Am 25. Oktober fand im Harburger Bezirk Neugraben eine Demonstration der 'Bürgerinitiative in Neugraben – Fischbek „Nein zur Politik – Ja zur Hilfe“' statt. Etwa 500 Teilnehmer*innen zogen vom Marktplatz bis zum Bürgerzentrum, mit Trillerpfeifen, zwei Megaphonen sowie selbstgebauten Schildern versuchten sie Stimmung gegen die geplante Unterkunft für Flüchtlinge zu machen. Vorausgegangen war bereits eine Fahrrad-Demonstration mit ähnlicher Route am 17. Oktober. Damals fanden sich 200 Personen zusammen, die Veranstaltung wurde jedoch von Teilnehmer*innen als Misserfolg gewertet, da sie es nicht geschafft hätten ihre Positionen nach außen zu vermitteln.
Ein weiterer Zusammenschluss mit dem Namen 'Bürgerinitiative zum Erhalt des Waldfriedens', hatte bereits Ende September eine Demonstration durch den Stadtteil angemeldet. Unter dem Tenor „Demo gegen die Flüchtlings masse in Neugraben/Neuwiedenthal“ (Fehler im Original) wurde über das soziale Netzwerk Facebook mobilisiert und für die Veranstaltung am 10. Oktober geworben. Nach dem sich auch die NPD Hamburg für den 10.10. ankündigte und als Gastgeberin die FB-Veranstaltung übernahm, fing die regionale Presse an über die „Bürgerinitiative“ zu berichten. Aus Angst mit den Neonazis öffentlich auf eine Ebene gebracht zu werden, wurde die Demonstration wieder abgesagt. Die NPD hielt an dem Plan einer Veranstaltung für den 10. Oktober jedoch fest, mobilisierte ihre Anhänger*innen für eine Kundgebung in den Stadtteil Hamburg-Bramfeld. Lediglich sieben Nazis kamen zu der neonazistischen Kundgebung, unter anderem der ehemalige NPD Landesvorsitzende Thomas Wulff, Spitzenkandidat für die Bezirkswahl 2014 Lennart Schwarzbach, Detlev Bruel und Marian Herzfeld.
Die 'Bürgerinitiative zum Erhalt des Waldfriedens' distanziert sich mittlerweile von der NPD Kundgebung und bestreitet Kontakte zu etwaigen Mitgliedern und anderen Neonazis, der damalige Anmelder und Initiator der Demonstration wurde lediglich als „Mittelsmann benutzt“. Das Bündnis spricht sich gegen die Bebauung einer Wiese mit Blockhäusern für Refugees in Neugraben aus und konnte bereits mehr als 500 Unterschriften von Anwohner*innen sammeln. Mit rassistisch motivierten Argumenten versuchten diese, die lokale Politik von der Unterbringung geflüchteter Menschen an dem Standort abzubringen. So argumentierten sie, dass viele Tierarten dort leben würden und sie nicht wüssten, wo sie sonst in Zukunft mit ihren Hunden spazieren gehen sollen. Bis zu 400 Gegner*innen der Bebauung trafen sich jeden Sonntag auf der „bedrohten Wiese“ um sich zu beratschlagen. Es scheint momentan, als wären sie mit ihren diffusen Ängsten durchgekommen.
Die
'Bürgerinitiative in Neugraben – Fischbek „Nein zur Politik –
Ja zur Hilfe“', mit mittlerweile über 1000 Mitgliedern,
positioniert sich ebenfalls gegen die Unterbringung schutz- und
asylsuchender Menschen und die Errichtung weiterer Wohnunterkünfte.
Unter anderem geht es um ein Gebiet in
der Nähe des Bahnhofs. Es wird mit rassistischen Stereotypen die
Entstehung eines „Ghettos“ im Stadtteil und bürgerkriegsähnliche
Zustände prognostiziert. Auch wird eine angebliche Wertminderung der
privaten Grundstücke vorhergesagt und Schändung eines nahegelegenen
Friedhofs durch die Flüchtlinge befürchtet. In einem Bericht des
NDR über die Proteste gegen die geplante Unterkunft äußern sich
zudem diverse Anwohner*innen ebenfalls rassistisch.
Bereits
drei öffentliche Veranstaltungen halfen der „Bürgerinitiative“
neue Mitstreiter*innen zu gewinnen, so waren es bei der ersten
Zusammenkunft noch etwa 65 Interessierte, auf dem zweiten Treffen
fanden sich bereits 450 Menschen zusammen und boten somit den
Grundstein für eine öffentlichkeitswirksame und ernstzunehmende
Bewegung.
Obwohl
die Ängste der Menschen rassistisch motiviert sind, schafft es die
Gruppe durch eine intensive Pressearbeit und der öffentlichen
Distanzierung von Neonazis und „Pegida“ ein Bild zu erzeugen,
welches sie als vermeintlich neutrale Kritiker*innen darstellt. Die
wiederholte Aussage, dass sie bereits ein Problemstadtteil seien und
deshalb nicht noch mehr geflüchtete Menschen vertragen würden, ist
eine Anspielung auf die Anzahl der Migrant*innen im Bezirk. Auch die
Argumentation sie seien „nicht generell gegen Flüchtlinge in
Neugraben, nur nicht so viele“ vermittelt der Öffentlichkeit
zunächst nicht den Eindruck, dass es sich um eine rassistische und
rechtsoffene Stadtteilbewegung handelt. Erst der genaue Blick auf die
Argumente und Forderungen der Initiative entlarvt sie als eben genau
diese. So muss auch der Gründer und einer der Sprecher*innen der
Gemeinschaft nahezu täglich in der Facebook-Gruppe darauf hinweisen,
rassistische Postings zu unterlassen, worauf einige Mitstreiter*innen
in gewohnter rechter Manier reagieren und ihm Zensur und Diktatur
vorwerfen. Das Bild der
vermeintlich antirassistischen Initiative wird zunehmend immer
schwieriger aufrecht zu erhalten, so lässt sich die Gruppe unter
anderem von AfD-Politiker*innen umwerben und bietet spätestens damit
rassistischen und menschenverachtenden Äußerungen Platz.
Seit der Gründung diskutiert Jens
Eckleben in der Facebook-Gruppe mit, gibt
den Mitgliedern Tipps zu Demonstrationsanmeldungen, hetzt gegen
Migrant*innen und bewirbt die AfD-Veranstaltung am 31. Oktober in
Hamburg. Jens Eckleben
ist Gründungsmitglied der Hamburger AfD, Bezirksvorsitzender
in Hamburg-Nord und war Kandidat für die Hamburger Bürgerschaft.
Die
'Bürgerinitiative - „Nein zur Politik, Ja zur Hilfe“' versucht
sich von rassistischen Bewegungen wie „Pegida“ und Neonazis
abzugrenzen und sich als die vermeintlich neutralen Kritiker*innen
aus der selbst ernannten Mitte der Gesellschaft darzustellen. Die
Ängste und Befürchtungen des Bürgermobs beruhen allerdings auf
rassistischen Ressentiments und werden durch Forderungen wie „kein
Ghetto hier mit mir“ (Fehler im Original) offen zur Schau gestellt.
Anstatt sich Gedanken darüber zu machen, wie man gezielt Refugees unterstützen kann und ihnen das Leben hier so angenehm wie möglich zu gestalten, wehrt sich die Gruppe schlicht und ergreifend per se gegen eine Aufnahme und stellt sich schutzsuchenden Menschen entgegen. Ein Unterstützungssystem aufzubauen liegt der Initiative fern und ist damit nur eine leere Parole um den Schein aufrecht zu halten, sie wären nicht von rassistischen Ängsten getrieben. Geflüchtete Menschen werden in Äußerungen kriminalisiert und pauschalisiert. Es wird mehrmals betont, dass sich solche „hier als Gäste zu benehmen haben“ und notfalls „die Busse [die sie abschieben] selber gefahren werden“. Dass das Bündnis vergangenes Wochenende mehr als 500 Menschen auf die Straße gebracht hat, zeigt, dass sich auch in Hamburg ein rassistischer Bürger*innen-Mob bilden kann.
Am 8. November wollen die Initiator*innen erneut eine Demonstration durchführen, um „die Politik unter Druck zu setzen“ und einen Baustopp der Unterkunft zu erwirken. Es bleibt somit also abzuwarten, wie sich die Initiative entwickelt, bereits bei der letzten Versammlung verwiesen Ordner*innen in der Nähe stehende vermeintlich antirassistische Aktivist*innen von der Veranstaltung.
Nicht schön
Nächste Demo geplant
Deren nächste Demo ist für den 14.11.15 um 14 Uhr geplant.
Das Traurige ist, dass viele "Mitglieder" dieser Bürgerinitiative tatsächlich glauben, sie seien nicht rassistisch bzw. sie seien die "bürgerliche Mitte".
Allein schon der Titel der Bürgerinitiative ist lächerlich. "Nein zur Politik" ist eine denkbar schlechte Überschrift, wenn man sich selbst politsch betätigt und nichts anderes tut dieser traurige Haufen.
Übrigens: Eine Berichtigung des Textes hier: Die Inititave sagt, sie hätte über 1000 Mitglieder. Auf diese Zahl kommt sie durch ihre Facebookgruppe, in der tatsächlich über 1000 Mitglieder eingetragen sind. Viele sind aber auch klar als Journalisten oder "Beobachter" erkennbar, viele wurden eingeladen und haben gedankenverloren und dumm auf Teilnahme geklickt. Die Diskussion bei FB wird von höchsten 20 Menschen geführt, davon auch etliche kritische Stimmen.
nächste "Demo"
kleine Korrektur: die nächste Demo der Bürgerinitiative findet am 15.11. statt, nicht am 14.11.
Treffpunkt ist wieder der Marktplatz in Neugraben um 14 Uhr...
Gegen Aktion?