Die Punker, die derzeit auf dem Gelände der ehemaligen Straßenmeisterei ihr Quartier aufgeschlagen haben, stehen wohl bald wieder vor dem Nichts. Der Landschaftsverband will freie Hand beim Verkauf seines Grundstückes an der Kölner Straße haben.
Bergisch Gladbach - Der Winter hat das Bergische Land fest in der Hand. Eisige Temperaturen tief unter dem Nullpunkt und Schnee wie seit Jahren nicht mehr. In den Wohnwagen der Punker auf dem Gelände der ehemaligen Straßenmeisterei ist es hingegen heimelig warm. Ein kleiner Kohleofen sorgt für angenehme Temperaturen. Aber die Punker haben Angst, dass sie bald auf der Straße stehen. Vergangene Woche hatten sie Besuch. Ein Gerichtsvollzieher stand vor dem Tor und kündigte ihnen an, dass sie das Gelände verlassen müssen. Andernfalls werde gewaltsam geräumt. „Wenn das passiert, verlieren wir alles, was wir haben“, sagte eine Bewohnerin am Freitag. Und weiter: „Wir dachten und hofften, dass es jetzt erstmal ruhiger wird und wir Zeit haben, uns ein eigenes Grundstück zu suchen.“
Für diese Einschätzung gab es auch gute Gründe. Schließlich hatte der Landschaftsverband signalisiert, dass er keineswegs die „harte Linie“ fahren wolle. „Vom Landschaftsverband waren auch Mitarbeiter hier, mit denen wir uns gut verstanden haben.“
Der Verband hat den Räumungstitel schon Ende Dezember erwirkt, um sich abzusichern. Hätte er nichts unternommen, könnten Gerichte - so die Einschätzung - das Verhalten später als stillschweigende Duldung werten. So war es jedenfalls im Fall der Besetzung des ehemaligen Car-Park-Geländes (siehe Kasten). Wer die Besetzung seines Grundstückes duldet, der hat es wesentlich schwerer, die unliebsamen Bewohner wieder loszuwerden.
Die Punkergruppe hat sich in einem offenen Brief an den Landesdirektor des LVR, Harry Kurt Voigtsberger, gewandt. Darin bitten sie als „Bürger aus Bergisch Gladbach“ um ein „offenes und ehrliches Gespräch“. Weiter bitten sie um ein Bleiberecht bis zum Frühsommer 2010. Das würde helfen, um gut über den Winter zu kommen. „Es ist unsere Absicht, das Gelände im Frühsommer freiwillig und ohne Kosten für die Steuerzahler aufgeräumt zu verlassen“, heißt es. Den Brief haben die Punker nach ihrer Aussage gemeinsam mit Tomás Santillán von der Linkspartei aufgesetzt.
Die Verwaltung der Stadt Bergisch Gladbach hat nach Aussage der Punker bislang keinen Kontakt zu ihnen aufgenommen. Der Stadtrat hatte vergangenes Jahr beschlossen, gemeinsam mit dem Kreis ein Konzept für die Gruppe zu entwicklen. „Wir sind dafür aber nicht zuständig und haben das abgelehnt“, erklärte Pressesprecherin des Kreises Birgit Bär.
Martina Krause, die Sprecherin des Landschaftsverbandes, betonte im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Wir sind verpflichtet, sparsam und wirtschaftlich mit Steuergeldern umzugehen.“ Und wenn eine Gewinn bringende Vermarktung des Geländes an der Kölner Straße möglich sei, dann müsse die auch realisiert werden. Die Rede ist vom Bau eines „Gesundheitszentrums“ dort. Krause wollte das aber nicht bestätigen.
Trotz des erwirkten Räumungsbeschlusses setzt der Landschaftsverband weiter auf Gespräche. Die Erste Landesrätin und Kämmerin des Verbandes, Renate Hötte, erklärte: „Der LVR hat Verständnis für den Wunsch der Besetzerinnen und Besetzer, als Gemeinschaft auf einem Grundstück zusammen mit ihren Hunden leben zu wollen.“ Die Bergisch Gladbacher Verwaltung lehnt die Forderung der Punker, mit den Hunden zusammen untergebracht zu werden, kategorisch ab. Auch das Zusammenbleiben der Gruppe für den Fall der Unterbringung in städtischen Obdachlosenunterkünften will die Verwaltung nicht garantieren.
Hötte hofft, dass die Punker wie in den bisherigen Fällen freiwillig und ohne Polizeieinsatz abziehen. Eine gewaltsame Räumung stehe jedenfalls nicht unmittelbar bevor.
Zur Situation der Punker
Bei diesem Wetter jagt man keinen Hund vor die Tür - geschweige denn Menschen. Die Punker sollten also auf dem Gelände der ehemaligen Straßenmeisterei bleiben dürfen. Ums Vertreiben geht es dem Landschaftsverband aber auch nicht - vielmehr darum, juristisch keine Duldung zu suggerieren. Schließlich ist die Ansiedlung der Punker nicht unbedingt verkaufsfördernd für das Gelände. Sobald ein Verkauf ansteht, muss die Gruppe gehen. Bis dahin sollte sich für sie nichts ändern. Das Gelände ist von außen nicht einsehbar, sie stören dort niemanden. Mittelfristig muss aber eine richtige Lösung her. Die Odyssee der Gruppe kann so nicht weitergehen. Man stelle sich vor, im Sommer müssten die Punker wirklich von dem Gelände runter. Jeder Gladbacher Grundstückeigentümer würde wohl aus Sorge schleunigst ein paar große Steine vor seine Einfahrt rollen. Irgend einen Platz würden die Punker trotzdem für sich und ihre Hunde finden. Dem endlosen Spiel um die Gruppe würde ein weiterer Akt hinzugefügt, der sich kaum von den vorangegangenen unterschiede. Jetzt haben Stadt und Punker zumindest einige Monate Zeit, um zu reden und nach einer Lösung zu suchen. Diese Zeit sollten sie nutzen.