[FR] Privatisierung und Verdrängung - Was will die Freiburger Stadtbau? Was kann man dagegen tun?

Binzengrün 34

Wir haben heute folgendes Flugblatt in der Umgebung des Hochhauses Binzengrün 34 in Freiburg-Weingarten verteilt. Im Anhang noch die Vorlage. Verbreitet das Flugblatt im Stadtteil und werdet aktiv gegen Entmietung und Verdrängung!

 

Privatisierung und Verdrängung - Was will die Freiburger Stadtbau? Was kann man dagegen tun?

 

Die Freiburger Stadtbau (FSB) treibt die Verdrängung und die Verknappung von bezahlbarem Wohnraum weiter voran. Nun soll in Weingarten ein ganzes Hochhaus (Binzengrün 34) entmietet und nach der Sanierung für 3500€/m2 als Eigentumswohnungen verkauft werden. Dabei wird, wie beim Reihenhausprogramm der FSB, erneut Mietwohnraum vernichtet und in Eigentum umgewandelt.

 

Unterstützung bekommen FSB und Stadt vom Bürgerverein Weingarten, der die Politik gegen Menschen mit wenig Geld begrüßt, aktiv mit vorantreibt und den Wunsch der aktuellen MieterInnen, im Binzengrün bleiben zu können, ignoriert.

 

„Soziale Durchmischung“

 

In der Debatte um hohe Mieten und Verdrängung wird immer wieder der Begriff der „Sozialen Durchmischung“ ins Spiel gebracht. Das Wort erweckt den Eindruck, dass Armut, wenn sie nur richtig auf die Stadt verteilt wird, in Ordnung ist. Doch kann es nicht darum gehen Armut „gerecht“ zu verteilen, viel mehr müssen die Wurzeln von Armut und Ausgrenzung bekämpft werden.

 

Oft wird der Begriff auch verwendet, wenn es darum geht, teure Neubauprojekte zu legitimieren (so z.B. im Freiburger Westen). Es müsse eine andere Sozialstruktur im Stadtteil erreicht werden. Dabei geht es aber nicht um die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der dort lebenden – oft finanzschwachen – Menschen, sondern um deren Verdrängung. Daher wenn schon mischen: Dann die sozialen Verhältnisse aufmischen!

 

„Arme müssen nach drüben“

 

Dass es der Stadt nicht um „soziale Durchmischung“ geht, hat sie mit dem „Reihenhausprogramm“ und dem Beschluss zum Verkauf des „Streubesitzes“ bewiesen. An der ersten Gemeinderatssitzung nach der Bindungswirkung des Bürgerentscheids 2006 (der den Verkauf von städtischen Wohnungen für 3 Jahre verhinderte) wurde beschlossen, dass viele einzelne Wohnungen und in der Folge halbe Straßenzüge im gesamten Stadtgebiet verkauft werden. Also genau jene Wohnungen, die es auch ärmeren Menschen ermöglichte, im gesamten Stadtgebiet zu wohnen. Eines der umstrittenen Beispiele ist die Johann- Sebastian-Bach-Str. (Herdern), dort wurden der Abriss von 95 KleinrentnerInnen-Wohnungen und die Verdrängung der alten MieterInnen 2011 umgesetzt. Selbst zwei Besetzungen und ein Kaufangebot durch das Mietshäuser Syndikat konnte die Vernichtung bezahlbaren Wohnraums nicht verhindern. Unbeirrt schreitet die Stadt/FSB bei der Gewinnmaximierung voran.

 

Wo können Menschen mit wenig Geld noch leben?

 

Die Aufwertung, Verteuerung und Verknappung von bezahlbaren Mietwohnungsbau ist auch westlich der Bahnlinie („drüben“), z.B. in Haslach und der Beurbarung, bereits im vollem Gange. Nun scheint Weingarten in den Fokus der Gentrifizierung zu rücken.

 

Wenn es heißt, die Menschen werden an den Rand der Stadt verdrängt, stellt sich die Frage: Stimmt das? Denn an den Rändern mit Hanglage leben die Reichen und wenn selbst in Weingarten nun kein Platz mehr für Menschen im Niedriglohnsektor oder mit Sozialleistungen ist, wo können sie denn in Freiburg noch leben?

 

Sanierung als Verdrängung – Alternativlos!?

 

Der Film „buy buy St. Pauli“ zeigt u.a. ein Sanierungskonzept für ein 17-stöckiges Wohnhochhaus aus den 1960er Jahren in der Pariser Banlieu. Dort wurde mit wenig Aufwand in Zusammenarbeit mit den MieterInnen ermöglicht, was als nicht machbar dargestellt wird: „Mit vorgesetzten Wintergärten und Balkonen vergrößerten sie die Wohnungen [ca. 40% mehr Fläche] und senkten den Energiebedarf; die Mieten blieben dennoch unverändert niedrig und die Mieter konnten während der Bauarbeiten in ihren Wohnungen bleiben.“ Ein schönes Beispiel, dass eine bauliche Sanierung eben nicht mit Mieterhöhungssprüngen, Privatisierung und Verdrängung einhergehen muss.

 

Jedoch braucht es neben der „technischen“ Lösung auch neue kollektive Formen, wie Menschen sich anders organisieren können, um gemeinsam dauerhaft vor Mieterhöhungen geschützt zu sein. Das Mietshäuser-Syndikat, kleine Genossenschaften oder die Idee einer „Huckepack-Genossenschaft“ bei der FSB sind reale Möglichkeiten. Und wir erinnern uns an die Idee der „Armbruster“-Genossenschaft für die Krozingerstr. 4 in Weingarten, die an überhöhten Forderungen des damaligen SPD-Bürgermeisters scheiterte und nicht am Ideenreichtum und solidarischen Miteinander der MieterInnen.

 

Mit diesem Flugblatt wollen wir alle Menschen auffordern, sich mit dem, was die Stadtbau tut, kritisch auseinanderzusetzen. Die Politik der FSB ist nicht alternativlos, auch wenn sie das gerne behaupten. Um ihre Ziele durchzusetzen, versuchen sie, alles auf Einzelschicksale und Individualfälle herunterzubrechen. Dagegen hilft am meisten, wenn sich Betroffene austauschen und zusammen organisieren!

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