen führt.
Die Megaprojekte, wie zum Beispiel die P.H. Diquis oder das Staudammprojekt in Changuinola, Panama, werden offensichtlich nicht gebaut, um die nationale Nachfrage zu befriedigen. Sowohl Costa Rica als auch Panama sind Nettoexporteure elektrischer Energie. Zukünftig soll Strom in die Netze von Nicaragua, Honduras und El Salvador, vielleicht sogar bis Guatemala verkauft werden. Für die Durchleitung dieser gigantischen Strommengen wird gerade die Infrastruktur geschaffen. Um den Projekten einen halbwegs legalen Anstrich zu verpassen, gibt es in Panama ein Programm mit dem Namen PRONAT, dass Personen in indigenen Gemeinden Landtitel für ein gewisses Stück Land ausstellt. Damit wird die traditionelle Verwaltung des Landes durch die Gemeinde untergraben und es entstehen Neid und Individualismus. Die neu erstellten Landtitel wandern in der Regel sehr schnell in die Taschen der Firmen, die die Staudammprojekte vorantreiben. Falls die frischen Landbesitzer nicht kooperieren, wird der Verkauf durch Gewalt und Folter erzwungen.
Außerdem sind die staatlichen Autoritäten dabei, wie im 19. Jahrhundert bei der Flurbereinigung die Flüsse zu begradigen und auszubaggern, um Überflutungen vorzubeugen. Welche Auswirkungen das für Gemeinden haben kann, die weiter unten am Flusslauf liegen, wissen wir in Deutschland nicht erst seit dem Jahrhunderthochwasser an der Elbe 2002. Außerdem sinken mit dem schnelleren Abfließen des Wassers die Grundwasserspiegel, was vor allem arme Bauern benachteiligt, die sich tiefe Brunnen nicht leisten können. Wie der letzte „Bericht zur Lage der Nation“ aufzeigt, wird Wasser in Zukunft ein Problem für Costa Rica darstellen, da im Moment viel Wasser vergeudet wird, Abwässer kaum aufbereitet werden und im Valle Central um San José zu viele Menschen die Wasservorräte des Vulkans Barva anzapfen. Deswegen versucht eine Initiative über Unterschriftensammlungen ein neues Wassergesetz in Parlament zu bringen und dadurch das gültige Wassergesetz von 1942 zu ersetzen.
In Costa Rica sind derzeit über 15 Yachthäfen geplant oder bereits im Bau. Bisher gibt es nicht einmal fünf solcher Einrichtungen. Die Küsten Costa Ricas sind ein begehrter Ankerplatz für Yachtbesitzer, weil sie außerhalb der Reichweite der Hurrikane liegen, die in der Regel weiter nördlich im karibischen Meer auftreten. Außerdem versprechen sich Investoren hohe Renditen durch das Anlocken zahlungskräftiger Kundschaft. In den Küstengemeinden, in denen die Yachthäfen entstehen sollen, entwickelt sich jedoch meist ein starker Widerstand gegen diese Vorhaben. In Quepos wurden die Anwohner im Vorfeld gar nicht informiert, um solche Schwierigkeiten zu vermeiden. Heute ist der Strand, der einst direkt mit dem Dorf verbunden war, einer Baustelle gewichen.
Einige der Anwohner spekulieren darauf, dass die Grundstückspreise nach oben schnellen werden und sie somit einen großen Reibach machen können. Dabei geht es nicht um einfache Leute. Diese haben attraktive Ländereien bereits beim ersten Run, der aufgrund des 7 km entfernten Nationalparks Manuel Antonio vor bereits 40 Jahren entstand ist, verkauft. Heute geht es um US-Dollar-Beträge in Millionenhöhe und deshalb wird jeglicher Protest im Keim erstickt. Bereits am profitieren ist die Konstruktionsfirma MECO, die beinahe bei allen großen Bauvorhaben ihre Finger mit im Spiel hat, sich aber nicht um die Geschädigten ihrer Firmenpolitik kümmern. Siehe auch: Marina im Golfo Dulce
Dieser Bericht soll nicht nur Informationen wiedergeben, sondern auch als Aufruf an MedienaktivistInnen und Reisende in aller Welt verstanden werden. Das Fahrrad als Transportmittel ist unbedingt zu empfehlen, da flexibel und umweltschonend. Durch die geringere Reisegeschwindigkeit werden Situationen und Dinge wahrgenommen, die beim vorbeirauschen im Bus nicht wahrgenommen werden. Die Leute begegnen FahrradfahrerInnen in der Regel freundlich und offen, was den direkten Austausch erleichtert.
palmölplantagen
soeben zurück aus costarica beschäftigen mich die eindrücke der palmölplantagen und der darin arbeitenden menschen, die schwerstarbeit leisten: es ist ein düsteres bild das sich mir zeigte: kilometerlange plantagen, dicht und düster, menschen die die schweren fruchtstände von hand pflücken und auf pferdewagen laden. die dampfende, rauchende und stark riechende ölgewinnungsfabrik direkt neben den einfachen behausungen der dort arbeitenden menschen, direkt an der stark befahrenen strasse.
höchste zeit zur besinnung..... und danke für den beitrag!
Es geht auch anders ...
Nachzuöhren im Freien-Radio-Netz: http://www.freie-radios.net/40171