Nicht Syriza erlitt eine Niederlage – Syriza ist die Niederlage

Logo La Banda Vaga

„Kurz, die Gewerkschaften und die etatistische Linke in Griechenland sind so unbrauchbar wie überall, doch wie überall gilt, dass sie nicht als äußerlicher Hemmschuh der Klassenkämpfe denunziert werden können, sondern deren wirkliche Grenzen ausdrücken.“

Diese Aussage  aus dem Jahr 2010 schien sich Anfang dieses Jahres als falsch herausgestellt zu haben. Der Wahlsieg von Syriza, die Erfolge von Podemos bei den spanischen Kommunalwahlen, dann die zähen Verhandlung zwischen Griechenland und der „Troika“, in der sich die griechische Regierung nicht unterkriegen lassen wollte und schließlich das erfolgreiche Referendum gegen die Sparpolitik in Griechenland – all das gab vielen wieder eine Hoffnung zurück, dass man sich wirkungsvoll zu Wehr setzen könnte. Und dass das Resultat der weltweiten Krise seit 2007 nicht in einem ewig fortschreitenden Abbau der Lebensstandards enden müsste. Und das vielleicht sogar eine neue, bessere Gesellschaft möglich sei. Es ist jene Hoffnung, die sich nach dem scheinbaren Ende der weltweiten Bewegungen in Nichts aufgelöst hat. So verschwanden etwa die Occupy-Bewegungen offenbar spurlos, der Arabische Frühling wandelte sich in den Islamischen Winter. Und am tragischsten: Die Proteste in Syrien mündeten in einem nicht enden wollenden blutigen Bürgerkrieg. In diesem Zusammenhang ist es auf den ersten Blick nur zu verständlich, dass die Wahlsiege linker Parteien in Spanien und vor allem Griechenland erhebliches Aufsehen erregten. Gerade Syriza erschien vielen als neuer Hoffnungsschimmer für ein „friedliches, freies, demokratisches, soziales und ökologisches Europa“ (Gregor Gysi) und als eine Alternative zur Austeritätspolitik. Das böse Erwachen kam schnell: Syriza musste sich den Forderungen der europäischen Austerität-Fraktion – allen voran Deutschland – beugen. Und dies trotz des erfolgreichen Referendums gegen die Sparpolitik, trotz der weitgehenden Entschlossenheit Syrizas der „Troika“ die Stirn zu bieten und trotz der breiten Unterstützung der griechischen Bevölkerung für diese Regierung. Nun kommen auf Griechenland Reformen zu, die zum Teil stark an die Liquidierung der DDR erinnern. Eine weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen für die lohnabhängige Bevölkerung bis hin zur Massenverelendung wird die Folge sein. Schon jetzt ist das Gesundheitssystem kollabiert und die Folgen davon sind erschütternd: die Säuglingssterblichkeit stieg um ca. 40% an, ähnlich wie die Rate an HIV-Neuinfektionen, Tuberkulose- und Depressionsfälle und schließlich ähnlich rasant wie die Suizidrate. Diese für die Menschen katastrophalen Folgen des Klassenkampfs von oben, der sich euphemistisch „Reformen“ nennt, werden allerdings deutlich schlimmer. Dass die linke Kritik an Syriza deshalb wieder lauter wird, ist verständlich. Die Kritik, dass Parteien wie Syriza Revolten und Aufbegehren kanalisieren und in für den Kapitalismus verarbeitbare Bahnen lenken, ist sicherlich berechtigt. Lediglich wird dabei vergessen, dass Syriza nicht Schuld am Niedergang der Griechischen Revolte ist, sondern der Ausdruck deren Niederlage. Nur in einem Stadium der Schwäche der realen Bewegungen kann eine Partei diese vereinnahmen. Es ist die Niederlage der Aufstände Anfang 2008, als die Jugend und vor allem migrantische Lohnabhängige in riots, wilden Streiks und Demonstrationen gegen die herrschende Strukturen rebellierten, welche zu dem Erfolg Syrizas und der heutigen, scheinbar aussichtslose Situation führte. Ähnliches konnte man vor 35 Jahren in Deutschland beobachten, als die Grünen aus den Resten der Revolte der 1970er-Jahre groß wurden. Doch warum scheint diese Situation aussichtslos? Könnte nicht doch die Austeritätspolitik, d. h. die drastischen Lohnkürzungen, Verringerung der Staatsausgaben und weitgehenden Privatisierungen nicht doch eines Tages Früchte tragen? Nämlich dann wenn die Ware Arbeitskraft wieder so billig geworden ist, dass das griechische Kapital einen Extraprofit gegenüber der Konkurrenz einstreichen kann? Das mag theoretisch sogar denkbar sein, aber wahrscheinlich ist es doch nicht, da die griechische Ökonomie gar keine industrielle Basis mehr besitzt auf der sich eine eigenständige Wirtschaft entwickeln könnte. Dazu kommt das weltwirtschaftliche Umfeld, die größte Krise seit fast hundert Jahren, die jegliche Umverteilungsprojekte, ob zugunsten einzelner Bevölkerungsteile oder einzelner Länder, die gefördert werden sollen, verunmöglicht. Es bleibt festzuhalten, dass die Vorstellung einer „gesunden Marktwirtschaft“, die sozial ist, von der alle profitieren und stabil bleibt, die absolute Ausnahme in der nun schon 400 Jahre andauernden Geschichte des Kapitalismus darstellt. Nicht die „goldenen“ 50er und 60er, in denen der „letzte Arbeitslose“ gefeiert wurde, die Löhne stetig stiegen und Kühlschränke, Kleinwagen und der Urlaub nach Italien auf einmal für große Teile der Bevölkerung erschwinglich wurde, sind der Normalzustand des Kapitalismus. Geringe Löhne, flexible Arbeitsbedingungen, Überstunden und fehlender Kündungsschutz; Prekarisierung, Ausgrenzung und Verelendung breiter Bevölkerungsteile, gehören zum Standard des warenproduzierenden Systems seit seinen Anfängen. „Armut trotz Boom“, wie Die Welt titelte, ist kein Paradox, sondern folgerichtig. Dass es zum jetzigen Zeitpunkt, anders als in den 50ern, wenig zu verteilen gibt, sieht man an Griechenland und dem Scheitern Sysizas. War der Reformismus auch schon früher der für das Kapital angenehmere Weg zum sozialen Frieden und hätte ohne die radikalen Kämpfe der Lohnabhängigen nie solche Erfolge feiern können, sind nun seine Tage endgültig vorbei. Es gibt nicht mehr viel zu verteilen. Der Kapitalismus ist nicht reformierbar. Für ein besseres Leben für uns alle muss er Überwunden werden und zwar nicht durch Parlamentarismus oder sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften, sondern durch die Kämpfe von unten. Die schrecklichen Folgen des Sparpakets für Griechenland, aber auch die vielen anderen Gräuel des Kapitalismus vor Augen, kann es deshalb wie vor hundert Jahren nur heißen: Sozialismus oder Barbarei. Dass beim heutigen Stand der Kämpfe in Europa diese Aussicht eher erschreckend wirkt als hoffnungsvoll ist klar. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass sich die großen Bewegungen nie lang im Voraus ankündigten. Man denke nur an den arabischen Frühling, den wenige Monate vor seiner Entstehung kaum jemand für möglich gehalten hatte. Aber auch die weltweite Bewegung um das Jahr 1968 kam scheinbar unerwartet. Und vielleicht bedeutet auch der Befund zu dem eine Studie, des neoliberalen Instituts der deutschen Wirtschaft kommt, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: Die Wirtschaftsforscher haben nämlich festgestellt, dass das Vertrauen in das politische und ökonomische System in den europäischen Krisenländern dramatisch schwindet. Wenig überraschend führt Griechenland diese Statistik an. Nun muss aus dieser Einsicht „nur noch“ die an die Wurzel gehende, umfassende Umgestaltung der Welt von unten folgen und die Alternative von der Rosa Luxemburg sprach würde mit „Sozialismus“ beantwortet.

 

La Banda Vaga, Juli 2015

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

-Falsch: "Es ist die Niederlage der Aufstände Anfang 2008, als die Jugend und vor allem migrantische Lohnabhängige in riots, wilden Streiks.." blablabla

Es gab keine wilden Streiks, migrantische Jugend nahm teil, aber nicht federführend, die abolute Mehrheit waren Schüler*innen ab 11, 12, 13 Jahren und all dies fand nicht Anfang, sondern Ende 2008 statt, deshalb hiess es auch Dezemberrevolte und eine echte Niederlage gab's eigentlich nicht, auch wenn die Knäste voller geworden sind!

-Der Begriff "Arabischer Frühling" ist völlig daneben und grenzt an Rassismus: Berber, Drusen, Kurden sind alles keine Araber

-Es gab 1967 eine längst vergessene  Jugendbewegung in Griechenland, die 68 schwer beeinflußt hatte, aber unter der Diktatur verschwand

-Dass Ocupy verschwunden ist, liegt einfach daran, daß es eine blöde Kopie war, im Original heisst das KATALIPSI und geht in Griechenland auch unter SYRIZA weiter, derzeit ist die halbe Ägais voll mit besetzten Stränden und gegen das billige Wildcampen kommt der Staat einfach nicht mehr an.

-Generell ist die Wahrnehmung eh eingeschränkt, wenn man sich auf Haupstädte konzentriert, die Bewegung in Griechenland war bereits 2011 tot, flammte noch ein letztes Mal am 12.2.12 auf. Die Bewegung der Plätze hatte sich längst in endlose Diskussionen und Streitereien verzettelt, die Kollektive, die sie angezettelt hatten, gingen wieder zurück in die Nachbarschaften, weit verbreiteter Tauschhandel, zerstörerische Angriffe aus der Landwirtschaft auf den preistreibenden Zwischenhandel, Alternativwährungen in 74 Städten und mindestens 49 freie Kliniken sind ein Ergebnis und tja, ein großer Teil muß halt arbeiten, Anfang 2015 betrugen die Anträge auf Arbeitserlaubnis im Ausland beim griechischen Arbeitsamt 350.000, vielen fehlt allerdings das Geld für Reise, Unterkunft und zu Fressen.

Auch Mitte der 70er Jahre wurde in Griechenland nach Wegen aus einer Krise gesucht, während dem Übergang von Diktatur zur Demokratie. Mehr zur diesem Teil der Geschichte hier, http://urbanresistance.noblogs.org/gegen-das-vergessen/ weil dann auch Handlungen im heutigen Athen nicht mehr ganz so absurd erscheinen.

Aufgrund der Kapitalkontrollen sind viele Blogs bedroht, manches kleines Plattenlabel hat seine Onlinepräsenz bereits abgeschaltet, Informiert Euch bitte, wo ihr Geld hin schicken könnt:

http://actforfree.nostate.net/

gr.contrainfo.espiv.net

http://www.undergroundunion.org/p/underground-union-records.html

"Syriza musste sich den Forderungen der europäischen Austerität-Fraktion – allen voran Deutschland – beugen."

 

Erstmal abwarten. Syriza wird kaum was von den Forderungen der Gläubiger umsetzen, es geht momentan einfach um Zeitgewinnung und Neusortierung. Im Herbst sieht die Welt schon wieder ganz anders aus...

"Nun muss aus dieser Einsicht „nur noch“ die an die Wurzel gehende, umfassende Umgestaltung der Welt von unten folgen und die Alternative von der Rosa Luxemburg sprach würde mit „Sozialismus“ beantwortet."

 

Ja Genau.

Ja richtig - die Kommunisten haben uns noch nie belogen!

Auch wenn es Kotzreiz auslösend eklig sein muß, der terroristischen Massenmörderin von Kundus die - von feige verbrannten Menschen - schwarze Hand zu schütteln, aber FDJ ist Merkel und FDJ ist Stasi, somit KGB und Merkel hat Putin im Bett Deutsch beigebracht.

Und wer bombardiert derzeit wieder feige Kurdistan? Haben die Opfer Luftwaffe oder gar Luftabwehr? Nein, aber völlig ungefährdete Botschaften und Konsulate voller Terroristen und ihrer Lakaien

Es geht überhaupt gar nicht darum 50 MRD einzufahren, der IWF revidiert bereits jetzt und meint in drei Jahren wären maximal 1,5 MRD zu holen und insgesamt vielleicht 3,5 MRD. Warum? Weil es nie darum ging 50 MRD einzunehmen, sondern Griechenland FÜR so billig wie möglich zu verschachern. Die "Investoren" geben halt nur 3,5 MRD für etwas was mindestens 50 MRD wert wäre und wenn sie nur 1,5 MRD bezahlen ist immer noch was in der Portokasse für Yacht und Haus am Meer in der Ägais für die die EU-Beamten.

Außerdem verläuft gerade versteckt hinter Kapitalkontrollen ein deftiges griechisches Bankenkarusell in Bulgarien und auf Zypern und im am 17. Juli beendeten Bieterverfahren für Öl- und Gasbohrungen in 20 Quadranten im Ionischen und Lybischen Meer durften die Namen der Bieter nicht veröffentlicht werden

Schland aus dem Euro kicken

Fast allen Europäischen Ländern ( Euroländern) würde es besser gehen wenn Deutschland aus dem Euro rausfliegt.

D. unterdrückt mit seiner Wirtschaftlichen Kraft halb Europa und die dümmlich, egoistische, deutsche Bevölkerung macht mit.

Von einer fast gleichgeschalteten Presse bei dem Thema ganz zu schweigen.